Industrialisierung in Fürth: Unterschied zwischen den Versionen

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==Ausgangslage - Niedergang der alten Gewerbe und Frühindustrialisierung==
==Ausgangslage - Niedergang der alten Gewerbe und Frühindustrialisierung==
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Um [[1800]] bot Fürth verkehrstechnisch noch ein klägliches Bild. Die allermeisten Straßen waren ungepflastert und unbeleuchtet. Mit der [[Königreich Preußen|preußischen Verwaltung]] änderte sich allerdings das Bild. Die gepflasterte [[Nürnberger Straße|Nürnberger Chaussee]], die um [[1801]] begonnen und vier Jahre später vollendet wurde, galt als große technische Leistung und entwickelte sich bald zur wichtigsten und vielbefahrenen Verbindung zwischen Fürth und Nürnberg. In den folgenden Jahren wurden weitere Straßen gepflastert und [[1822]] gab es mit 85 Öllampen die erste Straßenbeleuchtung. Ab [[1858]] kamen die ersten Gaslampen und ab [[1908]] die elektischen Bogenlampen in Gebrauch.<ref>{{BuchQuelle|Fürth von A bis Z (Buch)|Seite=351}}</ref>
Um [[1800]] bot Fürth verkehrstechnisch noch ein klägliches Bild. Die allermeisten Straßen waren ungepflastert und unbeleuchtet. Mit der [[Königreich Preußen|preußischen Verwaltung]] änderte sich allerdings das Bild. Die gepflasterte [[Nürnberger Straße|Nürnberger Chaussee]], die um [[1801]] begonnen und vier Jahre später vollendet wurde, galt als große technische Leistung und entwickelte sich bald zur wichtigsten und vielbefahrenen Verbindung zwischen Fürth und Nürnberg. In den folgenden Jahren wurden weitere Straßen gepflastert und [[1822]] gab es mit 85 Öllampen die erste Straßenbeleuchtung. Ab [[1858]] kamen die ersten Gaslampen und ab [[1908]] die elektischen Bogenlampen in Gebrauch.<ref>{{BuchQuelle|Fürth von A bis Z (Buch)|Seite=351}}</ref>
Nach Eröffnung des [[Ludwigskanal|Ludwig-Donau-Main-Kanals]] im Jahr [[1843]], der Nürnberg mit Bamberg verband, verfügte Fürth über einen Kanalhafen. Der Güterumschlag des Fürther Kanalhafens betrug 1853/1854 insgesamt 13.495 t, wobei 11.769 t Fürth erreichten und 1.726 t abgingen.<ref>{{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)|Seite=7}}</ref> Wesentlich wichtiger für die Stadt war jedoch die Entwicklung der [[Eisenbahn]]. Mit der Eröffnung der [[Ludwigseisenbahn]] im Dezember [[1835]] bekam der Nürnberger Wirtschaftsraum einen entscheidenden verkehrstechnischen Impuls. Die Eisenbahn ermöglichte durch relativ geringe Transportkosten den billigen Bezug von Rohstoffen, vor allem Kohle, und die günstigen Massenlieferungen von Fertigprodukten in alle Welt. Allerdings war Fürth von der weiteren Entwicklung der Bahn zwischenzeitlich abgehängt, denn mit der [[1844]] fertiggestellten [[Ludwig-Süd-Nord-Bahn]] war Fürth nur umständlich über die [[Fürther Kreuzung]] angebunden, worunter der Warentransport lange Zeit litt. Erst durch die Eröffnung der [[Bahnstrecke Nürnberg–Würzburg]] im Jahr [[1865]] und die Umgestaltung der Ludwig-Süd-Nord-Bahn über Fürth-Vach-Gründlach [[1876]] konnte das Fürther Gewerbe die Errungenschaften des neuen Verkehrsmittels uneingeschränkt nutzen und in eine neue Phase der Industrialisierung eintreten.
Nach Eröffnung des [[Ludwigskanal|Ludwig-Donau-Main-Kanals]] im Jahr [[1843]], der Nürnberg mit Bamberg verband, verfügte Fürth über einen Kanalhafen. Der Güterumschlag des Fürther Kanalhafens betrug 1853/1854 insgesamt 13.495 t, wobei 11.769 t Fürth erreichten und 1.726 t abgingen.<ref>{{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)|Seite=7}}</ref> Wesentlich wichtiger für die Stadt war jedoch die Entwicklung der [[Eisenbahn]]. Mit der Eröffnung der [[Ludwigseisenbahn]] im Dezember [[1835]] bekam der Nürnberger Wirtschaftsraum einen entscheidenden verkehrstechnischen Impuls. Die Eisenbahn ermöglichte durch relativ geringe Transportkosten den billigen Bezug von Rohstoffen, vor allem Kohle, und die günstigen Massenlieferungen von Fertigprodukten in alle Welt. Allerdings war Fürth von der weiteren Entwicklung der Bahn zwischenzeitlich abgehängt, denn mit der [[1844]] fertiggestellten [[Ludwig-Süd-Nord-Bahn]] war Fürth nur umständlich über die [[Fürther Kreuzung]] angebunden, worunter der Warentransport lange Zeit litt. Erst durch die Eröffnung der [[Bahnstrecke Nürnberg–Würzburg]] im Jahr [[1865]] und die Umgestaltung der Ludwig-Süd-Nord-Bahn über Fürth-Vach-Gründlach [[1876]] konnte das Fürther Gewerbe die Errungenschaften des neuen Verkehrsmittels uneingeschränkt nutzen und in eine neue Phase der Industrialisierung eintreten.
