Leo Rosenthal

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Leo Rosenthal (geb. 5. Januar 1887 in Fürth, gest. 9. Mai 1958 in Fürth), war nach dem 2. Weltkrieg im Stadtrat für die SPD und lange Jahre im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Fürth (siehe Fiorda). Gemeinsam mit Werner Gundelfinger und Jean Mandel baute er nach 1945 die Israelitische Kultusgemeinde wieder auf.

Rosenthal war während der NS-Zeit mit einer "Arierin" verheiratet und konnte so der Deportation in den Tod entgehen. Er musste sich dennoch 1933 als Miteigentümer der Schuhfabrik S. Schloß & Co. zurückziehen und wurde später zur Zwangsarbeit verpflichtet. Rosenthal wurde ebenfalls Opfer der Arisierungen in Fürth. So musste er im November 1938 seine Häuser in der Gebhardtstraße 5 und in der Schwabacher Straße 9 unter Androhung von Gewalt an die NSDAP überschreiben. In einem späteren Spruchkammerverfahren gegen Hans Sandreuter schrieb er folgendes zur Arisierung:

Am 12. November 1938 musste ich im Rathaus erscheinen, wurde in den Rathauskeller geführt, musste mich ausziehen, Gesicht an die Wand. Im Keller war ein nasser Sandhaufen (Urin), nun musste ich Sand schaufeln, dazwischen wurde ich immer wieder mit dem Kopf in den nassen Sand gestossen. Gleichzeitig bekam ich 2 mal 25 Schläge. Um die Schreie der Opfer zu übertönen, kratzte 1 Mann ständig mit der Kohlenschaufel am Boden. Dann musste ich mich anziehen, abputzen (vor Amt muss man ja anständig erscheinen, wurde mir gesagt) mit der Taschenlampe abgeleuchtet. Es wurde mir ein Revolver an die Stirn gehalten und mir erklärt, wenn ich ein Wort über vorgenannte Vorgänge verlauten liesse, würde ich erschossen. Daraufhin wurde ich Sandreuter vorgeführt, wurde von demselben gefragt, wie hoch die Hypothek auf meinem Haus sind und zu diesem Preis das Haus dann verkauft worden und ich musste meine Unterschrift dazu geben.
Sandreuter hat die Befehle zum Niederbrennen der Synagoge gegeben. Mit der größten Brutalität führte er die Enteignung der Juden durch. Jeder Jude fürchtete sich vor Sandreuter und Kandel zu erscheinen, denn nur unter Todes- und Konzentrationslager-Androhungen wurden die Verhandlungen geführt.
Sandreuter entfernte die Juden aus ihren Wohnungen und verschacherte die Möbel an seine Parteigenossen zu Spottpreisen. Es ist unmöglich, alles anzuführen, was Sandreuter getan hat an den Fürther Juden. Als die Fürther Feuerwehr den Synagogenbrand löschen wollte, gab S. den Befehl, das Löschen sofort einzustellen und alles niederbrennen zu lassen – damit die ganze Judenbrut vernichtet würde.[1]

Rosenthal gehörte zu den wenigen Mitgliedern der jüdischen Fürther Vorkriegsgemeinde, die den Holocaust überlebten und nach dem Zweiten Weltkrieg in die Stadt zurückkehrten [2]. Kurz nach der Besetzung Fürths durch amerikanische Truppen wurde am 9. Juni 1945 von der US-Militärregierung Leo Rosenthal, Bernhard Früh und Max Lambert Stern als Komitee für jüdische Angelegenheiten eingesetzt [3] [4]. Dieses Komitee erklärte am 25. Februar 1946, dass die Kultusgemeinde unter dem Namen Jüdische Gemeinde Fürth (JGF) mit Präsident Max Lambert Stern, Vizepräsident Leo Rosenthal und Schatzmeister Bernhard Früh neu gegründet wurde [5]. Dem Komitee wurde 1955/56 Immobilien der Kultusgemeinde rückerstattet:

Rosenthal schloss sich 1945 der SPD an und wurde 1946 für diese Partei Stadtrat bis 1958. Zusätzlich widmete er sich dem Aufbau der Jüdischen Gemeinde.[7]

