Michael Berolzheimer: Unterschied zwischen den Versionen

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Seine Vermögen und die Kunstsammlung musste die Familie Berolzheimer [[1938]] bei der Flucht zurück lassen. Er floh zunächst am [[25. Juli]] [[1938]] nach Zürich, ehe er in die USA einreisen konnte. Die Sammlung wurde im November bzw. Dezember [[1938]] und März [[1939]] in Abwesenheit Berolzheimers auf zwei Auktionen bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Weinm%C3%BCller Adolf Weinmüller] versteigert, ein überzeugter Nationalsozialist und Profiteur des NS-Regime, der durch Arisierungen im Kunstbereich eine gewisse Bedeutung erreichte. Berolzheimer erfuhr zwar von den Auktionen, hatte aber keinen Einfluss auf das Geschehen und erhielt auch nichts von dem Erlös.  
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Seine Vermögen und die Kunstsammlung musste die Familie Berolzheimer [[1938]] bei der Flucht zurück lassen. Er floh zunächst am [[25. Juli]] [[1938]] nach Zürich, ehe er in die USA einreisen konnte. Die Sammlung wurde vom [[30. November]] bis [[1. Dezember]] [[1938]] und im März [[1939]] in Abwesenheit Berolzheimers auf zwei Auktionen bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Weinm%C3%BCller Adolf Weinmüller] versteigert, ein überzeugter Nationalsozialist und Profiteur des NS-Regime, der durch Arisierungen im Kunstbereich eine gewisse Bedeutung erreichte. Berolzheimer erfuhr zwar von den Auktionen, hatte aber keinen Einfluss auf das Geschehen und erhielt auch nichts von dem Erlös. Eines seiner bekanntesten Kunstwerke war der erste Entwurf des "Der Arme Poet" von Carl Spitzweg aus dem Jahr [[1837]].
  
 
Im Rahmen der Arisierungsaktion veranlasste das Finanzamt in Garmisch-Partenkirchen in einem Bescheid vom [[15. Dezember]] [[1938]], dass die Familie Berolzheimer in der Folge der Pogromnacht eine sog. "[https://de.wikipedia.org/wiki/Judenverm%C3%B6gensabgabe Kontributionszahlung]" in Höhe von 80.000 RM zahlen müsse - eine vom NS-Regime willkürlich festgelegte "Judenvermögensabgabe". Des Weiteren wurde Michael Berolzheimer bis zum [[5. Februar]] [[1941]] in Abwesenheit gezwungen, sein Grundbesitz in Untergrainau zu verkaufen. Nur fünf Monate später vermeldete die Gestapo-Leitstelle München, dass „das gesamte in Deutschland befindliche Vermögen des B. und seiner Ehefrau sichergestellt" worden sei. Ein Jahr später verstarb Dr. Michael Berolzheimer im Exil.
 
Im Rahmen der Arisierungsaktion veranlasste das Finanzamt in Garmisch-Partenkirchen in einem Bescheid vom [[15. Dezember]] [[1938]], dass die Familie Berolzheimer in der Folge der Pogromnacht eine sog. "[https://de.wikipedia.org/wiki/Judenverm%C3%B6gensabgabe Kontributionszahlung]" in Höhe von 80.000 RM zahlen müsse - eine vom NS-Regime willkürlich festgelegte "Judenvermögensabgabe". Des Weiteren wurde Michael Berolzheimer bis zum [[5. Februar]] [[1941]] in Abwesenheit gezwungen, sein Grundbesitz in Untergrainau zu verkaufen. Nur fünf Monate später vermeldete die Gestapo-Leitstelle München, dass „das gesamte in Deutschland befindliche Vermögen des B. und seiner Ehefrau sichergestellt" worden sei. Ein Jahr später verstarb Dr. Michael Berolzheimer im Exil.
  
 
== Wiedergutmachung ==
 
== Wiedergutmachung ==
Unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg wurde der ehemalige Freund und Fluchthelfer Rechtsanwalt Held in München kontaktiert und damit beauftragt, die arisierten Kunstgegenstände wieder zu finden und der Familie zurück zuführen. Held nahm 1947 die Untersuchungen auf und so konnten bereits [[1950]] einige Kunstgegenstände aus der Sammlung Berolzheimer der Familie zurück gegeben. So erhielt die Familie von der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München [[1950]] zwei Werke zurück. Es folgten weitere Kunstgegenstände aus dem Albertina in Wien [[2010]] (29 Zeichnungen) und aus dem Kupferstichkabinett in Berlin [[2011]].  
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Unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg wurde der ehemalige Freund und Fluchthelfer Rechtsanwalt Held in München kontaktiert und damit beauftragt, die arisierten Kunstgegenstände wieder zu finden und der Familie zurück zuführen. Held nahm [[1947]] die Untersuchungen auf und so konnten bereits [[1950]] einige Kunstgegenstände aus der Sammlung Berolzheimer der Familie zurück gegeben. So erhielt die Familie von der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München [[1950]] zwei Werke zurück. Es folgten weitere Kunstgegenstände aus dem Albertina in Wien [[2010]] (29 Zeichnungen) und aus dem Kupferstichkabinett in Berlin [[2011]].  
  
