Carl Feust: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 15. Oktober 2025, 18:51 Uhr

Dr. jur. Carl (Karl) Feust[1] (geb. 9. Oktober 1798; gest. 18. August 1872 in Fürth) war königlicher Advokat, einer der ersten jüdischen Rechtsanwälte in Bayern überhaupt und „Ritter des St. Michaelsordens I. Klasse“.[2]

Carl Feust, Sohn des Bamberger Oberrabbiners Feis, Sohn des Samuel, und dessen Ehefrau Breindel, geb. Buttenheimer, war von seinem Vater für eine Rabbinerkarriere vorgesehen, weshalb er eine talmudische Erziehung genoss. Im Alter von 15 Jahren besuchte er das Gymnasium in Bamberg. 1818 studierte er auf der Universität Würzburg zuerst Philologie. später Rechtswissenschaft. 1822 erlangte er darin den Doktortitel. Feust bestand die Staatsprüfung 1826 mit 1 und war als Mitübersetzer des Corpus juris und als Schriftsteller bekannt. Da er nicht bereit war seine jüdische Religion aufzugeben, wurde er zunächst redaktioneller Mitarbeiter der Aachener Zeitung, einige Jahre später erhielt er eine Anstellung in einer untergeordneten Behörde des Bamberger Gerichtshofes. 1831 zog er nach Fürth und erhielt hier eine Anstellung als Kanzlist der Jüdischen Gemeinde nach dem Tode Jacob Ortenaus.[3]
Am 16. Juli 1836 erhielt er Bürgerrecht in Fürth.[4]
Als 1848 Joseph Zehler nach Nürnberg versetzt wurde, bekam Feust dessen Stelle verliehen und wurde in Fürth zum Advokaten ernannt.[5]
Anlässlich seines 70. Geburtstages erhielt er vom bayerischen König den Verdienstorden St. Michael.[6]

Carl Feust starb am Montag. 19. August 1872. Seine Beerdigung fand am 21. August 1872 unter großer Anteilnahme statt.[7][4] Sein Sohn Philipp beerbte ihn auf seiner Stelle.

Familie

Am 23. Mai 1837 heiratete er Therese Schlenker 'Schlentheim'(geb. 28. Februar 1811 in Fürth; gest. 25. August 1891 in München).[4] Mit ihr hatte er sechs Kinder:

  • Jakob Löb Philipp, der ihn auf der Stelle des Aktuars beerbte
  • Mathilde, verh. Saloschin in Guben
  • Sigmund, der nach Amerika auswanderte
  • Pauline, verh. Hülse in Guben
  • Luise, verh. Bloch in Posen
  • Julius, der als Rechtsanwalt in München arbeitete.

Isaac Joseph Feust, ein Bruder des Carl Feust war praktischer Arzt in Fürth, sowie israelitischer Hospital- und Armenarzt seit 1828.

Nekrolog[8]

Dr. Karl Feust, geb. in Bamberg, 9. October 1798, gest. in Fürth,
Karl Feust wurde am 9. October 1798 als der jüngste Sohn des vorletzten, mit der Jurisdiction über die „hochfürstlich bambergische und ritterschaftliche Landesjudenschaft" bekleideten Bamberger Oberlandesrabbiners geboren und in früher Jugend von seiner Mutter — der Vater starb, als der Knabe drei Jahre alt war — zum Studium der jüdischen Theologie bestimmt, und zur gründlichen Lectüre der heiligen Schrift und des Talmud angehalten.
Angeborenes Talent und reger Fleiß bewirkten, daß er sich unter seinen Altersgenossen vortheilhaft außzeichnete, so daß in den Angehörigen der Wunsch entstand, den Knaben weiter auszubilden. Ein älterer Bruder, der in Göttingen ohne Willen und Hülfe der Aeltern und unter den widrigsten Umstanden Medicin studirt hatte, veranlaßte, daß der talentvolle jüngere Bruder im Früh­jahr 1813 rasch den erforderlichen Elementarunterricht im Deutschen erhielt, und im Monat Mai 1813 in die Oberprimärschule erster Classe deS Gymnasiums Bamberg ausgenommen wurde.
Unter der Leitung tüchtiger, menschenfreundlicher Lehrer, die ihre Schüler erst daran zu gewöhnen hatten, daß sie den unansehnlichen Judenknaben als ebenbürtigen Mitschüler ertrugen, erlangte Letzterer alsbald die besten Plätze und 1818 das Gymnasialabsolutorium unter Be­stätigung der Auszeichnung und Anerkennung eines Preises.
Auf der Universität Würzburg studirte er 1818 — 1822 zuerst nur Philologie unter der Leitung des nach­maligen Bischofs Richarz, und als die Unmöglichkeit vorlag, als Jude Anstellung im Lehrfache zu finden, auch Jurisprudenz.

* Wir geben diese Biographie auszüglich aus einer uns zugekommenen Broschüre; sie mag dem gegenwärtigen Geschlechte ein leuchtendes Beispiel geben, was seine Vorgänger zu kämpfen hatten, und wie sie in Ueberzeugungstreue und Charakter diese Kämpfe bestanden haben! Redaction.

