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gegeben. Der Jubel unter der hiesigen Einwohnerschaft war groß... „.194 - Der französische Angriff in Lothringen scheitert, es erfolgt ein Rückzug hinter die Grenzen zum französischen Festungsgürtel, ein guter Teil der Truppen wird abgezogen und gegen den deutschen Angriff aus Belgien geführt. – 1. österreichische Offensive in Serbien gescheitert. 22. 1. BM Wild bittet um Beflaggung aller Häuser zur Freude über den unter Führung des bayerischen Kronprinzen errungenen Sieges zwischen Metz und den Vogesen. Auch die Rathausglocken werden erstmalig seit 1902 wieder geläutet. „Viele Tausend Personen wogten in den Straßen und vor dem Rathaus, auf dessen höchster Zinne die deutsche Flagge stolz wehte. Fürth prangte im Flaggenschmuck.“ - Beim Hilfsfonds gehen weitere Spenden von Vereinen und Privatpersonen ein.195 23. Adolf Pöschel, seit 13 Jahren 2. Pfarrer an St. Michael, wird eine Pfarrstelle in Donauwörth verliehen. - Der Stadtmagistrat gibt bekannt, daß Flugzeuge unter keinen Umständen mehr beschossen werden dürfen. - Züge mit gefangenen Franzosen sowie erbeuteten französischen Geschützen passieren den Bahnhof.196 - Kriegserklärung Japans an Deutschland. 24. Das Landsturmbataillon wird morgens um 8 Uhr nach Belgien abtransportiert. „Von jungen Mädchen wurden den Einberufenen, die meist Familienväter aus hiesiger Stadt waren, Blumen dargereicht.“ - Anläßlich weitere Siege an der Westfont läßt Stadtpfarrer Fronmüller vom Turm der St. Michael Kirche „Nun danket alle Gott“ in alle vier Himmelsrichtungen blasen, Fronmüller hält vor der sich rasch ansammelnden Menschenmenge eine Ansprache und schloß mit einem Hoch auf die Armee und Heerführer, das jubelnd aufgenommen wurde. - Der Magistrat ersucht die Einwohnerschaft, alle verfügbaren Silbergeldbestände bei der Stadtkasse umzutauschen. - Die Zahl der eingerückten Fürther wird auf 7.000 geschätzt, 3.000 Anträge auf Unterstützung der Familienangehörigen liegen vor.197 25. Vom Gemeindekollegium sind die Herren Endres, Jungmann, Hohner u. Dr. Prager, von den Magistratsmitgliedern Bauamtmann Kraus eingezogen. - Differenzen zwischen Gewerkschaften und Magistrat, da die von den Gewerkschaften unterstützten Arbeitslosen bei der seit Kriegsausbruch von der Stadtgemeinde eingeführten Arbeitslosenunterstützung nicht berücksichtigt werden. - Die König-Ludwig-Quellen stellen 100.000 Flaschen ihres Mineraltafelwassers Dosana für die Verwundeten in den Lazaretten zur Verfügung.198 26. Der Armenpflegschaftsrat beschließt, die Naturalverpflegung wieder aufzuheben, das Geld wird in bar ausgezahlt. - In den hiesigen Zeitungen erscheinen eine große Anzahl von Soldatenbriefen.199 – Beginn der „Schlacht bei Tannenberg“ : 8. Armee unter der neuen Führung von Hindenburg und Ludendorff gegen die russische NarewArmee unter General Samsonow. 27. Die ersten Verwundeten treffen in Fürth ein, 277 Soldaten vom Schlachtfeld bei Luneville: „Tiefer Ernst lag auf den Gesichtern der Verwundeten und der gesamten hiesigen Einwohnerschaft, als die Wagen durch die Straßen der Stadt zu den Lazaretten in die Turnhalle und den Schulhäusern Rosen- und Pfisterstraße fuhren. Mit Tücherschwenken und Hochrufen wurden die mutigen Vaterlandsverteidiger begrüßt, deren Monturen viele Blutflecken aufwiesen und vielfach durchlöchert waren. Die Hochrufe kamen jedoch aus beklemmter Brust.“ In den Fürther Lazaretten stehen 700 Betten zur Verfügung. - Die Prinzessinnen Wiltrud und Helmtrud besuchen die Stadt und besichtigen vor allem die Lazarette. - Die Stadt gewährt wöchentlich etwa 10.000 M. Arbeitslosenunterstützung Eine Sanitätskolonne verabschiedet sich aus Fürth: „Eine ungeheure Menschenmenge hatte sich am Ludwigsbahnhof versammelt, die den Sanitätern einen herzlichen Abschied bereiteten. In Nürnberg wird ein Sanitätszug formiert, dann geht die Reise in das falsche Welschland hinein.“200 29. Der zweite Sanitätszug erreicht Fürth und brachte über 400 zum Teil sehr schwer Verletzte. „Sie wurden auf Tragbahren auf dem Trottoir vor dem Staatsbahnhof und Postgebäude in langen Reihen nebeneinander gestellt, um von den Sanitätern in die Lazarette transportiert zu werden. Die Arbeit währte von 2- 6 Uhr [nachmittags]. Die hiesigen Lazarette sind nahezu vollständig belegt.“ - Beflaggung wegen der Siege in Ostpreußen und über die Engländer bei St. Quentin.201 30. Ende der Schlacht von Tannenberg: russische Narew-Armee vernichtend geschlagen, General Samsonow begeht angesichts der Niederlage Selbstmord. – Deutsche Truppen dringen über die Marne vor und bedrohen Paris. 31. Niederlage der Österreicher in Galizien bei Lemberg. Gewerbliche Statistik der Ortskrankenkasse, August 1914: Abmeldung von 5.100 und 3.606 weiblichen Arbeitskräften. Die große Zahl v.a. auch der weiblichen Abmeldungen zeigt die schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt. Der städtische Arbeitsnachweis vermeldet in der männlichen Abteilung 4.486 Stellengesuche, 658 Stellenangebote, 618 vermittelte Stellen, in der weiblichen Abteilung 3.412 Gesuche, 492 Angebote und 437 Vermittlungen. Insgesamt also 7.898 Gesuche, 1.150 Angebote, 1.055 vermittelte Stellen.202

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