Jüdische Protokollbücher - Pinkasim - פנקסים: Unterschied zwischen den Versionen
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In Fürth ist seit 1719 eine Protokollierung der Vorsteherbeschlüsse nachweisbar.<ref>Stefan Litt (Hg.): „Jüdische Fürsprache ...”, S. 248</ref> Die Einführung eines Protokollbuches fällt damit ins gleiche Jahr, in dem der Bamberger Dompropst Otto Philipp von Guttenberg das [[Reglement für gemeine Judenschafft]] erließ. Somit stellt das Jahr 1719 für die Fürther Judenschaft die Neukonstitution ihrer Gemeinde dar. Dieser ''Pinkas'' besteht nur aus wenigen Seiten und hört mit dem Jahr 1722 wieder auf. | In Fürth ist seit 1719 eine Protokollierung der Vorsteherbeschlüsse nachweisbar.<ref>Stefan Litt (Hg.): „Jüdische Fürsprache ...”, S. 248</ref> Die Einführung eines Protokollbuches fällt damit ins gleiche Jahr, in dem der Bamberger Dompropst Otto Philipp von Guttenberg das [[Reglement für gemeine Judenschafft]] erließ. Somit stellt das Jahr 1719 für die Fürther Judenschaft die Neukonstitution ihrer Gemeinde dar. Dieser ''Pinkas'' besteht nur aus wenigen Seiten und hört mit dem Jahr 1722 wieder auf. | ||
Ein weiterer Pinkas ist von 1747 bis 1761 erhalten. Auf dieses umfangreiche Protokollbuch schließt lückenlos ein weiteres von 1761-1768 an. | Ein weiterer Pinkas ist von 1747 bis 1761 erhalten. Auf dieses umfangreiche Protokollbuch schließt lückenlos ein weiteres von 1761-1768 an. Sodann gibt es noch Protokollbücher von 1780-1790 und von 1791--1814.<ref>Stefan Litt (Hg.): „Jüdische Fürsprache ...”, S. 248</ref> | ||
In den Fürther Statuten von 1770 wurde festgelegt, dass das Protokollbuch (hier Hauptbuch genannt) zusammen mit anderen wichtigen Instrumenten der Gemeindeführung – dem Siegel sowie den Kassen- und Rechnungsbüchern – in einem gesonderten und offenbar gesichertem Schrank (Kassa) aufbewahrt werden sollte.<ref>Stefan Litt (Hg.): „Jüdische Fürsprache ...”, S. 10</ref> „Die ''takkanot<ref>siehe [[Tekunos-Büchlein]], sowie [https://www.gda.bayern.de/service/findmitteldatenbank/Archivalie/a82d66f3-ffca-4b3b-81d7-593c95ff0680 Takanot Fiorda (Gemeindestatuten) פנקס תקנות הקהילה]</ref>'' der bedeutenden fränkischen Gemeinde Fürth stellen ganz offensichtlich den Höhepunkt des Statutenwesens im aschkenasischen Kulturraum dar, zumindest was den Umfang und die Ausführlichkeit anbetrifft“.<ref>Stefan Litt (Hg.) „Jüdische Gemeindestatuten aus dem aschkenasischen Kulturraum 1650-1850“ in: „Archiv Jüdischer Geschichte und Kultur“, Band 1, 2014, S. 132</ref> 515 Paragraphen umfassen die Fürther Statuten und sind damit mit Abstand das umfangreichste Werk, das im frühneuzeitlichen aschkenasischen Raum entstand.<ref>ebenda</ref> Die Statuten von 1770 wurden noch in ein eigenes Buch geschrieben mit dem Vermerk auf dem Einbanddeckel: 1771 תקנות אדרויפ.<ref>Takkanot Fiorda 1771 = Statuten Fürth 1771</ref> Die Einleitung und der Schlussteil der ''takkanot'' wurden auf Hebräisch verfasst, während die Paragraphen hauptsächlich in einem für seine Zeit | In den Fürther Statuten von 1770 wurde festgelegt, dass das Protokollbuch (hier Hauptbuch genannt) zusammen mit anderen wichtigen Instrumenten der Gemeindeführung – dem Siegel sowie den Kassen- und Rechnungsbüchern – in einem gesonderten und offenbar gesichertem Schrank (Kassa) aufbewahrt werden sollte.<ref>Stefan Litt (Hg.): „Jüdische Fürsprache ...”, S. 10</ref> „Die ''takkanot<ref>siehe [[Tekunos-Büchlein]], sowie [https://www.gda.bayern.de/service/findmitteldatenbank/Archivalie/a82d66f3-ffca-4b3b-81d7-593c95ff0680 Takanot Fiorda (Gemeindestatuten) פנקס תקנות הקהילה]</ref>'' der bedeutenden fränkischen Gemeinde Fürth stellen ganz offensichtlich den Höhepunkt des Statutenwesens im aschkenasischen Kulturraum dar, zumindest was den Umfang und die Ausführlichkeit anbetrifft“.<ref>Stefan Litt (Hg.) „Jüdische Gemeindestatuten aus dem aschkenasischen Kulturraum 1650-1850“ in: „Archiv Jüdischer Geschichte und Kultur“, Band 1, 2014, S. 132</ref> 515 Paragraphen umfassen die Fürther Statuten und sind damit mit Abstand das umfangreichste Werk, das im frühneuzeitlichen aschkenasischen Raum entstand.<ref>ebenda</ref> Die Statuten von 1770 wurden noch in ein eigenes Buch geschrieben mit dem Vermerk auf dem Einbanddeckel: 1771 תקנות אדרויפ.<ref>Takkanot Fiorda 1771 = Statuten Fürth 1771</ref> Die Einleitung und der Schlussteil der ''takkanot'' wurden auf Hebräisch verfasst, während die Paragraphen hauptsächlich in einem für seine Zeit | ||
Version vom 18. Juni 2025, 20:16 Uhr
Pinkasim - פנקסים sind Protokollbücher in aschkenasischen Gemeinden, die seit der frühen Neuzeit verfasst wurden. In diesen Büchern hielten jüdische Gemeindevorstände ihre Regeln, Erlasse und Statuten fest, die das Alltagsleben organisieren sollten. Wichtige Entscheidungen des Gemeindevorstandes wurden schriftlich in Form eines Protokolls festgehalten.[1] Damit dokumentieren sie auch eine politische Interessensvertretung (Fürsprache) des Judentums.
