Seite:Pennalen Jg 2 Nr 3 1955.pdf/7

Aus FürthWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen.


Wissenschaft und Bildung

Unglaublich, aber wahr 1881: Netz mit 8 Anschlüssen 1955 : 25 Mill. Apparate in Europa Im Jahre 1881 wurde in Berlin die erste Fernsprech - Vermittlungsstelle eingerichtet. Der Berliner Vermittlungsbcamte konnte sich wirklich nicht über Arbeitsüberlastung beklagen, denn in Berlin gab cs damals nur acht (!) Besitzer jener umfangreichen Tclefonkästen. Ja, das waren noch Zeiten! Daß aber nach fast 75 Jahren eine normale Großstadt ungefähr 30 000 Anschlüsse ha­ ben wird, hätte sich der Lehrer Philipp Reis aus Gelnhausen, der 1860 das Telefon er­ fand, sicher nicht träumen lassen. Dabei ist Deutschland mit rund 1.75 Mill. Fernspre­ chern (= 3,3 auf 100 Einwohner) noch lange nicht so stark von jenen klingelnden Stören­ frieden übersäht wie z. B. die Vereinigten Staaten. In den USA zählte man 1948 insgesamt 35 Mill. Fernsprechapparate. Jeder vierte Ame­ rikaner — auch die Babies mitgerechnet — ist daher in der Lage, andere Leute von der Arbeit (oder vom Schlafen) abzuhalten. — Auch Großbritannien mit 5 Mill. Apparaten (= 10 Prozent der Bevölkerung) und Schwe­ den mit 1,5 Millionen (= 21 (!) Prozent der Bevölkerung) ist uns in dieser Hinsicht noch weit überlegen. Wenn du das nächste Mal deinen Lehrer wieder zu nachtschlafender Zeit am Telefon verulken willst, so denke daran, du bist nur einer von 25 Millionen (so viele Telefon* apparate gibt cs nämlich in Europa), der das kann.

Sklaverei noch vor 90 Jahren Am 3. Januar 1865, das heißt vor nicht mehr als 90 Jahren, erklärte Präsident Lincoln während des amerikanischen Bürgerkrieges die Sklaven der Südstaaten für frei und schaffte damit endgültig — wenigstens rechtlich — die Sklaverei ab. Genau 2000 Jahre hatte es gedauert, von den schweren Sklavenaufständen in Rom im Jahre 136 v. C hr. gerechnet, bis ein Schlußstrich unter ein zeitweilig sehr dunkles Stück Mensch­ heitsgeschichte. gezogen wurde.

Pädagogische Einsicht Mit Freude lasen wir im Amtsblatt des Bay. Staatsmin. f. U. u. K. 1954 Seite 367: ,,Die Enthaltung von Alkohol- und Nikotingenuß während des ganzen Skikurses (vgl. dazu unseren Artikel über Ski-Kurse; Anm. d. Red.) soll weniger durch Verbote erzwungen werden, als durch Belehrungen erreicht wer­ den. Eine freiwillige Verzichterklärung bei den höheren Klassen schon vor dem Skikurs wäre als erheblicher Erzichungserfolg zu bu­ chen.“ Es gibt also doch noch Menschen mit päda­ gogischem Einfühlungsvermögen, die den Zwang nicht als oberstes Erziehungsgesetz ansehen. Wäre es nicht wünschenswert, wenn man den in jener Bestimmung enthal­ tenen Grundsatz auch bei anderen Gelegen­ heiten anwenden würde ? — tz —

'JCatl May und^SpyUi am meisten gelesen Buchtest - 1000 Schüler urteilten Der Deutsche Buch-Ring GmbH., München, führte Ende vergangenen Jahres in Ober- und Mittelschulen, z. T. aber auch in Fach- und Volksschulen einen Test zur Förderung der gu­ ten Jugendliteratur durch. 500 Mädchen und 500 Jungen im Alter von 10—20 Jahren (hauptsächlich 13 — 16 jährige) wurden gefragt, wofür sie sich am meisten interessieren und wer ihr Lieblingsschriftsteller, bzw. was ihr Lieblingsbuch sei. Dabei ergab sich, daß der leider teilweise immer noch in den Schulbibliotheken verpöhnte Karl May und Johanna Spyri die meisten Stimmen erhielten.

