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Altscadtverein Fürth ________
Das Abschiedsinterview: Bernhard Purin Das verflixte siebte Jahr brach te die Trennung, ein Museums leiter mit Protil und internatio nalem Renommee verläßt Fürth. Kürzlich sagte mir je mand in einer kleinen Land kreisgemeinde: „Das ist doch typisch und blamabel für Fürth: Ihr seid froh, wenn ihr ihn los habt. in München wird er mit offenen Armen empfangen". Nun, „wir“ sind über diesen Verlust keineswegs froh, viel leicht ist es in Fürth wieder be quemer ohne ihn, aber sicher lich nicht besser Letztendlich war ich überrascht, wie lange Bernhard Purin bei uns aus harrte, denn Fürth ist ja ganz nett, nur wir Fürther... Altstadtbläddla: Sie haben gestern (13.11 02} gekündigt, am 1. März fangen Sie in Mün chen an Wie geht es weiter mit dem Jüdischen Museum in Fürth? Purin: Die finanzielle Situation ist sehr ernst. Der Bezirk will im Gegensatz zur Stadt Fürth beim Museum 20 % einsparen. Durch lineare Kürzungen wer den diejenigen kulturellen Ein richtungen des Bezirks beson ders getroffen, die sowieso we nig haben. Wenn diese Kürzun gen durchgehen, hat dies eine Abstufung zur Folge, sprich: weniger Ausstellungen, weni ger Aktivitäten, weniger For schung, weniger Besucher. Die Geldgeber müssen sich fragen, inwieweit sie zur Einrichtung stehen. Die angekündigten Kür zungen würden dramatische Einschnitte zur Folge haben. Die Stadt Fürth steht zu ihren Verpflichtungen, kann aber nicht für die anderen einsprin gen. Altstadtbläddla: Was sagen Sie zu dem Spruch „Fürth zieht nicht an. hält aber fest“? Purin: Ich gehe mit zwiespälti gen Gefühlen. Einerseits habe ich in Fürth Dinge erlebt, die ich
nie wieder erle ben möchte und die ich an deren nicht wünsche. An dererseits ha ben sich sehr viele Fürther im Förderverein, aber auch weit darüber hinaus für das Muse um engagiert, es hat sich ein doch erstaun lich grober Kreis von Inter essenten um das Museum Bernhard Purin verläßt Ende Februar 2003 Fürth: „Ich gehe mit zwiespältigen Gefühlen...' Foto: A. geschart. Das Mayer macht den Weggang schon schwer. von einem Geschichtsbild aus, Ausstellung von Anna Adam ge das nicht zu halten ist Wenn es zeigt, die deutlich mehr zuge Altstadtbläddla: Wie schätzen so wäre, warum hatte der Holo spitzt ist als das. was in Fürth Sie das kulturelle Klima in Fürth caust im toleranten Fürth den gezeigt wurde. Die Anna Adam gleichen Ausmaß wie in ande Ausstellung in Berlin wurde von ein? Andreas Nachama eröffnet, der Purin: Ich habe ein Gefühl der ren Orten. früher Vorsitzender der Jüdi Enge in vielen Bereichen, die Aufgeschlossenheit für Neues Altstadtbläddla: Hat das Mu schen Gemeinde war und in ist nicht weit verbreitet. Fürth seum bewußt Tabus gebro Berlin als Rabbiner tätig ist. hat für seine Größe sehr wenige chen? kulturelle Einrichtungen. Die ge Purin: Wir sind im Museum im Altstadtbläddla: Sind die Strei messen an der Einwohnerzahl Rahmen dessen geblieben, was tigkeiten um Ausstellungen wie kleineren Städte Bamberg und für Jüdische Museen in Europa jene von Anna Adam nicht ein Bayreuth haben 14 beziehungs mögliche Formen sind. Es gibt Reflex der Probleme für Juden, weise 20 Museen, Fürth nur eine kleine Gruppe von Men in Deutschland eine klare Identi zweieinhalb. schen. die nicht tolerieren kön tät auszubilden, spielen hier Ge nen, daß man sich mit jüdischer nerationskonflikte eine Rolle? Altstadtbläddla: Wie sehen Geschichte in einer anderen Purin: Die Ausstellung „Fein Sie die Verbindung von Kultur Weise auseinandersefzen kann, kost Adam“ war Teamwork zwi und Politik in bezug auf das Jü wie sie sich das vorstellen. Wir schen Anna Adam und mir. Wir haben nichts gemacht, was hatten die gleiche Grundidee: In dische Museum? Purin: Kultur soll Fragen stellen, Grenzen überschreiten würde. wenigen Jahren leben die letz ein Museum sollte ein Ort der Der Film „Jud Süß" wurde bei ten Augenzeugen der Shoa nicht fortwährenden Auseinanderset spielsweise im Haus der Jüdi mehr. Wie wird dann die Erinne zung sein. Die Politik sah im schen Gemeinde in München rung an das Geschehene wei Museum eher ein Instrument, und im Jüdischen Museum in tergetragen werden? Die bisher die jüdische Geschichte abzuha Frankfurt gezeigt. Niemand hat üblichen Formen der Gedenk ken. In Fürth hat sich nach dem Anstoß genommen. Hier in kultur waren für ihre Zeit richtig. Krieg ein offizielles Geschichts Fürth wird das zu einem Skan Aber auch jüngere Juden und bild entwickelt, das beispiels dal hochstilisiert, hier finden Nichtjuden müssen die Möglich Kampagnen einen keit und das Recht haben, selbst weise eine „sprichwörtliche To solche leranz“ in Fürth auszumachen fruchtbaren Boden. Oder neh zu entscheiden, wie sie die Erin glaubt. Abgesehen davon, daß men wir Anna Adam. Die jüdi nerung bearbeiten. Eine Ent ich selbst bei meiner Arbeit von sche Gemeinde Berlin hat krampfung tut not. Gedenkritua dieser Toleranz nicht viel spüren jüngst bei den jüdischen Kultur le bergen in sich die Gefahr, in konnte, geht dieses Schlagwort wochen in der Hauptstadt eine Schablonen zu erstarren. 15