Aus: Fürth 1968 - Fürther Geschichtswerkstatt - Bearbeitet von Gert Kuntermann - Gekürzt von Bernd Jesussek für FürthWiki – 15.1.2025 Dienstag, 2. Januar 1968 Während in Berlin junge Demonstranten die Mitternachtsandacht in der Gedächtniskirche lautstark störten, verhielten sich die meisten Fürther kreuzbrav. Zwar wurde zünftig gefeiert, die Polizei vermeldete an Silvester jedoch nicht ein einziges Alkoholdelikt. Die Einsätze der Feuerwehr beschränkten sich auf "Sandstreuen", denn es hatte mächtig geschneit. An Neujahr deuteten unzählige Autos an den Parkplätzen des Stadtwaldes darauf hin, dass sich viele Fürther nach der langen Silvesternacht an der klaren Winterluft "auslüfteten". Im 195. Lokalderby an Silvester zwischen der SpVgg und dem 1. FC Nürnberg ließen mehr als 10.000 Besucher über 90 Minuten lang Raketen steigen und Böller krachen. Die Kleeblättler, die eines ihrer besten Spiele des Jahres machten, gingen zwar durch Perras mit 1:0 in Führung, der Club gewann schließlich mit 3:1 durch Tore von Starek und Volkert (2). Im Programm des Fürther Stadttheaters zum Jahresbeginn: Die Neuinszenierung der Oper "Madame Butterfly" von Puccini, u.a. mit Marianne Astner, Elisabeth Kingdon, Oskar Gernhardt und Barry Hanner, ferner die beiden Lustspiele "Boeing - Boeing" von Camoletti und "Das Glas Wasser" von Scribe als Wiederholungen in der jeweils bisherigen Besetzung. Mittwoch, 3. Januar 1968 Pünktlich zum ersten Werktag des neuen Jahres öffnete die neue "Maipost" als Baracke am Tannenplatz. Die neue Postfiliale für die geschlossenen Räume Ecke Mai- und Nürnberger Straße erinnerten eigentlich mehr an einen Geräteschuppen für den nahen Stadtpark, zumal das amtliche Postschild an der Rückseite hing. Einen Briefkasten suchte man zudem vergeblich. Am letzten Tag des Jahres 1967 starb mit 75 Jahren der frühere Operettentenor Josef Wedorn. Er gehörte den Nürnberg-Fürther Bühnen an und war in der Zeit zwischen den Weltkriegen der Liebling des Theaterpublikums. Sein Sohn Heinz hatte das Gesangstalent und den Wiener Charme des Vaters geerbt. Er führte in den fünfziger Jahren als Conférencier durch viele bunte Abende. Die Prominenz ganz Nordbayerns hatte der Kommandeur des amerikanischen Befehlsbereichs in den Offiziersclub in der Fürther Südstadt eingeladen. Oberst Field und sein Stellvertreter McCallister schüttelten unzählige Hände und hauchten maschinenhaft stets "a happy New Year" den Besuchern entgegen. Die Damen trugen teure Roben, die Herren erschienen im schwarzen Smoking bzw. in prunkvollen Uniformen der jeweiligen Militärakademie. Buffet und Bar brauchten sich über ein Desinteresse der deutschen Gäste nicht zu beklagen. Die Stadt Fürth verlor vor dem Verwaltungsgericht Ansbach einen Prozess gegen einen Fürther Taxifahrer. Die Stadt wollte die Waffenscheinerlaubnis für das Mitführen einer Pistole nur bis zum 30. Juni 1968 befristen, da ab diesem Zeitpunkt alle Taxis mit einer Trennscheibe ausgestattet sein mussten. Die Stadt verlor den Prozess, weil das Gericht entschied, dass Taxifahrer trotz Trennscheibe weiterhin erhöht gefährdet seien, z.B. beim Reichen von Gepäckstücken oder durch ein offenes Seitenfenster. Zudem läge in dem speziellen Fürther Fall eine potenzielle Zusatzgefährdung durch amerikanische Soldaten und Ausländer aus dem Lager Zirndorf vor. Donnerstag, 4. Januar 1968 Die zum Jahresbeginn neu eingeführte "Mehrwertsteuer" führte zu Klagen über ungerechtfertigte Preiserhöhungen. Insbesondere Gaststätten schlugen oft zehn Prozent auf, ohne die bisherige Umsatzsteuer von vier Prozent vorher abzuziehen. Immer mehr Wirte gingen zudem dazu über, den bisherigen Preis für ein "Seidla" (0,5 Liter) gleich zu lassen, aber dafür das Bier nur in 0,4-Liter-Gläsern auszuschenken. Viele Fürther schimpften über diese Einführung einer "Preußenmaß". Das Finanzamt Fürth erlebte - wie jedes Jahr - einen Ansturm von 40.000 Anträgen auf Lohnsteuerjahresausgleich. Man rechnete damit, etwa 9,2 Mio DM allein an Lohnsteuer den Bürgern erstatten zu müssen. Letztmalig durften 1967 übrigens Aufwendungen für die Aussteuer der Töchter abgesetzt werden. Wahrscheinlich verstieß diese Regelung gegen den Grundsatz der Gleichheit von Mann und Frau und wurde deshalb abgeschafft. Freitag, 5. Januar 1968 Schnee und Eis beherrschten die Straßen Fürths. Der Schlittenverkauf hatte Hochkonjunktur. Im Stadtpark waren alle Skulpturen von Gertrud Kunstmann in stabile Holzkästen eingehüllt, damit sie den Winter unversehrt überstanden. 14 Tote und 871 zum Teil Schwerverletzte waren der blutige Tribut, den der Massenverkehr 1967 auf den Straßen und Plätzen Fürths gefordert hat. Bei 2774 Autozusammenstößen entstand 1967 ein Schaden von fast 2 Mio DM. Unter den Toten befanden sich allein 12 Fußgänger. (Im Landkreis Fürth gab es im gleichen Zeitraum 770 Verkehrsunfälle mit 25 Toten und 467 Verletzten.)
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