Infanteriekaserne: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Infanteriekaserne''' (im Volksmund: Sedankaserne) war eine Militäreinrichtung der bayerischen Armee in der Fürther [[Südstadt]].
 
Die '''Infanteriekaserne''' (im Volksmund: Sedankaserne) war eine Militäreinrichtung der bayerischen Armee in der Fürther [[Südstadt]].
 
== Geschichte ==
 
== Geschichte ==
[[Datei:Infanteriekaserne 1995.jpg|miniatur|Gebiet der ehemaligen Infanteriekaserne im Jahre 1995]]
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=== Militärische Nutzung ===
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Der Magistrat der Stadt Fürth hatte schon 1867 und in den Folgejahren mehrfach Anfragen an die königliche Regierung mit der Bitte um eine Garnison gerichtet. Anlass war 1867 ein neues Wehrerfassungsgesetz, weitere Gründe waren die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Königreich und Ängste im Bürgertum um die öffentliche Ordnung vor Ort, genährt etwa durch den wachsenden Anteil der Arbeiter in der Bevölkerung. Ein übriges taten die Bierkrawalle  im Jahre 1866 vor dem Hintergrund einer Preiserhöhung, der zum Einsatz der Landwehr führte, und der  Kirchweihtumult im November 1872, der in einem Sturm auf das Rathaus eskalierte. Auch sah die Stadt einen wirtschaftlichen Nutzen, wenn sich die Armee ansiedelte.. So vermachte man dem Heer ein Grundstück zu 30 Tagwerk für die Kaserne und stellte weitere 400 Tagwerk  für den Übungsplatz zu einem günstigen Preis in Aussicht.
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Der Flößauacker empfahl sich als Standort zunächst einmal durch die  gute Anbindung nach Nürnberg, die eine Mitbenützung vom Lazarett, von  Verpflegungseinrichtungen und Übungsplätzen ermöglichte. Die angedachte Alternative Hardhöhe schied deswegen aus, zudem hatte der Sand-Kies Boden am Flößauacker Vorteile gegenüber lehmigen Boden auf der Hardhöhe, es war kein wertvoller, agrarisch nutzbare Boden, abgesehen davon würden Regengüsse einen Übungsplatz auf lehmigen Böden eventuell unbenutzbar machen. Der Standort wurde damals bewusst außerhalb der geschlossenen Bebauung gewählt, um Erweiterungen zu ermöglichen.
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Der Kaufvertrag vom 11. Juni 1890 regelte die Übergabe von 30 Tagwerk (6,5 ha) für 90.000 Mark, unmittelbar darauf begann die Errichtung von Baracken für das Militär.
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Am 27. September 1890 wurde Fürth zur Garnisonsstadt, ca. 360 Mann Artillerie mit 200 Pferden zogen ein (kgl. Bay. 2. Artillerieregiment). 
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Diese lokale Entwicklung war auch Ausdruck tiefgreifender politischer Veränderungen im Reich, Veränderungen in Richtung Aufrüstung und Krieg: Kaiser Wilhelm II. 1890 entließ den erzkonservativen, aber außenpolitisch umsichtigen Reichskanzler Bismarck, der Rückversicherungsvertrag mit Russland wurde nicht erneuert, der Reichstag aufgelöst, da er die Heeresverstärkung ablehnte. Der Kaiser und einflussreiche Kreise in Politik und Gesellschaft strebten den Status einer Weltmacht an. Der neue Reichstag nahm am 15. Juli 1890 mit knapper Mehrheit die Heeresvorlage an. Die deutsche Kontinentalpolitik lief aus, der Kaiser und rechtsgerichtete Kreise forderten die Hinwendung zur Weltmachtpolitik. Es folgte der Versuch einer weiteren koloniale Expansion, der Schlachtflottenbau und das Wettrüsten zur See, zahlreiche Krisen, ein militärisch verhängnisvoller Offensivplan  für den Falle eines europäischen Krieges (sog. Schlieffenplan).  Vor allem die Militärs drängten darauf, bei einem günstigen Anlass den europäischen Krieg vom Zaun zu brechen, da sich das militärische Gleichgewicht immer weiter zu Ungunsten Deutschlands verschiebe.
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Nach dem Verkauf von 8 Tagwerk für die Infanteriekaserne, kam als erster Truppenteil im Sinne des Wehrgesetzes und der allgemeinen Wehrpflicht 1893 die Infanterie nach Fürth, zunächst das 1. Bataillon des 14. Infanterie-Regiments (1814 v. König Max I. errichtet), aus dem bei weitgehender personeller Kontinuität 1897 das 21. Infanterieregiment - die - hervorging, in Fürth kurz die „21er“ genannt . 1896 bis 1906 lag noch die traditionsreiche, 1682 gegründete, 1. Eskadron d. 1. bayerischen Cheveauleger-Regiments in Fürth.
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Nach der Fertigstellung der [[Artilleriekaserne]] begannen in unmittelbarer Nachbarschaft westlich davon die Bauarbeiten für eine Infanteriekaserne, die den Namen '''Sedankaserne''' trug. Diese beherbergte ab [[1893]] das I. Bataillon des K.B. 14. Infanterie-Regiments, aus dem [[1897]] das in Fürth legendär gewordene [[21. Infanterieregiment „Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin“|K.B. 21.Infanterie-Regiment (''"die Anerzwanzger"'')]] entstand.
 
