gerichteten Altstädte „verkehrsgerecht" umzufunktionie ren, fielen in erschreckendem Ausmaß Gebäude zum Opfer, die zwei Weltkriege überstanden hatten und keine Mängel aufwiesen, die nicht bei gutem Willen wieder hät ten beseitigt werden können. Die Verluste an historischer Bausubstanz, die erst nach 1945 eintraten, stehen hinter den Kriegszerstörungen an vielen Orten nicht zurück. So sprach der mittelfränkische Kreisheimatpfleger Dr. Ernst Eichhorn einmal von „Frankens zweiter Zerstörung", die noch radikaler und mutwilliger geschah als die kriegsbe dingte. Gegen eine normale und sinnvolle Entwicklung brauchen unsere Ortskerne und Baudenkmäler wohl nicht geschützt zu werden; wir können schließlich nicht auf einer Zeitstufe einfach stehenbleiben, wenn w ir nicht einer konservativen bis reaktionären Ideologie anhängen wollen. Aber wogegen man sich absolut zur Wehr setzen muß, das sind die über steigerten Vorstellungen der vergangenen etwa zwanzig Jahre, deren Verwirklichung sich vielfältig zum Schaden unserer historischen Gebäude und Lebensräume auswirkt. Man denke hier nur an die Verkehrs- und Stadtplaner, die aus rein technologischer, besser wohl: technokratischer Perspektive o ft genug über das im Prinzip vernünftige Ziel, den Autoverkehr von vermeidbaren Behinderungen freizumachen, hinausschießen. Man denke weiter an Städteplaner und Architekten einzelner Gebäude, die o ft m it einer ein zigen Neuschöpfung das in Jahrhunderten gewachsene Ge füge, die Dimensionen eines Stadtviertels oder eines ganzen Ortes zerstören. Auch die Fürther Innenstadt, z.B. am Bahnhofsplatz und in einem weiten Umkreis herum, ist an markanten Stellen ein schaurig-schönes Anschauungsbeispiel für eine derartige, rücksichtslose und gewalttätige Zerstörungsignoranz. Und das ganze architektonische Inszenarium ist hier auch noch städtisch und regierungsamtlich sanktioniert durch einen noch immer rechtsgültigen Bebauungsplan, dessen Aufhe bung und Blockierung durch eine sofortige Veränderungs sperre längst fällig ist!
Centaur im ohnmächtigen Kampf gegen den Betongigan ten am Fürther Bahnhofsplatz
In diesem Zusammenhang muß man freilich auch an jene denken, die gar nicht planen oder gar nichts tun, bis eines Tages der Verfall so weit fortgeschritten ist, daß ein altes Gebäude nicht mehr instandgesetzt werden kann. Wenn auch die Zahl solch verantwortungsloser Hausbesitzer — nicht zuletzt wohl durch manche staatliche und städtische „Finanzspritzen" - zurückgegangen ist, so gibt es doch immer noch zu viele solcher Anti-Bürger. Auch in der Fürther Innenstadt, besonders aber in der Altstadt (z.B. „Rotes Roß", „Weiße L ilie " etc.). Und gerade die städti schen Anwesen sind m it ihrem deutlich verlotterten Äuße ren kein Anreiz für Privateigentümer, etwa ihrerseits dem städtischen Nichtbeispiel rühmlich voranzugehen.
Das Ensemble - seine historischen und zeitge nössischen Strukturm erkm a le Nach heutiger Auffassung der Denkmalpflege ist im Rah men des städtebaulichen Ensembles nicht (allein) die hi storische und gesellschaftliche Bedeutsamkeit oder die künstlerische Qualität der Einzelbauten wichtig, sondern die Wirkung und Ablesbarkeit des Gesamtzusammenhangs. Diese Wirkung liegt in den architektonischen Größenver hältnissen, in der A rt der zueinander geordneten Propor tionen, in der rhythmischen Abfolge der Fassaden und in den Raumbildungen der Straßen und Plätze begründet. Die Struktur solcher Quartiere oder Altstadtbereiche ist einma lig und unwiederholbar — anders als die Austauschbarkeit und Identifikationslosigkeit mancher moderner, „au f alt getrim m ter" Pseudozentren. Jene künstlich geschaffenen Zonen bilden o ft genug kein individuell differenziertes und doch homogenes Ganzes wie ihre vermeintlichen Vorbilder, die Altstädte, sondern stellen vielfach nur ein kompaktes Nebeneinander von einzelnen Möchtegernobjekten dar. Fassadenrhythmus
tro tz
relativ
gleichartiger
Bauform
Damit ist keineswegs die Chance der zeitgenössischen A r chitektur — auch und gerade wenn sie sich in historische
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