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==Ausbildung==
 
==Ausbildung==
 
Emilie wurde als Tochter von Pfarrer [[Friedrich Theodor Eduard Lehmus]] als eine von sechs Töchtern geboren. Dank der fortschrittlichen Einstellung der Eltern erhielt sie - wie auch ihre Schwestern - eine Berufsausbildung. In Paris setzte sie ihren Schulbesuch für Sprachstudien fort. Zurück in Fürth war sie als Lehrerin an einer höheren Töchterschule tätig, was darauf schließen lässt, dass sie in Paris das Lehrerinnenexamen absolviert hat.<br />
 
Emilie wurde als Tochter von Pfarrer [[Friedrich Theodor Eduard Lehmus]] als eine von sechs Töchtern geboren. Dank der fortschrittlichen Einstellung der Eltern erhielt sie - wie auch ihre Schwestern - eine Berufsausbildung. In Paris setzte sie ihren Schulbesuch für Sprachstudien fort. Zurück in Fürth war sie als Lehrerin an einer höheren Töchterschule tätig, was darauf schließen lässt, dass sie in Paris das Lehrerinnenexamen absolviert hat.<br />
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1866 taucht die damals 24-jährige Emilie zum ersten Mal namentlich in einem Bericht des Königl.-Bayr. Amtsblattes in Rothenburg auf.
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Vermutlich war sie dort zu Besuch bei den Großeltern, denn die Familie Lehmus besetzte seit mehreren Generationen in Rothenburg die Pfarrstelle, so auch der Großvater. - In dem Königl.-Bayr. Amtsblatt ruft Emilie unter dem Eindruck der [[Wikipedia:Schlacht bei Königgrätz|Schlacht von Königgrätz]] (dem heutigen Hradec Králové) zwischen Preußen und Österreichern drei Wochen danach zu Spenden von Geld und Verbandszeug für die verwundeten Soldaten auf <ref>siehe ''Amts- und Anzeigenblatt für die Stadt und das Königl. Bezirksamt Rothenburg'' vom  25. Juli 1866, Seite 4</ref>.<br />
 
Die 29-jährige Emilie Lehmus besuchte 1870 eine ihrer verheirateten Schwestern in Berlin und lernte dabei Henriette Hirschfeld-Tiburtius kennen. Auf einer gemeinsamen "Spreewaldwasserfahrt" reifte in ihr der Entschluss, Medizin zu studieren.<ref>Michaela Holdenried (Hg.): Geschriebenes Leben, Autobiographik von Frauen, 1995, S. 232</ref> Von ihrem Vater [[Eduard Lehmus]] wurde sie daraufhin in Latein unterrichtet.  
 
Die 29-jährige Emilie Lehmus besuchte 1870 eine ihrer verheirateten Schwestern in Berlin und lernte dabei Henriette Hirschfeld-Tiburtius kennen. Auf einer gemeinsamen "Spreewaldwasserfahrt" reifte in ihr der Entschluss, Medizin zu studieren.<ref>Michaela Holdenried (Hg.): Geschriebenes Leben, Autobiographik von Frauen, 1995, S. 232</ref> Von ihrem Vater [[Eduard Lehmus]] wurde sie daraufhin in Latein unterrichtet.  
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In Deutschland selbst durften Frauen nicht studieren. So immatrikulierte sie im Oktober [[1870]] in Zürich zu Studienzwecken als zweite deutschsprachige Studentin, zwei Jahre nach der Schweizerin Marie Vögtlein.<ref name="Charite-HP">Charité - Biographien - Homepage, online abgerufen am 6. September 2019 | 23:10 Uhr - [https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00016 online abrufbar]</ref> Zürich entwickelte sich in jener Zeit als ein Zentrum internationaler weiblicher Studentenschaft.<ref>hier immatrikulierten sich im späten 19. Jahrhundert so prominente Frauen wie Ricarda Huch, Rosa Luxemburg, Anita Augspurg, Lou Andreas Salomé</ref> Die Besonderheit in Zürich lag für weibliche Studenten darin, dass sie keinerlei Bildungsnachweise vorlegen mussten, lediglich ein "Sittenzeugnis". In vielen Ländern hatten Frauen nicht die Möglichkeit, sich mit dem Abitur an der Universität zu bewerben.  
 
