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Die '''Bleistiftfabrik Berolzheimer und Illfelder''' war eine bekannte und erfolgreiche Fabrik in der [[Schwabacher Straße 54|Schwabacher Straße 52/54]] mit Exporten in alle Welt. | Die '''Bleistiftfabrik Berolzheimer und Illfelder''' war eine bekannte und erfolgreiche Fabrik in der [[Schwabacher Straße 54|Schwabacher Straße 52/54]] mit Exporten in alle Welt. | ||
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Im Oktober 1854 erwarben die Kaufleute [[Daniel Berolzheimer]] und [[Leopold Illfelder]] das Anwesen Nr. 271 in der Schwabacher Straße, Ecke [[Maxstraße]] von dem Zimmermeister [[Simon Gieß]]. Laut Kaufvertrag bestand das Anwesen aus einem Haus mit zwei anstoßenden Gebäuden, zwei Remisen und einem Brunnen. Es gab einen eigenen Wasseranschluss, der sich, ebenso wie die Nähe zur Eisenbahnlinie als vorteilhaft erwies. Anfang November des gleichen Jahres stellten Berolzheimer und Illfelder einen Fabrikkonzessionsantrag an die Regierung von Mittelfranken, ''in der Absicht (dort) eine Bleistiftfabrik zu errichten und dieselbe mit Dampfkraft zu betreiben''.<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 204, Nr. 36: Konzessionsantrag vom 1. Nov. 1854</ref> Sie hatten erkannt, dass die Nachfrage nach Bleistiften, von welchen viele in den Export auch in überseeische Länder gingen, kaum befriedigt werden konnte. Nach Erhalt der Fabrikkonzession am [[16. März]] [[1855]] konnten sie den Bleistifthersteller Johann Georg Haas aus Stein als Werkführer verpflichten.<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 17a, Nr. 469</ref> Der fünfzigjährige Witwer konnte vier seiner Kinder im Alter von 16 - 20 Jahren gleich in der Fabrik beschäftigen und wohnte im Erdgeschoss des Wohnhauses. | Im Oktober 1854 erwarben die Kaufleute [[Daniel Berolzheimer]] und [[Leopold Illfelder]] das Anwesen Nr. 271 in der Schwabacher Straße, Ecke [[Maxstraße]] von dem Zimmermeister [[Simon Gieß]]. Laut Kaufvertrag bestand das Anwesen aus einem Haus mit zwei anstoßenden Gebäuden, zwei Remisen und einem Brunnen. Es gab einen eigenen Wasseranschluss, der sich, ebenso wie die Nähe zur Eisenbahnlinie als vorteilhaft erwies. Anfang November des gleichen Jahres stellten Berolzheimer und Illfelder einen Fabrikkonzessionsantrag an die Regierung von Mittelfranken, ''in der Absicht (dort) eine Bleistiftfabrik zu errichten und dieselbe mit Dampfkraft zu betreiben''.<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 204, Nr. 36: Konzessionsantrag vom 1. Nov. 1854</ref> Sie hatten erkannt, dass die Nachfrage nach Bleistiften, von welchen viele in den Export auch in überseeische Länder gingen, kaum befriedigt werden konnte. Nach Erhalt der Fabrikkonzession am [[16. März]] [[1855]] konnten sie den Bleistifthersteller Johann Georg Haas aus Stein als Werkführer verpflichten.<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 17a, Nr. 469</ref> Der fünfzigjährige Witwer konnte vier seiner Kinder im Alter von 16 - 20 Jahren gleich in der Fabrik beschäftigen und wohnte im Erdgeschoss des Wohnhauses. | ||
