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Gedanken zur Denkmalpflege in Fürth Es ist wohl nicht zuletzt der Verdienst der Denkmalpflege, daß durch die Aufstellung der vielgeschmähten DenkmalListe, durch die Erläuterung der Ensembles und der archi­ tektonischen Stadtentwicklung durch Heinrich Habel, einem größeren Publikum und auch vielen Fürthern be­ wußt wurde, daß diese Stadt doch wohl einen bensonderen Rang besitzt. Es gibt wohl mehrere Gründe für diese Ent­ wicklung:

Zum einen gehört Fürth zu den wenigen Städten, die den Krieg relativ unversehrt überstanden haben und somit das gewachsene Stadtbild bewahren konnten, zum anderen ist die Wertschätzung der Baukunst des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die in Fürth besondere Ausprägung besitzt, erst im letzten Jahrzehnt allgemein geworden. Die besondere Individualität Fürths liegt wohl in der geschichtlich-politischen Prägung der Stadt, die niemals mittelalterlich befestigt war: Es bestand hier keine Not­ wendigkeit, innerhalb der eingrenzenden Mauern die Entwicklung der Baukunst zu vollziehen und dabei die früheren zu überlagern. Die Stadt Fürth konnte, zwielbeiringartig, sich frei aus dem Kern entwickeln, immer neue Straßenzüge ansetzen, jeweils nach den neuesten Regeln der Baukunst errichtet. Es fehlen in Fürth weitgehend die in anderen Städten oft harten und störenden Nachbar­ schaften von Bauten sehr unterschiedlicher Ausprägung, es fehlen die großen und gewaltsamen Maßstabsein­ brüche; es fehlt aber auch ein ausgesprochenes Zentrum; die »Altstadt» mit ihren verschwommenen Grenzen konnte sich hier nicht zur »City« entwicklen, sie blieb gleichsam am Rande der Entwicklung stehen. Wir verdanken dieser geschichtlich bedingten Eigenart Fürth eine Erhaltung geschlossener historischer Quartiere, wie sie in Bayern und in Deutschland einmalig ist: Das Fürth des 17. Jhts. um St. Michael, die »bambergische« Erweiterung entlang der Königstraße, die planmäßigen barocken Bebauungen um die Bäumen- und in der Alexanderstraße, die klassizistischen Palais am Hall platz, die strenge spätklassizistische Monumentalität der Friedrich­ straße und so fort, Straße um Straße bis tief in die Süd­ stadt hinein.

Oberstes Ziel der Arbeit der Denkmalpflege in Fürth muß es sein, diese unvergleichliche Fülle an bürgerlicher Wohn­ architektur zu erhalten, in ihrer originellen Substanz oder wenigstens in ihrer städtebaulichen Ausprägung.

Es wäre allerdings falsch anzunehmen, diese Aufgabe könnte und müßte vom Denkmalpfleger allein übernom­ men werden. Er kann zwar Anstöße geben, Richtungen weisen, Korrekturen versuchen. Das Ziel einer Stadt­ erhaltung in so großem Umfang ist nur erreichbar auf der Basis des Konsenses breiter Bevölkerungsteile, mit dem Wohlwollen der kommunalen Politiker, mit dem Interesse der betroffenen Hauseigentümer, mit der Kompetenz und dem Engagement der örtlichen Behörden, mit einem all­ gemein historischen Bewußtsein. Der »Den km al pf leger aus München« kann nur ein kleines Rädchen in diesem Getriebe sein, manchmal ist er wohl nur Sand in dem­ selben... Beschränkt auf den ältesten Stadtkern in Fürth, hat die Bürgervereinigung »Altstadt Fürth St. Michael« eine über­ aus wichtige Aufgabe übernommen. Sie kann als örtlich wirksame Instanz Hauseigentümer motivieren, sie kann in der Öffentlichkeit mahnend wirken und sie mag Kritik üben, die in ihrer pointierten Härte die Verantwortlichen aufrüttelt. Die Vereinigung kann andererseits ausglei­ chend wirken und ihre speziellen und persönlichen Kenntnisse und Informationen in einen Entscheidungs­ prozeß einbringen, was in Fürth besonders wichtig ist, da die Stelle eines Stadtheimatpflegers seit Jahren un­ besetzt ist.

In mehr schlaglichtartiger Auswahl soll im folgenden über die Aufgaben und Probleme der Denkmalpfleger in Fürth berichtet werden.

