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Altstadtverein Fürth ________

Rezension schlägt Wellen Ende März 2002 erregte hinter den Kulissen eine Internet-Re­ zension von „Spuren und Frag­ mente" in Fachkreisen große Aufmerksamkeit, Mund-zuMund- und E-mail-Propaganda im Schneeballprinzip sorgten für eine umfassende Verbrei­ tung: Unter der auf deutsch-jü­ dische Regionalgeschichte spe­ zialisierten Internetpräsentation http://juedische-geschichte.de - immerhin mit ÜNESCO-Portalempfehlung - erfuhren die Aus­ stellung und der Ausstellungs­ katalog eine vernichtende Kritik. Mit vielen Belegen und zahlrei­ chen Einzelbeispielen kam die Rezension zu wenig schmei­ chelhaften Urteilen über Aus­ stellung und zugehörigem Kata­ log, die - es sei zum Verständ­ nis noch einmal daran erinnert Lebensgeschichten und Le­ bensläufe von ehemaligen Buchbesitzern zum zentralen Thema haben: „Blanke Ignoranz“ und „genea­ logisches Seemannsgarn“ herr­ sche vor. „schlicht falsche oder nebulöse Verbindung von Na­ men und Daten mit frei erfunde­ nen Schilderungen des Lebens und Wirkens ganzer ebenfalls zusammenphantasierter Fami­ lien'“ und die „Unkenntnis auch nur der elementarsten Litera­ tur“ führten zum „Absturz ins Bodenlose", zur „auf die Spitze getriebene(n) historiographi sche(n) Gegenaufklärung“ und zu einer „Beleidigung der Intelli­ genz des Lesers“. Der Verfasser der Rezension im Stadtarchiv Nürnberg zu­ ständiger Referent für die lokale jüdische Geschichte und auch privat im Thema engagiert machte sich schon alleine mit seinem mitunter überpointierten Verriß von „Spuren und Frag­

mente" nicht gerade Freunde bei der Israelitischen Kultusge­ meinde Nürnberg (IKG). Als er dann auch noch die angebliche Übergabe der „Stürmer-Biblio­ thek" an die neu gegründete IKG in das Reich der Phantasie eines einzelnen Zeitzeugen ver­ wies, war das Maß voll. Dieser heute einflußreiche Zeit zeuge - seit 1972 Vorsitzender der IKG und Stadtrat in Nürn­ berg - drohte dem Verfasser der Rezension „in völlig überzo­ gener Form mit privat- und dienstrechtlichen Schritten“, so daß jener den Text aus dem In­ ternet entfernte: „Die vom IKGVorsitzenden geforderte Ver­ stümmelung des Textes stand für mich ebenso wenig zur De­ batte wie irgendwelche Rechts­ händel eines kommunalen Be­ amten mit einem Stadtrat". Allerdings war die Rezension zu diesem Zeitpunkt (Juli 2002) in Fachkreisen schon allgemein bekannt. Auch in den sonstigen Teilen von Ausstellung und zugehöri­ gem Katalog machten Judaica Fachleute gravierende Fehler aus, vor allem ausgerechnet im Kapitel „Judentum: Glaube, Tradition, Überlieferung“: „An den Haaren herbeigezogen", „falsch übersetzt", „frei erfun­ den“ und „fabulierend“ seien Beschreibungen im Katalog. Dies entbehrt nicht der Pikante­ rie. hatte doch der IKG-Vorsit­ zende den Museumsführer des Jüdischen Museums in Fürth wegen angeblicher Fehler bei der Beschreibung von Judaica scharf kritisiert und sogar be­ hauptet, der renommierte Mu­ seumsleiter Purin verstehe nichts von eben diesem Metier. Purin kommentierte die Aus­ stellung „Spuren und Fragmen­ te“ demgegenüber so: „Die für den Katalog Spuren und Frag­ mente’ Verantwortlichen sind

Jetoisb Cultural Mrconstruction

Exlibris der .Jewish Guttural Reconstruction', einer Organisation, die sieb nach 1945 mit der Einsammlung von Raubgut beschäftigte. Chefin in Deutschland war Hannah Arendt. Scan: Jüdisches Museum Franken.

augenscheinlich nicht in der Lage, einfache hebräische Schriften zu übersetzen, die Be­ deutung und die Aussage sol­ cher Schriften zu erkennen und Ritualgeräte auch nur annä­ hernd richtig zu datieren”. Es besteht bei Interessierten in der ganzen Region weitgehend Konsens, was ein wissenschaft­ licher Mitarbeiter des Nürnber­ ger „Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände" jüngst aussprach: „ .Spuren und Frag­

mente' ist vom historischen Do­ kumentationsgehalt nicht halt­ bar". Symptomatisch: Dieser Mitarbeiter will namentlich nicht genannt werden, weil der IKGVorsitzende im Kuratorium des Dokumentationszentrums sitzt...

Konkurrenz in Nürnberg? Nachdem der lästige Rezensi­ onstext aus dem Verkehr gezo­ gen war, versuchten nun inter7