Am 7. November 1822 wurde er von der Würz­burger Facultät zum Doctor beider Rechte promovirt. Bemerkenswerth ist, daß die Facultät bei der Promotionsfeierlichkeit aus dem Rituale alle jene Stellen wegließ, welche dem Bekenner der jüdischen Religion an­stößig sein mußten.
Mit dem Abgänge von der Universität begann für den Candidaten der jüdischen Religion eine Zeit der Lei­den und Kränkungen, von deren Beschaffenheit die Gegen­wart sich kaum eine Vorstellung macht. Zunächst gelang es nicht, bei einem Landgerichte zur Praxis zugelassen zu werden, und es blieb Nichts übrig, als zeitweise der Rechtswissenschaft Valet zu sagen und die Redaction der Aachener Zeitung zu übernehmen.
Nach Jahr und Tag war es den Bemühungen des auf dem Felde der jüdischen Reformliteratur hervorra­genden Professors Wolfsohn aus Breslau gelungen, den Landrichter Geiger dahin zu bringen, daß bedin­gungsweise, dem jüdischen Praeticanten die Thüren des Landgerichts Bamberg I. eröffnet wurden.
Durch eine Verkettung widriger Umstände gezwungen, den Staatsconcurs ohne Admissionsdecret — das erst, nach eröffnetem Concurse einlangte, und dessen Ertheilung im­merhin in Frage stand — mitzumachen, erhielt er den­noch im Concurse vom Jahre 1825 die erste Note und den ersten Platz. Den Acceß für ein Kreis- und Stadt­gericht zu erhalten, vollends zur Advocatur zu gelangen, war unmöglich, und um den Preis eines gegen bessere Ueberzeugung vorgenommenen, mit ziemlichem Cynismus von nicht geringen Männern angesonnenen, Religionswechsels ein schnöde versagtes Recht zu erwerben, dazu ließ sich der Verewigte nicht herab. So blieb ihm, wenn er über­haupt in Erwartung besserer Zeiten bei der Rechtswissenschaft ausharren wollte, nur die von ministerieller Genehmigung unabhängige-Rolle eines Hülfsarbeiters übrig, in deren verschiedensten Fächern er bis zum Jahre 1848 thätig war.
Zunächst wurde ihm vom Appellationsgerichte des Obermainkreises im Jahre 1826 die Anlage der Hypo­thekenbücher der Landgerichte Baireuth und Stadtsteinach übertragen, und seiner Zeit Belobung für die rasche und umsichtige Erledigung dieser Aufträge ertheilt.
In Folge seiner Anstellung als Secretär der jüdischen Gemeinde Fürth siedelte er im Jahre 1831 nach Fürth über. Abgesehen von einer nicht interesselosen administra­tiven Praxis, die ihm diese Stelle brachte, war er es, der die von der Fürther Gemeinde ausgehenden vielfachen, anerkanntermaßen durch eleganten Stil, schlagende Wider­legung der Gegner und würdevolle Gesinnung ausge­zeichneten Petitionen zu Gunsten der Gleichstellung der jüdischen Glaubensgenossen Baierns, verfaßte.
Erfreuten sich auch damals diese Arbeiten keines sicht­baren Erfolges, so haben sie ihm doch unter seinen Glaubensgenossen ein immerwährendes Andenken ver­schafft. Nächstdem arbeitete er als Conclpient bei Anwälten.
Was aber das Wichtigste war, die unfreiwillige Muße, welche die Ungunst der Verhältnisse ihm aufzwang, för­derte ihn fort und fort in schriftstellerischer Thätigkeit, obschon seine Bescheidenheit immer erst durch das Drän­gen Dritter bestegt werden mußte.
Nur mit vieler Mühe konnte er zur Nennung seines Namens veranlaßt werden, und die Herausgeber der „Sammlung merkwürdiger Rechtsfälle Baierns" mußten sich schon darauf berufen, daß sie der „bezweckten Freimüthigkeit" willen „die Namensgeheimnisse vermieden haben" wollten.
Die verschiedenen, in der genannten Sammlung, in der Zu-Rheinschen Zeitschrift und in den Blättern für Rechtsanwendung abgedruckten Arbeiten geben Zeugniß, daß der Verewigte seine Muße gut benützt hat.
Unzweifelhaft seine bedeutendste Arbeit aus jener Zeit ist jedoch die Uebersetzung des 18., 39. und 49. Buches der Pandekten in dem bekannten sintenisschen Werke; Sintenis selbst wunderte sich, „daß Sie das haben leisten können, was Sie geleistet haben", und fand in der Uebersetzung einen „fließenden, in der Mannichfaltigkeit des Ausdrucks gewandten Stil." Indeß blieb die Aussicht auf Anstellung versperrt, der Verewigte hatte auch in Gedanken vollständig jede Hoffnung aufgegeben, als das Jahr 1848 herankam, und der Umschwung der öf­fentlichen Meinung ihm in seinem 51. Lebens- und 25. Candidatenjahre die Anstellung als Advocat in Fürth, und damit jenen Wirkungskreis brachte, den er 24 Jahre lang vergebens erstrebt hatte.
Zu seinem 70, Geburtstage erhielt er das Ritter­kreuz des Michaelsordens erster Classe, eine Auszeichnung, Die ihn, gleichsam als Genugthuung für die jahrelange erlittene ungegründete Zurücksetzung, hoch erfreute, in her ein hoher Richterbeamter des Kreises die „Beruhigung fand," „daß unverfälschtes Rechtsgefühl, Rechtschaffenheit und Berufstreue noch eine Stätte gefunden habe in unserem von wüstem Parteitreihen zerrissenen Vater­lande."
Trotz hohen Alters arbeitete er rüstig weiter, als er auf einem Laudausfluge am 26. Mai 1870 an einem Unterleibsleiden erkrankte, von dem er sich zwar nach einigen Monaten wieder erholte, aber in Folge dessen seit jener Zeit durch die furchtbarsten. Schmerzen gequält wurde. Lediglich in geistiger Arbeit fand er Zerstreuung und Ruhe. Rasch hatte er sich in den neuen Proceß gefunden, und noch am 4. August 1872 arbeitete er an motivirten Anträgen und einem Aufsatze für die Anwaltsleitung. Schon am 5. August 1872 nahm sein Leiden einen so bedenklichen Charakter an, daß die Aerzle die Hoffnung auf Genesung aufgaben; dazu gekommene Altersschwäche führte am 19. August 1872 nach über­standenen unsäglichen Schmerzen seinen Tod herbei. -