Das Jahr [[1856]] gilt in manchen Quellen als Gründungsjahr der Firma.<ref>Georg Büttner: "JOS. ILLFELDER, Fürth"; unter "Die vergessenen Bleistiftfabriken" (F-M) [http://www.buettner-nuernberg.de/vgbleistift32.htm#ILLFELDER | Das Jahr [[1856]] gilt in manchen Quellen als Gründungsjahr der Firma.<ref name="Büttner">Georg Büttner: "JOS. ILLFELDER, Fürth"; unter "Die vergessenen Bleistiftfabriken" (F-M) [http://www.buettner-nuernberg.de/vgbleistift32.htm#ILLFELDER derzeit (Feb. 2021) nicht erreichbar]</ref> In diesem Jahr meldete [[Daniel Berolzheimer]] auch ein Privileg auf ''eine eigentümlich konstruierte Maschine zum Abschneiden der Bleistifte'' an.<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 208, Nr. 31: Briefe vom 26. April und 12. Juni 1856</ref> Das Privileg, ursprünglich auf fünf Jahre erteilt, wurde bereits 1859 wieder aufgehoben. Wahrscheinlich hatte Berolzheimer die zweieinhalb Jahresfrist für den Nachweis versäumt. | ||
Nach Daniel Berolzheimers Tod [[1859]] übernahm der Sohn [[Heinrich Berolzheimer]] dessen Anteil und führte die Fabrik eine Zeit lang zusammen mit Leopold Illfelder weiter. (Heinrich wohnte - wie zuvor schon sein Vater Daniel - bis 1868 mit seiner Familie im 1. Stock des Gebäudes. Danach wurden die Räume als Büroräume für die Fabrik genutzt.<ref>Michael Berolzheimer Collection 1325-1942 - [http://www.archive.org/stream/michaelberolzheimer_01_reel01#page/n155 online-Digitalisat]</ref>) | Nach Daniel Berolzheimers Tod [[1859]] übernahm der Sohn [[Heinrich Berolzheimer]] dessen Anteil und führte die Fabrik eine Zeit lang zusammen mit Leopold Illfelder weiter. (Heinrich wohnte - wie zuvor schon sein Vater Daniel - bis 1868 mit seiner Familie im 1. Stock des Gebäudes. Danach wurden die Räume als Büroräume für die Fabrik genutzt.<ref>Michael Berolzheimer Collection 1325-1942, S. 97 - [http://www.archive.org/stream/michaelberolzheimer_01_reel01#page/n155 online-Digitalisat]</ref>) | ||
Es begann die Blütezeit der Firma.<ref>Fürth von A bis Z (Buch)</ref> Nach einer Gewerbestatistik von [[1861]] | Es begann die Blütezeit der Firma.<ref>Fürth von A bis Z (Buch)</ref> Nach einer Gewerbestatistik von [[1861]] beschäftigte die Fabrik wahrscheinlich 44 Arbeiter und 7 Aufsichtspersonen.<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 118, Nr. 59 - die Angaben sind teilweise durchgestrichen und dadurch nicht eindeutig</ref> | ||
Am [[20. Juli]] [[1876]] verkauften Heinrich Berolzheimer und Leopold Illfelder das Fürther Geschäft an den Sohn Leopolds, Josef Illfelder, der zuvor aus Amerika zurückgekehrt war. Unter dem Namen [[Joseph Illfelder (1847–1880)|Josef Illfelder]] leitete dieser nun die Fürther Fabrik als Alleininhaber.<ref name="MB-S.104">Michael Berolzheimer Collection 1325-1942, S. 105 - [http://www.archive.org/stream/michaelberolzheimer_01_reel01#page/n163 online-Digitalisat]</ref> [[1877]] wurde die Firma in Fürth in "Dampfbleistiftfabrik Jos. Illfelder" umbenannt.<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1887, S. 478</ref> [[1880]] ließ er einen zweiten Dampfkessel als sogenannte Reserve für die 15 PS starke Siebertdampfmaschine in seiner Fabrik aufstellen.<ref>Stadtarchiv Fürth, Agr. 8, 649A, Nr. 134</ref> [[1890]] dürfte die Fabrik ihren Höhepunkt erreicht haben. Vor allem die amerikanischen Märkte hatten sich durch hohe Zölle abgeschottet und eine lokale Produktion gefördert. | |||
