Widerstandsgruppen Obst/Doktor: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Widerstandsgruppe Obst/Doktor''' bestand aus zwei unabhängig von einander agierenden Gruppen während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]]. Von beiden Gruppen sind nur zum Teil sehr vage Informationen vorhanden, die sich meist nur mündlich überliefert haben. Die Akteure selbst hatten sich wenig bis gar nicht zu dem Sachverhalt geäußert, auch nicht nach dem Zweiten Weltkrieg. Allerdings wurde öffentlich die Frage nach den Akteuren zu Lebzeiten auch nicht gestellt. Durch Einsicht in die Unterlagen im Archiv konnte die Sachverhalte aber inzwischen geklärt werden.  
Die '''Widerstandsgruppe Obst/Doktor''' bestand aus zwei unabhängig von einander agierenden Gruppen während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]]. Von beiden Gruppen sind nur zum Teil sehr vage Informationen vorhanden, die sich meist nur mündlich überliefert haben. Die Akteure selbst hatten sich wenig bis gar nicht zu dem Sachverhalt geäußert, auch nicht nach dem Zweiten Weltkrieg. Allerdings wurde öffentlich die Frage nach den Akteuren zu Lebzeiten auch nicht gestellt. Durch Einsicht in die Unterlagen im Archiv konnten die Sachverhalte aber inzwischen geklärt werden.  


== Erste Überlieferungen ==
== Erste Überlieferungen ==
Der erste Fürther Chronist, der das Thema aufgriff, war [[Gottlieb Wunschel]] schon während des Kriegsendes. Im April 1945 dokumentierte er die mündlichen Geschichten, die im Umlauf waren, z.B. über die [[Kapitulation von Fürth|Kapitulation der Stadt Fürth]] - bei dem bereits erste Akteure des Widerstands eine Rolle gespielt haben. Namen nannte Wunschel hier zunächst noch nicht. 1951 ergänzte er seine Aufzeichnungen durch weitere Augenzeugenberichte. Er führte nun in seinen Dokumenten auf, was der 70-jährige Rentner Froschauer als Bote zum Rathaus und der Sanitäter Hühnlein als Begleiter des [kommissarischen] Oberbürgermeisters [[Karl Häupler|Dr. Karl Häupler]] berichteten. Froschauer hatte, so der Chronist Wunschel, eine Nachricht zum Rathaus gebracht. Hühnlein in seiner Sanitäteruniform mit dem Abzeichen des Roten Kreuzes begleitete Dr. Häupler zu dem amerikanischen Kommandeur in die Nähe der Maxbrücke. Die Übergabeverhandlung vollzog sich in einem Haus „in einem Erdgeschoss in der Rednitzstraße unmittelbar hinter dem Hause Königstraße 2“, in dem sich ein amerikanischer Major niedergelassen hatte. Wunschel berichtete weiterhin, dass ein ebenfalls dorthin geleiteter Arzt – „der Obmann für die Fürther Militärlazarette“ – nach Warten vor dem Haus später hinzugezogen wurde. Einen Namen nennt Wunschel wie gesagt anfänglich noch nicht nicht, wobei diese Person über Funktionsbezeichnung klar zu identifizieren war. Nach seiner Schilderung hatten danach Dr. Häupler und seine Referenten amerikanische Autos bestiegen und die Bevölkerung von der erfolgten Übergabe verständigt.
Der erste Fürther Chronist, der das Thema aufgriff, war [[Gottlieb Wunschel]] schon während des Kriegsendes. Im April 1945 dokumentierte er die mündlichen Geschichten, die im Umlauf waren, z. B. über die [[Kapitulation von Fürth|Kapitulation der Stadt Fürth]] - bei dem bereits erste Akteure des Widerstands eine Rolle gespielt haben. Namen nannte Wunschel hier zunächst noch nicht. 1951 ergänzte er seine Aufzeichnungen durch weitere Augenzeugenberichte. Er führte nun in seinen Dokumenten auf, was der 70-jährige Rentner Froschauer als Bote zum Rathaus und der Sanitäter Hühnlein als Begleiter des [kommissarischen] Oberbürgermeisters [[Karl Häupler|Dr. Karl Häupler]] berichteten. Froschauer hatte, so der Chronist Wunschel, eine Nachricht zum Rathaus gebracht. Hühnlein in seiner Sanitäteruniform mit dem Abzeichen des Roten Kreuzes begleitete Dr. Häupler zu dem amerikanischen Kommandeur in die Nähe der Maxbrücke. Die Übergabeverhandlung vollzog sich in einem Haus „in einem Erdgeschoss in der Rednitzstraße unmittelbar hinter dem Hause Königstraße 2“, in dem sich ein amerikanischer Major niedergelassen hatte. Wunschel berichtete weiterhin, dass ein ebenfalls dorthin geleiteter Arzt – „der Obmann für die Fürther Militärlazarette“ – nach Warten vor dem Haus später hinzugezogen wurde. Einen Namen nennt Wunschel wie gesagt anfänglich noch nicht nicht, wobei diese Person über Funktionsbezeichnung klar zu identifizieren war. Nach seiner Schilderung hatten danach Dr. Häupler und seine Referenten amerikanische Autos bestiegen und die Bevölkerung von der erfolgten Übergabe verständigt.