== Industriegleise der Bahn in der Südstadt ==
Das erste, von der Staatsbahn zu einem Betrieb abzweigende Gleis, wurde 1866 von der Maschinenfabrik J. W. Engelhardt errichtet. Es führte über die Gebhardtstraße zur dortigen Fabrik zwischen Luisenstraße und Jakobinenstraße. Westlich davon lag die Villa der Firmeninhaber an der Königswarterstraße. Ab 1877 und nach dem Tod des Vaters Johann Wilhelm Engelhardt 1878 führten die Söhne Eduard und Philipp Engelhardt die Firma weiter. 1889 bauten sie jenseits des Eisenbahngeländes in der Südstadt, da es dort mehr Ausdehnungsmöglichkeiten gab. Das Areal für Werkstätten, Maschinenräume, Lager, Büros usw. erstreckte sich zwischen Karlstraße und Gießereistraße bis hin zur Herrnstraße. Als 1889 ein Schienengleis über die öffentliche Straße (Karolinenstraße) ohne Genehmigung der Stadt angelegt wurde, stellte die Stadt den Bau ein (Verfügung des Stadtmagistrats vom 22.6.1889). Erst nachdem das Kgl. Oberbauamt Nürnberg „keine Erinnerungen“ erhob, erteilte der Stadtmagistrat Fürth die Baukonzession am 2.7.1889. Bis 1910 bestand die Maschinenfabrik J. W. Engelhardt & Cie.
Insgesamt gab es folgende Anschlüsse von Betrieben an die Staatsbahn:
1. Industriegleis Bach/Bergmann östlich der Adlerstraße. Die Firma J. Bach importierte Zedernholz und sonstige ausländische Hölzer. Die Spiegelglasfabrik hatte ihren Sitz in der Gebhardtstraße 33-35. Der Bergmann’sche Lagerplatz diente für Kohlen und Koks.
2. Industriegleis der Firma Büchenbacher, Spiegelglasfabrik von Siegmund Büchenbacher, Karolinenstraße 90 - Lagerhaus östlich der Karlstraße ab 1904(Umbau des Gleisanschlusses, s. Plan der Eisbahndirektion Nürnberg von 1908).
3. Industriegleis zur Maschinenfabrik von J. W. Engelhardt, Karolinenstr. 106/108 mit Weiche im Fabrikhof, westlich der Gießereistraße. Die Gleise wurden 1908 erneuert und zwar ersetzte man sowohl die Schienen, als auch deren Einbettung in das Straßenpflaster Zwei Pläne der Kgl. Eisenbahndirektion Nürnberg verdeutlichten dies.
Nach Übergang 1917 an die Firma Bauernfreund, Konservenfabrik, diente das Industriegleis für den Transport von Schlachtvieh in die Stallungen und Schlachträume und für den Transport der Konserven „aller Art“. Die benachbarte Firma Arnold & Co. stellte Obst- und Gemüsekonserven her sowie Marmeladen und Fruchtsäfte. Auch diese Firma benötigte das Industriegleis für den Transport der leeren Dosen ins Lager und die „Expedition“ der hergestellten Dosen mit den Konserven.
4. Industriegleis zum neuen Gaswerk der Stadt Fürth, Leyher Straße 69 (s. Plan der Eisenbahndirektion Nürnberg vom Januar 1909). Ein Anschlussgleis führte zum städtischen Bauhof. Dieses wurde verlängert über die Leyher Straße bis zum Kasernenareal.
1936 beantragte die Firma Schickedanz eine Abzweigung zu ihrem Fabrikanwesen in der Artilleriestraße. Zwei Entwürfe wurden der Reichsbahn und der Stadt vorgelegt: a) Abzweigung durch eine Weiche, b) Abzweigung durch eine Drehscheibe. Wie das Verfahren ausgegangen ist, kann aus der Akte im Stadtarchiv Fürth nicht ersehen werden. Es heißt im Abschlussvermerk des Stadtbaurats Schreyer vom 27.4.1936 lapidar: „Ratsherr Schickedanz wurde vom Ergebnis der Verhandlungen mündlich verständigt. Weiteres ist nicht veranlasst.“
5. Industriegleis zur Speditionsfirma C. Wolfram, Karolinenstr. 146, Lagerhaus (Plan vom Nov. 1913, ab 1927 Internationale Spedition Apfelbaum & Wolfram.
6. Industriegleis zur Speditionsfirma Weber & Co., Karolinenstr. 148, zu einer Wellblech-Güterhalle sowie offenen Lagerhalle.
7. Industriegleis der Firma Ammersdörfer & Haas, Fabrik für Möbel- und Spiegelrahmen mit Sägewerk, Karolinenstr. 156, 1901 hergestellt bis zur Waldstraße; anschließend Streit mit der Stadt wegen der Pflasterung der Flächen zwischen den Gleisen. Die Kosten übernahm die Stadt. Nach Konkurs der Firma 1913: Spiegel- und Spiegelglasmanufaktur Hermann Schön; Einbau von Rillenschienen, System Phönix; Waldstraße zwischen Balbierer- und Humbserstraße 8 Tage lang gesperrt. Umbau 1926 wegen des zunehmenden Autoverkehrs.
Außerdem hatten die Deutsche Glas- und Spiegelfabriken AG (DEGUS) Anschluss an die Bahn (Schreiben vom Nov. 1926 – Kosten von den Gleisteilnehmern gemeinsam zu tragen!)
8. Industriegleich der Firma Stern und Co., Kaiserstraße 168/170, mit 3 Weichen innerhalb des Fabrikgeländes (Plan von 1908 der Eisenbahndirektion Nürnberg).
9. Industriegleis zur Firma N. Wiederer & Comp., Fabrikbesitzer Gebrüder Georg und Konrad Schwarz, Besitzer ab 1913 Georg Eugen Schwarz, Leyher Straße 4, zuerst Rillenschienen System Phönix (1912, Plan der Bauinspektion Fürth vom Juli 1913).
Heutige Reste der Industriegleise finden wir:
Zu Karolinenstraße 102 – Bauunternehmung Joseph Hubert (noch intakte Gleisanlage!);
Zu Karolinenstraße 136 – Karo-Druck (früher zu Fa. Wiederer / Stern);
Zu Karolinenstraße 146 – Auto-Teile Schreiter (ein Gleis führt in ein Rolltor) und Fahrzeug-Verwertung/Recycling ATS, Abschleppservice; Gleisreste noch auf dem Gehweg entlang der Bahn, Gleis führte hinüber zur Ecke Flößaustraße, wo jetzt  das Centro Italia (italienische Fahrzeuge) ist.
Bei der Infra nur mehr Gleise innerhalb des Betriebshofs für die Busse von infra-verkehr. Die ehemaligen Gleise über die Karolinenstraße wurden zurückgebaut bzw. entfernt.


