Hunderte von Fürther Autofahrern fanden am Morgen unter ihrer Windschutzscheibe einen Zettel mit einem roten Punkt, den sie auf die Scheibe kleben sollten, um auf diese Weise zu zeigen, dass sie gewillt waren, Straßenbahnoder Busfahrgäste mitzunehmen. Insgesamt hatten 45.000 Nürnberg-Fürther durch ihre Unterschrift gegen die deftigen Fahrpreiserhöhungen zum Jahresbeginn 1972 protestiert. Jetzt rief man zum Boykott auf und bat die Autofahrer mit dieser Aktion um Mitfahrgelegenheit. Was hat`s gebracht: nix! Keine Winterruhe auf dem Gelände des Fürther Hafens am Europakanal bei Atzenhof: Zwei große Lagerhallen standen bereits als Gerippe im Rohbau. Längs der Kaimauer wurde bereits mit Hochdruck an den Verlade- und Umschlageinrichtungen gearbeitet. Für Februar erwartete man den großen Hafenkran. Montag, 10. Januar 1972 Am Dreikönigsfest hatte die Pfarrei St. Heinrich wieder einmal zum traditionellen Pfarrfamilienabend in den Kolpingsaal eingeladen. Neben dem Rahmenprogramm und den obligatorischen Diaserien über das Leben in der Pfarrei wurden die laufenden Projekte angesprochen. So stand das neue Schwesternwohnheim mit Altenwohnungen und Jugendräumen im Rohbau. Für die Fertigstellung wurden jedoch noch Mittel benötigt. Auch eine Erweiterung der St. Nikolaus-Kirche in Oberfürberg wurde ins Auge gefasst. Das entsprechende Grundstück wurde dafür schon erworben. Der traditionelle Neujahrsempfang der Amerikaner geriet im Fürther Offiziersclub zur großen Gratulationscour. Dabei verpasste Colonel Jones Fürths OB Scherzer die traditionelle Neujahrszigarre. Die SpVgg gewann ihr Heimspiel im Ronhof vor 3000 Zuschauern auf schneebedecktem Boden gegen Opel Rüsselsheim mit 2:1. Die Tore für Fürth erzielten Utz und Ebenhöh. Damit belegte man nach 19 Spielen Platz acht der Tabelle. Vor dem Spiel wurde Fürths Torhüter Peter Löwer für sein 250. Spiel im Kleeblattdress ausgezeichnet. Dienstag, 11. Januar 1972 Einen regelrechten Boom von Gemeindezusammenschlüssen brachten die letzten Wochen in Bayern. Im Zuge der Gebietsreform verringerte sich die Zahl der Gemeinden bis Jahresende um 1092. Man rechnete damit, dass die Zahl der bayerischen Gemeinden bis Mitte 1972 noch einmal um rund 650 zurückgehen würde. Für Fürth stand fest, dass die Vororte Sack, Vach und Stadeln bis Mitte 1972 eingemeindet werden. Die närrische Zeit war wieder einmal ausgebrochen. Sie dauerte 1972 nur 37 Tage. Am Wochenende erfolgte die Inthronisation des neuen Fürther Faschingsprinzenpaares im Geismannsaal. Gott sei Dank hatten die Fürther Faschingsmanager – gewitzt aus Erfahrungen der vergangenen Jahre – das „offizielle“ Programm rigoros gekürzt. Heinz I. und Gerdi II. übernahmen Zepter, Krone und ein Barometer, das stets Hochstimmung anzeigen sollte. Beide leiteten im zivilen Leben als Ehepaar den Friseursalon Donhauser in der Nürnberger Straße. Die Stadtsparkasse eröffnete eine Zweigstelle in Poppenreuth. Diese wurde an einem Tag in Fertigbauweise zusammengebaut. Zwei Angestellte und ein Auszubildender führten vorerst den Filialbetrieb. Mittwoch, 12. Januar 1972 Doppelt genäht hält besser: Obwohl die Schranke am Bahnübergang von der Otto- zur Dambacher Straße mehr geschlossen als offen war, setzte die Bahn zur Krönung noch eine Warnblinkanlage über die Andreaskreuze. Erstmals konnten die Bewohner der Bergstraße direkt auf die Bundesstraße 8 (Bereich Grüner Markt) blicken. Der Abbruch der letzten Häuser im „Gänsbergviertel“ machte es möglich. Nun hofften die Anwohner, dass es mit der Neubebauung endlich losgeht, hatte der maschinenbetriebene Kahlschlag doch Jahre gedauert. Die SpVgg hatte 20% ihres Vereinsgeländes am Ronhof an einen Bauträger verkauft, um wieder schuldenfrei zu werden. Jetzt konnten nach der notariellen Abwicklung des Kaufvertrages die letzten 618.000 DM des ursprünglich 1,4 Mio DM zählenden Defizits zurückgezahlt werden. Damit war die Kleeblatt-Vorstandschaft um Albert Dörfler den Schuldenberg zwar los, aber immer weniger Zuschauer ließen allein in der laufenden Saison ein neues Minus in Höhe von rund 40.000 DM entstehen. Donnerstag, 13. Januar 1972 Vom Winter blieb vorerst wieder einmal nur ein nasser Dunst. Der Sauerstoffgehalt der Fürther Luft sank stellenweise von 21% auf 18%. In der zu warmen, feuchten und diesigen Luft atmete es sich schwer. Das städtische Gesundheitsamt Fürth meldete eine Zunahme von Kreislaufbeschwerden insbesondere bei älteren Menschen. Was wurde aus herrenlosen Autos? Sie wurden in Fürth immer mehr zum Problem. Besonders das Sanierungsgebiet der Gegend um den „Gänsberg“ gehörte zum bevorzugten Ablageplatz für nicht mehr benötigte alte Autos. Von solchen Rostlauben wurden natürlich die Nummernschilder abgeschraubt. Konnte der Fahrzeughalter dann aufwändig von Polizei unter Amtshilfe von Rechts- und Ordnungsreferat aufgespürt werden, hatte dieser natürlich den Wagen zuletzt „an einen Ausländer verkauft“. Im Fürther Stadtgebiet standen damals durchschnittlich 50 derartige Vehikel herum. Zuerst ließ man solche Schrottautos noch zum städtischen Bauhof an der Waldstraße abschleppen, als aber die Stellfläche dort ausgeschöpft war, benachrichtigte man Schrotthändler in
2