Rafael Warszawski
- Person
- Rafael Warszawski
- Vorname
- Rafael
- Nachname
- Warszawski
- Geschlecht
- männlich
- Geburtsdatum
- 11. Oktober 1911
- Geburtsort
- Fürth
- Todesdatum
- 13. Mai 1984
- Todesort
- Israel
- Beruf
- Lehrer
- Religion
- jüdisch
Rafael Warszawski (geb. 11. Oktober 1911 in Fürth; gest. 31. Mai 1984 in Israel), Sohn des Rabbiners und Religionslehrers Elasar Ludwig Warszawski und dessen Ehefrau Elise, geb. Gutmann war Lehrer.
Leben[1]
Rafael Warszawski wurde im September 1918 in der Israelitischen Realschule Fürth - auch "Höhere Bürgerschule in Fürth" - eingeschult. Schulanfänger lernten dort zunächst in den Volksschulklassen. Bis 1927 besuchte Rafael die Israelitische Realschule und die Volkshochschule in Nürnberg, wo er romanische Sprachen, insbesondere Französisch, Spanisch und Italienisch studierte. Am 1. November 1927 begann er eine kaufmännische Ausbildung bei der Metallwaren-Exportfirma B. Wolff und Co. in Nürnberg. Bis Juli 1933 war er dort kaufmännischer Angestellter. Er wurde als Korrespondent für Fremdsprachen und Leiter der Einkaufsabteilung eingesetzt. Ehrenamtlich war er im Vorstand der jüdischen Jugendgruppe Fürth tätig. Nachdem seine Wohnung durchsucht worden war, floh Warszawski nach Palästina.
Am 4. August 1933 wanderte er illegal in das palästinensische Mandatsgebiet ein - er konnte die für eine legale Einwanderung geforderte Gebühr nicht aufbringen. Die ersten Jahre schlug er sich mit verschiedenen Arbeiten durch, als Kleingewerbetreibender (1936-1939), Vertreter der Firma PALDAG (1940-1942) und als Produzent von Süßigkeiten (1943-1949). Er machte in Israel das Abitur und absolvierte eine Ausbildung zum Hebräisch- und Religionslehrer, die er 1951 mit Abschlussprüfung beendete. Von 1. August 1948 bis 6. Februar 1949 musste er Militärdienst (Hilfsdienst in der Küche) leisten. Ab 1950 arbeitete er als Lehrer, auch in Jerusalem. 1953/54 war er an der Hebrew University in Jerusalem eingeschrieben. Im September 1955 kehrte er nach Deutschland zurück, zunächst nach Fürth, wo er als Religionslehrer tätig wurde. Bis Ende Februar 1956 bezog er in Fürth ein Gehalt von 500,- DM. Dann wechselte er nach Stuttgart, dort verdiente er ab 1. März 1956 dann 850,- und ab 1. September 1957 1000,-DM. In Stuttgart wohnte Rafael Warszawski zuerst in der Hospitalstraße 29 (Hotel Astoria) und ab 2. Januar 1957 in der Hospitalstraße 36 (Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg). Am 28. Juli 1959 meldet Warszawski sich aus Stuttgart ab, auf der Meldekarte ist „verzogen nach Jerusalem“ vermerkt. Aus den Entschädigungsunterlagen geht hervor, dass Warszawski vorhatte, Ende August 1959 die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen.
Möglicherweise ist er Ende 1959 bis 1960 in Israel gewesen, zeitlich würde dies zusammenpassen mit seinem Engagement für Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in Israel. Ab 1961 (Beginn der Krankenversicherung) oder spätestens 1962 ist er jedoch nach Deutschland zurückgekehrt und lebt in München, Schleißheimerstraße 84.
