28.585
Bearbeitungen
KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
|||
| Zeile 5: | Zeile 5: | ||
==Geschichte der Fürther Nachtwächter== | ==Geschichte der Fürther Nachtwächter== | ||
Die älteste Nachricht stammt aus der Zeit des | Die älteste Nachricht stammt aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, als 1622 der Kosakendurchzug<ref>die Kosaken waren eigentlich Polen</ref> mit Fürst Ratziwil erfolgte.<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)]], S. 65 ff.</ref> | ||
Die Nachtwächter riefen damals abends um 8 Uhr:</br> | Die Nachtwächter riefen damals abends um 8 Uhr:</br> | ||
''Hör´ zu, Mädlein fein''</br> | ''Hör´ zu, Mädlein fein''</br> | ||
| Zeile 23: | Zeile 23: | ||
Früh um 3 Uhr schreien sie:</br> | Früh um 3 Uhr schreien sie:</br> | ||
''Nun danken wir den lieben Gott''</br> | ''Nun danken wir den lieben Gott''</br> | ||
''Der uns diese Nacht behütet hat. Amen.''<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)]], S. 72 | ''Der uns diese Nacht behütet hat. Amen.''<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)]], S. 72; Fronmüller zitiert nach Soden: „Kriegs- und Sittengeschichte der Reichsstadt Nürnberg“, Bd. 2, S. 157 mit Bezug auf die Stark´sche Chronik und die „Rathsverlässe“.</ref> | ||
In einem Protest vom [[14. Dezember]] [[1658]] über eine neu aufgestellte, einseitig gesiegelte Gemeindeordnung<ref>diese war nur dompröbstisch gesiegelt und nicht vom Rat der Stadt Nürnberg</ref> wurde bereits vermerkt, dass die Fürther Juden zum Unterhalt des Nachtwächters 10 Gulden beisteuern sollten.<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)]], S. 104 | In einem Protest vom [[14. Dezember]] [[1658]] über eine neu aufgestellte, einseitig gesiegelte Gemeindeordnung<ref>diese war nur dompröbstisch gesiegelt und nicht vom Rat der Stadt Nürnberg</ref> wurde bereits vermerkt, dass die Fürther Juden zum Unterhalt des Nachtwächters 10 Gulden beisteuern sollten.<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)]], S. 104; dort Quellenverweis: „Manuskript des Nürnberger Archivs“</ref> | ||
[[1693]] kam es zu einem Streit über den Nachwächterruf. Bereits 20 Jahre zuvor hatte Pfarrer [[Carl Friedrich Lochner d. Ä.|Carl Friedrich Lochner]] initiiert, dass der Begriff „Herrn“ im traditionellen Ruf zur Verkündung amtlicher Bekanntmachungen „''Hört ihr Herrn und lasst euch sagen ...''“, den auch der Nachtwächter verwendete, in „Christen“ verändert wurde.<ref>so Stefan Ehrenpreis, Innsbruck in seinem Vortrag „Der Fürther Nachtwächterstreit und sein Kontext im 17. Jahrhundert“ anlässlich der Sommerakademie zur Geschichte der Juden im Hl. Röm. Reich und seinen Nachfolgestaaten, 22. Juli 2025 | [[1693]] kam es zu einem Streit über den Nachwächterruf. Bereits 20 Jahre zuvor hatte Pfarrer [[Carl Friedrich Lochner d. Ä.|Carl Friedrich Lochner]] initiiert, dass der Begriff „Herrn“ im traditionellen Ruf zur Verkündung amtlicher Bekanntmachungen „''Hört ihr Herrn und lasst euch sagen ...''“, den auch der Nachtwächter verwendete, in „Christen“ verändert wurde.<ref>so Stefan Ehrenpreis, Innsbruck in seinem Vortrag „Der Fürther Nachtwächterstreit und sein Kontext im 17. Jahrhundert“ anlässlich der Sommerakademie zur Geschichte der Juden im Hl. Röm. Reich und seinen Nachfolgestaaten, 22. Juli 2025; Lochner erwies sich damit auf Linie des Nürnberger Rates und seiner antijüdischen Haltung</ref> Da die Judenschaft zumindest seit 1658 (siehe oben) an der Finanzierung des Nachtwächters beteiligt waren, führte deren Protest<ref>in Fürth vorgetragen durch Moyses Ullmann und durch Gabriel, siehe Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], S. 102</ref> zu einer Anweisung des bambergischen Amtmanns, zum Sprachgebrauch „Herrn“ zurückzukehren.<ref>Der Presseartikel von Reinhard Kalb: „Zwist um den Fürther Nachwächter“ über den Vortrag von Stefan Ehrenpreis, anlässlich der Sommerakademie in Fürth, verwechselt den Sprachgebrauch und die Terminierung</ref> Nachdem der Domprobst sich hinter seinen Amtmann stellte, blieb der Protest der Christengemeinde erfolglos. Damit wurde aber eine Reihe antisemitischer Vorurteile losgetreten, die in vergleichbaren Konflikten ständig bemüht wurden.<ref>Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], S. 102 f.</ref> | ||
