Richard Fleischer: Unterschied zwischen den Versionen

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Dr. {{Person}}'''[[Vorname::RichardFleischer]]''' (geb. [[Geburtstag::10. Juli]] [[Geburtsjahr::1890]] in [[Geburtsort::Bayreuth]], gest. [[Todestag::8. Mai]] [[Todesjahr::1949]] in [[Todesort::New York]]) war [[Beruf::Arzt|Facharzt für Frauenkrankheiten und Gebursthilfe]] in Fürth. Er arbeitete von 1925 bis 1933 als Leitender Arzt im [[Nathanstift]], bis er aufgrund seines jüdischen Glaubens fliehen musste.  
{{Person
|Namenszusatz=Dr.
|Vorname=Richard
|Nachname=Fleischer
|Geschlecht=männlich
|Geburtsdatum=1890/07/10
|Geburtsort=Bayreuth
|Todesdatum=1949/05/08
|Todesort=New York
|Beruf=Arzt
}}
Dr. '''Richard Fleischer''' (geb. [[10. Juli]] [[1890]] in Bayreuth, gest. [[8. Mai]] [[1949]] in New York) war [[Arzt|Facharzt für Frauenkrankheiten und Gebursthilfe]] in Fürth. Er arbeitete von [[1925]] bis [[1933]] als Leitender Arzt im [[Nathanstift]], bis er aufgrund seines jüdischen Glaubens fliehen musste.  


==Lehre und Studium==
==Lehre und Studium==
Dr. Fleischer studierte Humanmedizin in München, Straßburg, Heidelberg, Berlin und Erlangen. Seine Approbation und Promotion erhielt er [[1916]] in Erlangen. [[1919]] war er Teilhaber einer Privaten Frauenheilkinik in München. Gleichzeitig arbeitete er von [[1919]] bis [[1921]] im Städt. Wöchnerinnenheim in [[Nürnberg]]. Von [[1921]] bis [[1924]] war am Universitätsklinikum in Breslau beschäftigt, bis er [[1924]] seinen Facharzt für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe erwarb und sich in Fürth niederließ. Ab [[1925]] übernahm er als Arzt die Leitung des [[Nathanstift]]s, bis er [[1936]] aus Fürth fliehen musste.  
Dr. Fleischer studierte Humanmedizin in München, Straßburg, Heidelberg, Berlin und Erlangen. Seine Approbation und Promotion erhielt er [[1916]] in Erlangen. [[1919]] war er als Assistent an  der Privatklinik von [https://hdbg.eu/biografien/detail/adolf-theilhaber/5395| Adolf Theilhaber] in München beschäftigt.<ref>siehe Fritz Dross: „Von den Juden, die nicht mehr in der Gesellschaft sein dürfen ...“ - „Gleichschaltung“ und „Arisierung am Beispiel der BGGF“ [https://www.igem.med.fau.de/files/2017/06/7_Von-den-Juden.pdf online];
Dross beruft sich S. 104 auf ''Jäckle: Schicksale (1988), S.130; Damskis: Zerrissene Biografien (2009), S.231''</ref> Gleichzeitig arbeitete er von [[1919]] bis [[1921]] im Städt. Wöchnerinnenheim in [[Nürnberg]]. Von [[1921]] bis [[1924]] war am Universitätsklinikum in Breslau beschäftigt, bis er [[1924]] seinen Facharzt für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe erwarb und sich in Fürth niederließ. Ab [[1925]] übernahm er als Arzt die Leitung des [[Nathanstift]]s, bis er [[1936]] aus Fürth fliehen musste.


