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Unser Wunschzettel an Minister Dr. Rucker

»Keine Konfessionsschule« Bayern hat eine neue Regierung. Es soll nicht die Aufgabe einer Schülerzeitschrift sein, sich in die hohe Politik einzumischen. Das überlassen wir anderen Zeitungen. Aber gerade bei der letzten Landtagswahl ging es u. a. auch um eine kulturpolitische Ausein­ andersetzung, die die Ausbildung der Jugend betraf: Die*eine Seite, die eine konfessionsgebundene Schule verlangte, hatte verloren. Dadurch hat sich ein kleiner Wechsel in einem Ministerium vollzogen, das über un­ ser „Wohl und Wehe“ entscheidet: im Kul­ tusministerium. Der Nachfolger des bisheri­ gen Ministers für Unterricht und Kultus Dr. Schwaiber wurde der parteilose Dr. Ru­ cker. Vielleicht dürfen wir dem neuen Kul­ tusminister einen kleinen „Wunschzettel“ vorlegen.

Wir wünschen uns: 1. Keine Konfessionsschule. Keine kon­ fessionelle Lehrerbildung. Wer heute noch im Zeitalter der Toleranz glaubt, konfessio­ nelle Gegensätze emporzüchten zu können, beschwört für die Zukunft eine Entwicklung herauf, d'e der des 16. Jahrhunderts durch­ aus ähneln könnte. Wer die Jugend zu entzwe'en sucht, darf der wirklich die Jugend erziehen ? 2. Eine Lehrerausbildung, die darauf abzielt, die Jugend verständnisvoll zu leiten. Wir wünschen uns aufgeschlossene Lehrer. 3. Eine allmähliche Schulreform. Dabei soll uns Schülern wirklich, nicht nur de jure, die Möglichkeit gegeben werden, den SMVGedanken zu verwirklichen. 4. Einführung neuer Schulfächer, die mehr der Praxis und dem „rauhen Leben“ Rech­ nung tragen, z. B. Maschinenschreiben. Da­ neben aber auch Kunsterziehung bis zur 9. Klasse! Um ein:s möchten wir allerdings noch das Kultusministerium bitten: nicht durch über­ stürzte Reformen zu beweisen versuchen, daß eine neue Regierung „am Ruder“ ist. — ter — Fortsetzung »Wehrumfrage« Die Zahl der 10 Prozent Kriegsdienstver­ weigerer sollte — selbst wenn man bei man­ chen Antworten nicht den Eindruck hat, daß sich die Betreffenden der vollen Tragweite bewußt sind — ebenfalls bedenklich stim­ men. 26 Prozent enthielten sich der Stimme, weil sie erst „abwarten wollen, wie die neue Wehrmacht aussieht“. 43 Prozent sind überzeugt, daß der alte 08/15-Ton wiederkommt, obwohl man (60 Prozent) Drill mit Maß und Ziel für rieh-

Unsere Sonderfrage: „Soll das neue Schul­ jahr nach den Osterferien beginnen?“ ver­ neinten 62% der befragten Schüler. Die bayerische Lösung wurde also offensichtlich für besser befunden, wenn auch viele beton­ ten, diese Frage müsse endlich auf Bundes­ ebene geregelt werden. tig hält, denn man wolle keine „Kaugummi­ soldaten“. 69 Prozent hoffen, daß das neue Militär, wenn es schon aufgestellt wird, nicht der alten Wehrmacht gleicht. Sicher ■— der Objektivität halber sei das erwähnt — ist durch Presse, Rundfunk, Film, Par-

Wo bleibt die Berufsberatung? Ein offener Leserbrief über eine Berufsberatungsstunde in der ORF