Laut anderen Quellen übernahm Leopold Illfelder ab [[1882]] mit seinem Sohn Martin (Max?) den Betrieb in Fürth (ab da unter dem Namen Illfelder & Co.).<ref | Nach Josephs Tod 1880 wurde sein Bruder, [[Max Illfelder]] Besitzer der Bleistiftfabrik.<ref name="MB-S.104"/> Max war von 1881 bi 1915 Inhaber der Firma.<ref name="Blume">siehe [[Gisela Naomi Blume]]: Der neue jüdische Friedhof in Fürth, 2019, S. 297</ref> Bereits 1910 bestellte Max seinen Sohn [[Joseph Illfelder, geb. 1887|Joseph]] als Prokurist und ab 1915 war dieser dann auch Inhaber. Am [[5. April]] [[1918]] wurde die Firma aber unter Verwaltung gestellt, da der Eigentümer als Bürger eines im 1. Weltkrieg feindlichen Landes galt.<ref name="Blume"/> Diese Zwangsverwaltung erlosch erst am [[30. Januar]] [[1920]].<ref name="Blume"/> | ||
[[Datei:Jos. Illfelder Bleistift-Fabrik 1.jpg|mini|right|„Vera“ Bleistifte]] | |||
Laut anderen Quellen übernahm Leopold Illfelder ab [[1882]] mit seinem Sohn Martin (Max?) den Betrieb in Fürth (ab da unter dem Namen Illfelder & Co.).<ref name="Büttner"/> | |||
Später wurde die Firma unter dem Namen '''VERA-Bleistiftfabrik''' bekannt. | Später wurde die Firma unter dem Namen '''VERA-Bleistiftfabrik''' bekannt. | ||
[[1942]] wurde die Fabrik verkauft. Heute steht an der Ecke [[Maxstraße]] - [[Schwabacher Straße]] das Kaufhaus [[Woolworth]], ehem. bilka. | ==Arisierung== | ||
Am [[1. Juni]] [[1936]] 0bernahm Hans Carl Schwarz, Kaufmann aus Berlin SW 68, Friedrichstraße 250 die ''Jos. Illfelder'' Bleistiftfabrik. im Handelsregister des Amtsgerichts Fürth wurde am [[2. April]] [[1937]] eingetragen, dass der bisherige Inhaber Franz Bernhard Illfelder aus der Firma ausgeschieden ist.<ref>[https://www.google.de/books/edition/Chemie_Arbeit_in_Werk_und_Labor/rxTjAAAAMAAJ?hl=de&gbpv=1&bsq=vera+bleistift+fürth&dq=vera+bleistift+fürth&printsec=frontcover Chemie-Arbeit in Werk und Labor], Band 60, 1937, S. 391</ref> Als neuer Fabrikname wurde "Vera Bleistift-Fabrik Füth i.B., Inhaber Hans C. Schwarz" aufgenommen. | |||
[[1942]] wurde die Fabrik verkauft; 1949 wurde als Inhaber die Koh-I-Noor Bleistift GmbH genannt.<ref>Adressbuch der Stadt Nürnberg, Band 62, 1949, Teil IV, S. 26</ref> Heute steht an der Ecke [[Maxstraße]] - [[Schwabacher Straße]] das Kaufhaus [[Woolworth]], ehem. [[bilka]]. | |||
===Niederlassung in New York: Eagle Pencil Co.=== | ===Niederlassung in New York: Eagle Pencil Co.=== | ||
Die Firma gründete [[1861]] eine Niederlassung in New York ("Berolzheimer, Illfelder & Co." bzw. "B. Illfelder & Co."), aus der die späteren Firmen Illfelder Importing Co. bzw. '''Eagle Pencil Co.''' hervorgingen. Auf der Londoner und auf der Pariser Weltausstellung in den Jahren 1862 und 1867 erzielten die Produkte der Firma internationale Anerkennung durch die Verleihung von Medaillen. 1869 wurde in Yonkers, N. Y. eine Fabrik gebaut, welche 1877 nach New York, N. Y. verlegt wurde.<ref | Die Firma gründete [[1861]] eine Niederlassung in New York ("Berolzheimer, Illfelder & Co." bzw. "B. Illfelder & Co."), aus der die späteren Firmen Illfelder Importing Co. bzw. '''Eagle Pencil Co.''' hervorgingen. Leiter der dortigen Niederlassung und Partner wurde zunächst ein Angestellter aus der Fürth Fabrik, Heinrich Reckendorfer. | ||