 
Bekannt wurde der Arisierungsfall Berolzheimer im Jahr [[2010]], als die Klassik Stiftung Weimar ihre Bestände vollständig auf deren rechtmäßige Erlangung untersuchte. Dabei suchte die Stiftung systematisch nach sog. "NS-Raubkunst" im eigenen Bestand - und wurde auch in der Folge mehrfach fündig. So befanden sich u.a. auch vier Zeichnungen in der Kunstsammlung Weimar, die auf den Besitz von Michael Berolzheimer zurückzuführen waren. Inzwischen wurden die Zeichnungen der Familie wieder zurück gegeben. In einer Ausstellung im Foyer des Hauses wurden bis Sommer [[2016]] verschiedene Fälle der Provenienzforschung vorgestellt - so auch die der Familie Berolzheimer.  
 
Bekannt wurde der Arisierungsfall Berolzheimer im Jahr [[2010]], als die Klassik Stiftung Weimar ihre Bestände vollständig auf deren rechtmäßige Erlangung untersuchte. Dabei suchte die Stiftung systematisch nach sog. "NS-Raubkunst" im eigenen Bestand - und wurde auch in der Folge mehrfach fündig. So befanden sich u.a. auch vier Zeichnungen in der Kunstsammlung Weimar, die auf den Besitz von Michael Berolzheimer zurückzuführen waren. Inzwischen wurden die Zeichnungen der Familie wieder zurück gegeben. In einer Ausstellung im Foyer des Hauses wurden bis Sommer [[2016]] verschiedene Fälle der Provenienzforschung vorgestellt - so auch die der Familie Berolzheimer.  
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Auch "Der Arme Poet" wurde der Familie wieder zurück gegeben. Das bekannte Bild bzw. dessen erster Entwurf wurde im November 1938 das NS-Regime verkauft. Der Sohn Dr. Waldemar Schweisheimer verkaufte das Bild am 26. Januar 2012 bei Sotheby’s in New York. Das Bild wurde für ein Anfangsgebot zwischen 60 - und 80.000 USD aufgerufen. Verkauft wurde das Bild allerdings für 542,500 USD (ca. 510.000 Euro).
  
 
== Siehe auch ==
 
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* Deutsches Zentrum Kulturgutverluste - Jüdische Sammler und Kunsthändler (Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und Enteignung) [http://www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Sammler/B/Berolzheimer,%20Michael.html Berzolheimer, Dr. Michael]
 
* Deutsches Zentrum Kulturgutverluste - Jüdische Sammler und Kunsthändler (Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und Enteignung) [http://www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Sammler/B/Berolzheimer,%20Michael.html Berzolheimer, Dr. Michael]
 
* New York - Abteilung Finanzen [http://www.dfs.ny.gov/consumer/holocaust/bio/bio_berolzheimer.htm Homepage]
 
* New York - Abteilung Finanzen [http://www.dfs.ny.gov/consumer/holocaust/bio/bio_berolzheimer.htm Homepage]
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* Auktionshaus Sotheby’s New York [http://www.sothebys.com/en/auctions/ecatalogue/2012/important-old-master-paintings-n08825/lot.84.html Auktion "Der Arme Poet"]
  
 
== Bilder ==
 
== Bilder ==

Version vom 26. November 2016, 02:27 Uhr

Dr. Michael Berolzheimer (22. Januar 1866 in Fürth; gest. 5. Juni 1942 in Mt. Vernom, New York USA) war von Beruf Jurist und Rechtsanwalt. Er kam aus der bekannten Fürther Bleistiftfabrik-Familie Berolzheimer. Dr. Berolzheimer heiratete am 26. September 1902 Melitta Berolzheimer (21.10.1867 - unbek.), geb. Diespecker - gesch. Schweinsheimer aus München. Melitta Berolzheimer bracht aus erster Ehe zwei Kinder mit in die Familie.

Emigration und Verfolgung

Dr. Berolzheimer war Gründer und Inhaber einer Rechtsanwaltskanzlei, arbeitete aber in München für die Alte Pinakothek und der Deutschen Orientgesellschaft. Mit seiner Familie wohnte er zunächst in Fürth und Nürnberg, wechselte aber anschließend nach der Hochzeit den Wohnsitz nach Untergrainau in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen. Berolzheimer war passionierter Kunstsammler, seine Sammlung umfasste 1900 ca. 800 graphische Blätter deutscher und italienischer Künstler des 18. und 19. Jahrhunderts. Darunter waren Werke von den Künstlern Johann Georg von Dillis, Joseph Anton Koch, Carl Rottmann, Moritz von Schwind, Eugen Napoleon Neureuther, Philipp Veit, Bonaventura Genelli u.v.m.