Beim Wiedergutmachungsamt beantragte Warszawski einen Aufbaukredit sowie Entschädigung von körperlichen Schäden, für die er das Klima in Israel und die stehende Tätigkeit als Lehrer verantwortlich machte. Er litt seit 1935/36 unter einer Struma (Vergrößerung der Schilddrüse) mit Ermüdungserscheinungen und seit 1937 an Krampfadern an den Knöcheln, die ihm beim Gehen und bei geringstem Anstoßen Beschwerden bereiteten. Er leide auch an stärker werdenden Krämpfen (gemeint sind wahrscheinlich Wadenkrämpfe, die bei starken Krampfadern vorkommen können). 1962 gibt Warszawski an, dass er in den heißen Stunden des Tages arbeitsunfähig gewesen sei. In Israel sei er in ärztlicher Behandlung gewesen, 1962 in München nicht mehr. Beide Anträge wurden abgelehnt. Möglicherweise waren seine gesundheitlichen Probleme der Grund, weshalb er zwar vorübergehend, aber doch für mehrere Jahre, nach Deutschland zurückkehrte.
Rafael Warszawski engagierte sich für die „World Union for the Propagation of Judaism“, eine Organisation, die 1955 gegründet wurde und ihren Sitz in Tel Aviv hatte. 1960 gab Rafael Warszawski als Vertreter dieser Organisation den entscheidenden Anstoß zur Gründung der Israel-Arbeit des deutschen Freiwilligendienstes Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Wie Gabriele Kammerer beschreibt, ging die Idee des Gründers von Aktion Sühnezeichen, Lothar Kreyßig, in Jerusalem ein Haus der Begegnung zu eröffnen, auf Warszawskis Initiative zurück. Warszawski, der zu dieser Zeit selbst an eine Rückkehr nach Israel dachte, und dessen Frau dort lebte, setzte sich für zu dieser Zeit noch sehr schwierige Kontaktaufnahme zwischen deutschen und israelischen Stellen ein. Mit Unterstützung der „World Union“ warben Warszawski und andere Unterstützer bei den staatlichen Stellen in Israel für eine wohlwollende Haltung gegenüber der Initiative von Aktion Sühnezeichen. Für das konfessionsübergreifend gedachte Begegnungszentrum mit protestantischen, katholischen und jüdischen Partnern war es noch zu früh. Auch vor dem Hintergrund der komplexen politischen Lage musste die Idee eines Zentrums in Jerusalem zurückgestellt werden. Stattdessen sollten deutsche Jugendliche als "Sühnezeichen" zur praktischen Arbeit nach Israel fahren. Rafael Warszawski und die Israelin Suse Goldschmidt suchten gemeinsam nach Kibbuzim, die bereit waren, deutsche Jugendliche für einige Zeit bei sich aufzunehmen. Das Israelische Außenministerium signalisierte Interesse, aber als der Adolf-Eichmann-Prozess begann, wurde die erste, fürs Frühjahr 1961 geplante Reise abgesagt. Schließlich durfte die ursprüngliche Gruppe doch in den Kibbuz Urim im Negev fahren. So war Warszawski ein entscheidender Wegbereiter des vielleicht wichtigsten Standbeins der Arbeit von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Er half der deutschen Organisation und ihren israelischen Partnern dabei, einen ersten Schritt auf dem schwierigen und schmerzhaften Weg der Kontaktaufnahme zu gehen. Eine Annäherung, die seit fast 60 Jahren bis heute (2018) nicht selbstverständlich, aber umso wichtiger für die gegenseitigen Beziehungen der beiden Länder ist.
Im Wintersemester 1963 begann Warszawski ein Promotions-Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München: Semitistik und Philologie. Gleichzeitig arbeitete er als Religionslehrer der Israelitischen Kultusgemeinde in der Reichenbachstraße. Drei weitere Entschädigungsanträge (Schaden an Eigentum und Vermögen und Schaden im beruflichen Fortkommen und Ausbildungsschaden) endeten mit einem Vergleich. Rafael Warszawski lebte in München in der Schleißheimerstraße 84. Er wurde im Telefonbuch bis 1978 an dieser Adresse als Religionslehrer geführt.
Rafael Warszawski war mit Atara (laut ancestry-Stammbaum Atara Prague, laut Bescheinigung von Thea Nathan vom 15. Dezember 1954, LEA BEG 20294 Atara, geb. ?ager) verheiratet und hatte drei in Palästina, bzw. Israel, geborene Kinder: ein Mädchen (geb. 1938) und die beiden Söhne, Elazar (geb. 1940) und Aron (geb. 13.12.1946). Elazar studierte in München an der Technischen Hochschule und wurde bis 1974 im Münchner Telefonbuch als Diplomingenieur geführt.