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Aus: Fürth 1971 - Fürther Geschichtswerkstatt - Bearbeitet von Gert Kuntermann - Gekürzt von Bernd Jesussek für FürthWiki – 5.1.2025 Samstag, 2. Januar 1971 Schnee und Unwettern. In Weiden in der Oberpfalz wurden in der Silvesternacht minus 28 Grad gemessen. Bei minus 15 Grad tiefgekühlt, leicht vom Schnee überrieselt und von einem fulminanten Feuerwerk wie selten zuvor illuminiert, begrüßten die Fürther Bürger das Jahr 1971. Schlag zwölf öffneten sich in der Kleeblattstadt Türen und Fenster, um das Schauspiel der Feuerwerke nicht zu verpassen. Leider ließ es sich nicht vermeiden, dass auch in der Nacht des Jahreswechsels betrunkene Autofahrer und „Schnaps-Bier-Wein-Sekt-Leichen“ Polizei und Krankenhauspersonal diesmal überdurchschnittlich beschäftigten. Die drei katholischen Fürther Pfarreien „Zu Unserer Lieben Frau“, „Christkönig“ und „St. Heinrich“ sandten wieder ihre Sternsinger aus, um bei Fürther Familien zu singen und Gaben einzusammeln. Die eine Hälfte der Spenden floss in Projekte nach Bolivien, die andere nach Tansania. In Anzeigen wurden die „Quelle-Kunden“ darauf aufmerksam gemacht, dass die Quelle-Kaufhäuser in Nürnberg, Fürth, Hersbruck, Ansbach und Erlangen wegen Inventurarbeiten erst am 4. Januar ab 14 Uhr wieder öffneten. Für viele Kunden damals eine kleine Katastrophe, drückten sie regelmäßig doch täglich ab neun Uhr schon gegen die Eingangstüren. Montag, 4. Januar 1971 Fürth erinnerte in diesen Tagen an Sibirien. Zum geflügelten Wort wurde „Der Karrn will net anspringen!“ Ein Königreich für eine geladene Autobatterie. In den einschlägigen Kfz-Werkstätten herrschte Alarmstufe I. Auf den wenigen Rodelstrecken im Stadtgebiet ebenfalls Hochbetrieb. Am Idiotenhügel am Ende der Hirschenstraße („Gasberg“) ging es zu wie in St. Moritz. Der Fürther Hotel- und Gaststättenverband erinnerte den Stadtrat jetzt zum wiederholten Male an seine Zusage zur Abschaffung der Getränkesteuer. Die Fürther Stadtväter hatten als eine der letzten Städte Bayerns den Verzicht auf diese Bagatellsteuer beschlossen – aber ab welchem Zeitpunkt blieb ungenannt. Im Wochenprogramm des Fürther Stadttheaters: Das „Horvath-Quartett Nürnberg“ mit Werken von Beethoven und Schubert sowie die Oper „Porgy und Bess“ von George Gershwin (Schweizer Tourneetheater). Dienstag, 5. Januar 1971 Ein Rückfall in Großvaters Zeiten! Der Fahrplan der Zirndorfer „Mockl“ kam total durcheinander. Es fielen ganze Zugpaare aus. Grund: Nach einer neuen Vorschrift der Bundesbahn musste ab 1. Januar ein Zugführer oder eine Person des Begleitpersonals an unbeschrankten Übergängen aussteigen, die Strecke sichern und dann erst ein Zeichen zum Passieren geben. Toll allein die Situation in Zirndorf: Hier hatte das Zugpersonal bis zum RaiffeisenLagerhaus vorzulaufen und ein Abfahrtssignal zum Bahnhof zurückzugeben, worauf der Zug anfahren durfte. Auf der Rückfahrt die gleiche Prozedur in umgekehrter Reihenfolge. Auf langen Strecken konnte man die Zeitverluste etwas egalisieren, aber auf Nebenstrecken mit mehreren unbeschrankten Übergängen kam das Zugsystem völlig außer Takt. Die Bundesbahn, ein Tollhaus! Lichtblick für Verurteilte: Der Fürther Künstler Johann Schmidt-Rednitz schuf einen 2,30 auf 3,60 Meter großen Gobelin für den Nürnberger Justizneubau. Genauer gesagt, nur die Kartonvorlage. Gewebt wurde der Wandteppich in der Nürnberger Gobelin-Manufaktur. In dem Raum an der Bärenschanzstraße konnten sich dann für Angeklagte im Verhandlungssaal neue Perspektiven auftun: Abstrakte Farbkompositionen als optimistischer Ausblick für Paragrafen-Geschädigte. Mittwoch, 6. Januar 1971 Hans Fehn, früherer SPD-Fraktionschef im Fürther Stadtrat, beging seinen 70. Geburtstag. Dem Stadtrat gehörte der „alte Kämpe“ von 1946 bis 1966 an. Der gebürtige Baiersdorfer war in der Nachkriegszeit führend auf dem Gebiet des Wohnungsbaus tätig. Er gehörte u.a. zu den Gründern der Arbeitsgemeinschaft Fürther Baugenossenschaften. Seine Tätigkeit zum Wohle der Stadt wurde auch mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes offiziell gewürdigt. Hotel- und Gaststättenverband und Fürther Stadtrat wunderten sich übereinander: Während ersterer argumentierte, die Stadt Fürth habe „vergessen“, die beschlossene Abschaffung der Getränkesteuer zum 1. Januar 1971 zu veranlassen, kontere der Fürther Stadtrat, man habe mit dem Beschluss vom Februar 1970 „sich nur verpflichtet, über die Abschaffung 1971 zu sprechen“. Ein Schildbürgerstreich? Freitag, 8. Januar 1971 Der strenge Winter hielt auch in Fürth die Bauleute fest im Griff. Bei diesen Minustemperaturen konnte man einen

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