Bekanntlich ersetzt die Aufstellung der Denkmalliste, also die Erfassung der Denkmäler, eine ausführliche Inventa­ risation bei weitem nicht. Bei jeder Ortbesichtigung wird versucht, die Fülle der Information, die ein altes Haus birgt, schriftlich niederzu legen; dies mag einer späteren For­

schungsarbeit dienen. Dabei spielt die Datierung des Gebäudes und der vorgefundenen Ausbauten eine wich­ tige Rolle. Im Gegensatz zu anderen Städten ist sie in Fürth recht ganau, wohl auch deshalb, weil die Stadt über ein sehr vollständiges Bauarchiv verfügt, zumindest was die Zeit etwa ab 1800 betrifft. Dennoch konnte zum Beispiel festgestellt werden, daß das Haus Königstraße 33 nicht aus der 2. Hälfte des 19. Jhs. stammt, wie die Fassade suggeriert, sondern ein Bau des 17. Jhs. ist. Das älteste bisher festgestellte Gebäude im Altstadtviertel dürfte das Giebelhaus Schrödershof 2 sein, die überblatteten Holz­ verbindungen im Dach werk lassen eine Datierung ins 16. Jh. zu.

Solche Beobachtungen müßten durch intensive Baufor­ schungstätigkeit vertieft werden. Leider fehlen im Landes­ amt für Denkmalpflege ausreichendes Personal bzw. Mittel, um entsprechend ausgebildete freie Architekten mit solchen Forschungen zu beauftragen. Dies kann nur in Ausnahmefällen geschehen; so konnte die Denkmalpflege erreichen, daß die leider abgebrochenen barocken Häuser Alexanders! raße 11,21,23 und 25 genau auf gemessen und untersucht worden sind. Es konnte festgestellt werden, daß den sehr einheitlichen Fassaden ebenso einheitliche Grundrißstrukturen entsprechen, mit 2-3 Zimmerwohnun­ gen, die vom Treppenhaus über die Küche erschlossen waren. Es besteht die Hoffnung, daß die gewonnenen Erkenntnisse auch veröffentlicht werden. Das gleiche Ar­ chitektenteam, das in der Alexanderstraße tätig war, wird in Kürze auch mit dem Aufmaß der hofumschließenden Rückgebäude der »Weißen Rose» beginnen, hier aber mit der Hoffnung, Wege aufzuzeigen, die Bauten zu erhalten. In diesem Zusammenhang muß festgestellt werden, daß eine möglichst gründliche Voruntersuchung in Form von genauen Aufmaßplänen und Befunduntersuchungen unverzichtbare Voraussetzung der Instandsetzung eines historischen Hauses sein sollte, eine Erkenntnis, die leider nicht allgemein ist. So wie die intensive Entwurtsarbeit des Architekten entscheidend für die Qualität eines Neu­ baus ist, zeigt nur ein exaktes Aufmaß verbindlich die statische Struktur. Die ursprüngliche Grundrißanordnung zeigt die Störung und ist somit der Ansatz jeglicher denk­ malpflegerisch, funktional und wirtschaftlich sinnvollen Veränderung. Zu spät angesetzt, ist die Forderung nach solchen Voruntersuchungen öfters schon Anlaß zu Span­ nungen zwischen Hauseigentümern und Landesamt ge­ wesen. Andererseits sind die Erfolge bei gründlich ge­ planten Instandsetzungen unübersehbar, so bei dem Bau­ komplex Marktplatz 7-9, beim Umbau der Häuser Gustavstraße 54, Schindelgasse 13, Gustavstraße 17 und 59 und hoffentlich auch bei der geplanten Instandsetzung des »Roten Ross« Waagstraße 1 Die Forderungen der Denk­ malpflege werden dabei immer auf möglichst vollständige Erhaltung der konstruktiven und grundrißlichen Strukturren lauten und auf Erhaltung der historischen Ausbaude­ tails, wie Treppen, Türen, Schaufensteranlagen, Fußbö­ den, bis hin zu Putzen und Fenstern. Dies schließt nicht aus, daß moderne Installationen eingebaut werden und schließt auch nicht Kompromisse aus, die von Fall zu Fall ausgehandelt werden müssen. Die Erfüllung der Forder­ ung der Denkmalpflege hängt aber nicht zuletzt von der Feinfühligkeit des Architekten und vom Können der be­ teiligten Handwerker ab. Die Forderung nach möglichst vollständiger Erhaltung der historischen Bausubstanz ist wichtig, wenn man das historische Gebäude nicht nur als romantisches Versatzstück betrachtet, als Kulisse, son­ dern als Träger historischer Information. Dazu muß man wissen, daß frühere Bauherrn und Baumeister wesentlich sparsamer waren, weniger versessen auf gründliche Er­ neuerung, als wir es heute sind. Da alte Erneuerungs­ arbeiten mit gleichen handwerklichen Mitteln und glei­ chen Baustoffen durchgeführt wurden, die miteinander verträglich waren, wurden die älteren Bauteile, wenn sie nicht im Wege waren, am Ort belassen: Putze und Farb­ schichten aus allen Instandsetzungsphasen, Türen und Fußböden, Fenster in Nebenräumen und dergleichen.

Altstadt-Bläddla 17/84 7