In Deutschland selbst durften Frauen nicht studieren. So immatrikulierte sie im Oktober [[1870]] in Zürich zu Studienzwecken als zweite deutschsprachige Studentin, zwei Jahre nach der Schweizerin Marie Vögtlein.<ref name="Charite-HP">Charité - Biographien - Homepage, online abgerufen am 6. September 2019 | 23:10 Uhr - [https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00016 online abrufbar]</ref> Zürich entwickelte sich in jener Zeit als ein Zentrum internationaler weiblicher Studentenschaft.<ref>hier immatrikulierten sich im späten 19. Jahrhundert so prominente Frauen wie Ricarda Huch, Rosa Luxemburg, Anita Augspurg, Lou Andreas Salomé</ref> Die Besonderheit in Zürich lag für weibliche Studenten darin, dass sie keinerlei Bildungsnachweise vorlegen mussten, lediglich ein "Sittenzeugnis". In vielen Ländern hatten Frauen nicht die Möglichkeit, sich mit dem Abitur an der Universität zu bewerben.  
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Während ihrer Studienzeit in Zürich lernte sie auch die Vorkämpferin für das Recht der Frauen zum Studium kennen, hier sind insbesondere [[wikipedia:Franziska Tiburtius|Franziska Tiburtius]] und ihre Schwägerin  [[wikipedia:Henriette Hirschfeld-Tiburtius|Henriette Hirschfeld-Tiburtius]] zu nennen. Letztere war die erste selbständige, akademisch ausgebildete Zahnärztin Deutschland. Emilie Lehmus reichte ihre Promotionsarbeit am 27. Februar 1875 in Zürich ein.<ref name="Charite-HP"/> Nach neun Semestern beendete Emilie ihr Studium im Sommer [[1875]] mit der Promotion „summa cum laude“, eine Auszeichnung die sonst in den zehn davor liegenden Jahren an der Züricher Universität nur sechs männlichen Prüflingen zuteil wurde.<ref>Kölner Zeitung, 1874</ref> Sie hoffte allerdings vergeblich darauf, in Deutschland mit ihrem Doktortitel zum Staatsexamen zugelassen zu werden.<br />
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Während ihrer Studienzeit in Zürich lernte sie auch die Vorkämpferin für das Recht der Frauen zum Studium kennen, hier sind insbesondere [[wikipedia:Franziska Tiburtius|Franziska Tiburtius]] und ihre Schwägerin  [[wikipedia:Henriette Hirschfeld-Tiburtius|Henriette Hirschfeld-Tiburtius]] zu nennen. Letztere war die erste selbständige, akademisch ausgebildete Zahnärztin Deutschland. Emilie Lehmus reichte ihre Promotionsarbeit am 27. Februar 1875 in Zürich ein.<ref name="Charite-HP"/> Nach neun Semestern beendete Emilie ihr Studium im Sommer [[1875]] mit der Promotion „summa cum laude“, eine Auszeichnung die sonst in den zehn davor liegenden Jahren an der Züricher Universität nur sechs männlichen Prüflingen zuteil wurde.<ref>als Depeschenmeldung taucht diese Nachricht 1874 gleichlautend auf in z.B. Kölner Zeitung, Münchener Bote, Schweinfurter Anzeiger, Fürther Neueste Nachrichten</ref> Sie hoffte allerdings vergeblich darauf, in Deutschland mit ihrem Doktortitel zum Staatsexamen zugelassen zu werden.<br />
    
==Berufstätigkeit als erste Berliner Ärztin==
 
==Berufstätigkeit als erste Berliner Ärztin==
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[[Bild:Gedenktafel Alte Schönhauser Str 23 (Mitte) Lehmus Tiburtius.jpg|thumb|right|Gedenktafel, Emilie Lehmus und Franziska Tiburtius, in Alte Schönhauser Straße 23, Berlin-Mitte]]
 
Im Sommer [[1875]] ging sie sodann für einige Monate an die Universitäts-Entbindungsanstalt nach Prag zu Prof. Weber, im Anschluss an die Königliche Entbindungsanstalt und Frauenklinik nach Dresden. Dort war sie bei dem Gynäkologen Prof. Franz von Winckel tätig, dem damals einzigen Professor Deutschlands, der Assistentinnen aufnahm und an seiner Klinik ausbildete.
 