Als Anwalt und Schriftsteller zierte ihn ausgebrei­tetes Wissen; seinen philologischen und geschichtlichen Studien verdankte er einen eleganten Stil, ein nie rastender Fleiß, gepaart mit seltener, auch durch das schwerste Leiden kaum besiegter Geistesfrische, ein uner­sättlicher Wissenstrieb bewirkten, daß er fortwährend an Wissen zunahm, und wiederum die Vielseitigkeit seiner Studien — Jurisprudenz, Philologie, Geschichte, Botanik — hielten ihn frisch, so daß aus seinen verschiedenen Arbeiten wohl der erfahrene und gereifte, nie aber der alte Mann, der alte Advocat kennbar wurde. Seine in schriftstellerischen Arbeiten gegebenen Anregungen sind nicht fruchtlos geblieben, haben vielmehr mehrfach in Gesetzen (Novelle von 1837 und Handelsgesetzbuch) Verwerthung gefunden.
Dem Anwalt insbesondere kam der durch Erziehung, Bildung und die Kämpfe des Lebens gestählte Charakter zu Statten; der körperlich unansehnliche schwache Mann verfocht muthig die Vertretung einer gerechten moralischen Sache, auch wenn dadurch seine Existenz auf das Spiel gesetzt wurde.
Eine ungerechte, unmoralische, auch nur die Pietät verletzende Sache zu vertreten, bewog ihn keinerlei Rück­sicht. Seinen anwaltschaftlichen Beruf faßte er von einem höheren Gesichtspuncte aus auf; schon die Beschaffung der Information schien ihm Sache der Partei, nur die Verwerthung der von der Partei angegebenen Thatsachen dünkte ihm des Anwalts würdig.
Bei vorwiegend conservativer Gesinnung erkannte er gern die Vorzüge der neuen Gesetze, insbesondere die dadurch bewirkte Hebung des Anwaltstandes an, für dessen Interessen er bis an sein Ende lebhaft begeistert war.
Mehr als Alles aber frommt des Dichters Wort:

„Wohl Dem, dessen Thaten jene stille Größe in sich tragen, die den Lohn in sich selbst findet, und ohne Dank bei der Mitwelt, ohne An­sprüche auf die Nachwelt entsteht, in's Leben tritt — verschwindet."

Siehe auch

Weblinks

  • Personalakte des Aktuars Dr. Carl Feust, 1831-1848 in CAHJP, Gemeinde Fürth D-Fu1-148

Einzelnachweise

  1. auch Feust, Akiva Karl, Sohn des Feis, vgl. Jüdisch in Fürth
  2. Fronmüllerchronik, 1887, S. 405
  3. alle Angaben nach Isidore Singer und Meyer Kayserling in JewishEncyclopedia
  4. 4,0 4,1 4,2 siehe Jüdisch in Fürth
  5. siehe Regierungsblatt für das Königreich Bayern, 1848, S. 1235 und „Allgemeine Zeitung des Judentums” vom 27. Juli 1906 online-Digitalisat der Universität Frankfurt am Main
  6. siehe Königlich Bayerisches Kreis-Amtsblatt von Mittelfranken, 1868, S. 2144
  7. "Allgemeine Zeitung des Judenthums" vom 1. Oktober 1872 online-Digitalisat der Universität Frankfurt am Main Heft 40, S. 795
  8. erschienen "Allgemeine Zeitung des Judenthums" vom 3. Dezember 1872, Feuilleton-Beilage zu Nr. 49

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