Der Taufstein in St. Peter und Paul

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Der Taufstein von August von Kreling
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August von Kreling[1] schuf 1859/60 bei der großen Kirchenrenovierung und -umgestaltung der Poppenreuther Kirche St. Peter und Paul auch einen Taufstein. Dieser ist durch neugotische Formensprache gekennzeichnet. Im laufenden Spruchband des oktogonalen, steinernen Taufbeckens heißt es: Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden.

Neugotischer Taufstein mit mittelalterlicher Zahlensymbolik

Mit der oktogonalen Form, die in der Basis eine Fortführung findet, greift Kreling die alte Zahlenmystik des Mittelalters auf. Schon in vorchristlicher Zeit stand die Zahl "Acht" als Zeichen für die Ewigkeit und für die Vollendung. Die Ogdoas (griechisch ογδοάς)[2] hob für die Pythagoreer alle Siebener-Zyklen des Weltkosmos auf und auch die kreisenden sieben Planetensphären ruhen im achten Fixsternhimmel.
Die Bibel nimmt Zahl "Acht" als Offenbarung eines Neuanfangs auf, der unzerstörbar und ewig währt. So werden in der Arche Noah acht Menschen vor dem Untergang der alten und verderbten Menschheit gerettet. Diese acht begründen die neue Menschheit nach der Sinflut. Der erste Petrusbrief nimmt diese acht als Vorbild für die Taufe.[3]
Die Zahl "Acht" erinnert nun daran, dass die Welt zwar in sieben Tagen geschaffen wurde, aber noch nicht vollendet ist. Dies geschieht erst am achten Tag, dem Vollendungstag. An dieser ewigwährenden Vollendung hat jeder schon Anteil, der in diesem oktogonalen Becken getauft wird. Die "Acht" gilt also seit alters her als eine der Taufe zugeordnete symbolische Zahl.[4]

Die mittelalterliche Zahlenmystik wäre mit einem viereckigen, quadratischen Schaft, der das achteckige Taufbecken hält, perfekt aufgenommen. Darin versteckte sich nämlich der Hinweis, dass in der Taufe zuerst einmal der sündige Mensch - also der "alte Adam" - ersäuft wird. Die Vier-Zahl, gegeben durch die vier Seiten der Basis, deuten nämlich u. a. auch auf die vier Himmelsrichtungen hin.

A: Anatolä (griech. ανατολή): ist der Osten und der Morgen
D: Dysis (griech. δΰσις): ist der Westen und der Abend
A: Arktis (griech. άρκτος): ist der Norden und die Nacht
M: Mesembria (griech. μεσημβρία): ist der Süden und der Mittag

Jeweils den Anfangsbuchstaben gelesen ergibt sich also aus den vier Himmelsrichtungen das Wort "ADAM". Wenn dieser aus dem Taufwasser - und damit aus dem achteckigen Taufbecken - heraus gehoben wird, dann kommt der neue christliche Mensch, der an Jesu Auferstehung Anteil hat und damit vollendet ist, zum Vorschein.

Beckenschlägerschüssel um 1500 als Poppenreuther Taufschale

Beckenschlägerschüssel aus Messing

Die ins steinerne Taufbecken einzusetzende Taufschüssel aus Messing ist nicht nur um einiges älter als der Stein, sondern auch als das Stiftungsjahr vermuten lässt. Sie gehört zu den ersten Anschaffungen nach den Verwüstungen und Plünderungen des Dreißigjährigen Krieges. Als Beckenschlägerschüssel wurde ihr Ornament im Boden über einer Model, also einer negativen Form „geschlagen“. Eine Beckenschlägerschüssel ist gewissermaßen ein Abdruck. Diese Technik war im Nürnberger Raum um das Jahr 1500 sehr verbreitet [5].

Zu den häufigsten Darstellungen jener Beckenschlägerschüsseln gehört das Motiv von Adam und Eva. Seltener findet sich eine Abbildung der sogenannten „Traubenträger“ (also Josua und Kaleb), bzw. von der Verkündigung Mariens - wie im Fall der Poppenreuther Taufschüssel.[6]

Die Model, auf der das Bildmotiv getrieben wurde, gab die Größe der Schale vor. Diese konnte nur variieren, wenn das runde Zentralmotiv um einen Ring vergrößert wurde. Dieser Ring ist bei der Poppenreuther Taufschale ein gotisch erscheinendes Schriftband in Majuskelform [7] - dass schwer zu entziffern ist, woraufhin man lange eine rein ornamentale Kalligraphie ohne jegliche Aussage vermutete [8]. Darum umläufig findet man noch Zierpunzen, die von der Schauseite her eingeschlagen worden sind.
Der äußerste Ring eines getrieben Ornamentes geht nicht auf. Er wirkt auf der linken unteren Seite „zusammengepfuscht“. Damit verrät er etwas über die Herstellungsweise: Die Modelvorlagen wurden in Form von Segmentbögen zusammengestellt, bis sie halbwegs einen Kreis ergaben.