==Verfolgung im Nationalsozialismus==
==Verfolgung im Nationalsozialismus==
Dr. Fleischer hatte sich [[1924]] als Facharzt in Fürth niedergelassen und betrieb in der [[Königstraße]] eine florierende Praxis, die gleichzeitig auch seine Wohnung war. Die Wohnung mit 9 bis 10 Zimmern war "''volleingerichtet mit einem Geburtskoffer, zwei Sterilistationsapparten, einen Diathermieapparat, ein Mikroskop, einen Instrumentenschrank, zwei Untersuchungsstühlen, einen kleinen fahrbaren Röntgenapparat, einer Höhensonne sowie eine große Auswahl von Instrumenten aller Art''" <ref>Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, LEA 31625, Hans Sahlmann</ref>, da Dr. Fleischer es zur Angewohnheit hatte, in Privatkrankenhäusern nur mit seinen eigenen Instrumenten zu operieren. Dr. [[Fritz Gastreich]] erinnert sich [[1963]] in einem Gutachten bzgl. eines Entschädigungsverfahrens an das Biedermeier-Zimmer in Fleischers Wohnung, "''welches schon in den damaligen Zeiten durch seine seltene Schönheit, seinen besonderen Antiquitätswert und beste Konservierung nicht nur mir sondern allgemein auffiel''"<ref>Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, LEA 31625, Hans Sahlmann</ref>.   
Dr. Fleischer hatte sich [[1924]] als Facharzt in Fürth niedergelassen<ref>dies dürfte in der frauenärztlichen Privatpraxis von Dr. [[Julius Bing]] gewesen sein</ref> und übernahm in der [[Königstraße 117]] nach dem Tode Julius Bings dessen florierende Praxis. Da jener Junggeselle gewesen war, konnte Fleischer auch dessen Wohnung beziehen.<ref>siehe Fürther Adressbuch von 1926/27, I. Teil, S. 46 und III. Teil, S. 8</ref> Die Wohnung in der Königstraße war mit 9 bis 10 Zimmern ausgestattet. Dr. [[Fritz Gastreich]] erinnert sich [[1963]] in einem Gutachten bzgl. eines Entschädigungsverfahrens an das Biedermeier-Zimmer in Fleischers Wohnung, "''welches schon in den damaligen Zeiten durch seine seltene Schönheit, seinen besonderen Antiquitätswert und beste Konservierung nicht nur mir sondern allgemein auffiel''"<ref>Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, LEA 31625, Hans Sahlmann</ref>.   
Als im Februar [[1925]] der Ärztliche Leiter Dr. [[Julius Bing]] verstarb, wurde die „außerordentlich attraktive, nebenamtlich zu versorgende Stelle“<ref name="Dross Von den Juden">siehe Fritz Dross: „Von den Juden, die nicht mehr in der Gesellschaft sein dürfen ...“ - „Gleichschaltung“ und „Arisierung am Beispiel der BGGF“, S. 104-107</ref>  im Nathanstift durch Dr. Fleischer neu besetzt. Sein Stellvertreter wurde [[Hans Sahlmann]]<ref>Sowohl Fleischer als auch Sahlmann hatten sich auf die Stelle beworben.</ref>. Beide galten als die erfolgreichsten Gynäkologen der Stadt. Sahlmann gab an „''einen volleingerichteten Geburtskoffer, zwei Sterilistationsapparate, einen Diathermieapparat, ein Mikroskop, einen Instrumentenschrank, zwei Untersuchungsstuehle, einen kleinen fahrbaren Roentgenapparat, einer Hoehensonne und eine große Auswahl von Instrumenten aller Art'' [zu besitzen] '', da ich in Privatkrankenhaeusern zu operieren pflegte und dazu meine eigenen Instrumente benutzte.“<ref>Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, LEA 31625, Hans Sahlmann</ref>


Als im Februar [[1925]] der Ärztliche Leiter Dr. [[Bing]] verstarb, wurde die Stelle durch Dr. Fleischer neu besetzt. Sein Stellvertreter wurde [[Hans Sahlmann]]. Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten im März [[1933]] und der Absetzung des Oberbürgermeisters Dr. [[Robert Wild]] wurde Dr. Fleischer wegen seiner "''jüdischen Rasse''" zum "''Urlaub''" gezwungen. Gleichzeitig musste er seiner Kündigung zum 1. Oktober [[1933]] zustimmen. In seinem Arbeitszeugnis vom 4. Mai [[1933]] heißt es, dass er "''infolge der politischen Umwälzungen beurlaubt''" wurde.  
Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten im März [[1933]] und der Absetzung des Oberbürgermeisters Dr. [[Robert Wild]] wurde Dr. Fleischer wegen seiner "''jüdischen Rasse''" zum "''Urlaub''" gezwungen. Gleichzeitig musste er seiner Kündigung zum 1. Oktober [[1933]] zustimmen. In seinem Arbeitszeugnis vom 4. Mai [[1933]] heißt es, dass er "''infolge der politischen Umwälzungen beurlaubt''" wurde.  


