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Ein '''Nachtwächter''' war ein Beruf, der mit dem Bestehen der ersten größeren Städte im Mittelalter aufkam. Die wesentliche Aufgabe des Nachtwächters war nachts für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Dabei sagte der Nachtwächter häufig die Zeit an, da die meisten Menschen selbst noch über keine Uhr verfügten.<ref>[[wikipedia:Nachtwächter|Nachtwächter]], Wikipedia online abgerufen am 7. April 2022 | 21:38 Uhr</ref> | Ein '''Nachtwächter''' war ein Beruf, der mit dem Bestehen der ersten größeren Städte im Mittelalter aufkam. Die wesentliche Aufgabe des Nachtwächters war nachts für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Dabei sagte der Nachtwächter häufig die Zeit an, da die meisten Menschen selbst noch über keine Uhr verfügten.<ref>[[wikipedia:Nachtwächter|Nachtwächter]], Wikipedia online abgerufen am 7. April 2022 | 21:38 Uhr</ref> | ||
==Geschichte der Fürther Nachtwächter== | |||
Der Magistrat beschäftigte sich | Die älteste Nachricht stammt aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, als 1622 der Kosakendurchzug<ref>die Kosaken waren eigentlich Polen</ref> mit Fürst Ratziwil erfolgte.<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)]], S. 65 ff.</ref> | ||
Die Nachtwächter riefen damals abends um 8 Uhr:</br> | |||
''Hör´ zu, Mädlein fein''</br> | |||
''Verwahr dein Feuerlein''</br> | |||
''Halt´s in guter Hut''</br> | |||
''Es kost´ dir Leib, Ehr und Gut.''</br> | |||
''Hört zu, ihr Herrn, laßt euch sagen''</br> | |||
''Die Glocke hat Achte geschlagen, hat Achte geschlagen.''</br> | |||
''So danken wir den lieben Gott,''</br> | |||
''Der und diesen Tag behütet hat.'' | |||
Um 9 Uhr schrieen sie:</br> | |||
''Die Glock´ hat neun geschlagen''</br> | |||
''So bitten wir aus Herzens Grund''</br> | |||
''Verleih´ uns Gott ein selige Stund`.'' | |||
Früh um 3 Uhr schreien sie:</br> | |||
''Nun danken wir den lieben Gott''</br> | |||
''Der uns diese Nacht behütet hat. Amen.''<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)]], S. 72; Fronmüller zitiert nach Soden: „Kriegs- und Sittengeschichte der Reichsstadt Nürnberg“, Bd. 2, S. 157 mit Bezug auf die Stark´sche Chronik und die „Rathsverlässe“.</ref> | |||
In einem Protest vom [[14. Dezember]] [[1658]] über eine neu aufgestellte, einseitig gesiegelte Gemeindeordnung<ref>diese war nur dompröbstisch gesiegelt und nicht vom Rat der Stadt Nürnberg</ref> wurde bereits vermerkt, dass die Fürther Juden zum Unterhalt des Nachtwächters 10 Gulden beisteuern sollten.<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)]], S. 104; dort Quellenverweis: „Manuskript des Nürnberger Archivs“</ref> | |||
[[1693]] kam es zu einem Streit über den Nachwächterruf. Bereits 20 Jahre zuvor hatte Pfarrer [[Carl Friedrich Lochner d. Ä.|Carl Friedrich Lochner]] initiiert, dass der Begriff „Herrn“ im traditionellen Ruf zur Verkündung amtlicher Bekanntmachungen „''Hört ihr Herrn und lasst euch sagen ...''“, den auch der Nachtwächter verwendete, in „Christen“ verändert wurde.<ref>so Stefan Ehrenpreis, Innsbruck in seinem Vortrag „Der Fürther Nachtwächterstreit und sein Kontext im 17. Jahrhundert“ anlässlich der Sommerakademie zur Geschichte der Juden im Hl. Röm. Reich und seinen Nachfolgestaaten, 22. Juli 2025; Lochner erwies sich damit auf Linie des Nürnberger Rates und seiner antijüdischen Haltung</ref> Da die Judenschaft zumindest seit 1658 (siehe oben) an der Finanzierung des Nachtwächters beteiligt waren, führte deren Protest<ref>in Fürth vorgetragen durch Moyses Ullmann und durch Gabriel, siehe Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], S. 102</ref> zu einer Anweisung des bambergischen Amtmanns, zum Sprachgebrauch „Herrn“ zurückzukehren.<ref>Der Presseartikel von Reinhard Kalb: „Zwist um den Fürther Nachwächter“ über den Vortrag von Stefan Ehrenpreis, anlässlich der Sommerakademie in Fürth, verwechselt den Sprachgebrauch und die Terminierung</ref> Nachdem der Domprobst sich hinter seinen Amtmann stellte, blieb der Protest der Christengemeinde erfolglos. Damit wurde aber eine Reihe antisemitischer Vorurteile losgetreten, die in vergleichbaren Konflikten ständig bemüht wurden.<ref>Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], S. 102 f.</ref> | |||
Im Adressbuch der Stadt Fürth von Adam Eger aus dem Jahr 1807 wurden drei gemeindliche '''Nachtwächter''' genannt: Spanner, Nagel, Herrmann. Somit beschäftigte die gerade zur Stadt 2. Klasse erhobene Gemeinde Fürth seit mind. 1807/08 sog. Nachtwächter. Im Jahr 1807 hießen laut dem Adressbuch der Stadt Fürth 1817 Spanner, Nagel, Schmelzer. „Vom 1. Januar 1822 an hörte das Ausrufen von Sentenzen und Bibelsprüchen durch die Nachtwächter auf.“<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)]], S. 235; dort Quellenverweis: „Pröls´sche Aufzeichnungen“</ref> | |||