Im April 1955 – zehn Jahre nach Kriegsende – brachten die Tageszeitungen Fürther Zeitung und Fürther Nachrichten mehrere Artikel über die letzten Kriegstage in Fürth. In einer bebilderten Sonderbeilage wird an Hand von zusammen getragenem Material und Augenzeugenberichten getitelt: „Drei Tage war Fürth Frontstadt“ – Besonnene Männer bereiten die Übergabe vor – Schon am 17. April hatten die „Amis“ Burgfarrnbach und Poppenreuth eingenommen. Unter der Zwischenüberschrift >„Obst“ und „Doktor“< wird ausgeführt, dass sich zwei kleine Widerstandsgruppen gebildet hatten, die unabhängig voneinander arbeiteten, aber durch ihre Führer miteinander in Verbindung standen.  
Im April 1955 – zehn Jahre nach Kriegsende – brachten die Tageszeitungen Fürther Zeitung und Fürther Nachrichten mehrere Artikel über die letzten Kriegstage in Fürth. In einer bebilderten Sonderbeilage wird an Hand von zusammen getragenem Material und Augenzeugenberichten getitelt: „Drei Tage war Fürth Frontstadt“ – Besonnene Männer bereiten die Übergabe vor – Schon am 17. April hatten die „Amis“ Burgfarrnbach und Poppenreuth eingenommen. Unter der Zwischenüberschrift >„Obst“ und „Doktor“< wird ausgeführt, dass sich zwei kleine Widerstandsgruppen gebildet hatten, die unabhängig voneinander arbeiteten, aber durch ihre Führer miteinander in Verbindung standen.  
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Dr. G. gab dem Oberbürgermeister einen Stoß und sagte zu ihm: „Nun verkünden Sie ihre Bedingungen [d.h. die der Amerikaner für die Übergabe], worauf er in seiner Ängstlichkeit wegen Sippenhaftung die Antwort gab: „Sie sind ja bekannter als ich.“ Dr. Gastreich vereinbarte dann, im offenen Wagen die Stadt abzufahren, um die Bevölkerung zu verständigen. Er wollte den Bereich nördlich der Straßenbahnlinie [von der Stadtgrenze bis zur Maxbrücke] übernehmen; Dr. Häupler und seine Beamten sollten im südlichen Bereich die Bevölkerung der Stadt informieren. Soweit der Bericht des Dr. Fritz Gastreich. Wie aktiv Dr. Gastreich danach noch war, ergibt sich weiter aus seinem Bericht: „Dr. G. übergab am 19.4.45 nachmittags dem CIC die Liste der Nationalsozialisten, welche sich aktiv betätigt hatten.
Dr. G. gab dem Oberbürgermeister einen Stoß und sagte zu ihm: „Nun verkünden Sie ihre Bedingungen [d.h. die der Amerikaner für die Übergabe], worauf er in seiner Ängstlichkeit wegen Sippenhaftung die Antwort gab: „Sie sind ja bekannter als ich.“ Dr. Gastreich vereinbarte dann, im offenen Wagen die Stadt abzufahren, um die Bevölkerung zu verständigen. Er wollte den Bereich nördlich der Straßenbahnlinie [von der Stadtgrenze bis zur Maxbrücke] übernehmen; Dr. Häupler und seine Beamten sollten im südlichen Bereich die Bevölkerung der Stadt informieren. Soweit der Bericht des Dr. Fritz Gastreich. Wie aktiv Dr. Gastreich danach noch war, ergibt sich weiter aus seinem Bericht: „Dr. G. übergab am 19.4.45 nachmittags dem CIC die Liste der Nationalsozialisten, welche sich aktiv betätigt hatten.
   
   
Dr. Häupler hätte vor der Haft bewahrt werden sollen, aber weil er bereits am 19. nachmittags die ehem. Parteigenossen Hans Sandreuther und Link wieder in ihre Ämter im Stadtrat eingesetzt hatte, die beiden aber von dem jüdischen Justizrat Stein als aktive Nationalsozialisten dem CIC bezeichnet worden waren, konnte Dr. H. nicht mehr gehalten werden. Nach einem vergeblichen Selbstmordversuch mit Veronal ist Dr. Häupler später an einer Lungenentzündung in der Haft gestorben.“
Dr. Häupler hätte vor der Haft bewahrt werden sollen, aber weil er bereits am 19. nachmittags die ehem. Parteigenossen Hans Sandreuter und Link wieder in ihre Ämter im Stadtrat eingesetzt hatte, die beiden aber von dem jüdischen Justizrat Stein als aktive Nationalsozialisten dem CIC bezeichnet worden waren, konnte Dr. H. nicht mehr gehalten werden. Nach einem vergeblichen Selbstmordversuch mit Veronal ist Dr. Häupler später an einer Lungenentzündung in der Haft gestorben.“