===Energieversorgung===  
===Energieversorgung===  
Die industrielle Produktion verlangte eine immer größer werdende Anzahl von Hilfsmaschinen, deren Antrieb Energie erforderte. Diese Energie lieferten Wasserräder, später Turbinen, Dampfmaschinen, Gasmotoren, Heißluftaggregate, noch später Benzinmotoren. In Fürth spielten vor allem Wasser- und Dampfkraft bis zum Ende des 19. Jh. eine wichtige Rolle. Das [[Gaswerk]] der [[1858]] gegründeten [[Gaswerk|Gasbeleuchtungsaktiengesellschaft]] hatte bei der gewerblichen Energieversorgung vorerst keinen großen Stellenwert. Der erste Dampfkessel wurde im Oktober [[1840]] in der Branntwein- und Spiritusfabrik Heinrich Lederer aufgestellt<ref>{{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)|Seite=24}}</ref>, die erste Dampfmaschine im August [[1842]] in der [[J. W. Engelhardt & Co.|Maschinenfabrik Engelhardt]]. Während der erste Dampfkessel vermutlich noch ein Import war, hatte [[Johann Wilhelm Engelhardt]] die 3 PS starke Dampfmaschine selbst gebaut. Seit [[1853]] verfügte zudem die [[Ultramarinfabrik]] von Reichmann und Naumburger über eine 6-8 PS starke Dampfmaschine, ebenso seit Mai [[1853]] die Kammfabrik G. Hahn, beide von Engelhardt gebaut. Im Jahr [[1861]] arbeiteten in Fürth 10 Dampfmaschinen mit zusammen 76 PS, davon eine 6 PS starke bei [[J. W. Engelhardt & Co.]] und die stärkste mit 20 PS in der Zwirnerei und Carderie von Bernstein & Co.<ref>{{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)|Seite=24}}</ref> [[1875]] verwendeten 45 Gewerbebetriebe die Dampfkraft mit insgesamt 416 PS, davon 55 Dampfkessel. Somit erlangte die Dampfkraft die größte Bedeutung bezüglich der mechanischen Antriebe. Von je 100 PS der Leistungsfähigkeit aller Motoren entfielen auf  
Die industrielle Produktion verlangte eine immer größer werdende Anzahl von Hilfsmaschinen, deren Antrieb Energie erforderte. Diese Energie lieferten Wasserräder, später Turbinen, Dampfmaschinen, Gasmotoren, Heißluftaggregate, noch später Benzinmotoren. In Fürth spielten vor allem Wasser- und Dampfkraft bis zum Ende des 19. Jh. eine wichtige Rolle. Das [[Gaswerk]] der [[1858]] gegründeten [[Gaswerk|Gasbeleuchtungsaktiengesellschaft]] hatte bei der gewerblichen Energieversorgung vorerst keinen großen Stellenwert. Der erste Dampfkessel wurde im Oktober [[1840]] in der Branntwein- und Spiritusfabrik [[Heinrich Lederer]] aufgestellt<ref>{{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)|Seite=24}}</ref>, die erste Dampfmaschine im August [[1842]] in der [[J. W. Engelhardt & Co.|Maschinenfabrik Engelhardt]]. Während der erste Dampfkessel vermutlich noch ein Import war, hatte [[Johann Wilhelm Engelhardt]] die 3 PS starke Dampfmaschine selbst gebaut. Seit [[1853]] verfügte zudem die [[Ultramarinfabrik]] von [[Reichmann und Naumburger]] über eine 6-8 PS starke Dampfmaschine, ebenso seit Mai [[1853]] die Kammfabrik G. Hahn, beide von Engelhardt gebaut. Im Jahr [[1861]] arbeiteten in Fürth 10 Dampfmaschinen mit zusammen 76 PS, davon eine 6 PS starke bei [[J. W. Engelhardt & Co.]] und die stärkste mit 20 PS in der Zwirnerei und Carderie von Bernstein & Co.<ref>{{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)|Seite=24}}</ref> [[1875]] verwendeten 45 Gewerbebetriebe die Dampfkraft mit insgesamt 416 PS, davon 55 Dampfkessel. Somit erlangte die Dampfkraft die größte Bedeutung bezüglich der mechanischen Antriebe. Von je 100 PS der Leistungsfähigkeit aller Motoren entfielen auf  
* Wasser 39,7 PS
* Wasser 39,7 PS
* Dampf 58,8 PS
* Dampf 58,8 PS
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[[1889]] gab es in Fürth bereits Dampfmaschinen oder Dampfkessel mit insgesamt 1.914 PS, Ende [[1907]] mit 4.168 PS. Im gleichen Jahr wurden aber auch weitere 8.000 PS von Wasserkraft, Benzin- und Gasmotoren erzeugt, wobei immer mehr Gasmotoren in der Privatwirtschaft zum Einsatz kamen.
[[1889]] gab es in Fürth bereits Dampfmaschinen oder Dampfkessel mit insgesamt 1.914 PS, Ende [[1907]] mit 4.168 PS. Im gleichen Jahr wurden aber auch weitere 8.000 PS von Wasserkraft, Benzin- und Gasmotoren erzeugt, wobei immer mehr Gasmotoren in der Privatwirtschaft zum Einsatz kamen.
