Donnerstag, 30. Januar 1969 Die Karnevalsgesellschaften resignierten: Auch in diesem Jahr gab es in Fürth keinen Faschingszug. Nichts ging zusammen. Lediglich an den vier tollen Tagen des Faschingstreibens auf der Fürther Freiheit wollte man am Nachmittag die Fürther zum Singen und Schunkeln bringen. Ein schier unmögliches Unterfangen! Eine in Fürth wohlbekannte Familie beging ein 50-jähriges Jubiläum: Seit 1919 bewirtschaftete die Familie Most den Fürther Geismannsaal in der Alexanderstraße. Gewaltige Ströme des süffigen Bieres sind in dieser Zeit durch die Kehlen geronnen. Die Pächter Michael Most (1919-1948), Emil Most (1948-1961) sowie danach Witwe Klärchen und Sohn Reiner Most führten die Geschäfte bis zum Abriss für das spätere City-Center weiter. Noch heute bekommen Kenner feuchte Augen, wenn der Begriff „Poculator“ fällt. Die Stadt registrierte eine erhöhte Leselust: Während im Jahr 1967 in der Volksbücherei einschließlich ihrer Filialen 103 990 Bände ausgeliehen wurden, stieg diese Zahl 1968 auf 117 879. Die Fürther, ein Volk von Intellektuellen? Freitag, 31. Januar 1969 Die Fürther Jugend forschte nicht! Fehlanzeige beim Regionalwettbewerb „Jugend forscht“ im Grundig-Teeraum an der Kurgartenstraße. Nur der Puschendorfer Helmut Keupp rettete die Forscherehre der Fürther Gegend. Er qualifizierte sich mit seiner Auswertung von Versteinerungen als einziger der Region für die Landesausscheidung in München. Wienerwald-Fürth in der Königstraße 104-106 (später „Opus Lounge“) warb in Anzeigen für Gastlichkeit vom Vormittag bis spät in die Nacht, natürlich ohne Ruhetag. Ein halbes knusprig gegrilltes Hähnchen kostete mit Beilagen und Bedienung 3,75 DM. Samstag, 1. Februar 1969 Die Reihen der Rechtsanwälte auf der Verteidigerbank lichteten sich. Nur noch zwei Advokaten verfolgten den Prozess gegen den ehemaligen Grundig-Manager Josef Schäfer. Da sich die Aussagen ständig im Kreis drehten und auch Max Grundig keine Anstalten machte, seinen ehemaligen Mitarbeiter zu belasten, drohte der monatelange Prozess zu platzen. Erste Vorhut-Gefechte zur OB-Wahl 1970: Im Rahmen eines Diskussionsabends bei der ÖTV-Jugend griff MdL Horst Haase (SPD) den amtierenden OB Scherzer heftig an. Von lascher Führung war die Rede. Auf die Frage nach einem eigenen OB-Kandidaten der SPD wich Haase beim Namen „Stranka“ aus. Das „White Horse“ in der Pfisterstr. 3 lud zum großen „Hawaii-Ball“ ein. Garde und Prinzenpaar hatten ihr Kommen schon zugesagt. Der Stellenmarkt in den FN umfasste unglaubliche 41 ganze Seiten! Montag, 3. Februar 1969 Die MTV-Grundig-Halle war für den diesjährigen Valentinsball fast zu groß, zumindest was die Blumendekoration betraf. Teile des Saales konnten der Turnhallen-Öde nicht entfliehen. Gus Backus und Gitta Lind sangen als Gaststars zu den Mittelklasse-Klängen des Münchner Show-Orchesters Harry Paul. Die hübsche 18-jährige Inge Rissmann, mit Korkenzieher-Löckchen auf weißem Tüll, wurde zur Ballkönigin gekürt. Aber auch sonst wurde an diesem Wochenende viel gefeiert: So sorgten die „Treuen Husaren“ bei ihrem Faschingsrummel im Weißengarten für Furore, die Juxsafari des Hauptvereins der 60er ging in der Vereinsturnhalle über die Bühne und die Schwimmer der SpVgg forderten im Grünen Baum mächtig zum Tanz auf. Hübsche Mädchen überall - mit reichlich Zugluft um die Knie. Im Wochenprogramm des Fürther Stadttheaters: Das musikalische Lustspiel „Das kleine Hofkonzert“ von Edmund Nick sowie die Märchenoper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck, beide Stücke als Wiederholung in den bisherigen Besetzungen. Ferner das Gastspiel des Tegernseer Volkstheaters mit dem Volksstück „Himmel auf Erden“ von Franz Gischel. Die SpVgg gewann ihr Auswärtsspiel beim Tabellenzweiten Freiburger FC mit 2:0. Tore für Fürth durch ein Eigentor der Gastgeber sowie ein Tor von Albrecht. Held des Tages war Torhüter Löwer, der sogar einen Elfmeter hielt. Damit blieb man auf Rang sechs der Tabelle. Dienstag, 4. Februar 1969 Das 1968 in Kraft getretene „Bundesgesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes“ hatte jetzt in Fürth sichtbare Gestalt angenommen: Die ersten zwei von fast 50 Spezialfahrzeugen waren in der Kleeblatt-Stadt angekommen. Die Kosten trug komplett der Bund. Der Katastrophenschutz wurde von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Rotem Kreuz wahrgenommen und koordiniert. Das Fürther Industrie- und Handelsgremium hatte sich schriftlich an OB Scherzer gewandt und sich dabei deutlich gegen eine Gewerbesteuer-Erhöhung ausgesprochen. Diese Maßnahme würde die Wettbewerbsfähigkeit der
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