Wie sein Vater engagierte sich Berolzheimer im kulturellem und sozialen Bereich durch eine Stiftung an die Bayerische Staatsgemäldesammlung sowie an seinem Wohnort in Untergrainau. Trotz seiner unstrittigen Verdienste sah er sich seit der Machtergreifung 1933 durch die Nationalsozialisten zunehmend unter Druck gesetzt, so dass er im Sommer 1938 mit Hilfe eines befreundeten Anwalts aus München (Robert O. Held) das Land verlassen konnte. Er emigrierte zu seiner Familie in die USA und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens im Exil.

Arisierung

Seine Vermögen und die Kunstsammlung musste die Familie Berolzheimer 1938 bei der Flucht zurück lassen. Er floh zunächst am 25. Juli 1938 nach Zürich, ehe er in die USA einreisen konnte. Die Sammlung wurde vom 30. November bis 1. Dezember 1938 und im März 1939 in Abwesenheit Berolzheimers auf zwei Auktionen bei Adolf Weinmüller versteigert, ein überzeugter Nationalsozialist und Profiteur des NS-Regime, der durch Arisierungen im Kunstbereich eine gewisse Bedeutung erreichte. Berolzheimer erfuhr zwar von den Auktionen, hatte aber keinen Einfluss auf das Geschehen und erhielt auch nichts von dem Erlös. Eines seiner bekanntesten Kunstwerke war der erste Entwurf des "Der Arme Poet" von Carl Spitzweg aus dem Jahr 1837.

Im Rahmen der Arisierungsaktion veranlasste das Finanzamt in Garmisch-Partenkirchen in einem Bescheid vom 15. Dezember 1938, dass die Familie Berolzheimer in der Folge der Pogromnacht eine sog. "Kontributionszahlung" in Höhe von 80.000 RM zahlen müsse - eine vom NS-Regime willkürlich festgelegte "Judenvermögensabgabe". Des Weiteren wurde Michael Berolzheimer bis zum 5. Februar 1941 in Abwesenheit gezwungen, sein Grundbesitz in Untergrainau zu verkaufen. Nur fünf Monate später vermeldete die Gestapo-Leitstelle München, dass „das gesamte in Deutschland befindliche Vermögen des B. und seiner Ehefrau sichergestellt" worden sei. Ein Jahr später verstarb Dr. Michael Berolzheimer im Exil.

Wiedergutmachung

Unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg wurde der ehemalige Freund und Fluchthelfer Rechtsanwalt Held in München kontaktiert und damit beauftragt, die arisierten Kunstgegenstände wieder zu finden und der Familie zurück zuführen. Held nahm 1947 die Untersuchungen auf und so konnten bereits 1950 einige Kunstgegenstände aus der Sammlung Berolzheimer der Familie zurück gegeben. So erhielt die Familie von der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München 1950 zwei Werke zurück. Es folgten weitere Kunstgegenstände aus dem Albertina in Wien 2010 (29 Zeichnungen) und aus dem Kupferstichkabinett in Berlin 2011.

Bekannt wurde der Arisierungsfall Berolzheimer im Jahr 2010, als die Klassik Stiftung Weimar ihre Bestände vollständig auf deren rechtmäßige Erlangung untersuchte. Dabei suchte die Stiftung systematisch nach sog. "NS-Raubkunst" im eigenen Bestand - und wurde auch in der Folge mehrfach fündig. So befanden sich u.a. auch vier Zeichnungen in der Kunstsammlung Weimar, die auf den Besitz von Michael Berolzheimer zurückzuführen waren. Inzwischen wurden die Zeichnungen der Familie wieder zurück gegeben. In einer Ausstellung im Foyer des Hauses wurden bis Sommer 2016 verschiedene Fälle der Provenienzforschung vorgestellt - so auch die der Familie Berolzheimer.

Auch "Der Arme Poet" wurde der Familie wieder zurück gegeben. Das bekannte Bild bzw. dessen erster Entwurf wurde im November 1938 das NS-Regime verkauft. Der Sohn Dr. Waldemar Schweisheimer verkaufte das Bild am 26. Januar 2012 bei Sotheby’s in New York. Das Bild wurde für ein Anfangsgebot zwischen 60 - und 80.000 USD aufgerufen. Verkauft wurde das Bild allerdings für 542,500 USD (ca. 510.000 Euro).

Siehe auch

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