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Altstadtverein _______ Fürth stützen: In der Magistratssitzung vom 16. Dezember 1880 gab Bürgermeister Langhans die Er­ klärung ab, daß er „diese freche Zumuthung, für diese Petition thätigzusein, mit aller Entschie­ denheit und Entrüstung zurück­ weise“. Das gesamte Magistratskollegium erhob sich zum Zeichen der Zustimmung von den Sitzen. 1893 kandidierte in Fürth zur Reichstagswahl eine Gruppe, die sich „Antisemiten“ nannte. Ihr aus Fürth stammender Bewerber erhielt in unserer Stadt lediglich 0,6 % der Stimmen. Eine Fußnote der Geschichte sei erlaubt: Die ersten Juden, mit denen Hitler ab 1900 in Berüh­ rung kam, waren Fürther Juden. Die ca. 600 Juden in Linz stammten nämlich ganz über­ wiegend aus Fürth oder aus Böh­ men. Hitler war allerdings, nach allem was man weiß, vor dem Ersten Weltkrieg kein Antisemit. Hitler wurde im Krieg von einem jüdischen Mitbürger - Leutnant und Regimentsadjutant Hugo Gutmann aus Nürnberg - für das Eiserne Kreuz Erster Klasse vor­ geschlagen, das am 4. August 1918 verliehen wurde. Schwer denkbar, daß Hitler seinem jüdi­ schen Vorgesetzten zuvor als exponierter Antisemit aufgefallen war. Aber schon in einer am 13.8.1920 von einem Polizeibe­ amten mitgeschriebenen Rede kündigte Hitler - noch nahezu unbekannt - den von ihm beab­ sichtigten Völkermord an. Wie ist das zu erklären? Manfred Bendit zwischen seinen Schwestern Hilde Bendit Neuburger und Bettina Bendit Weinberg. Der 16jäbrige Manfred

Bendit war 1914 der jüngste Fürther Träger des Eisernen Kreuzes. Repro: Jüdisches Museum Franken, Fürth.

gegen Einführung der konfessio­ nell-gemischten Schulen, von 577 stimmberechtigten Katholi­ ken 283 dafür und 130 dage­ gen, von 624 stimmberechtigten Juden 411 dafür, niemand da­ gegen. Die Regierung versagte jedoch wegen zu geringer Teil­ nahme der Einwohner an der Wahl ihre Genehmigung. Nach der Reichsgründung und der weitgehenden rechtlichen Gleichstellung der Juden ent­ stand die konfessionell-ge ­ mischte Volksschule dann doch,

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woraufhin sich die Stadt Fürth 1876 darum bemühte, die An­ stellung von jüdischen Lehrern zu erreichen, was jedoch vom Kultusministerium abgelehnt wurde. Bei den Wahlen spielte es an­ scheinend keine größere Rolle mehr, ob man Jude war oder nicht. Im November 1869 wur­ de der Arzt Dr. Samson Land­ mann (als „Demokrat“) in das Gemeindekollegium gewählt, wurde dessen 1. Vorsitzender und blieb dies bis zu seinem

Ausscheiden 1891. Im Jahre 1887 erhielt er beispielsweise von 3039 abgegebenen Stimmen 3016 (dies entspricht einem rela­ tiven Stimmenanleil von 99 %).

Antisemitismus? Dem Vorstand des Magistrats war 1880 eine „AntisemitenAdresse“ aus Berlin mit dem Er­ suchen zugegangen, im Sinne der Petition tätig zu werden und sie mit Unterschriften zu unter-

„Augusterlebnis“ Am 20. August 1914 veröffent­ lichten die isrealitischen Einwoh­ ner Fürths, die russischer Staats­ angehörigkeit waren, folgende Stellungnahme: „Wir fühlen uns dem gesamten deutschen Staat, dem Bayernlande und ganz be­ sonders der Stadt Fürth, ihrer verehrlichen Bürgerschaft und der hochwohllöblichen Verwal­ tung zu tiefsinnigstem Dank ver­ pflichtet. Was unser Geburtsland bis auf den heutigen Tag in bru­ talster Weise versagte, fanden