Von den Mädchen nannten als ihre Lieb­ lingslektüre:

Allgemeine Jugendbücher Abenteuerbücher Rcisebeschreibungen Tierbücher Mädchenbücher Kriminalromane bzw.-geschichten

23% 23% 12% 10% 8% 5%

Bei den Jungen interessieren sich für: Abenteuerbücher 34% Tierbücher 14 % Reisebeschreibungen (fremde Länder und Völker) 13% Allgemeine Jugendbücher 9% Kriminalromane und -geschichten 7% Bücher der Technik 5%

Bücher über Wissenschaft und Forschung und klassische Jugendbücher wie Robinson, Tom Sawyer usw. folgen an 7. und 8. Stelle. Indiaherbücher liegen bei den Jungen an 9., bei den Mädchen an 10. Stelle.

Kriegs- und Liebesromane nicht gefragt Krieg und alles was damit zusammenhängt scheint die heutige Jugend kaum mehr zu interessieren. (Vielleicht wird es bald anders) Kriegs- u. Soldatenbücher geben nur 0,17%

der Jungen an 17. Stelle an. Noch weniger kann man sich mit den Klassikern befreun­ den, denn sie stehen bei den Mädchen an 19. Stelle und bei den Jungen gar an 26.! Unser Geographieunterricht muß offensicht­ lich umgestellt werden. Nur 0,2% konnten sich für Bücher dieser Art entscheiden. Lie­ besromane scheinen überhaupt nicht zu zie­ hen. Während sie bei den Mädchen mit 0,1 % an letzter Stelle rangieren, wird diese Ru­ brik bei den Jungen gar nicht geführt! Als die liebsten Schriftsteller wurden ge­ nannt: bei den Mädchen Johanna Spyri 72 mal Ganghofer (!) 42 mal Karl May 40 mal Gulbransson 19 mal Theodor Storm 17 mal

bei den Jungen Karl May 127 mal Das Neue Universum 13 mal Sven Hedin 9 mal Erich Kästner 8 mal Dahn (Ein Kampf um Rom) 8 mal Fortsetzung Seite 8

Nichts Neues vom Mars Im Jahre 1878 sollen zum ersten Male „flie­ gende Untertassen“ in Texas beobachtet worden sein. Man sieht: Nil novi sub sole, oder frei übersetzt: Nichts Neues vom Mars.

Naturkatastrophen durch Atomversuche? Wissenschaftler verneint Zusammenhang Mit der umstrittenen Frage, ob die Häufung von Natu katastrophen in letzter Zeit mit den Atomversuchen in Zusammenhang steht, befaßte sich Dipl.. Ing. Alfred Hofmann in einem aufschlußreichen Artikel (Kosmos Jan.-Heft 1955, S. 13). In der Tat liegt der Schluß nahe, und er wird nicht nur von phantasiebegabten oder sensationslüsternen Laien gezogen, einen Zusammenhang zu be­ jahen. Hofmann kommt aber durch den Ver­ gleich mit Vulkanausbrüchen und an Hand von physikalischen Gesetzen zu dem Ergeb­ nis, daß eine direkte Wetterbeeinflussung durch Atomexplosionen undenkbar sei, eine indirekte zwar in seltenen Fällen denkbar, aber bisher nicht nachweisbar sei. Die gewaltigen Vulkanausbrüche der ver­ gangenen 100 Jahre zeigen, davon geht Hof­ mann aus, daß die meist nachfolgenden at­ mosphärischen Störungen nicht durch die „Exp osion“, d. h. die freiwerdende Energie, hervorgerufen würden, sondern indirekt durch die ungeheueren Aschen- und Staub­

massen (beim Krakataoausbruch 1883 waren es 18 Kubikkilometer!), die in Höhen-bis zu 80 Ki ometer emporgeschleudert, sich jahre­ lang wie ein Mantel um die Erde ziehen, einen Ted der Sonnenstrahlen abschirmen, T. mpe aturrü.kgang und geringere Luftzir­ kulation, und damit im Endeffekt meist weniger (!) Regen zur Folge haben. B.i Atomexplosionen könne die „Explosion“ selbst, die ungefähr mit der gleichen Kraft erfo’ge wie ein Vulkanausbruch, keinen Ein­ fluß haben. Aber auch indirekt könne keine Beeinflussung eintreten, da bei einer Atombombenexplosion weit geringere Mengen an Staubteilchen emporgestoßen werden. Hof­ mann erklärt höchstens einen Einfluß durch die Unzahl radioaktiver Teilchen in seltenen Fä len für denkbar (zu vergleichen mit dem Vorgang in der Wilson’schen Nebelkammer), ein Nachweis sei bisher aber nicht gelungen. Mit Hofmann müßten wir demnach zu dem Schluß kommen: An dem Katastrophenjahr 1954 sind nicht die Atombomben schuld. — tz —