Nach der Fertigstellung der [[Artilleriekaserne]] begannen in unmittelbarer Nachbarschaft westlich davon die Bauarbeiten für eine Infanteriekaserne, die den Namen '''Sedankaserne''' trug. Diese beherbergte ab [[1893]] das I. Bataillon des K.B. 14. Infanterie-Regiments, aus dem [[1897]] das in Fürth legendär gewordene [[21. Infanterieregiment „Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin“|K.B. 21.Infanterie-Regiment (''"die Anerzwanzger"'')]] entstand.
  
 
Zunächst umfasste die Kaserne den Bereich zwischen der [[Isaak-Loewi-Straße|Isaak-Loewi-]], [[Ullsteinstraße|Ullstein-]], [[Dr.-Frank-Straße|Dr.-Frank-]] und [[Steubenstraße|Sedanstraße (heute Steubenstraße)]], zog sich aber teilweise auch bis zur [[Fronmüllerstraße]] vor. Ab [[1912]] entstanden weitere Bauten zwischen Fronmüller- und [[Dr.-Meyer-Spreckels-Straße]]. Die Aufstellung einer Maschinengewehr-Kompanie machte die Vergrößerung der Kaserne nötig und so begannen am [[26. März]] [[1912]] die Planungen zum Bau der „Neuen Infanterie-Kaserne" südlich der bestehenden Gebäude, bis zur [[Dr.-Frank-Straße]]. Die Übergabe dieses Teils an seine Nutzung erfolgte jedoch erst [[1916]]/[[1917|17]].
 