[[Datei:Fürth2018 eigenständig.jpg|mini|right|400px|Dieser Artikel entstand im Rahmen des Fürther Stadtjubiläums [[Stadtrecht|"200 Jahre eigenständig"]] im Jahr 2018]]
[[Datei:Fürth2018 eigenständig.jpg|mini|right|400px|Dieser Artikel entstand im Rahmen des Fürther Stadtjubiläums [[Stadtrecht|"200 Jahre eigenständig"]] im Jahr 2018]]
===Bevölkerungswachstum===
===Bevölkerungswachstum===
Die Fürther Bevölkerung belief sich anfangs des 19. Jahrhunderts auf etwa 12.000 Einwohner (1808). Im Verlauf der nächsten 100 Jahre stieg die Einwohnerzahl geradezu explosionsartig auf über 60.000 Personen im Jahr [[1905]].<ref>Hans Mauersberg: Wirtschaft und Gesellschaft Fürths in neuerer und neuester Zeit, Göttingen 1974, S. 72</ref> Dieser demografische Zuwachs beruhte auf der Vermehrung der ansässigen Bevölkerung aber vor allem auf Zuwanderungen aus dem agrarischen Umfeld Mittel- und Oberfrankens und der Oberpfalz. Auch aus anderen deutschen Staaten und auch aus dem europäischen Ausland kamen die Neubürger. Während zwischen [[1808]] und [[1825]] der Anstieg noch gering war und auch bis [[1840]] nur langsam anstieg, ist die nachfolgende Phase bis [[1864]] gekennzeichnet durch ein sprunghaftes Anwachsen der Bevölkerung um circa 30% und in den nächsten 10 Jahren um noch einmal rund 25% auf dann über 27.000 Einwohner. Bis zur Jahrhundertwende verdoppelte sich die Bevölkerung erneut und erreichte etwa 55.000 Einwohner. Fürth war nun fünftgrößte Stadt in Bayern. Auslöser für dieses enorme Wachstum war die sehr gute gesamtwirtschaftliche Entwicklung des gesamten Raumes Nürnberg-Fürth und dabei speziell das Anwachsen der industriellen Kapazität.<ref>Hans Mauersberg: Wirtschaft und Gesellschaft Fürths in neuerer und neuester Zeit, Göttingen 1974, S. 77</ref>  
Die Fürther Bevölkerung belief sich anfangs des 19. Jahrhunderts auf etwa 12.000 Einwohner (1808). Im Verlauf der nächsten 100 Jahre stieg die Einwohnerzahl geradezu explosionsartig auf über 60.000 Personen im Jahr [[1905]].<ref>Hans Mauersberg: Wirtschaft und Gesellschaft Fürths in neuerer und neuester Zeit, Göttingen 1974, S. 72</ref> Dieser demografische Zuwachs beruhte auf der Vermehrung der ansässigen Bevölkerung aber vor allem auf Zuwanderungen aus dem agrarischen Umfeld Mittel- und Oberfrankens und der Oberpfalz. Auch aus anderen deutschen Staaten und auch aus dem europäischen Ausland kamen die Neubürger. Während zwischen [[1808]] und [[1825]] der Anstieg noch gering war und auch bis [[1840]] nur langsam anstieg, ist die nachfolgende Phase bis [[1864]] gekennzeichnet durch ein sprunghaftes Anwachsen der Bevölkerung um circa 30% und in den nächsten 10 Jahren um noch einmal rund 25% auf dann über 27.000 Einwohner. Bis zur Jahrhundertwende verdoppelte sich die Bevölkerung erneut und erreichte etwa 55.000 Einwohner. Fürth war nun fünftgrößte Stadt in Bayern. Auslöser für dieses enorme Wachstum war die sehr gute gesamtwirtschaftliche Entwicklung des gesamten Raumes Nürnberg-Fürth und dabei speziell das Anwachsen der industriellen Kapazität.<ref>Hans Mauersberg: Wirtschaft und Gesellschaft Fürths in neuerer und neuester Zeit, Göttingen 1974, S. 77</ref>  
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* [[J. W. Engelhardt & Co.|Maschinenfabrik Engelhardt]]  
* [[J. W. Engelhardt & Co.|Maschinenfabrik Engelhardt]]  
* [[Ultramarinfabrik]] von Reichmann und Naumburger
* [[Ultramarinfabrik]] von Reichmann und Naumburger
* Kammfabrik G. Hahn
* Kammfabrik C. G. Hahn
* Dochtfabrik Hahn und Burnitz
* Dochtfabrik Hahn und Burnitz
* Zwirnerei und Carderie von Bernstein & Co
* Zwirnerei und Carderie von Bernstein & Co
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* Branntweinfabrik Hähnichen & Simon
* Branntweinfabrik Hähnichen & Simon


[[Daniel Berolzheimer]] und [[Leopold Illfelder]] erhielten [[1854]] die Konzession für eine [[Bleistiftfabrik Berolzheimer und Illfelder|Bleistiftfabrik]], weil sie begründeten, dass sie mit ihrer geplanten maschinellen Produktion die Nachfrage aus Frankreich, England, Nordamerika und anderen überseeischen Ländern endlich befriedigen könnten, was bisher nicht immer der Fall war. Sie setzten von Anfang an auf die Dampfkraft und stellten für den technischen Teil der Firma extra einen Werkführer ein. [[Wilhelm Stern]] stellte im Jahr [[1855]] in der [[1846]] gegründeten Papierfabrik seine erste Dampfmaschine auf. Die Herstellung von Bunt-, Gold- und marmoriertem Papier hatte nun ganz neue Möglichkeiten. [[1874]] beschrieb der Mediziner Dr. J. Kerschensteiner, der die Fürther Industrie nach gesundheitlichen Auswirkungen untersuchte, voll Bewunderung die Stern'schen Maschinen: ''Den größten Teil der Prozeduren übernehmen Maschinen, deren Konstruktionen in der Tat überraschen durch die sinnreichen Zusammensetzungen, z.B. eine Maschine, welche endloses weißes Papier grün streicht, das gestrichene Papier mit einem Stäbchen aufhebt und auf ein Schienengeleise auf der Zimmerdecke legt, auf welchen es ganz langsam in der Form eines Hufeisens in langen herabhängenden Falten durch das Zimmer wandert und am Ende der Wanderung vollständig getrocknet sich selbst an einer Maschine zum fertigen Stück aufrollt.''<ref>Dr. J. Kerschensteiner: ''Die Fürther Industrie in ihrem Einfluss auf die Gesundheit der Arbeiter''. München 1874, S. 13</ref> Und dass gerade die Bronzefabriken ziemlich rasch Maschinen einführten ist kein Wunder, denn sie profitierten vom Maschineneinsatz außerordentlich.  
