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abends 7 Uhr und morgens 7 Uhr nicht mehr gearbeitet werden. Aufgrund kriegsbedingter Vorschriften über die Zusammensetzung des Brotes dürfe es nicht frisch gegessen werden, da es schwer verdaulich sei. Es sollen ab sofort nur noch 3 Sorten Brot gebacken werden und zwar Wasserbrot, Mischbrot und „Mürbes Brot“. Kuchen dürfen nur hergestellt werden, wenn dem Weizenmehl 50% Roggenmehl oder andere Ersatzteile zugesetzt werden. 14. Die Ausgaben für die Kriegsfürsorge betragen seit Kriegsbeginn 364.781 Mk., jene für die Arbeitslosenunterstützung 323.526 Mk. Für die Volksküchen wurden bisher 83.275 Mk. ausgegeben. Insgesamt lagen die Ausgaben bei 1.294.000 Mk. in 5 Kriegsmonaten. - Die Magistratsräte Gaum, Schildknecht und Förster scheiden aus dem Magistrat aus. Gaum war seit 1870 insgesamt 24 Jahre als Gemeindebevollmächtigter und 12 Jahre als Magistratsrat tätig, Schildknecht 12 Jahre Magistratsrat, Foerster 5 Jahre. - Die seit 17.12.14 bestehende städtische Geschäftsstelle für das Stricken von Soldatenstrümpfen beschäftigt schon 500 erwerbslose Frauen und Mädchen. 15. "Das Nachtbackverbot trat in verflossener Nacht in Kraft. - In vielen Familien wird jetzt überhaupt nur Schwarzbrot konsumiert. Da dasselbe 24 Stunden alt sein muß, bevor es zum Verkauf kommt, sieht es nun viel kleiner aus ... Gestern abends 1/2 8 Uhr wurde das Frühstücksbrot ausgetragen." - Streichholzmangel. - Vom hiesigen Inf. Reg. zog eine größere Anzahl von Ersatztruppen ins Feld. 16. "Ein gewissenloser Hausherr ließ einer armen Frau, die wöchentlich 2 Mk. Miete zu zahlen hatte und nun infolge von Arbeitslosigkeit seit 3 Wochen im Rückstande war, Türen und Fenster aushängen, um sie zum Auszug zu zwingen." - Das Bezirksamt Fürth erlässt eine Bekanntmachung, derzufolge Überschreitungen der Höchstpreise für Getreide und Kartoffeln mit 1 Jahr Gefängnis oder mit Geldstrafen bis zu 10.000 Mk. bestraft werden. Zudem wird davor gewarnt, "daß Landwirte und Händler Getreidevorräte unberechtigt zurückhalten, etwa in der Hoffnung, daß die Preise später noch höher steigen werden." 18. Laut Regierungsbeschluß ist die Veräußerung von Wolldecken verboten. 19. In der Munitionsfabrik Stadeln, wo Tag und Nacht gearbeitet wird, haben viele Arbeitslose ein Unterkommen gefunden, ebenso im Depot der hiesigen Garnison (Verdienst für weibliche Personen bis 18 Mk. wöchentlich, für männliche Personen 35-45 Mk. Auch in der neu errichteten Geschossfabrik in Nürnberg (Zweigbetrieb eines Ingolstädter "Laboratoriums") sind ca. 100 hiesige Arbeitskräfte eingestellt worden. In Ingolstadt selbst arbeiten ca. 40-60 Personen von hier, hauptsächlich Drechsler und Eisendreher (Wochenverdienst 40-55 Mk.). 20. Der Mittelbau im Staatsbahnhof ist fertiggestellt. - Fünf 13 jährige Volksschüler wollten sich ohne elterliche Erlaubnis auf den westlichen Kriegsschauplatz begeben, um als Freiwillige mit an der Front zu kämpfen. Die Eltern holen die Ausreißer jedoch in Emskirchen ein und befördern sie nach Hause.