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im Fußtennis, bei den Fürthern „Hutscheln“ genannt. Der „Ertl“ (50 Länderspiele, aktiv bei drei Weltmeisterschaften und über 600 Spiele für die SpVgg) brachte es auch hier zu sportlichen Ehren. „Ertl“ trainierte damals den Bayernligisten SpVgg Büchenbach. Die Fürther Volkshochschule erfreute sich steigender Beliebtheit: Die Hörerzahl nahm um 300 zu. Man folgte einem bundesweit zu beobachtendem Trend: Wochenendseminare wurden immer populärer. Außerdem legte man mehr Wert auf Studien- und Arbeitskreise. Die VHS-Teilnehmer wollten sich mehr aktiv einbringen als passiv informieren. Einzelvorträge wurden reduziert. Die verträumt am Waldesrand bei Unterfürberg liegende katholische Kirche St. Nikolaus erhielt zu Weihnachten ihre Symbolfigur. Ein Künstler aus der Vorrhön schuf die 1,27 m hohe Nikolaus-Statue, die am zweiten Weihnachtsfeiertag von Prälat Pieger feierlich eingeweiht wurde. Mittwoch, 29. Dezember 1971 Gemeinden, die aufgrund der kommenden Gebietsreform (1972) vor einer Eingemeindung standen, nutzten ihre noch gegebene Selbständigkeit. So verlängerte die Gemeinde Vach ihren ohnehin bis 1989 laufenden Stromlieferungsvertrag mit dem Fränkischen Überlandwerk „nur“ um weitere 15 Jahre bis zum Jahr 2004. Das Fürther Kinderheim St. Michael, kurz „Waisenhaus“ genannt, erwies sich an den Weihnachtstagen öd und leer. Die Hälfte der Besatzung machte erstmals geschlossen Betriebsurlaub im neuen eigenen Ferienheim hoch über Kirchehrenbach, die andere Hälfte war in Fürther Gastfamilien untergebracht. Vorbei waren die Zeiten des Mittelalters, wo die „Waisenkinder“ an den Weihnachtstagen an den Straßenecken standen und in uniformähnlicher Kleidung und schauerlichem Haarschnitt „Kurrende sangen“. Silvesterfeiern im Zeichen des Wohlstandes: In vielen Anzeigen baten die Gastronomen der Metropolregion um telefonische Tischbestellungen. Für ihren Silvesterball warben z.B. das Café Klessen in Eltersdorf, das Café Fenstergucker in Fürth, das Restaurant Seerose in Horbach, in Nürnberg der TSV 1846 Nürnberg in der Oberen Turnstraße, die Mautkeller-Gaststätten, das Gesellschaftshaus Gartenstadt oder das Waldrestaurant Schießhaus in Erlenstegen. Neu: In der Rothenburger Straße in Nürnberg, gegenüber dem Volksbad, eröffnete das Lokal „Ball der einsamen Herzen“ zu Silvester. Absolute Silvester-Knüller waren natürlich die großen Gesellschaftsbälle in der Nürnberger Meistersingerhalle (mit dem Orchester Steff Lindemann), im Hotel Deutscher Hof Nürnberg (mit der Big-Band K.H. Stadler) und im Grand Hotel Nürnberg (mit der Show-Kapelle „the brazil set“). Da konnte die Kleeblattstadt nicht konkurrieren. Donnerstag, 30. Dezember 1971 Schon Tage vor Inkrafttreten der neuen Fahrtarife bat die VAG ihre Kunden zur Kasse. Davon betroffen waren vor allem die Fürther Fahrgäste. Für sie war es nicht mehr möglich, Sammelfahrscheine in den Fürther Verkaufsstellen zum verbilligten Preis von 2,70 DM zu beziehen. Sie konnten nur wählen zwischen dem neuen Sammelfahrschein zu 3,-- DM oder einer Einzelfahrt zum neuen Tarif von 0,70 DM. Die VAG begründete die Maßnahme mit der „ungünstig gelegenen“ Jahreswende, die eine Abrechnung zum 28.12.1971 erforderlich machte. Volkes Stimme: Eine Gruppe von Fürther Geschäftsinhabern startete in der Vorweihnachtszeit eine WunschzettelAktion zur Gestaltung der Fürther Innenstadt. Neben den fast schon erwarteten Antworten wie Einkaufszentrum, Fußgängerzone und Parkhäuser tauchten in der Auswertung aber auch „kleine“ Vorschläge auf wie die Erhaltung des Wochenmarktes auf der Fürther Freiheit, eine Bedürfnisanstalt im Fürther Stadtpark oder eine künstliche Dauer-Eislauffläche. Gutes Beispiel, zur Nachahmung empfohlen: Die Gewerkschaft deutscher Bundesbahnbeamten und Anwärter im deutschen Beamtenbund (GDBA), Ortsgruppe Fürth, hatte vor Weihnachten erstmals beschlossen, keine Weihnachtskarten zu versenden und den dadurch ersparten Betrag dem Fürther Kinderheim St. Michael zu spenden. Ab 1. Januar 1972 erhöhte sich die Branntweinsteuer um 25%. Kein Wunder, dass in den letzten Tagen des Jahres ein Run auf Spirituosen einsetzte. Die Flasche Schnaps wurde um etwa 1,-- DM teurer. Manche Fürther Spirituosenregale sahen wie ausgeplündert aus. Käufer und Verkäufer waren zufrieden. Freitag, 31. Dezember 1971 Mit der Umweltverschmutzung nahm man es damals nicht so genau wie heute. Wie die Polizei meldete, hatten Unbekannte in einem Waldstück bei Vach mindestens zwei Ladungen frischen Betons abgeladen und damit 25 Bäume mit einem dicken Panzer versehen. In einer Feierstunde ehrten Grete und Dr. h.c. Gustav Schickedanz langjährige Mitarbeiter. Sie würdigten damit die Arbeit von 25 bzw. 40 Jahren im Hause Schickedanz. Die Stadt Fürth bereitete sich auf die Feiern für ihren großen Sohn Wilhelm Löhe vor, denn am 2. Januar jährte sich der 100. Todestag des gewaltigen Predigers in der „Wüste“. Die Diakonissenanstalten in Neuendettelsau waren sein Werk. Arbeiteten 1956 noch etwa 100 Diakonissen in Fürth, waren es 1971 noch ganze sechs, eine von ihnen war Schwester Marie Hollenbach vom Maria-Grundig-Kinderheim. Mit Stolz wies OB Scherzer in einem gerafften Rückblick vor dem Stadtrat auf die Leistungen der Stadt Fürth im

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