In Fürth ist seit 1719 eine Protokollierung der Vorsteherbeschlüsse nachweisbar.[2] Die Einführung eines Protokollbuches fällt damit ins gleiche Jahr, in dem der Bamberger Dompropst Otto Philipp von Guttenberg das Reglement für gemeine Judenschafft erließ. Somit stellt das Jahr 1719 für die Fürther Judenschaft die Neukonstitution ihrer Gemeinde dar. Dieser Pinkas besteht nur aus wenigen Seiten und hört mit dem Jahr 1722 wieder auf.
Ein weiterer Pinkas ist von 1747 bis 1761 erhalten. Auf dieses umfangreiche Protokollbuch schließt lückenlos ein weiteres von 1761-1768 an. Sodann gibt es noch Protokollbücher von 1780-1790 und von 1791--1814.[3]
In den Fürther Statuten von 1770 wurde festgelegt, dass das Protokollbuch (hier Hauptbuch genannt) zusammen mit anderen wichtigen Instrumenten der Gemeindeführung – dem Siegel sowie den Kassen- und Rechnungsbüchern – in einem gesonderten und offenbar gesichertem Schrank (Kassa) aufbewahrt werden sollte.[4] „Die takkanot[5] der bedeutenden fränkischen Gemeinde Fürth stellen ganz offensichtlich den Höhepunkt des Statutenwesens im aschkenasischen Kulturraum dar, zumindest was den Umfang und die Ausführlichkeit anbetrifft“.[6] 515 Paragraphen umfassen die Fürther Statuten und sind damit mit Abstand das umfangreichste Werk, das im frühneuzeitlichen aschkenasischen Raum entstand.[7] Die Statuten von 1770 wurden noch in ein eigenes Buch geschrieben mit dem Vermerk auf dem Einbanddeckel: 1771 תקנות אדרויפ.[8] Die Einleitung und der Schlussteil der takkanot wurden auf Hebräisch verfasst, während die Paragraphen hauptsächlich in einem für seine Zeit recht modernen Jiddisch gehalten sind.[9]
Einzelnachweise
- ↑ Stefan Litt (Hg.): „Jüdische Fürsprache - Quellen aus Gemeindeprotokollbüchern (pinkasim) des aschkenasischen Kulturraums 1586-1808“ in: „Archiv Jüdischer Geschichte und Kultur“, Band 5, 2021, S. 8
- ↑ Stefan Litt (Hg.): „Jüdische Fürsprache ...”, S. 248
- ↑ Stefan Litt (Hg.): „Jüdische Fürsprache ...”, S. 248
- ↑ Stefan Litt (Hg.): „Jüdische Fürsprache ...”, S. 10
- ↑ siehe Tekunos-Büchlein, sowie Takanot Fiorda (Gemeindestatuten) פנקס תקנות הקהילה
- ↑ Stefan Litt (Hg.) „Jüdische Gemeindestatuten aus dem aschkenasischen Kulturraum 1650-1850“ in: „Archiv Jüdischer Geschichte und Kultur“, Band 1, 2014, S. 132
- ↑ ebenda
- ↑ Takkanot Fiorda 1771 = Statuten Fürth 1771
- ↑ Stefan Litt „Jüdische Gemeindestatuten ...“, S. 133. Litt merkt an, dass häufig Lehnwörter aus dem Französischen Anwendung finden, zuweilen auch Latein, Zitate aus Bibel und Talmud sowie aramäische Redewendungen, was Rückschlüsse auf das hohe Bildungsniveau der Verfasser zulässt.
Siehe auch
- Reglement für gemeine Judenschafft
- Tekunos-Büchlein
- Takanot Fiorda (Gemeindestatuten) פנקס תקנות הקהילה, Zeitgenössische Abschrift (1771), in Akte CAHJP, Gemeinde Fürth D-Fu1-41ovs online
- Fiorda
Literatur
- Stefan Litt (Hg.) „Jüdische Gemeindestatuten aus dem aschkenasischen Kulturraum 1650-1850“ in: „Archiv Jüdischer Geschichte und Kultur“, Band 1, 2014
- Stefan Litt (Hg.): „Jüdische Fürsprache - Quellen aus Gemeindeprotokollbüchern (pinkasim) des aschkenasischen Kulturraums 1586-1808“ in: „Archiv Jüdischer Geschichte und Kultur“, Band 5, 2021