Zunächst umfasste die Kaserne den Bereich zwischen der [[Isaak-Loewi-Straße|Isaak-Loewi-]], [[Ullsteinstraße|Ullstein-]], [[Dr.-Frank-Straße|Dr.-Frank-]] und [[Steubenstraße|Sedanstraße (heute Steubenstraße)]], zog sich aber teilweise auch bis zur [[Fronmüllerstraße]] vor. Ab [[1912]] entstanden weitere Bauten zwischen Fronmüller- und [[Dr.-Meyer-Spreckels-Straße]]. Die Aufstellung einer Maschinengewehr-Kompanie machte die Vergrößerung der Kaserne nötig und so begannen am [[26. März]] [[1912]] die Planungen zum Bau der „Neuen Infanterie-Kaserne" südlich der bestehenden Gebäude, bis zur [[Dr.-Frank-Straße]]. Die Übergabe dieses Teils an seine Nutzung erfolgte jedoch erst [[1916]]/[[1917|17]].
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Die Kasernenbauten in Fürth entsprechen jenen andere Städte, lediglich die ungewöhnliche Ausmaße und die beiden aufwendig gestalteten Offizierskasinos stachen hervor.
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Die Kaserne beeinflusste wesentlich die weitere städtebauliche Entwicklung der Südstadt, sowohl was die Platzierung funktionaler Einheiten (Schulen und Kirchen um die Frauenstraße, St.-Paul-Kirche) wie auch die Einwohnerentwicklung betraf: 1879 hatte die Südstadt erst 1000 Einwohner, 1890 schon 6.300 (davon 335 Militärpersonen), 1895 waren es 8300, davon 1.300 Militär und 1910  20.000, davon 1.500 Militär.
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Zum Beginn des 1. Weltkrieges zog das 21. Infanterieregiment am 7. August 1914 mit 3300 Mann und 160 Pferde in den Krieg und wurde in Lothringen, Nancy, Champagne, Sommeschlacht 1916, Arras, in französisch Flandern und in Cambrai eingesetzt. Die Verluste im Ersten Weltkrieg betrugen 3100 Mann. Nach dem Krieg wurde die 21er noch gegen Räterepublik in München eingesetzt. Nach einem damaligen Kommentar waren die 21er „getroffen durch den Dolchstoß aus der Heimat, aber unbesiegt im größten Kriege aller Zeiten“.
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Die Kasernenbauten galten seinerzeit als vorbildlich , weshalb die militärische Nutzungsgeschichte nach dem Versailler Vertrag 1920, verbunden mit einer fast vollständigen Abrüstung Deutschlands, weiter ging. In Fürth verblieben 545 Mann. Allerdings lag der Vorkriegsstand alleine des Infanterieregiments bei 3.240 Soldaten.
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Die Garnisonen Fürth und Nürnberg wurden nun zu einer zusammengezogen. Die Militärverwaltung gab Teile der ehemaligen Infanteriekaserne (Steubenstraße) zum Einbau von Wohnungen der Stadt frei, auch Werkstätten wurden in der alten Infanteriekaserne eingerichtet. Diese mussten 1935 wieder geräumt werden. Die neue Infanteriekaserne nahm die Schutzpolizei auf, die neue Infanteriekaserne eine Kraftfahrabteilung, das Train Depot eine Minenwerferkompanie
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Gustav Schickedanz erwarb 1932 ein 8000 qm großes Gelände und errichtete Fertigungshallen (ehemaliges Filialartilleriedepot)
  
 
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahre [[1933]] wurden aus der Infanterie-, der benachbarten [[Artilleriekaserne|Artillerie-]] und der nahen [[Trainkaserne]] eine Kaserne.
 
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahre [[1933]] wurden aus der Infanterie-, der benachbarten [[Artilleriekaserne|Artillerie-]] und der nahen [[Trainkaserne]] eine Kaserne.
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Mit der massiven Aufrüstung ab 1933 zog zwischen 1935 und 1938 wieder das 21. Infanterieregiment ein, hinzu kamen das Flakregiment 8, die Minenwerferkompanie und Kraftfahr­abteilung blieben. Der Zusammenbau der beiden Infanteriekasernen zu einem großen Riegel fiel in diese Zeit.
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Eingesetzt wurden das 21. Infanterieregiment bei so fatalen Unternehmungen wie den „Anschluss“ Österreichs, den Überfall auf Polen und den Angriff auf die Sowjetunion: Smolensk, Kiew, Moskau standen auf dem Fahrplan. Vollständig Vernichtung ereilte die 21er am 12. Januar 1945, die 21er hatten 4000 Gefallene und 1500 Vermisste zu verzeichnen
  
 
Zur [[Kapitulation von Fürth]] besetzten die Amerikaner die Kasernen, ab [[25. Juli]] [[1945]] wurde sie offiziell von amerikanischen Truppen als Kaserne weitergenutzt und als [[William-O.-Darby Barracks]] benannt. Neben anderen Um- und Neubauten richtete die US-Army in einem ehemaligen Stallgebäude (Gebäude Nr. 32) eine Kapelle – die  „[[Chapel]]“ -  ein und für den Soldatensender ''[[Wikipedia: American Forces Network|American Forces Network]]'' (AFN) wurde [[1952]] ein Sendemast zur Ausstrahlung von Radio- und TV-Programmen aufgestellt (Sendemast: Gebäude Nr. 99; Betriebsgebäude: Nr. 33B/C). Dieser wurde [[1993]] noch einmal erneuert, einige Zeit standen dann der alte Sendemast aus Metallfachwerk und der neuere aus Beton nebeneinander, der alte wurde um 1995 demontiert.  
 