Der Magistrat beschäftigte sich mit einem Gesuch der drei Nachtwächter vom 1. März 1817 für eine Zulage. In einer der darauffolgenden Sitzungen des Munizipalrats solle gnädig berücksichtigt werden, ihre kärgliche und kaum vor dem Hungertod mit ihren Familien bei den jetzigen harten Zeiten nicht hinreichende Besoldung (das jährliche fixe Gehalt von 68 Gulden und aus Sammlung an Neujahr ca. 50 Gulden) anzuheben. Das Gesuch wurde aber vor der Hand lediglich ad acta genommen [d. h. noch kein Beschluss gefasst].<ref>StA Fürth, Akten Nachtwächter - laut Recherchen [[Peter Frank]]</ref> | |||
==Nachtwächteranfrage 1839== | ==Nachtwächteranfrage 1839== | ||
1839 kam es zu einer ''Offenen Bittschrift der Markgrafengäßler'' wegen des bereits drei Jahre unterbliebenen Nachtwächterrufes. Dabei berief man sich auf die ''Schreiordnung'', wo ein Ruf am Brunnen<ref>offensichtlich gab es zu jener Zeit einen öffentlichen Brunnen im mittleren Teil der Gasse</ref> erfolgen sollte, der nächste dann in der Geleitsgasse am [[Geleitsgasse 7 (ehemals)|Wimmersberger´schen Hause]]. Zwischen den Häusern Markgrafengasse 12 und 14 gab es einen engen Durchgang | 1839 kam es zu einer ''Offenen Bittschrift der Markgrafengäßler'' wegen des bereits drei Jahre unterbliebenen Nachtwächterrufes. Dabei berief man sich auf die ''Schreiordnung'', wo ein Ruf am Brunnen<ref>offensichtlich gab es zu jener Zeit einen öffentlichen Brunnen im mittleren Teil der Gasse</ref> erfolgen sollte, der nächste dann in der Geleitsgasse am [[Geleitsgasse 7 (ehemals)|Wimmersberger´schen Hause]]. Zwischen den Häusern Markgrafengasse 12 und 14 gab es einen engen Durchgang – auch als Ratzengang bezeichnet – der südlich des [[Geleitsgasse 7 (ehemals)|Wimmersberger´schen Hauses]] endete.<ref>vgl. dazu auch [[Karte 1822]]</ref> In der Antwort wurde deutlich, dass es einerseits um die Frage der Bezahlung für die vier Nachtwächter ging, die offensichtlich freiwillig zu erfolgen hatte, andererseits um die Unsauberkeit in dem angesprochenen Gäßchen, die für die Nachtwächter eine Zumutung darstellten. Diese wollte man aber nicht durch Reinigungsmaßnahmen beseitigen, sondern vielmehr durch Warntafeln mit entsprechenden Strafandrohungen für etwaige Verschmutzungen.<ref>Allerdings sahen die Local-Polizeiverordnungen ein zweimaliges Kehren von Gassen in der Woche vor, nämlich Mittwoch und Samstag, und war bei Unterbleiben mit 30 Kreuzern Bußgeld belegt. Siehe [https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10372839?page=89 Taschen und Adreßhandbuch von Fürth 1819], S. 75; ebenso S. 76</ref> | ||
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Der althergebrachte Ruf „Hört ihr Leut und lasst Euch sagen …“ reizte natürlich zu dem Spottruf „der Hauser hat sei Frau derschlag´n“, was wiederum zu lauthalsen Schimpfen des Mausers führte. Am Silvesterabend 1861 hörte man zuletzt seinen Nachtwächterruf. Am Neujahrsmorgen fand man ihn in einem Winkel der Altstadt, friedlich entschlafen. Die Zunft der treuen Hüter der Stadt war mit ihm ausgestorben. | Der althergebrachte Ruf „Hört ihr Leut und lasst Euch sagen …“ reizte natürlich zu dem Spottruf „der Hauser hat sei Frau derschlag´n“, was wiederum zu lauthalsen Schimpfen des Mausers führte. Am Silvesterabend 1861 hörte man zuletzt seinen Nachtwächterruf. Am Neujahrsmorgen fand man ihn in einem Winkel der Altstadt, friedlich entschlafen. Die Zunft der treuen Hüter der Stadt war mit ihm ausgestorben. | ||
In Anlehnung an den ehemaligen Nachtwächter lässt der [[Altstadtverein St. Michael]] zur Fürther [[Altstadtweihnacht]] seit 1980 täglich von einem [[Altstadtweihnacht#Historischer_Nachtwächter|"historischen" Nachtwächter]] mit einem [[Altstadtweihnacht#Epilog|Epilog]] beenden. | In Anlehnung an den ehemaligen Nachtwächter lässt der [[Altstadtverein St. Michael]] zur Fürther [[Altstadtweihnacht]] seit 1980 täglich den Markt von einem [[Altstadtweihnacht#Historischer_Nachtwächter|"historischen" Nachtwächter]] mit einem [[Altstadtweihnacht#Epilog|Epilog]] beenden. | ||
== Lokalberichterstattung == | == Lokalberichterstattung == | ||
* Reinhard Kalb: ''Zwist um den Fürther Nachtwächter''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 24. Juli 2025 (Druckausgabe) | * Reinhard Kalb: ''Zwist um den Fürther Nachtwächter''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 24. Juli 2025 (Druckausgabe); allerdings mit sinnentstellenden Zitierfehlern. | ||
== Siehe auch == | == Siehe auch == | ||
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