Im Dezember [[1934]] lud sein Nachfolger, SA Sanitätsbrigadeführer Dr. Dr. med. vet. [[Arnulf Streck]], zu einer pompösen "''Kundgebung der deutschstämmigen Ärzteschaft von Fürth in dem in festlichem Gewande prangenden [[Festsaal (Parkhotel)|großem Saale]] des [[Parkhotel]]s''" <ref>Deutsches Ärzteblatt 51, Jahrgang 1934, S. 1240 - 1242</ref> ein, zu dem neben diverser Lokalprominenz auch der Gauleiter Julius Streicher sowie "''fast die gesamte Medizinische Fakultät der Universität Erlangen''" erschien. Streck begrüßte die Anwesenden "''und betonte einleitend, ... daß es sich nicht um einen der üblichen wissenschaftlichen Vorträge handele, sonder um eine Kundgebung, die zwar von den Ärzten der ehemaligen roten Judenhochburg Fürth als erstes öffentlich-korporatives Bekenntnis zu unserem geliebten Führer und Kanzler Adolf Hitler un zu dem von ihm geschaffenen dritten Reich veranstaltet worden ist, an der aber das gesamte Volk des Gaues Franken durch seine Führer und Vertreter teilhaben sollte. ... Durch die Anwesenheit von ... Arbeitern der Stirn und der Faust sei dem Abend der Stempel der wahren nationalsozialistischen Volksgemeinschaft aufgedrückt''" <ref>Deutsches Ärzteblatt 51, Jahrgang 1934, S. 1240 - 1242</ref>. Kennzeichen der "jüdischen Wissenschaft" seien akademischer Dünkel und Verkennung und Missachtung der "blutgebundenen Volksgemeinschaft".  
Im Dezember [[1934]] lud sein Nachfolger, SA Sanitätsbrigadeführer Dr. Dr. med. vet. [[Arnulf Streck]], zu einer pompösen "''Kundgebung der deutschstämmigen Ärzteschaft von Fürth in dem in festlichem Gewande prangenden [[Festsaal (Parkhotel)|großem Saale]] des [[Parkhotel]]s''" <ref>Deutsches Ärzteblatt 51, Jahrgang 1934, S. 1240 - 1242</ref> ein, zu dem neben diverser Lokalprominenz auch der Gauleiter Julius Streicher sowie "''fast die gesamte Medizinische Fakultät der Universität Erlangen''" erschien. Streck begrüßte die Anwesenden "''und betonte einleitend, ... daß es sich nicht um einen der üblichen wissenschaftlichen Vorträge handele, sondern um eine Kundgebung, die zwar von den Ärzten der ehemaligen roten Judenhochburg Fürth als erstes öffentlich-korporatives Bekenntnis zu unserem geliebten Führer und Kanzler [[Adolf Hitler]] und zu dem von ihm geschaffenen dritten Reich veranstaltet worden ist, an der aber das gesamte Volk des Gaues Franken durch seine Führer und Vertreter teilhaben sollte. ... Durch die Anwesenheit von ... Arbeitern der Stirn und der Faust sei dem Abend der Stempel der wahren nationalsozialistischen Volksgemeinschaft aufgedrückt''" <ref>Deutsches Ärzteblatt 51, Jahrgang 1934, S. 1240 - 1242</ref>. Kennzeichen der "jüdischen Wissenschaft" seien akademischer Dünkel und Verkennung und Missachtung der "blutgebundenen Volksgemeinschaft".  


Dr. Fleischer musste mit seiner Familie im laufe des Jahres [[1935]] die Wohnung in der [[Königstraße]] verlassen, da sie im gekündigt wurde. Er bezog in der Schwabacherstraße eine halb so große Wohnung, bis er im Juli [[1936]] mit seiner Frau Elisabeth (geb. Kaufmann) und der minderjährigen Tochter Eva über Paris und Le Havre nach New York auswandern konnte <ref>Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, LEA 11505, Richard Fleischer</ref>. Nach Auskunft der Witwe hatten sie die Wohnungseinrichtung für 2.000 Reichsmark noch verkaufen können. Der tatsächliche Wert der Einrichtung betrug ca. 14.000 Reichsamark.  
Dr. Fleischer musste mit seiner Familie im laufe des Jahres [[1935]] die Wohnung in der [[Königstraße 117]] verlassen, da sie im gekündigt wurde. Er bezog in der Schwabacherstraße eine halb so große Wohnung, bis er im Juli [[1936]] mit seiner Frau Elisabeth (geb. Kaufmann) und der minderjährigen Tochter Eva über Paris und Le Havre nach New York auswandern konnte <ref>Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, LEA 11505, Richard Fleischer</ref>. Nach Auskunft der Witwe hatten sie die Wohnungseinrichtung für 2.000 Reichsmark noch verkaufen können. Der tatsächliche Wert der Einrichtung betrug ca. 14.000 Reichsamark.


==Siehe auch==
==Siehe auch==
* [[Nathanstift]]
* [[Nathanstift]]
* [[Julius Bing]]
* [[Irma Kraus]]
* [[Irma Kraus]]
* [[Jakob Frank]]
* [[Jakob Frank]]
* [[Berthold Heilbrunn]]


==Literatur & Weblinks==
==Literatur & Weblinks==
* Herausforderungen, 100 Jahre Bayerische Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Anthuber, Beckmann, Dietl, Dross, Frobenius (Hrsg.), Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, 2012, S. 95 ff.  
* Herausforderungen, 100 Jahre Bayerische Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Anthuber, Beckmann, Dietl, Dross, Frobenius (Hrsg.), Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, 2012, S. 95 ff.  
* [[Nathanstift und Frauenklinik in Fürth (Buch)|Nathanstift und Frauenklinik in Fürth]], Barbara Ohm, Kamran Salimi (Herausgeber; Klinikum Fürth), Fürth, 2010
* [[Nathanstift und Frauenklinik in Fürth (Buch)|Nathanstift und Frauenklinik in Fürth]], Barbara Ohm, Kamran Salimi (Herausgeber; Klinikum Fürth), Fürth, 2010
* Ein lebenswichtiges Geschenk wird hundert, Fürther Nachrichten 06. November 2007, Sabine Rempe, [http://www.nordbayern.de/region/fuerth/ein-lebenswichtiges-geschenk-wird-hundert-1.911431 online abrufbar]
* Ein lebenswichtiges Geschenk wird hundert, Fürther Nachrichten 06. November 2007, Sabine Rempe, [http://www.nordbayern.de/region/fuerth/ein-lebenswichtiges-geschenk-wird-hundert-1.911431 online]
 
== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />
[[Kategorie: Persönlichkeiten]]
[[Kategorie: Medizinische Einrichtungen]]
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