Zur [[Kapitulation von Fürth]] besetzten die Amerikaner die Kasernen, ab [[25. Juli]] [[1945]] wurde sie offiziell von amerikanischen Truppen als Kaserne weitergenutzt und als [[William-O.-Darby Barracks]] benannt. Neben anderen Um- und Neubauten richtete die US-Army in einem ehemaligen Stallgebäude (Gebäude Nr. 32) eine Kapelle – die  „[[Chapel]]“ -  ein und für den Soldatensender ''[[Wikipedia: American Forces Network|American Forces Network]]'' (AFN) wurde [[1952]] ein Sendemast zur Ausstrahlung von Radio- und TV-Programmen aufgestellt (Sendemast: Gebäude Nr. 99; Betriebsgebäude: Nr. 33B/C). Dieser wurde [[1993]] noch einmal erneuert, einige Zeit standen dann der alte Sendemast aus Metallfachwerk und der neuere aus Beton nebeneinander, der alte wurde um 1995 demontiert.  
  
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=== Konversion ===
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[[Datei:Infanteriekaserne 1995.jpg|miniatur|Gebiet der ehemaligen Infanteriekaserne im Jahre 1995]]
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[[Datei:Infanteriekaserne 2005.jpg|miniatur|Gebiet der ehemaligen Infanteriekaserne im Jahre 2005]]
 
Am [[27. Oktober]] [[1994]] gab die US Army bekannt, dass die Kasernen in der Südstadt geräumt werden. Das Sternenbanner wurde am [[19. Dezember]] [[1995]] zum letzten Mal eingeholt.  
 
Am [[27. Oktober]] [[1994]] gab die US Army bekannt, dass die Kasernen in der Südstadt geräumt werden. Das Sternenbanner wurde am [[19. Dezember]] [[1995]] zum letzten Mal eingeholt.  
Nachdem die US-Streitkräfte das Areal [[1995]] geräumt hatten, fand im folgenden Jahr zunächst ein beschränkter städtebaulicher Ideenwettbewerb zur Einleitung der [[Wikipedia:Konversion (Stadtplanung)|Konversion]] statt, auf den [[1997]] die Aufstellung eines [[Wikipedia:Rahmenplan|städtebaulichen Rahmenplanes]] folgte. Das Gelände der William-O.-Darby-Kaserne ging am [[18. September]] [[1998]] von der Bundesrepublik Deutschland in den Besitz der Stadt Fürth über. [[2001]] konnten die ersten Neubauten bezogen werden.  
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Nachdem die US-Streitkräfte das Areal [[1995]] geräumt hatten, fand im folgenden Jahr zunächst ein beschränkter städtebaulicher Ideenwettbewerb zur Einleitung der [[Wikipedia:Konversion (Stadtplanung)|Konversion]] statt: Im Februar 1996 lobte die Stadt Fürth einen städtebaulichen Ideenwettbewerb für die freigewordene ca. 42 Hektar große Kaserne aus. Als Wettbewerbsaufgabe galt: Integration in die Gesamtstadt, „Strukturen“ (Nutzungen, landschaftlich 8 ha großer Stadtteilpark), Anordnung v. ca. 200 Wohnungen im Rahmen des Zuschussprogrammes „Offensive Zukunft Bayern, Siedlungsmodelle“), dabei wurden „Stadthäuser“ werden empfohlen.
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Im November 1996 ging der 1. Preis an Pesch&Partner, die (Zitat) „klare, ruhige Bau- und Freiflächenraumstrukturen“ und eine markante, streng geometrische Form des Südstadtparkes boten.
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Die (Zitat) „weitaus größten Qualitäten birgt das Konzept mit der denkmalgeschützten Bausubstanz und deren bauliche Ergänzung“  Die denkmalgeschützte Bausubstanz sollte und wurde weitgehend integriert und von neuen städtebaulichen Quartieren ergänzt, so dass ein breites Angebot an Wohnformen entstehen konnte. Die Idealvorstellung eines Dialogs zwischen historischer Bausubstanz und heutiger Architektur konnte im folgenden zwar nicht in allen, aber doch in vielen Fällen positiv gelöst werden. Zunächst legte man Wert auf einen Neubau-Altbau Kontrast, die Neubauten sollten andere Dachformen haben, es waren flachere Dächer vorgesehen. Dies wurde jedoch nicht später nicht vollständig verwirklicht.
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Es entstanden sehr preiswerte, jedoch entsprechend schmale Reihenhäuser, für ein, dreigeschossiges Reihenhaus mit 120 qm Grund und 150 qm Wohnfläche wurden vor 2005 für nur 180.000 Mark verkauft und somit Käuferschichten angesprochen, die sonst eine Wohnung gekauft hätten.
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Dem Wettbewerb folgte [[1997]] die Aufstellung eines [[Wikipedia:Rahmenplan|städtebaulichen Rahmenplanes]].
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Anfang 1998 vereinbarten die Stadt und der Bund vertraglich, dass der Bund 30% (2004: 35%) unentgeltlich für Parks und Straßen zur Verfügung stellt, der Bund zahlt zudem aus Verkaufserlösen eine festgesetzten Betrag an die Stadt (gewerblich 43 €, Wohnnutzung 115 €/qm). Das Gelände der William-O.-Darby-Kaserne ging am [[18. September]] [[1998]] von der Bundesrepublik Deutschland in den Besitz der Stadt Fürth über. [[2001]] konnten die ersten Neubauten bezogen werden.  
  
