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24 Runenstein und Siehenuerichtsμlatz Um es gleich vorweg zu sagen: Runenstein und Siebengerichtsplatz bei MUnchzell sind Imitationen nordischer Vorbilder und stammen beide aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts. War die Runenschrift der Germanen auch weit verbreitet- sieht man ab von der Prachthandschrift der Bibelübersetzung ins Gotische des Bischofs Ulfilas, dem Codex argenteus, so handelt es sich doch in den meisten Fällen um Inschriften auf beweglichen Gegenständen, deren Fundstellen sich vom germanischen Siedlungsraum im Norden und Osten, von der Krim Uber Griechenland, Italien, Spanien und Nordafrika bis hinauf über Eng- land nach Grönland erstrecken. Von den rd. 5000 bisher bekannt geworde- nen Runentexten stammen die wenigsten von Runensteinen. Die Sitte, Runen in Steine zu meißeln, kam erst im 4. Jhd. n.Chr. in Norwegen und Schweden auf, verbreitete sich dann bis zum 8. Jhd. im nordischen Lebensraum der germanischen Völker und darUber hinaus,_vor allem durch die Vorstöße der Wikinger, die ihren gefallenen Genossen auch im fernen Land Steine dieser Art setzten. Die einzigen in Deutsch- land bisher bekanntgewordenen Runensteine fanden sich in der Handels- niederlassung Haithabu bei Schleswig. Sie alle stammen aus dem 8. oder 9. Jahrhundert. Dennoch ist der Runenstein von Münchzell, obwohl es sich um eine Nach- bildung handelt, ein bemerkenswertes Denkmal, und zwar fUr den Zeit- geist der Romantik, als man sich angesichts des von Frankreich prakti- zierten Nationalismus der Revolutionszeit und der napoleonischen Ära sowie der französischen Fremdherrschaft Uber weite Teile Deutschlands auf die Herte der eigenen Nation besann. Die planmäßige Erforschung der deutschen Vergangenheit, der Sprache, des Liedes und der Dichtung be- gann, wie sie am treffendsten ihren Ausdruck fand in der von Freiherrn vom Stein angeregten Sammlung und Veröffentlichung allen deutschen Schrifttums älterer Zeit, aller Urkunden, Gesetze, Geschichtsschreiber, den Monumenta Germaniae. Ausdruck dieses romantischen Zeitgeistes in unserer Gegend war das von Architekt Heydeloff entworfene Ehrenmal zur Erinnerung an die Schlacht an der Alten Veste 1632, das dann 1838 in etwas veränderter Form als Aussichtsturm auf der Alten Veste errichtet wurde. Anscheinend im Auftrag des Königs von Preußen untersuchte der königliche Regierungsrat Reynitzsch aus Ansbach 1804 einige Grabhugel im Aichach bei MUnchzell, zusammen mit Dekan Joh.Mich.Redenbacher aus Pappenheim. Die den Gräbern entnommenen Gegenstände wanderten nach Berlin, wo sie im Museum für Vor- und Frühgeschichte 1945 wahrscheinlich verloren gingen.