[[Daniel Berolzheimer]] und [[Leopold Illfelder]] erhielten [[1854]] die Konzession für eine [[Bleistiftfabrik Berolzheimer und Illfelder|Bleistiftfabrik]], weil sie begründeten, dass sie mit ihrer geplanten maschinellen Produktion die Nachfrage aus Frankreich, England, Nordamerika und anderen überseeischen Ländern endlich befriedigen könnten, was bisher nicht immer der Fall war. Sie setzten von Anfang an auf die Dampfkraft und stellten für den technischen Teil der Firma extra einen Werkführer ein. [[Wilhelm Stern]] stellte im Jahr [[1855]] in der [[1846]] gegründeten Papierfabrik seine erste Dampfmaschine auf. Die Herstellung von Bunt-, Gold- und marmoriertem Papier hatte nun ganz neue Möglichkeiten. [[1874]] beschrieb der Mediziner Dr. J. Kerschensteiner, der die Fürther Industrie nach gesundheitlichen Auswirkungen untersuchte, voll Bewunderung die Stern'schen Maschinen: ''Den größten Teil der Prozeduren übernehmen Maschinen, deren Konstruktionen in der Tat überraschen durch die sinnreichen Zusammensetzungen, z. B. eine Maschine, welche endloses weißes Papier grün streicht, das gestrichene Papier mit einem Stäbchen aufhebt und auf ein Schienengeleise auf der Zimmerdecke legt, auf welchen es ganz langsam in der Form eines Hufeisens in langen herabhängenden Falten durch das Zimmer wandert und am Ende der Wanderung vollständig getrocknet sich selbst an einer Maschine zum fertigen Stück aufrollt.''<ref>Dr. J. Kerschensteiner: ''Die Fürther Industrie in ihrem Einfluss auf die Gesundheit der Arbeiter''. München 1874, S. 13</ref> Und dass gerade die Bronzefabriken ziemlich rasch Maschinen einführten ist kein Wunder, denn sie profitierten vom Maschineneinsatz außerordentlich.  


Auch bei den Fürther Brauereien setzte man nun auf den Einsatz von Maschinen. Bereits Mitte der 60er Jahre führte die [[Brauerei Grüner]] als erste Dampfmaschinen ein. Für den Ferntransport schaffte die Brauerei auch sechs Eisenbahnwaggons mit Eiskühlung an.<ref>{{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=209}}</ref>
Auch bei den Fürther Brauereien setzte man nun auf den Einsatz von Maschinen. Bereits Mitte der 60er Jahre führte die [[Brauerei Grüner]] als erste Dampfmaschinen ein. Für den Ferntransport schaffte die Brauerei auch sechs Eisenbahnwaggons mit Eiskühlung an.<ref>{{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=209}}</ref>
   
 
===Zweite Phase 1870 - 1914===
===Zweite Phase 1870 - 1914===
Die Entwicklung der Industrialisierung in Fürth beschleunigte sich immens, als in Bayern mit der Umsetzung eines neuen Gewerbegesetzes am [[6. Februar]] [[1868]] die Gewerbefreiheit sowie die rechtliche Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung durchgesetzt wurden. Diese zweite Phase der Industrialisierung, die ''Gründerzeit'', brachte eine Zunahme und Vergrößerung der Fabriken sowie einen rasanten Bevölkerungsanstieg. Während bis zur Jahrhundertwende das Viertel hinter dem Rathaus bis zur [[Theresienstraße]] erweitert wurde, entstand jetzt jenseits der Würzburger Bahnline ab [[1870]] die ''Südstadt''.
Die Entwicklung der Industrialisierung in Fürth beschleunigte sich immens, als in Bayern mit der Umsetzung eines neuen Gewerbegesetzes am [[6. Februar]] [[1868]] die Gewerbefreiheit sowie die rechtliche Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung durchgesetzt wurden. Diese zweite Phase der Industrialisierung, die ''Gründerzeit'', brachte eine Zunahme und Vergrößerung der Fabriken sowie einen rasanten Bevölkerungsanstieg. Während bis zur Jahrhundertwende das Viertel hinter dem Rathaus bis zur [[Theresienstraße]] erweitert wurde, entstand jetzt jenseits der Würzburger Bahnline ab [[1870]] die ''Südstadt''.
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Ein Paradebeispiel für die typische Entwicklung eines Handwerksbetriebs zu einer weltweit agierenden Firma ist die [[Bilderbücherfabrik Löwensohn]]. [[Gerson Löwensohn]], der eigentlich Gürtler gelernt hatte, bekam [[1844]] die Lizenz für eine Kupferdruckerei. Ab [[1856]] stellte die Firma auch Bilderbögen, sowie Kinder- und Bilderbücher her. Ursprünglich in der [[Sterngasse]], der heutigen [[Ludwig-Erhard-Straße]], angesiedelt, verlegte man [[1876]] die Produktion in das neue, geräumigere Viertel hinter dem Rathaus. Dort hatten die Löwensohns die Möglichkeit, eine durch einen Gasmotor betriebene Schnelldruckpresse zu installieren und vollzogen damit den Schritt vom Handbetrieb zur industriellen Fertigung. Als [[1894]] das 50-jährige Firmenjubiläum gefeiert wurde, hielt [[Bernhard Löwensohn]] eine bemerkenswerte Rede, in der er den Werdegang der Firma beschrieb. Zur Inbetriebnahme der ersten Schnellpresse meinte er: ''Anstatt einer täglichen Leistung von 400 Abdrücken konnte man auf der Schnellpresse 3.000 herstellen ... Aber auch an den Arbeiter selbst traten durch Einführung der Maschine andere Ansprüche heran. Die physische Leistung, die Arbeit mit den Muskeln wurde geringer, dagegen war die Aufmerksamkeit, die Intelligenz, die Gewissenhaftigkeit und die Zuverlässigkeit eine Vorbedingung zu gutem Betriebe derselben. Die Maschine ist ein Ungetüm, das mechanisch darauf los arbeitet, mehr Schaden anrichtend wie Nutzen ... ohne Führung eines energischen, tatkräftigen und schnelldenkenden Arbeiters.''<ref>150 Jahre Pestalozzi-Verlag, Pestalozzi-Verlag, Erlangen 1994</ref>