 
Abgerissen wurden im Bereich der Infanteriekaserne die Gebäude Nr. 7, 12A, 17, 17A, 18, 21, 23A, 25, 28, 29, 30, 33A/B/C, 37, 48, 92 und 99. Das Gelände, auf dem der AFN-Sendemast stand (Sendemast: Gebäude Nr. 99; Betriebsgebäude: Nr. 33B/C), blieb etwas länger im US-Besitz als die restliche Konversionsfläche. Der AFN-Sendemast wurde im Mai und Juni [[2008]] demontiert.
 
Abgerissen wurden im Bereich der Infanteriekaserne die Gebäude Nr. 7, 12A, 17, 17A, 18, 21, 23A, 25, 28, 29, 30, 33A/B/C, 37, 48, 92 und 99. Das Gelände, auf dem der AFN-Sendemast stand (Sendemast: Gebäude Nr. 99; Betriebsgebäude: Nr. 33B/C), blieb etwas länger im US-Besitz als die restliche Konversionsfläche. Der AFN-Sendemast wurde im Mai und Juni [[2008]] demontiert.

Version vom 21. März 2017, 08:40 Uhr

Die Infanteriekaserne (im Volksmund: Sedankaserne) war eine Militäreinrichtung der bayerischen Armee in der Fürther Südstadt.

Geschichte

Militärische Nutzung

Der Magistrat der Stadt Fürth hatte schon 1867 und in den Folgejahren mehrfach Anfragen an die königliche Regierung mit der Bitte um eine Garnison gerichtet. Anlass war 1867 ein neues Wehrerfassungsgesetz, weitere Gründe waren die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Königreich und Ängste im Bürgertum um die öffentliche Ordnung vor Ort, genährt etwa durch den wachsenden Anteil der Arbeiter in der Bevölkerung. Ein übriges taten die Bierkrawalle im Jahre 1866 vor dem Hintergrund einer Preiserhöhung, der zum Einsatz der Landwehr führte, und der Kirchweihtumult im November 1872, der in einem Sturm auf das Rathaus eskalierte. Auch sah die Stadt einen wirtschaftlichen Nutzen, wenn sich die Armee ansiedelte.. So vermachte man dem Heer ein Grundstück zu 30 Tagwerk für die Kaserne und stellte weitere 400 Tagwerk für den Übungsplatz zu einem günstigen Preis in Aussicht.