== Akteure des Widerstands ==
== Akteure des Widerstands ==
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Rechtsrat Wagner (Wg), Beamter und Freund von Oberbgm. Dr. H., wohnte als Zeuge von H. unseren Unterredungen bei, stand mit Dr. H. in starker Opposition zur Gauleitung; hatte Parteiauftrag zurückzubleiben.  
Rechtsrat Wagner (Wg), Beamter und Freund von Oberbgm. Dr. H., wohnte als Zeuge von H. unseren Unterredungen bei, stand mit Dr. H. in starker Opposition zur Gauleitung; hatte Parteiauftrag zurückzubleiben.  


Oberbürgermeister Dr. Häupler: Er hatte schon frühzeitig, Mitte 1944, den Umschwung erkannt, schloss sich mir (Dr. G.) an in der Annahme, dass ich auf „dem reaktionären Teil der Wehrmacht stand“, teilte meine Meinung zum Widerstand vom 20. Juli 1944; sprach frühzeitig von der kampflosen Übergabe, besprach verschiedene Möglichkeiten, stellte sich mir vorbehaltlos zur Verfügung; hatte versprochen, die beiden NS-Stadträte Sandreuther und Link [Sicherheitsdienst-Chef] sofort zu übergeben nach Einmarsch. Durfte zunächst mit der einmarschierenden Truppe 24 Std. arbeiten. Wollte eine Haushaft anschließend für ihn bei Amerikanern durchsetzen, war aber nicht mehr möglich, da er die beiden oben Genannten nicht übergeben hatte. Meine diesbezügliche Frage beantwortete er „es waren doch meine Parteikameraden.“ Kam nach seiner Verhaftung in ein Internierungslager, wo er zunächst Suizidversuch unternahm, später verstarb er an Lungenentzündung. Obwohl bereits bei uns im Gegenlager wurde sein Schicksal seine große Anständigkeit gegen zwei üble Parteikameraden, deren Angabe er fälschlicherweise als „Verrat“ ansah. Seine Frau kannte meine Zusammenarbeit.
Oberbürgermeister Dr. Häupler: Er hatte schon frühzeitig, Mitte 1944, den Umschwung erkannt, schloss sich mir (Dr. G.) an in der Annahme, dass ich auf „dem reaktionären Teil der Wehrmacht stand“, teilte meine Meinung zum Widerstand vom 20. Juli 1944; sprach frühzeitig von der kampflosen Übergabe, besprach verschiedene Möglichkeiten, stellte sich mir vorbehaltlos zur Verfügung; hatte versprochen, die beiden NS-Stadträte Sandreuter und Link [Sicherheitsdienst-Chef] sofort zu übergeben nach Einmarsch. Durfte zunächst mit der einmarschierenden Truppe 24 Std. arbeiten. Wollte eine Haushaft anschließend für ihn bei Amerikanern durchsetzen, war aber nicht mehr möglich, da er die beiden oben Genannten nicht übergeben hatte. Meine diesbezügliche Frage beantwortete er „es waren doch meine Parteikameraden.“ Kam nach seiner Verhaftung in ein Internierungslager, wo er zunächst Suizidversuch unternahm, später verstarb er an Lungenentzündung. Obwohl bereits bei uns im Gegenlager wurde sein Schicksal seine große Anständigkeit gegen zwei üble Parteikameraden, deren Angabe er fälschlicherweise als „Verrat“ ansah. Seine Frau kannte meine Zusammenarbeit.


Im Bericht führt Dr. Gastreich über sein Wirken u. a. noch auf:
Im Bericht führt Dr. Gastreich über sein Wirken u. a. noch auf:
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* [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]]
* [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]]
* [[Karl Häupler]]
* [[Karl Häupler]]
* [[US Army]]
* [[U.S. Army]]
* [[Frieda Rose|9000. Artikel des FürthWiki]]
* [[Frieda Rose|9000. Artikel des FürthWiki]]
* [[Oberfürberger Straße 9|11.000 Artikel des FürthWiki]]
* [[Oberfürberger Straße 9|11.000 Artikel des FürthWiki]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* Peter Frank: ''Der Widerstand gegen das NS-Regime und das Kriegsende 1945 in Fürth'', Manuskript, Fürth 2017
* [[Peter Frank]]: ''Der Widerstand gegen das NS-Regime und das Kriegsende 1945 in Fürth'', Manuskript, Fürth 2017


==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==
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