Im Adressbuch der Stadt Fürth von Adam Eger aus dem Jahr 1807 wurden drei gemeindliche '''Nachtwächter''' genannt: Spanner, Nagel, Herrmann. Somit beschäftigte die gerade zur Stadt 2. Klasse erhobene Gemeinde Fürth seit mind. 1807/08 sog. Nachtwächter. Im Jahr 1807 hießen laut dem Adressbuch der Stadt Fürth 1817 Spanner, Nagel, Schmelzer. | Im Adressbuch der Stadt Fürth von Adam Eger aus dem Jahr 1807 wurden drei gemeindliche '''Nachtwächter''' genannt: Spanner, Nagel, Herrmann. Somit beschäftigte die gerade zur Stadt 2. Klasse erhobene Gemeinde Fürth seit mind. 1807/08 sog. Nachtwächter. Im Jahr 1807 hießen laut dem Adressbuch der Stadt Fürth 1817 Spanner, Nagel, Schmelzer. „Vom 1. Januar 1822 an hörte das Ausrufen von Sentenzen und Bibelsprüchen durch die Nachtwächter auf.“<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)]], S. 235; dort Quellenverweis: „Pröls´sche Aufzeichnungen“</ref> | ||
Der Magistrat beschäftigte sich | Der Magistrat beschäftigte sich mit einem Gesuch der drei Nachtwächter vom 1. März 1817 für eine Zulage. In einer der darauffolgenden Sitzungen des Munizipalrats solle gnädig berücksichtigt werden, ihre kärgliche und kaum vor dem Hungertod mit ihren Familien bei den jetzigen harten Zeiten nicht hinreichende Besoldung (das jährliche fixe Gehalt von 68 Gulden und aus Sammlung an Neujahr ca. 50 Gulden) anzuheben. Das Gesuch wurde aber vor der Hand lediglich ad acta genommen [d. h. noch kein Beschluss gefasst].<ref>StA Fürth, Akten Nachtwächter - laut Recherchen [[Peter Frank]]</ref> | ||
==Nachtwächteranfrage 1839== | ==Nachtwächteranfrage 1839== | ||
1839 kam es zu einer ''Offenen Bittschrift der Markgrafengäßler'' wegen des bereits drei Jahre unterbliebenen Nachtwächterrufes. Dabei berief man sich auf die ''Schreiordnung'', wo ein Ruf am Brunnen<ref>offensichtlich gab es zu jener Zeit einen öffentlichen Brunnen im mittleren Teil der Gasse</ref> erfolgen sollte, der nächste dann in der Geleitsgasse am [[Geleitsgasse 7 (ehemals)|Wimmersberger´schen Hause]]. Zwischen den Häusern Markgrafengasse 12 und 14 gab es einen engen Durchgang | 1839 kam es zu einer ''Offenen Bittschrift der Markgrafengäßler'' wegen des bereits drei Jahre unterbliebenen Nachtwächterrufes. Dabei berief man sich auf die ''Schreiordnung'', wo ein Ruf am Brunnen<ref>offensichtlich gab es zu jener Zeit einen öffentlichen Brunnen im mittleren Teil der Gasse</ref> erfolgen sollte, der nächste dann in der Geleitsgasse am [[Geleitsgasse 7 (ehemals)|Wimmersberger´schen Hause]]. Zwischen den Häusern Markgrafengasse 12 und 14 gab es einen engen Durchgang – auch als Ratzengang bezeichnet – der südlich des [[Geleitsgasse 7 (ehemals)|Wimmersberger´schen Hauses]] endete.<ref>vgl. dazu auch [[Karte 1822]]</ref> In der Antwort wurde deutlich, dass es einerseits um die Frage der Bezahlung für die vier Nachtwächter ging, die offensichtlich freiwillig zu erfolgen hatte, andererseits um die Unsauberkeit in dem angesprochenen Gäßchen, die für die Nachtwächter eine Zumutung darstellten. Diese wollte man aber nicht durch Reinigungsmaßnahmen beseitigen, sondern vielmehr durch Warntafeln mit entsprechenden Strafandrohungen für etwaige Verschmutzungen.<ref>Allerdings sahen die Local-Polizeiverordnungen ein zweimaliges Kehren von Gassen in der Woche vor, nämlich Mittwoch und Samstag, und war bei Unterbleiben mit 30 Kreuzern Bußgeld belegt. Siehe [https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10372839?page=89 Taschen und Adreßhandbuch von Fürth 1819], S. 75; ebenso S. 76</ref> | ||
<gallery caption="Nachtwächter-Anfrage 1839" perrow="2" > | <gallery caption="Nachtwächter-Anfrage 1839" perrow="2" > | ||