Der Flößauacker empfahl sich als Standort zunächst einmal durch die gute Anbindung nach Nürnberg, die eine Mitbenützung vom Lazarett, von Verpflegungseinrichtungen und Übungsplätzen ermöglichte. Die angedachte Alternative Hardhöhe schied deswegen aus, zudem hatte der Sand-Kies Boden am Flößauacker Vorteile gegenüber lehmigen Boden auf der Hardhöhe, es war kein wertvoller, agrarisch nutzbare Boden, abgesehen davon würden Regengüsse einen Übungsplatz auf lehmigen Böden eventuell unbenutzbar machen. Der Standort wurde damals bewusst außerhalb der geschlossenen Bebauung gewählt, um Erweiterungen zu ermöglichen. Der Kaufvertrag vom 11. Juni 1890 regelte die Übergabe von 30 Tagwerk (6,5 ha) für 90.000 Mark, unmittelbar darauf begann die Errichtung von Baracken für das Militär. Am 27. September 1890 wurde Fürth zur Garnisonsstadt, ca. 360 Mann Artillerie mit 200 Pferden zogen ein (kgl. Bay. 2. Artillerieregiment).

Diese lokale Entwicklung war auch Ausdruck tiefgreifender politischer Veränderungen im Reich, Veränderungen in Richtung Aufrüstung und Krieg: Kaiser Wilhelm II. 1890 entließ den erzkonservativen, aber außenpolitisch umsichtigen Reichskanzler Bismarck, der Rückversicherungsvertrag mit Russland wurde nicht erneuert, der Reichstag aufgelöst, da er die Heeresverstärkung ablehnte. Der Kaiser und einflussreiche Kreise in Politik und Gesellschaft strebten den Status einer Weltmacht an. Der neue Reichstag nahm am 15. Juli 1890 mit knapper Mehrheit die Heeresvorlage an. Die deutsche Kontinentalpolitik lief aus, der Kaiser und rechtsgerichtete Kreise forderten die Hinwendung zur Weltmachtpolitik. Es folgte der Versuch einer weiteren koloniale Expansion, der Schlachtflottenbau und das Wettrüsten zur See, zahlreiche Krisen, ein militärisch verhängnisvoller Offensivplan für den Falle eines europäischen Krieges (sog. Schlieffenplan). Vor allem die Militärs drängten darauf, bei einem günstigen Anlass den europäischen Krieg vom Zaun zu brechen, da sich das militärische Gleichgewicht immer weiter zu Ungunsten Deutschlands verschiebe.

Nach dem Verkauf von 8 Tagwerk für die Infanteriekaserne, kam als erster Truppenteil im Sinne des Wehrgesetzes und der allgemeinen Wehrpflicht 1893 die Infanterie nach Fürth, zunächst das 1. Bataillon des 14. Infanterie-Regiments (1814 v. König Max I. errichtet), aus dem bei weitgehender personeller Kontinuität 1897 das 21. Infanterieregiment - die - hervorging, in Fürth kurz die „21er“ genannt . 1896 bis 1906 lag noch die traditionsreiche, 1682 gegründete, 1. Eskadron d. 1. bayerischen Cheveauleger-Regiments in Fürth.

Nach der Fertigstellung der Artilleriekaserne begannen in unmittelbarer Nachbarschaft westlich davon die Bauarbeiten für eine Infanteriekaserne, die den Namen Sedankaserne trug. Diese beherbergte ab 1893 das I. Bataillon des K.B. 14. Infanterie-Regiments, aus dem 1897 das in Fürth legendär gewordene K.B. 21.Infanterie-Regiment ("die Anerzwanzger") entstand.

Zunächst umfasste die Kaserne den Bereich zwischen der Isaak-Loewi-, Ullstein-, Dr.-Frank- und Sedanstraße (heute Steubenstraße), zog sich aber teilweise auch bis zur Fronmüllerstraße vor. Ab 1912 entstanden weitere Bauten zwischen Fronmüller- und Dr.-Meyer-Spreckels-Straße. Die Aufstellung einer Maschinengewehr-Kompanie machte die Vergrößerung der Kaserne nötig und so begannen am 26. März 1912 die Planungen zum Bau der „Neuen Infanterie-Kaserne" südlich der bestehenden Gebäude, bis zur Dr.-Frank-Straße. Die Übergabe dieses Teils an seine Nutzung erfolgte jedoch erst 1916/17.