Ein Paradebeispiel für die typische Entwicklung eines Handwerksbetriebs zu einer weltweit agierenden Firma ist die [[Bilderbücherfabrik Löwensohn]]. [[Gerson Löwensohn]], der eigentlich Gürtler gelernt hatte, bekam [[1844]] die Lizenz für eine Kupferdruckerei. Ab [[1856]] stellte die Firma auch Bilderbögen, sowie Kinder- und Bilderbücher her. Ursprünglich in der [[Sterngasse]], der heutigen [[Ludwig-Erhard-Straße]], angesiedelt, verlegte man [[1876]] die Produktion in das neue, geräumigere Viertel hinter dem Rathaus. Dort hatten die Löwensohns die Möglichkeit, eine durch einen Gasmotor betriebene Schnelldruckpresse zu installieren und vollzogen damit den Schritt vom Handbetrieb zur industriellen Fertigung. Als [[1894]] das 50-jährige Firmenjubiläum gefeiert wurde, hielt [[Bernhard Löwensohn]] eine bemerkenswerte Rede, in der er den Werdegang der Firma beschrieb. Zur Inbetriebnahme der ersten Schnellpresse meinte er: ''Anstatt einer täglichen Leistung von 400 Abdrücken konnte man auf der Schnellpresse 3.000 herstellen ... Aber auch an den Arbeiter selbst traten durch Einführung der Maschine andere Ansprüche heran. Die physische Leistung, die Arbeit mit den Muskeln wurde geringer, dagegen war die Aufmerksamkeit, die Intelligenz, die Gewissenhaftigkeit und die Zuverlässigkeit eine Vorbedingung zu gutem Betriebe derselben. Die Maschine ist ein Ungetüm, das mechanisch darauf los arbeitet, mehr Schaden anrichtend wie Nutzen ... ohne Führung eines energischen, tatkräftigen und schnelldenkenden Arbeiters.''<ref>150 Jahre Pestalozzi-Verlag, Pestalozzi-Verlag, Erlangen 1994</ref>


In den Jahren zwischen [[1895]] und [[1907]] erhöhte sich die Zahl der industriellen Betriebe noch einmal enorm. Es entwickelten sich dabei immer mehr Großbetriebe und obwohl sie [[1907]] mit einer Anzahl von 69 nur 2% der Betriebe ausmachten, hatten sie mit 7.669 doch 35% der Beschäftigten. Die Tendenz der für den Export arbeitenden Gewerbe ging dabei weg von der Textilverarbeitung hin zur Spiegelglasherstellung, der Metallverarbeitung, hier insbesondere die Brokat-, Bronze- und Bronzefarbenherstellung, und zu Holz- und Schnitzstoffen. So stellt Hans Moser fest: ''Am konsequentesten wurde der Übergang von meisterlichen, häufig verlegten Kleinbetrieben hin zu leistungsfähigen Mittel- und Großbetrieben in der Spiegelglas- und Spiegelindustrie vollzogen, daneben aber auch in der Buntpapier- und Bronzefarbenherstellung sowie im Braugewerbe''.<ref>Hans Moser: Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Fürth im 19. Jahrhundert, Diplomarbeit Erlangen/Nürnberg 1976, S. 92</ref> Daneben wuchsen auch viele andere Branchen und veränderten dabei vielfach die Schwerpunkte ihrer Produktion. So fertigten die Spielwarenfabriken immer weniger Holz- und dafür mehr Blechspielzeug. Blechformen konnten mit Stanzmaschinen schnell und exakt ausgeschnitten und mit Heftmaschinen leicht zusammengefügt werden. Blechdruckmaschinen lösten das langwierige Lackieren ab. So entstanden Brummkreisel, Kindertrompeten, blecherne Puppenküchen und das sehr beliebte mechanische Spielzeug, das mit einem Schlüssel aufgezogen wurde und sich dann in vielfältiger Weise bewegte. Ein Beispiel ist hier die Firma [[GAMA]] von Georg Adam Mangold, die im Jahr [[1881]] gegründet wurde. Ohne die bedeutenden Fürther Großhandelshäuser, z.B. [[Exporthaus Kohnstam|Kohnstam]], [[Nürnberger Straße 91; 93; 95|Borgfeldt]] oder [[Kurgartenstraße 1; Nürnberger Straße 129|Berlin]], hätte die Fürther Spielwarenindustrie mit den vielen kleinen Betrieben nicht funktionieren können.<ref>{{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=213}}</ref>
In den Jahren zwischen [[1895]] und [[1907]] erhöhte sich die Zahl der industriellen Betriebe noch einmal enorm. Es entwickelten sich dabei immer mehr Großbetriebe und obwohl sie [[1907]] mit einer Anzahl von 69 nur 2% der Betriebe ausmachten, hatten sie mit 7.669 doch 35% der Beschäftigten. Die Tendenz der für den Export arbeitenden Gewerbe ging dabei weg von der Textilverarbeitung hin zur Spiegelglasherstellung, der Metallverarbeitung, hier insbesondere die Brokat-, Bronze- und Bronzefarbenherstellung, und zu Holz- und Schnitzstoffen. So stellt Hans Moser fest: ''Am konsequentesten wurde der Übergang von meisterlichen, häufig verlegten Kleinbetrieben hin zu leistungsfähigen Mittel- und Großbetrieben in der Spiegelglas- und Spiegelindustrie vollzogen, daneben aber auch in der Buntpapier- und Bronzefarbenherstellung sowie im Braugewerbe''.<ref>Hans Moser: Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Fürth im 19. Jahrhundert, Diplomarbeit Erlangen/Nürnberg 1976, S. 92</ref> Daneben wuchsen auch viele andere Branchen und veränderten dabei vielfach die Schwerpunkte ihrer Produktion. So fertigten die Spielwarenfabriken immer weniger Holz- und dafür mehr Blechspielzeug. Blechformen konnten mit Stanzmaschinen schnell und exakt ausgeschnitten und mit Heftmaschinen leicht zusammengefügt werden. Blechdruckmaschinen lösten das langwierige Lackieren ab. So entstanden Brummkreisel, Kindertrompeten, blecherne Puppenküchen und das sehr beliebte mechanische Spielzeug, das mit einem Schlüssel aufgezogen wurde und sich dann in vielfältiger Weise bewegte. Ein Beispiel ist hier die Firma [[GAMA]] von Georg Adam Mangold, die im Jahr [[1881]] gegründet wurde. Ohne die bedeutenden Fürther Großhandelshäuser, z. B. [[Exporthaus Kohnstam|Kohnstam]], [[Nürnberger Straße 91, 93, 95|Borgfeldt]] oder [[Kurgartenstraße 1, Nürnberger Straße 129|Berlin]], hätte die Fürther Spielwarenindustrie mit den vielen kleinen Betrieben nicht funktionieren können.<ref>{{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=213}}</ref>


Im wirtschaftlichen Aufschwung der ''Gründerzeit'' fand auch eine Konzentration bei den Fürther Brauereien statt. Fünf Brauereien setzten sich durch und wurden zu industriellen Großbetrieben: [[Brauerei Humbser|Humbser]], [[Geismann Brauerei|Geismann]], [[Brauerei Grüner|Grüner]], [[Brauerei Evora & Meyer|Evora]] und [[Bergbräu|Mailaender]].