Auf der Londoner und auf der Pariser Weltausstellung in den Jahren 1862 und 1867 erzielten die Produkte der Firma internationale Anerkennung durch die Verleihung von Medaillen. 1869 wurde in Yonkers, N. Y. eine Fabrik gebaut, welche 1877 nach New York, N. Y. verlegt wurde.<ref name="MB-S.104"/> | |||
Heinrich Berolzheimer betrieb die Firma in den USA zuerst zusammen mit seinem Bruder Martin, Leopold Illfelder, dessen Sohn Joseph sowie | Heinrich Berolzheimer betrieb die Firma in den USA zuerst zusammen mit seinem Bruder Martin, Leopold Illfelder, dessen Sohn Joseph Illfelder sowie Heinrich Reckendorfer. Immer häufiger verweilte er auch dort und führte die Firma bald allein, da Leopold Illfelder aus der New Yorker Firma austrat, Reckendorf starb und Berolzheimer die Anteile der Erben aufkaufte. Berolzheimer ''"brachte mit Hilfe des Fabrikleiters Samuel Kraus aus Zirndorf, das New Yorker Geschäft zu hoher Blüte, die sich unter Leitung seines ältesten Sohnes Emil und seines Sohnes Philip noch weiter hob [...]"'' Nach Emils Tod wurde zunächst Philip Präsident in der Firma und nach seinem Ausscheiden leiteten Emils Söhne die Firma.<ref name="MB-S.104"/> | ||
== Literatur == | == Literatur == | ||
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== Siehe auch == | == Siehe auch == | ||
* [[Illfelder]] (Namensklärung) | |||
* [[Schwabacher Straße 54]] | * [[Schwabacher Straße 54]] | ||
* [[Maxstraße 25 (ehemals)]] | |||
* [[Daniel Berolzheimer]] | * [[Daniel Berolzheimer]] | ||
* [[Heinrich Berolzheimer]] | * [[Heinrich Berolzheimer]] | ||
* [[ | * [[Emil Berolzheimer]] | ||
* [[Philip Berolzheimer]] | |||
* [[Gewerbebetriebe mit jüdischen Eigentümern 1938]] | |||
==Weblinks== | ==Weblinks== | ||
* Georg Büttner's Bleistiftseiten [http://www.buettner-nuernberg.de/bleistift.htm Homepage] | * [https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/QYYM623OMER2OSUQXXQQDWKYBKNFODSJ Fa. Vera-Bleistiftfabrik] Fürth, Schwabacher Str. 52, Eigentümer Koh-i-Noor Berlin; ehem. jüd. Eigentümer | ||
* US-Firmengeschichte [http://www.14to42.net/23street2.html online] | * Georg Büttner's Bleistiftseiten - [http://www.buettner-nuernberg.de/bleistift.htm Homepage (derzeit nicht erreichbar)] | ||
* US-Firmengeschichte - [http://www.14to42.net/23street2.html online] | |||
* [https://dynasty-auctions.com/en/items/vera-pencil-box-jewish-manufacturer-germany-c-1900s-rare-condition/ "Vera"]- Pencil Box; engl. Kurzabriss der Firmengeschichte | |||
==Einzelnachweise== | ==Einzelnachweise== | ||
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== Bilder == | == Bilder == | ||
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[[Kategorie:Unternehmen (ehemals)]] | [[Kategorie:Unternehmen (ehemals)]] | ||