Die Kasernenbauten in Fürth entsprechen jenen andere Städte, lediglich die ungewöhnliche Ausmaße und die beiden aufwendig gestalteten Offizierskasinos stachen hervor. Die Kaserne beeinflusste wesentlich die weitere städtebauliche Entwicklung der Südstadt, sowohl was die Platzierung funktionaler Einheiten (Schulen und Kirchen um die Frauenstraße, St.-Paul-Kirche) wie auch die Einwohnerentwicklung betraf: 1879 hatte die Südstadt erst 1000 Einwohner, 1890 schon 6.300 (davon 335 Militärpersonen), 1895 waren es 8300, davon 1.300 Militär und 1910 20.000, davon 1.500 Militär.

Zum Beginn des 1. Weltkrieges zog das 21. Infanterieregiment am 7. August 1914 mit 3300 Mann und 160 Pferde in den Krieg und wurde in Lothringen, Nancy, Champagne, Sommeschlacht 1916, Arras, in französisch Flandern und in Cambrai eingesetzt. Die Verluste im Ersten Weltkrieg betrugen 3100 Mann. Nach dem Krieg wurde die 21er noch gegen Räterepublik in München eingesetzt. Nach einem damaligen Kommentar waren die 21er „getroffen durch den Dolchstoß aus der Heimat, aber unbesiegt im größten Kriege aller Zeiten“.

Die Kasernenbauten galten seinerzeit als vorbildlich , weshalb die militärische Nutzungsgeschichte nach dem Versailler Vertrag 1920, verbunden mit einer fast vollständigen Abrüstung Deutschlands, weiter ging. In Fürth verblieben 545 Mann. Allerdings lag der Vorkriegsstand alleine des Infanterieregiments bei 3.240 Soldaten.

Die Garnisonen Fürth und Nürnberg wurden nun zu einer zusammengezogen. Die Militärverwaltung gab Teile der ehemaligen Infanteriekaserne (Steubenstraße) zum Einbau von Wohnungen der Stadt frei, auch Werkstätten wurden in der alten Infanteriekaserne eingerichtet. Diese mussten 1935 wieder geräumt werden. Die neue Infanteriekaserne nahm die Schutzpolizei auf, die neue Infanteriekaserne eine Kraftfahrabteilung, das Train Depot eine Minenwerferkompanie Gustav Schickedanz erwarb 1932 ein 8000 qm großes Gelände und errichtete Fertigungshallen (ehemaliges Filialartilleriedepot)

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 wurden aus der Infanterie-, der benachbarten Artillerie- und der nahen Trainkaserne eine Kaserne.

Mit der massiven Aufrüstung ab 1933 zog zwischen 1935 und 1938 wieder das 21. Infanterieregiment ein, hinzu kamen das Flakregiment 8, die Minenwerferkompanie und Kraftfahr­abteilung blieben. Der Zusammenbau der beiden Infanteriekasernen zu einem großen Riegel fiel in diese Zeit.

Eingesetzt wurden das 21. Infanterieregiment bei so fatalen Unternehmungen wie den „Anschluss“ Österreichs, den Überfall auf Polen und den Angriff auf die Sowjetunion: Smolensk, Kiew, Moskau standen auf dem Fahrplan. Vollständig Vernichtung ereilte die 21er am 12. Januar 1945, die 21er hatten 4000 Gefallene und 1500 Vermisste zu verzeichnen

Zur Kapitulation von Fürth besetzten die Amerikaner die Kasernen, ab 25. Juli 1945 wurde sie offiziell von amerikanischen Truppen als Kaserne weitergenutzt und als William-O.-Darby Barracks benannt. Neben anderen Um- und Neubauten richtete die US-Army in einem ehemaligen Stallgebäude (Gebäude Nr. 32) eine Kapelle – die „Chapel“ - ein und für den Soldatensender American Forces Network (AFN) wurde 1952 ein Sendemast zur Ausstrahlung von Radio- und TV-Programmen aufgestellt (Sendemast: Gebäude Nr. 99; Betriebsgebäude: Nr. 33B/C). Dieser wurde 1993 noch einmal erneuert, einige Zeit standen dann der alte Sendemast aus Metallfachwerk und der neuere aus Beton nebeneinander, der alte wurde um 1995 demontiert.

