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Bürgervereinigung Altstadtviertel St. Michael e.V.

«0ail6flC6Cl)tC()fC • 4 Die Freibank Es ist schwer die Historie über ein Gebäude zu ver­ fassen, das über viele Jahrhunderte das Schattenda­ sein eines Stadels gefristet hat. Wahrscheinlich gehört „die Freibank“ als Bestandteil des Roßwirtshof, dem damaligen Kressenhof, zu den ersten Gebäuden eines fränkischen Hofgevierts an der Geburtsstätte Fürths. Diesem Hof kommt in einer Niederschrift aus dem Jahre 1476größte Bedeutung zu. Wenn es darin heißt „vor alters“, so kann man von einerZeitspanne in der damaligen Zeit zwischen 300 bis 500 Jahren ausge­ hen. Das würde bedeuten, daß dieser Stadel etwa aus der Zeit um 1000 bis 1150 stammt. Er könnte so­ mit bereits Teil des „Kaiserlichen Palasts“ dem Pala­ tio regio“ gewesen sein, in dem der Eigenherr oder der Bischof bewirtet wurde. Auch dieser Besitz fiel im Brandjahr 1634 den Flam­ men zum Opfer. Gerettet wurden Dokumente über den Kressen hof Waagstraße 1. Er war darin Eyb’sches Mannlehen. Nachdem das Geschlecht derer von Eyb ein „uraltes“ ist, kann man davon ausgehen, daß die Belehnung vielleicht schon vor das Jahr 1000 zurückzuführen ist. Gehen wir auf die Verwendung dieses Stadels ein: Er lag im Mittelpunkt der drei Einfahrten zum Kressen­ hof: zwei von der Königsstraße und einer von der GustafStraße her. Es ist deshalb anzunehmen, daß er als Wagenschuppen (Remise) und Einstellplatz von Bewirtschaftsgerätschaften des nicht unbeacht­ lichen „Gütleins“ des Kressenhofes benutzt wurde. Als Endres Heinickel 1559 das Eyb’sche Mannlehen kaufte, waren es „25 morgen Veit, 6 tagwerck Wiesen und ein dazugehörig Weinberg“. Wichtiger Bestandteil des Hofes mußte dieser Stadel immer gewesen sein, denn nach dem Brand im Dreißigjährigen Krieg kaufte 1637 Arnold Hanemann eine „abgeprante Schenkstatt zu Fürth, darauf der­ zeit ein Neu gebauter Stadel, eine Schmidten und Brunenhäuslein steht“. Machen wir einige Jahrhundertschritte nach vorne: Der Stadel des Rößleinshofes“ gewinnt zusehends an Bedeutung. Er wird 1907 „Städtische Freibank“ Diese war noch bis 1892 im Rathaus angesiedelt und zog dann in das jetzige Feuerwehrdepot am Helm­ platz um, bis sie letztendlich auf dem Waagplatz für Jahrzehnte installiert wurde: 6

Altstadtbläddla 25/89

Zwei Weltkriegen und der darauffolgenden Aufbau­ zeit hat sie standgehalten. Welche menschliche Schicksale, geprägt von Hunger und Armut, mag sie miterlebt haben? Besonders nach dem Ende des Krieges 1945 standen oft bereits gegen drei Uhr nachts Menschenschlangen vor der Freibank, um etwas Fleisch für die ohnedies magere Suppe zu erhaschen. Schlimm war es dann, wenn man nach stundenlanger Wartezeit vor dem Schild „Ausverkauft“ unverrichteter Dinge abziehen mußte. Durch Stadtratsbeschluß wurde die sogenannte „Kunden­ einschreibung“ veranlaßt: Durch Nummernaufruf war jedenfalls jetzt gewährleistet, daß niemand mehr vergebens „Schlange" stehen mußte. Verkauft wurde Fleisch, das der Schlachthof bei der amtlichen Fleischbeschau als nur „bedingt tauglich und minderwertig“ abstempelte. Dabei war dieses Fleisch genauso genießbar wie das „vollwertige“ - es hatte jedoch den entscheidenden Vorteil, daß es nur die Hälfte kostete. Über mangelnde Kundschaft - die heute noch lebt - hatte die Freibank seit ihres Beste­ hens nie zu klagen. Nach dem Kauf des alten „Kreßschen Stadels“ durch die Bürgervereinigung Alt Stadt viertel St. Michael soll nach bereits vollendeter Renovierung ein Klein­ kunstzentrum, eine Begegnungsstätte im Herzen der Altstadt entstehen. Der chronistische Dornröschen­ schlaf dürfte nun für dieses altehrwürdige Gebäude vorbei sein. G.W.