..........Natürlich erwarteten die Schüler, be­ sonders die der Oberstufe, daß ihnen hier vom Fachmann ein objektives Bild über die verschiedenen Möglichkeiten gegeben würde, die sich ihnen in Hinsicht eines zu erlernen­ den Berufes nach Ablegung der Reifeprü­ fung oder nach Beendigung eines etwaigen Studiums bieten würde. Dem gegenüber wurde ihnen ein dunkelschwarzes Bild schrecklichsten Studentenelcnds gezeichnet — im Hintergrund ständig die drohenden Gespenster der Aufnahmeprüfungen und Eig­ nungstests. (Als ob wir das nicht schon ge­ wohnt wären!) M i t allen zur Verfügung stehenden Mitteln und mit einer bewunderungswürdigen Aus­ dauer versuchte der Berufsberater seinen Zuhörern einzureden, daß ein Studium oder sogar schon die Ablegung der Reifeprüfung wenig oder gar keinen Zweck hat. (Das Genie einräumenderweise ausgenommen!). Mit emsigen Fleiß wurde nudelbrettartig jede erdenkliche Kleinigkeit, die einen Schü­ ler entmutigen könnte, das Studium zu er­ greifen, in die Breite gewalzt. Immer wieder die Richtigkeit seiner Aus­ führungen betonend strafte der Berufsbera­ ter beispielsweise die Tatsache lügen, daß 30 — 40% aller Studenten ohne jede finan­ zielle Unterstützung von Seiten des Eltern­ hauses oder des Staates studieren, indem er sagte, daß cs heutzutage keinen einzigen Studenten gäbe, der dur. h Werktätigkeit bis zum Staatsexamen käme. Daß diese Behaup­ tung kühn ist bedarf wohl keines ausführ­ lichen Beweises, denn es ist eine bekannte Tatsache, daß heute und gerade heute die Schüler mehr oder weniger für sich selbst aufkommen müssen. Überdies wird hier offensichtlich der Wert eines hart erkämpften Studiums verkannt und viel zu viel Betonung auf die materielle Seite eines zu ergreifenden Berufes gelegt. Denn meistens haben die Menschen, die un­ ter erschwerten Umständen ein gestecktes Ziel erreichen und erreichen wollen erkannt, daß sie durch Erringung dieses Zieles eine Verpflichtung ihren Mitmenschen,, der Ge­ meinschaft und dem Staat gegenüber auf sich genommen haben und daß das Geld­ verdienen eine notwendige menschliche Be­ gleiterscheinung ist. teireden und Entnazifizierungsverfahren ein falsches Bild von der „alten Wehrmacht“ bei der Jugend entstanden. — 62 Prozent glauben, daß ein stehendes Heer besser sei als eine Miliz nach dem Vorbild der Schweiz. Zahlreiche Wünsche wurden aufgrund un­ serer neunten Frage an die neue Wehrmacht gestellt. Die Antworten fielen begreiflicher­ weise teilweise recht lustig aus. Wenn sich manche „elegante Offizierskleidung, be­ queme Wohnung, gutes Essen“ und dgl. mehr wünschen, so könnte gerade der Ein­ druck entstehen, als sähe ein Teil der Ju­ gend in der Wehrmacht für den einzelnen nur ein klein wenig Soldatenspiel. Schon einmal begann es mit Spiel und Sport, lu­ stigem Exerzieren und Geländespielen (HJ!) — die Jugend hatte ihre helle Freude daran — und dann wurde es über Nacht bitterer Ernst. — tz —

Es erhebt sich hier die ernste Frage, was eigentlich die Aufgabe eines Berufsberaters ist und ob er sie in diesem Fall richtig er­ füllt hat. In dieser besprochenen Berufsberatung hatte der Tenor jedenfalls die Tendenz den Schü­ lern grundsätzlich vom Studium abzuraten und den scheinbar einzigen richtigen Weg zu zeigen unter dem Motto: „Zurück in die Werkstatt! Oder werdet Soldaten!“ Denn wirklich erschien dem Herrn Berufs­ berater die Offiziers-Laufhahn das einzig Empfehlenswerte für einen Abiturienten zu sein. Da ist wohl menschlich und verständ­ lich, daß für die Einzelberatung wenig In­ teresse vorhanden ist; denn schließlich be­ suchen Schüler nicht neun Jahre die Höhere Schule um sich dann sagen lassen zu müssen, daß diese lange Zeit fast nutzlos gewesen wäre und höchstens ein guter Soldat aus ihnen würde. — woje —

Erfolg der Pennalen in derOR Fast allo Lehrkräfte kauften Die erknufsziffer von 43 bei einer Gesamt­ lehrerzahl von 47 allein läßt schon einen guten Anklang der „Pennalen“ bei den Leh­ rern der ORF vermuten. Weit wertvoller jedoch als der Absatz bei den Lehrern aber war die für die Redak­ tionsmitglieder der Schülerzeitung und eigentlich auch für alle Schüler der An­ stalt erfreuliche Tatsache, daß mit einigen wenigen Ausnahmen die Lehrerschaft der ORF die Arbeit unserer Zeitung anerkannte und des Lobes über sie voll war. Wir möchten an dieser Stelle nicht Versäu­ men. dem Direktorat und allen Lehrern, die unsere Bemühungen durch ihre Anerkennung Kritik und Anregung unterstützen, herzlich zu danken. Wir wollen aber auch nicht verschweigen, daß wir ehrlich enttäuscht waren, unter den Lehrern, die an den „Pennalen“ nicht in­ teressiert waren, Germanisten zu finden. Wenn zu dem noch ein technisch bewander­ ter Herr unserer Anstalt die Abnahme einer Zeitung mit der Begründung ablehnt: „Ja, wenn die Leitung nichts kostete, würde ich schon ein Exemplar abnehmen“, (wer soll das bezahlen?), so war das doch ein kleiner bitterer Tropfen in den Freudenbecher, da wir einerseits gerade von den Deutsch-Leh­ rern das größte Interesse erwarteten und uns andererseits die Finanzierung der „Pen­ nalen“ jeden Monat ohnehin neue Sorgen bereitet. (Es sei hier bemerkt, daß jegliche Mitarbeit bei den „Pennalen“, sei es als Chefredakteur oder als freier Mitarbeiter, ehrenamtlich ist.)

Ein Hinweis: Nähere Auskünfte über die Be­ fragung und die Einzelergebnisse können jederzeit bei der Redaktion eingeholt werd:n, Tel. 7 35 74. Beschwerden der Handelsschüler, daß ihre Fragebogen nicht abgeholt wurden, sind bei der Schulredaktion der Handelsschule abzu­ geben. (Anm. d. Red.)