Die runde Bildszene zeigt links den Engel Gabriel mit weitgeöffneten Flügeln. In seiner linken Hand hält er den Botenstab mit einer Kreuzesdarstellung. Es ist ein Symbol für den Opfertod Jesu und weist damit auf den Ausgang der Geschichte hin. Gabriel erhebt die rechte Hand zum Redegestus, deutet dabei auf Maria und beginnt mit der Verkündigung „Ave Maria, gratia plena ...“.

Stiftungsdatum der Taufschüssel 1661

Die Szene findet im Freien statt, in einem Garten. Der eingezäunte Garten, der „hortus conclusus“, gilt als Symbol für die Jungfräulichkeit Mariens. Im Hintergrund zwischen Maria und dem Engel steht ein großes Henkelgefäß mit blühenden Blumen. Die Blüten werden manchmal als die mystische Rose Marias gedeutet, die mit ihren sechs Blättern vollkommener war als die übliche Rose mit ihren fünf Blättern.[9] Maria sitzt vor ihrem Schreibpult auf dem ein großes Buch, das Alte Testament oder das Buch Jesaia, aufgeschlagen liegt. Damit soll gezeigt werden, dass die Mutter von Jesus eine gebildete und fromme Frau ist und die heiligen Schriften kennt. Vom Pult hängt eine verzierte Decke herunter, ähnlich den Paramenten an Altar oder Kanzel in einer Kirche. Oberhalb von Maria ist die Heilig-Geist-Taube mit Heiligenschein dargestellt. Dies ist Symbol für die Gegenwart des göttlichen Willens. Die Strahlen, die von der Taube in Richtung Maria ausgehen, zeigen die Verbindung von himmlischem und irdischem Geschehen. Als szenische Vorlage der Treibarbeit auf der Beckenschlägerschüssel könnte das Tafelgemälde der Meister der Münchner Marientafel gelten.[10]

Die Stiftung dieser Taufschüssel im Jahr 1661 markiert damit für Poppenreuth eine erste Konsolidierungsphase nach den Drangsalen des Dreißigjährigen Krieges. Am umgeschlagenen Rand der Poppenreuther Taufschüssel findet sich nicht nur das Datum 1661, sondern sind auch die Namen der Stifter und des amtierenden Pfarrers Christian Kettwig eingraviert.

Einzelnachweise

  1. August von Kreling wurde 1853 durch König Maximilian II. von Bayern zum Leiter der Kunstgewerbeschule Nürnberg - dem Vorläufer der heutigen Akademie der Bildenden Künste - berufen. Siehe auch Wikipedia
  2. Zu Achtheit und Ogdoas: siehe auch Anthrowiki
  3. 1. Petrusbrief 3,20-22
  4. Manchmal wird die "Achtzahl" auch als Anspielung auf die Beschneidung Jesu, die nach jüdischem Brauch am achten Tag nach der Geburt erfolgte, gedeutet.
  5. Renate Schmoll: Die Majuskelinschrift auf Nürnberger Beckenschlägerschüsseln in: Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte (ZBKG), 75. Jahrgang 2006, Seite 296 zitiert Thomas Eser aus Ausstellungskatalog des GNN, Nürnberg 2002, Seite 106:
    "Vorgeformte, glatte Messingbecken werden im erhitzten Zustand mit der Vorderseite nach unten auf eine Stahlform, die im Negativ ein figürliches oder ornamentales Relief trägt, gelegt. Der Beckenschläger treibt nun die Rückseite des Beckens mit gezielten Hammerschlägen so in die Stahlmatrize, dass sich auf der Vorderseite der erhabene Dekor abzeichnet. Anschließend wird die Schüssel mit Punzen weiter veredelt, gelegentlich sind großflächige Teile frei getrieben."
  6. Die biblische Grundlage für diese Szene findet sich im Evangelium Lukas 1, 26 - 38
  7. Schreibweise, in der alles in Großbuchstaben verfasst wird - im Gegensatz zu „Minuskel“
  8. Renate Schmoll: Die Majuskelinschrift auf Nürnberger Beckenschlägerschüsseln in: Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte (ZBKG), 75. Jahrgang 2006, Seite 297 f; kommt aber nach Vergleichen mit ähnlichen Beckenschlägerschüsseln, die trotz unterschiedlicher Motivik immer die gleiche Buchstabensequenz aufweisen, zu dem Schluss, dass hier eine abgekürzte religiöse Bedeutung vorliegt. Christogramm und Mariogramm mit Bezug auf die beiden Personen sind hier selbsterklärend und entfalten bei profanen Gerätschaften, wo sie ebenso verwendet wurden, eine apotropäische] Wirkung.
  9. In spätgotischer Zeit dienen Pflanzen vermehrt der visuellen Erklärung einer mystischen Kraft- bzw. Tugend-Deutung
  10. ein Tafelgemälde um 1450 aus einem Altarbild der Frauenkirche. Heute findet sich dieses im Kunsthaus Zürich - online

Siehe auch

Bilder