Im Sommer [[1875]] ging sie sodann für einige Monate an die Universitäts-Entbindungsanstalt nach Prag zu Prof. Weber, im Anschluss an die Königliche Entbindungsanstalt und Frauenklinik nach Dresden. Dort war sie bei dem Gynäkologen Prof. Franz von Winckel tätig, dem damals einzigen Professor Deutschlands, der Assistentinnen aufnahm und an seiner Klinik ausbildete.
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[[Bild:Gedenktafel Alte Schönhauser Str 23 (Mitte) Lehmus Tiburtius.jpg|thumb|right|Gedenktafel, Emilie Lehmus und Franziska Tiburtius, in Alte Schönhauser Straße 23, Berlin-Mitte]]
   
Gemeinsam mit Franziska Tiburtius durfte sich Emilie Lehmus [[1876]] in Berlin mit behördlicher Duldung in einer Privatpraxis für Frauen und Kinder niederlassen, deren Türschild sie als Dr. med. der Universität Zürich auswies. Die Arbeit beider Ärztinnen wurde zwar seitens der Politik nicht anerkannt, umso mehr erfuhren die beiden Freundinnen einen großen Zulauf von ihrer Patientenschaft. Sie eröffneten am 18. Juni [[1878]] die erste Poliklinik weiblicher Ärzte für unbemittelte Frauen und Kinder in der Schönhauser Straße 23/24, die spätere "Klinik weiblicher Ärzte e. V.".<ref>Werner Mohr: "CHRONIK Nürnberg - Neumarkt - Regensburg - Amberg - Ansbach" - [http://www.graf-von-katzenelnbogen.de/neumarktiopf.html online]</ref><ref name="Charite-HP"/>
 
Gemeinsam mit Franziska Tiburtius durfte sich Emilie Lehmus [[1876]] in Berlin mit behördlicher Duldung in einer Privatpraxis für Frauen und Kinder niederlassen, deren Türschild sie als Dr. med. der Universität Zürich auswies. Die Arbeit beider Ärztinnen wurde zwar seitens der Politik nicht anerkannt, umso mehr erfuhren die beiden Freundinnen einen großen Zulauf von ihrer Patientenschaft. Sie eröffneten am 18. Juni [[1878]] die erste Poliklinik weiblicher Ärzte für unbemittelte Frauen und Kinder in der Schönhauser Straße 23/24, die spätere "Klinik weiblicher Ärzte e. V.".<ref>Werner Mohr: "CHRONIK Nürnberg - Neumarkt - Regensburg - Amberg - Ansbach" - [http://www.graf-von-katzenelnbogen.de/neumarktiopf.html online]</ref><ref name="Charite-HP"/>
 
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[[Datei:31. Juli 1877, Amtsblatt kgl. Bez. FO und Eb..jpg|230px|thumb|right|Bericht aus dem kgl. Amtsblatt Forchheim/Ebermannstadt 31.7.1877]]
 
Die Räume, eine Erdgeschosswohnung im Hinterhof, wurden ihnen vom Brauereibesitzer Bötzow kostenlos überlassen, Behandlungen der Patientinnen führten die Frauen meist zum Selbstkostenpreis aus. 15 Jahre lang blieben Lehmus und Tiburtius die einzigen Ärztinnen in Berlin, bis Frauen der zweiten Generation - die ebenfalls in Zürich studiert hatten - sich der Arbeit an der Poliklinik anschlossen.<ref name="Holdenried">Michaela Holdenried (Hg.): Geschriebenes Leben, Autobiographik von Frauen, 1995, S. 242</ref>  
 
Die Räume, eine Erdgeschosswohnung im Hinterhof, wurden ihnen vom Brauereibesitzer Bötzow kostenlos überlassen, Behandlungen der Patientinnen führten die Frauen meist zum Selbstkostenpreis aus. 15 Jahre lang blieben Lehmus und Tiburtius die einzigen Ärztinnen in Berlin, bis Frauen der zweiten Generation - die ebenfalls in Zürich studiert hatten - sich der Arbeit an der Poliklinik anschlossen.<ref name="Holdenried">Michaela Holdenried (Hg.): Geschriebenes Leben, Autobiographik von Frauen, 1995, S. 242</ref>  
  
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