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Wiederverheiratung: Seine Frau sei verstorben und „da mir dieselbe 3 Kinder von 9½ 6½ und 2½ Jahren hinterlassen hat“, beabsichtigte er Louise Christina Friederika zu heiraten, die Tochter des Verwaltungsrats Johann Vitus Brechenmacher (09.10.1768–02.06.1824) und dessen Ehefrau Anna aus Weißenburg.136 Deren Vater war bereits 1824 gestorben. Er scheint nicht gut gewirtschaftet zu haben, denn Ende 1824 wurde über seinen Nachlass wegen bedeutender Überschuldung der Universalkonkurs verhängt, die Schlussverhandlung fand am 5. Januar 1825 statt.137 Zum Zeitpunkt der Heirat war Frederika 34 Jahre alt. Aus dieser dritten Ehe gingen zwei Söhne und eine Tochter hervor, die aller drei gemeinsam am 22. Mai 1859 getauft wurden. Beim Vater findet sich dabei der Eintrag „der ehemal. freien Gemeinde angehörig“, er hatte sich also von der evangelisch-lutherischen Kirche abgewandt und war Mitglied der Fürther freien religiösen Gemeinde geworden. Diese Gemeinden gingen aus dem Deutschkatholizismus hervor: Äußerer Anlass für diese Bewegung war die Ausstellung des heiligen Rocks Christi im Trierer Dom, die 1844 vom Bischof Wilhelm Arnoldi138 (04.01.1798–07.01.1864) veranlasst worden war. Der katholische Priester Johannes Ronge139 (16.10.1813–26.10.1887) verurteilte diese Aktion in einem offenen Brief als Götzenfest und unchristliches Schauspiel.140 Dieser Brief fand große Resonanz, woraufhin Ronge exkommuniziert wurde. Er rief deshalb Anfang 1845 zur Gründung einer „romfreien“ Kirche auf, die sich bildende Gemeinde nannte sich Deutschkatholisch. Die Ideen dieser Bewegung vermischten sich mit radikaldemokratischen Ansichten,141 so dass der Deutschkatholizismus als liberal-freisinnige Bewegung galt.

Abb. 26: Porträt von Johannes Ronge (1813-1887). Lithographie von Eduard Kaiser, 1848, mit Ronges Unterschrift. Wikipedia: Gemeinfrei 136

Stadtarchiv Fürth: Fach 18a / S 116, Bl. 48. Wöchentliches Nachrichts-, Frage- und Anzeige-Blatt der Königlich Bayerischen Stadt Weissenburg in Mittelfranken Nr. 43 vom 27.10.1824, S. 170–171. 138 Zu Arnoldi siehe die Neue Deutsche Biographie 1, 1953, S. 390–391 (Verfasser: Aloys Thomas). 139 Zu Ronge siehe die Neue Deutsche Biographie 22, 2005, S. 27–28 (Verfasserin: Renate Bauer). Um ihn gab es auch einen Personenkult. So ist im Fürther Tagblatt vom 06.02.1749, S. 106 eine Anzeige zu finden, wonach „das Porträt von Johannes Ronge […] auf feinem Kupferdruckpapier à 3 kr.“ zu haben sei. 140 In einer Anzeige im Fürther Tagblatt vom 07.02.1749, S. 108 wird diese Ausstellung als „das non plus ultra des Unsinns und frevelnder Gotteslästerung“ bezeichnet. 141 Bezeichnenderweise stand im Fürther Tagblatt vom 05.01.1849, S. 9: „Am Sylvesterabend hielt Johannes Ronge im Katharinensaale zu Nürnberg einen Vortrag: Betrachtungen am Schlusse des Jahres. Diese Rede war mehr eine politische als eine religiöse.“ 137

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