Anzeige 22.8.1947

Gleichzeitig engagierte er sich stark für die Aufarbeitung der Fürther Geschichte während des Nationalsozialismus und war bemüht, als Mitglied der Spruchkammer Fürth I wertvolle Hinweise über die Verbrechen der NSDAP Mitglieder zu geben. Hierzu schaltete Rosenthal am 22. August 1947 eine Anzeige in der deutsch-jüdischen Zeitschrift "Aufbau", die die wichtigste Informationsquelle und Anlaufstelle für jüdische und andere deutschsprachige Flüchtlinge in den Vereinigten Staaten war. Auf Grund der Anzeige kamen sehr viele Zuschriften von ehem. jüdischen Bürgern aus Fürth, die wertvolle Details über ehem. Fürther NS-Größen gaben. Die Briefe sind heute noch im Staatsarchiv Nürnberg in den Spruchkammerakten zu finden. Möglicherweise in Zusammenhang mit diesem Engagement wurde Rosenthal im Dezember 1948 in Fürth von zwei Männern angegangen, die schrien: "Die Gaskammern müssen wieder aufgebaut werden!" Ein Gesprächsversuch scheiterte, weil sich innerhalb kürzester Zeit ein Auflauf von etwa 150 Personen bildete, die Rosenthal in übler Weise bedrohte.[8]

Einen vergleichbaren Angriff auf Rosenthal meldeten die Nachrichten für den Jüdischen Bürger Fürths[9]. Nach dem Angriff und den Schmähungen des Arbeiters Franz Maag vor dem Gemeindegebäude[10] erfolgte eine Anzeige des Kultusgemeinde, die eine Sondersitzung im Stadtrat nach sich zog. Hans Bornkessel verurteilte die antisemitischen Angriffe schärfstens und leitete die Angelegenheit an den Landtag weiter. In einem Schreiben des Fürther Vorsitzenden der CSU, Karl Sigmund Mayer, der gleichzeitig auch stellvertretender Landesvorsitzender der CSU war, an Jean Mandel versicherte Mayer, dass er von dem "im Fürther Stadtrat gemachten Äußerungen des CSU-Abgeordneten Kracker vollständig abrückt"[11].

Bis zu seinem Tod im Jahr 1958 gehörte Leo Rosenthal der SPD Stadtratsfraktion im Fürther Rathaus an. Er ruht auf dem Neuen Jüdischen Friedhof Fürth.[12]

Mitarbeit während seiner Tätigkeit im Stadtrat:

  • Polizeiausschuss
  • Ausschuss für Opfer des Nazitums
  • Ausschuss Fürther Nothilfe
  • Prüfungsausschuss (Vorsitzender)
  • Wohlfahrtsausschuss
  • Steuerausschuss
  • Finanz- und Verwaltungsausschuss.

Einzelnachweise

  1. Staatsarchiv Nürnberg, Spruchkammerakten Hans Sandreuter, Schreiben von Leo Rosenthal 23. August 1945
  2. Hans Woller: Gesellschaft und Politik in der amerikansichen Besatzungszone. Die Region Ansbach und Fürth. Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Institut für Zeitgeschichte, Band 25, R. Oldenbourg Verlag, München, 1986, S. 175
  3. Julius Hans Schoeps: "Leben im Land der Täter: Juden im Nachkriegsdeutschland", 2001, Seite 159 - online verfügbar
  4. Gisela Naomi Blume: Der neue jüdische Friedhof in Fürth, 2019, Seite 322
  5. ebenda
  6. vgl. dazu Gisela Naomi Blume: "Der neue jüdische Friedhof in Fürth", 2019, Seite 294
  7. Bernd Windsheimer: "Geschichte der Stadt Fürth", 2007, S. 130
  8. "Allgemeine Wochenzeitung d. Juden in Deutschland" vom 13. Januar 1950 zitiert von Mosche N. Rosenfeld: "The Rav of Fürth", 2021, S. 251
  9. siehe Ausgabe vom Februar 1950, Seite 3. Auch die Düsseldorfer Allgemeine Zeitung und diverse New Yorker Zeitungen meldeten diesen Vorgang.
  10. vermutlich handelte es sich da um Blumenstraße 31
  11. Nachrichten für den Jüdischen Bürger Fürths, Ausgabe vom Februar 1950, Seite 3
  12. Gisela Naomi Blume: Der neue jüdische Friedhof in Fürth, 2019, Seite 321 f

Siehe auch

Bilder