Montag, 23. Februar 1976 Während in Nürnberg 120.000 Zuschauer bei strahlendem Wetter den 7 km langen Nürnberger Faschingszug mit 1300 Teilnehmern, 40 Wagen und 22 Kapellen sahen, schauten die Fürther wieder einmal in die Röhre. Jubel, Trubel, Heiterkeit aber bei den Fürther Faschingsbällen. Den schönsten Maskenball bot dabei die Hockeyabteilung der SpVgg. Mit einer bühnenreifen Persiflage ließ man Henry Kissinger auftreten. Beim traditionellen Fasching des TV Fürth 1860 heizte German Hofmann mit seiner Show-Band die Stimmung an. Die Fans schwärmten noch Tage. Die SpVgg gewann ihr Heimspiel im Ronhof vor 5500 Zuschauern gegen Schweinfurt 05 mit 3:0. Tore für Fürth durch Unger (2) und Hofmann. Damit verbesserte man sich auf Rang 17 der Tabelle. Vor dem Spiel drehte das Fürther Prinzenpaar auf Fahrrädern auf der Aschenbahn unter dem Gejohle der Fans eine Ehrenrunde. Dienstag, 24. Februar 1976 Der Schwarz-Weiß-Ball der CSU in der Halle des TV Fürth 1860 war sehr gut besucht. 900 Gäste bedeuteten einen neuen Ball-Rekord. Eine Münchner Show-Kapelle sorgte für gute Stimmung. Unter der Ballprominenz befanden sich u.a. die bayerischen Minister Dr. Pirkl und Hillermeier sowie MdB Dr. Dollinger. Der Tanzsport hatte in Fürth keine Tradition, lag aber in den siebziger Jahren voll im Trend. In vier Vereinen konnte man das Tanzen trainieren. Der Tanzclub „Noris Weiß-Grün Fürth“ (Mathildenstraße 17, Rückgebäude) z.B. existierte schon seit 1966 und hatte 90 aktive Mitglieder. 1976 wurden die bayerischen Titelkämpfe im Kolpinghaus ausgetragen. Erstmals wurde in Fürth eine komplette Trafostation auf einem Tieflader innerhalb von wenigen Stunden angeliefert und in Betrieb genommen. Ein Spezialkran hievte den fertigen Block in der Atzenhofer Kaserne in die vorbereiteten Fundamente. Stadttheater Fürth: „Nathan der Weise“, Drama von Lessing (Stadttheater Ingolstadt). Mittwoch, 25. Februar 1976 Der dreifache Mörder Roland Purkhardt aus Fürth war aus der psychiatrischen Abteilung des Bezirkskrankenhauses Erlangen ausgebrochen und war in Fürth aufgetaucht. Die Fahndung der Polizei lief auf Hochtouren. Er hatte 1967 in der Gaststätte „Stadtwappen“ in der Bäumenstraße einen Rentner erstochen und drei Tage später zwei junge Fotoschülerinnen bei Holzkirchen kaltblütig erschossen. Im Foyer des Fürther Stadttheaters waren nun Zeichnungen und Radierungen des Oberasbacher Malers Wolfgang Turba zu sehen. Der Künstler zeichnete und radierte laut FN so lange an ausgefallenen Motiven aus Wald und Flur herum, bis sich die Wirklichkeit verflüchtigt hatte und die Details ein Eigenleben entfalteten. Im Rahmen einer überörtlichen Ausbildung absolvierten 85 Auszubildende der Maler- und Lackiererinnung in Fürth 40-stündige Kurse, um ihr Können im Bereich Versilbern und Oxydieren zu verbessern. Die Leitung hatte der Fürther Ex-Faschingsprinz Norbert Wittmann. Donnerstag, 26. Februar 1976 Eine der kleinen, aber witzigen Faschingsveranstaltungen spielte sich im Vorort Vach ab. Dort stellten die „Bettschoner“ mit Zipfeline I. und Adolfo I. sogar ein Prinzenpaar. Unter Lachstürmen verlieh man diversen als Gäste anwesenden Stadträten „Wurstorden“. Fürths Karnevalisten stürmten die Redaktion der FN. In einem mannsgroßen Bleistift hatte man Prinzessin Erika III. in die Geschäftsräume geschmuggelt. Schwarze Druckfehlerteufel impften abgeschlaffte Redakteure mit Schnaps. Dazu gab es Hosenbandorden und Küsse. Ab 25. Februar waren nun acht Politessen (eigentlich „Polizeihostessen“) im Fürther Stadtgebiet unterwegs, um den ruhenden Verkehr zu überwachen. Zu Beginn waren sie stets zu zweit unterwegs. Man erkannte sie am neckischen Hütchen, marineblauen Hosenanzug und gleichfarbigem Mantel. Ab sofort hatten Fürths Parksünder keine Ruhe mehr. Die Einnahmen flossen allerdings an das Polizeipräsidium Nürnberg. Freitag, 27. Februar 1976 Noch in den letzten Tagen des Faschings wurde bereits Fürths berühmtestes Festbier der Presse vorgestellt. Der „Poculator“ sollte vom 7. bis 20. März im Geismannsaal durch die Kehlen rinnen. Das starke Gebräu harrte in den Sudkesseln der Humbser-Brauerei wie eine tickende Zeitbombe. Erstmals wurde der Poculator 1884 von der Brauerei Geismann ausgeschenkt. Er wurde im Brauereihof im Freien getrunken. Erst 1895 zog man in den Geismannsaal um. Die Maß kostete mittlerweile 3,80 DM. Bei der Stadt Fürth trug man sich seit einiger Zeit schon mit dem Gedanken, im Bereich Poppenreuth einen SuperVerbrauchermarkt anzusiedeln. Im Gespräch war „Wertkauf“. Nachdem ein bereits realisiertes ähnlich großes Projekt mit „Huma“ in Schwabach verheerende Wirkungen auf den örtlichen Einzelhandel hatte (Umsatzrückgänge bis 90%!), plante die „Schutzgemeinschaft Fürther Gewerbetreibender“ Protestaktionen. So wollte man ein
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