Konversion

Gebiet der ehemaligen Infanteriekaserne im Jahre 1995
Gebiet der ehemaligen Infanteriekaserne im Jahre 2005

Am 27. Oktober 1994 gab die US Army bekannt, dass die Kasernen in der Südstadt geräumt werden. Das Sternenbanner wurde am 19. Dezember 1995 zum letzten Mal eingeholt.

Nachdem die US-Streitkräfte das Areal 1995 geräumt hatten, fand im folgenden Jahr zunächst ein beschränkter städtebaulicher Ideenwettbewerb zur Einleitung der Konversion statt: Im Februar 1996 lobte die Stadt Fürth einen städtebaulichen Ideenwettbewerb für die freigewordene ca. 42 Hektar große Kaserne aus. Als Wettbewerbsaufgabe galt: Integration in die Gesamtstadt, „Strukturen“ (Nutzungen, landschaftlich 8 ha großer Stadtteilpark), Anordnung v. ca. 200 Wohnungen im Rahmen des Zuschussprogrammes „Offensive Zukunft Bayern, Siedlungsmodelle“), dabei wurden „Stadthäuser“ werden empfohlen. Im November 1996 ging der 1. Preis an Pesch&Partner, die (Zitat) „klare, ruhige Bau- und Freiflächenraumstrukturen“ und eine markante, streng geometrische Form des Südstadtparkes boten.

Die (Zitat) „weitaus größten Qualitäten birgt das Konzept mit der denkmalgeschützten Bausubstanz und deren bauliche Ergänzung“ Die denkmalgeschützte Bausubstanz sollte und wurde weitgehend integriert und von neuen städtebaulichen Quartieren ergänzt, so dass ein breites Angebot an Wohnformen entstehen konnte. Die Idealvorstellung eines Dialogs zwischen historischer Bausubstanz und heutiger Architektur konnte im folgenden zwar nicht in allen, aber doch in vielen Fällen positiv gelöst werden. Zunächst legte man Wert auf einen Neubau-Altbau Kontrast, die Neubauten sollten andere Dachformen haben, es waren flachere Dächer vorgesehen. Dies wurde jedoch nicht später nicht vollständig verwirklicht. Es entstanden sehr preiswerte, jedoch entsprechend schmale Reihenhäuser, für ein, dreigeschossiges Reihenhaus mit 120 qm Grund und 150 qm Wohnfläche wurden vor 2005 für nur 180.000 Mark verkauft und somit Käuferschichten angesprochen, die sonst eine Wohnung gekauft hätten.

Dem Wettbewerb folgte 1997 die Aufstellung eines städtebaulichen Rahmenplanes.

Anfang 1998 vereinbarten die Stadt und der Bund vertraglich, dass der Bund 30% (2004: 35%) unentgeltlich für Parks und Straßen zur Verfügung stellt, der Bund zahlt zudem aus Verkaufserlösen eine festgesetzten Betrag an die Stadt (gewerblich 43 €, Wohnnutzung 115 €/qm). Das Gelände der William-O.-Darby-Kaserne ging am 18. September 1998 von der Bundesrepublik Deutschland in den Besitz der Stadt Fürth über. 2001 konnten die ersten Neubauten bezogen werden.

Abgerissen wurden im Bereich der Infanteriekaserne die Gebäude Nr. 7, 12A, 17, 17A, 18, 21, 23A, 25, 28, 29, 30, 33A/B/C, 37, 48, 92 und 99. Das Gelände, auf dem der AFN-Sendemast stand (Sendemast: Gebäude Nr. 99; Betriebsgebäude: Nr. 33B/C), blieb etwas länger im US-Besitz als die restliche Konversionsfläche. Der AFN-Sendemast wurde im Mai und Juni 2008 demontiert.

Neu entstanden sind im Rahmen der Konversion die Reihenhäuser Kellermannstraße 6-24 und 26-120 (gerade Nummern) sowie Dr.-Meyer-Spreckels-Straße 2a/b/c (jeweils Punkt- bzw. Einfamilienhäuser), 7a/b, 9a/b (Doppelhäuser), 6 bis 38 (gerade Nummern, Reihenhäuser) sowie Flößaustraße 66 bis 74 (gerade Nummern, Reihenhäuser).

Baudenkmäler

"Alte" Infanteriekaserne

"Neue" Infanteriekaserne

Siehe auch

Bilder