Im wirtschaftlichen Aufschwung der ''Gründerzeit'' fand auch eine Konzentration bei den Fürther Brauereien statt. Fünf Brauereien setzten sich durch und wurden zu industriellen Großbetrieben: [[Brauerei Humbser|Humbser]], [[Geismann Brauerei|Geismann]], [[Brauerei Grüner|Grüner]], [[Brauerei Evora & Meyer|Evora]] und [[Bergbräu|Mailaender]].
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[[Bild:A5178 Hans Böckler.jpg|mini|right|Hans Böckler]]
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Zu Beginn der Industrialisierung wurde allgemein an sechs Tagen der Woche 14 bis 16 Stunden lang gearbeitet. In den 1870er Jahren reduzierte sich die industrielle Arbeitszeit auf durchschnittlich 12 Stunden. Eine Verbesserung brachte das ''Arbeitsschutzgesetz'' des Deutschen Reiches von 1891. Es legte eine Arbeitszeit von 11 Stunden für Frauen und 10 Stunden für Jugendliche fest und verbot die Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche sowie die Arbeit von Kindern in Fabriken. Männer arbeiteten weiterhin 12 Stunden täglich. Verbreitet gab es zudem spezielle Fabrikvorschriften, die die gesetzlichen Regelungen keineswegs immer einhielten. So konnten Arbeiter wegen Kleinigkeiten entlassen werden oder es mussten Strafen gezahlt werden, z.B. wenn jemand nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen konnte. Streiks für kürzere Arbeitszeiten oder verlängerte Pausen gab es öfter. Diese waren meist nicht erfolgreich. [[1899]] erzwang [[Hans Böckler]] nach einem 12-wöchigen Streik der Metallschläger eine Arbeitszeitverkürzung auf 9 Stunden.
Zu Beginn der Industrialisierung wurde allgemein an sechs Tagen der Woche 14 bis 16 Stunden lang gearbeitet. In den 1870er Jahren reduzierte sich die industrielle Arbeitszeit auf durchschnittlich 12 Stunden. Eine Verbesserung brachte das ''Arbeitsschutzgesetz'' des Deutschen Reiches von 1891. Es legte eine Arbeitszeit von 11 Stunden für Frauen und 10 Stunden für Jugendliche fest und verbot die Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche sowie die Arbeit von Kindern in Fabriken. Männer arbeiteten weiterhin 12 Stunden täglich. Verbreitet gab es zudem spezielle Fabrikvorschriften, die die gesetzlichen Regelungen keineswegs immer einhielten. So konnten Arbeiter wegen Kleinigkeiten entlassen werden oder es mussten Strafen gezahlt werden, z. B. wenn jemand nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen konnte. Streiks für kürzere Arbeitszeiten oder verlängerte Pausen gab es öfter. Diese waren meist nicht erfolgreich. [[1899]] erzwang [[Hans Böckler]] nach einem 12-wöchigen Streik der Metallschläger eine Arbeitszeitverkürzung auf 9 Stunden.


Bei den Löhnen gab es, je nach Branche, sehr große Unterschiede. Die besten Verdienstchancen gewährten in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Baumwoll- und Leinen sowie die Spiegelfabriken. Bei bis zu 12 Stunden Arbeitszeit pro Tag reichte der Lohn in vielen Fällen kaum zum Leben. In der zweiten Phase der Industrialisierung in Fürth ging das Lohnniveau auch in den Metall- und Brillenfabriken nach oben. Allerdings hat sich die finanzielle Lage der Arbeiter dadurch nicht wesentlich verbessert, da die stark gestiegenen Mieten sowie die Ausgaben für Kleidung usw. zu berücksichtigen sind. Einer Arbeiterfamilie war es häufig nicht möglich, gleichzeitig ausreichend zu essen, gesund zu wohnen und sich ordentlich zu kleiden.<ref>Helga Grebing: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, München 1970</ref>
Bei den Löhnen gab es, je nach Branche, sehr große Unterschiede. Die besten Verdienstchancen gewährten in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Baumwoll- und Leinen sowie die Spiegelfabriken. Bei bis zu 12 Stunden Arbeitszeit pro Tag reichte der Lohn in vielen Fällen kaum zum Leben. In der zweiten Phase der Industrialisierung in Fürth ging das Lohnniveau auch in den Metall- und Brillenfabriken nach oben. Allerdings hat sich die finanzielle Lage der Arbeiter dadurch nicht wesentlich verbessert, da die stark gestiegenen Mieten sowie die Ausgaben für Kleidung usw. zu berücksichtigen sind. Einer Arbeiterfamilie war es häufig nicht möglich, gleichzeitig ausreichend zu essen, gesund zu wohnen und sich ordentlich zu kleiden.<ref>Helga Grebing: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, München 1970</ref>
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Das starke Bevölkerungswachstum ließ schnell den Wohnraum in der Innenstadt knapp werden. Die reichere Mittelschicht und auch viele Unternehmen zogen in die neuen Stadtteile, die im Zuge der [[Stadterweiterung]] entstanden. Dennoch litten viele unter Wohnraummangel. Die Bevölkerung wohnte zum großen Teil eng zusammengedrängt. Räume wurden zudem an familienfremde Personen, den Schlafgängern, untervermietet, um etwas Geld dazu zu verdienen. Sanitäre Anlagen gab es kaum, viele Aborte lagen am Treppenabsatz oder im Hof und wurden von allen Bewohnern einer Etage oder eines ganzen Hauses benutzt. ''Die vielfach zu beobachtende Unsauberkeit in den Wohnungen, die mit der Unzulänglichkeit und dem gesundheitswidrigen Zustand der Aborteinrichtungen auf das Engste zusammenhängt, trägt die Hauptschuld an der hohen Säuglingssterblichkeit und den verheerenden Wirkungen der Magen- und Darmkrankheiten.''<ref>Eugen Dennig: Die Ergebnisse der Wohnungserhebung in der Stadt Fürth i.B., Fürth 1907</ref> Bedingt auch durch die beengten Wohnverhältnisse hielten sich vor allem viele Männer oft in Wirtschaften auf. Sie waren Wohnzimmerersatz und ein warmer Ort, wenn das Geld für Heizmaterial fehlte. Allerdings brachte der Alkoholkonsum viele Familien in weitere Bedrängnis. Neben Bier wurde mit Vorliebe Schnaps getrunken.
