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Airstadtverein ________ Fürth

Panzer und Storchennest Am 26. September 2002 er­ reichte den Altstadtverein eine E-Mail mit dem Betreff „Die Störche in Fürth": „Sehr geehr­ te Dame/Herr, ich bin ein ehe­ maliger indischer Bürger von Fürth. Ich bin in 1921 in Fürth geboren und habe Fürth 1939 verlassen. Ich habe die Gele­ genheit gehabt die web site „Aitstadtbläddla" zu besuchen. Die Beschreibung über die „Fürther Störche war für mich sehr interessant.lch habe auch über die „Fürther Störche" in meinen Kriegserinnerungen ge­ sprochen. Ich bin sicher Sie werden meine Schilderung als sehr interessant finden. Bitte besuchen Sie: (Deutsch) http:// home. t-online. de/home/RIJO ■ NUE/glaser_d.htm (Englisch) http://home. t-online. de/home/ RIJONUE/glaser.htm Viele Grüs­ se, Willie Glaser, Canada“ Eine (leider stark) gekürzte Fas­ sung dieser Kriegserinnerungen können Sie im Folgenden lesen, den vollständigen Text finden Sie unter den oben angegebe­ nen Internet-Adressen: „Im Jahre 1887 zogen Leiser Glaser und seine Frau Esther aus dem österreichisch-ungari­ schen Galizien nach Leipzig, wo 1890 mein Vater geboren wur­ de. 1892 ließ sich die Familie Gla­ ser in Fürth nieder. Dort übte Leiser Glaser seinen Beruf als Schuhmachermeister aus. Während des I. Weltkriegs dien­ te mein Vater von 1914 bis 1918 in der österreichischen Armee. Nach dem Krieg wurde Galizien ein Teil des Nachfolge­ staates Polen und als Konse­ quenz mußten die Mitglieder der Familie Glaser die polnische Staatsangehörigkeit annehmen. Mein Vater bemühte sich um die deutsche Staatsbürger­ schaft, doch wurde sie ihm ver­ weigert und so besaßen die Glasers polnische Pässe. Ich er­ hielt meinen Paß im Alter von 13 Jahren. 10

Die Trennung der

Familie Im Jahre 1938 wurde eine mei­ ner Schwestern mit einem „Kin­ dertransport“ nach England ge­ schickt. Nach kurzer Zeit nahm sie eine jüdische Familie in Bel­ fast auf. Diese Familie konnte auch für mich ein Visum erwir­ ken. Ich kam 1939 in Belfast an, eine Woche vor Ausbruch des II. Weltkriegs. Bereits im Frühjahr 1939 hatte mein Vater nach Frankreich ausreisen können. Er wollte dort alles vorbereiten, damit meine Mutter, meine zwei anderen Schwestern und mein jüngerer Bruder zu ihm nach Paris kom­ men konnten. Bei Beginn des Weltkriegs war also mein Vater in Paris, die Mutter mit den restlichen Kindern in Fürth und meine Schwester und ich in Belfast. Ich arbeitete von 1939 bis 1941 in Belfast. Erstaunlicherweise standen meine Schwester und ich in dieser Zeit mit meiner Mutter in Fürth in regulärem Postverkehr. Alle zwei bis drei Wochen erhielten wir einen Brief von Mutter. Es war ganz einfach: Das Paar, das sich um meine Schwester kümmerte, hatte Kinder, die in Dublin leb­ ten. Der Freistaat Irland aber war neutral, weshalb zwischen ihm und Deutschland eine nor­ male Postverbindung bestand. Die Briefe meiner Mutter und un­ sere Antworten wurden von und nach Dublin gebracht. Natürlich adressierte meine Mutter ihre Briefe an die Kinder in Dublin. Mutter schrieb vorsichtig über ihr schweres Leben und den kalten Winter. Gegen Ende des Jahres 1941 brach die Korrespondenz mit meiner Mutter ab.

Bei der Ersten Polni­ schen Panzerdivision Anfang 1941, im Alter von 20 Jahren, sah ich mich um: Alle

Obergefreiter Glaser 1945 mit seinen Auszeichnungen. dem Tapferkeitskreuz und drei Bändern, die die Kriegsschauplätze zeigen, auf denen er eingesetzt war. Oie Medaille auf der Brusttasche ist das Regimentsabzeichen. (Foto: privat)

jüdischen Jungen im wehrfähi­ gen Alter hatten sich freiwillig zur Armee gemeldet (anders als in England hatte es in Nordir­ land keine allgemeine Mobilma­ chung gegeben). Ich beschloß ebenfalls zur Armee zu gehen. 1943 wurde ich zur Ersten Pol­ nischen Panzerdivision versetzt. Ein Stabsunteroffizier des Regi­ ments befragte mich und wies mich an, mich beim Komman­ danten der 1. Schwadron zu melden. Nach einem langen und intensiven Interview teilte dieser mir mit, daß ich ab jetzt zur Besatzung von Trupp 2 mit dem Codenamen „Barbara 2“ gehörte. Meine Aufgaben waren die des Funkers und Geschütz­ laders.

Frühling und Sommer 1944 brachten sehr schlechte Nach­ richten über die Situation der Juden in Polen und den ande­ ren besetzten Ländern. Ich saß hier auf einem großen Panzer mit einer mächtigen Ka­ none und fühlte mich trotzdem völlig hilflos.

Die Landung in der

Normandie Am 8. August 1944 kam für mich der Moment der Wahrheit. Die Erste Polnische Panzerdivi­ sion als integraler Bestandteil der Ersten Kanadischen Armee landete in der Normandie. Vom Brückenkopf „Juno“ aus bewegten wir uns in Richtung