Altstadtverein ________ Fürth
Dem Völkermord entronnen Ec kannte mich nicht, aber ich kenne ihn seil 20 Jahren. Er hat sich in dieser Zeit kaum verändert: Immer gepflegt und mit Hut, schleppender Schritt, hager, einen Schatten Angst im Gesicht. Arno Habedank ging durch die Hölle und konnte danach nicht mehr richtig Tritt fassen, wen verwundert's. Er wurde 1930 in Ostpreußen nahe Tilsit ge boren. Im Alter von 11 Jahren kam er in ein KZ nahe Nemersdorf, getrennt von Eltern und Geschwistern, von denen er später nie wieder etwas hörte. „Dachau, Buchenwald, Auschwitz“, vermutet er. Er selbst bekam gleich nach der Einweisung Typhus. 150 Gramm Brot und Wassersup pe waren die Tagesration. Bald kam er in das „Spritzen haus“, wohl so genannt, weil dort mit Todesspritzen die Kranken „erlöst" wurden. Arno Habedank wurde zwar nicht zu Tode gespritzt, aber Naziärzte nahmen einige „medizini sche“ Eingriffe an ihm vor, die bleibende Verstümmelungen zur Folge hatten. „Diese schreckliche Zeil, diese Qual kann man nicht beschreiben". Nach einem Fliegerangriff auf das Lager entkam er und ver steckte sich, bis die Russen in dem Gebiet einrückten. Die Russen mißhandelten den Ju gendlichen wieder: „Für die russischen Soldaten war ich auch nur ein Zigeuner, noch dazu ein deutscher Zigeuner“. Arno Habedank floh über Ru mänien und Ungarn nach Wien. Der Zufall verschlug ihn dann nach Fürth, wo er nun seit 35 Jahren lebt. Entschädigungen wurden ihm lange Zeit verwehrt, die Ge richte sahen keinen Grund hierfür. Erst 45 Jahre nach Kriegsende erhielt er dann eine Entschädigung. Aber durch seine starken Behinde rungen, die hauptsächlich aus
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dem KZ-Autenthall herführen, konnte er beruflich nicht mehr Fuß fassen und die Entschädi gung nicht gewinnbringend verwerten, sie mußte für den Lebensunterhalt herhalten. Heute lebt Arno Habedank von 170 Mark in der Woche. Ab gesehen von einer kleinen aber gepflegten Wohnung ist sein einziger Luxus gelegent lich eine Tasse Kaffee beim „Der Beck“ in der Königstraße, vor der er dann meist gut 2 Stunden hockt. „Jetzt wird so viel von Entschädigungen für Zwangsarbeiter geredet. Ich konnte im Lager nicht arbei ten, ich hatte gleich Typhus. Aber vielleicht ist für mich auch noch was möglich“. Prinzip Hoffnung.
Alexander Mayer
Oie Erinnerung bleibt: Amo Habedank. Foto: A Mayer
KZ Auschwitz. In der Eingangshalle der Gedenkstätte liegt in einer Vitrine ein Eintieferungsbuch aus. Auf der aufgeschla genen Seite mit ca. 40 Namen konnte ich (A. Mayer) unter der Rubrik „Herkunft' zweimal den Eintrag ,Fürth~ lesen. Dies beeindruckte mich so. daß ich im Januar 1994 beim damaligen Oberbürgermeister Lichtenberg anregte, eine Partner schaft mit der Stadt Oswiecim (Auschwitz) anzustreben, die von Struktur und Größe ganz gut zu Fürth paßt. Eine Antwort habe ich nie erhalten. Ich verfolgte die Idee dann nicht weiter, da unser Fürth mit einer solchen Partnerschaft ■ die welt weit Aufsehen erregen würde ■ wohl doch überfordert wäre. Foto: A Mayer.