Das starke Bevölkerungswachstum ließ schnell den Wohnraum in der Innenstadt knapp werden. Die reichere Mittelschicht und auch viele Unternehmen zogen in die neuen Stadtteile, die im Zuge der [[Stadterweiterung]] entstanden. Dennoch litten viele unter Wohnraummangel. Die Bevölkerung wohnte zum großen Teil eng zusammengedrängt. Räume wurden zudem an familienfremde Personen, den Schlafgängern, untervermietet, um etwas Geld dazu zu verdienen. Sanitäre Anlagen gab es kaum, viele Aborte lagen am Treppenabsatz oder im Hof und wurden von allen Bewohnern einer Etage oder eines ganzen Hauses benutzt. ''Die vielfach zu beobachtende Unsauberkeit in den Wohnungen, die mit der Unzulänglichkeit und dem gesundheitswidrigen Zustand der Aborteinrichtungen auf das Engste zusammenhängt, trägt die Hauptschuld an der hohen Säuglingssterblichkeit und den verheerenden Wirkungen der Magen- und Darmkrankheiten.''<ref>Eugen Dennig: Die Ergebnisse der Wohnungserhebung in der Stadt Fürth i.B., Fürth 1907</ref> Bedingt auch durch die beengten Wohnverhältnisse hielten sich vor allem viele Männer oft in Wirtschaften auf. Sie waren Wohnzimmerersatz und ein warmer Ort, wenn das Geld für Heizmaterial fehlte. Allerdings brachte der Alkoholkonsum viele Familien in weitere Bedrängnis. Neben Bier wurde mit Vorliebe Schnaps getrunken.


Gegen Ende des 19. Jahrhunderts versuchten reiche Bürger, das Los der Arbeiter, der Kranken, der Witwen und der Kinder zu verbessern. In der Zeit der Hochindustrialisierung entstanden mehrere [[Stiftungen]], z.B. die von [[Heinrich Berolzheimer]], der die Bildung der Kinder und auch der erwachsenen Bürger verbessern wollte. Auch [[Nathanstift]] und [[Krautheimer Krippe]] sind Beispiele, wie versucht wurde, die Not der Mitmenschen zu lindern. Viele Stiftungen nahmen sich auch der Fabrikarbeiter an und unterstützten die arbeitsunfähigen und die bedürftigen Arbeiter. Die Stifter spendeten nicht nur Geld, sondern gaben oft auch einen gezielten Verwendungszweck vor. Dabei waren sie nicht als Almosen gedacht, sondern als Hilfe zur Selbsthilfe.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts versuchten reiche Bürger, das Los der Arbeiter, der Kranken, der Witwen und der Kinder zu verbessern. In der Zeit der Hochindustrialisierung entstanden mehrere [[Stiftungen]], z. B. die von [[Heinrich Berolzheimer]], der die Bildung der Kinder und auch der erwachsenen Bürger verbessern wollte. Auch [[Nathanstift]] und [[Krautheimer Krippe]] sind Beispiele, wie versucht wurde, die Not der Mitmenschen zu lindern. Viele Stiftungen nahmen sich auch der Fabrikarbeiter an und unterstützten die arbeitsunfähigen und die bedürftigen Arbeiter. Die Stifter spendeten nicht nur Geld, sondern gaben oft auch einen gezielten Verwendungszweck vor. Dabei waren sie nicht als Almosen gedacht, sondern als Hilfe zur Selbsthilfe.


Letztendlich waren es aber vor allem die Arbeiterbewegungen und die politischen Vereine, die Veränderungen herbeiführten. Eine zentrale Figur im von ihm mitgegründeten Arbeiterverein und später in der [[SPD]] war dabei [[Gabriel Löwenstein]]. [[1893]] war er einer der ersten fünf Sozialdemokraten, die in den bayerischen Landtag gewählt wurden. In der Gewerkschaftsbewegung taten sich in Fürth [[Martin Segitz]] und [[Hans Böckler]] hervor und im ''Evangelischen Arbeiterverein'' war [[Konrad Ott]] eine treibende Kraft.
Letztendlich waren es aber vor allem die Arbeiterbewegungen und die politischen Vereine, die Veränderungen herbeiführten. Eine zentrale Figur im von ihm mitgegründeten Arbeiterverein und später in der [[SPD]] war dabei [[Gabriel Löwenstein]]. [[1893]] war er einer der ersten fünf Sozialdemokraten, die in den bayerischen Landtag gewählt wurden. In der Gewerkschaftsbewegung taten sich in Fürth [[Martin Segitz]] und [[Hans Böckler]] hervor und im ''Evangelischen Arbeiterverein'' war [[Konrad Ott]] eine treibende Kraft.
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==Literatur==
==Literatur==
* Dr. J. Kerschensteiner: ''Die Fürther Industrie in ihrem Einfluss auf die Gesundheit der Arbeiter'', München 1874.
* {{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)}}
* {{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=215}}
* {{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=215}}
* {{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)}}
* Wolfgang Wüst: ''Im Schatten der Fabrikschlöte -  Arbeiteralltag im Spiegel der Fabrikordnungen aus Fürth und Nürnberg vor dem Ersten Weltkrieg'' In: [[Fürther Geschichtsblätter]], Ausgabe 1/2024, S. 3 - 23
* Dr. J. Kerschensteiner: ''Die Fürther Industrie in ihrem Einfluss auf die Gesundheit der Arbeiter'', München 1874.


==Siehe auch==
==Siehe auch==
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