Die Fürther „Kärwa“ bestand nicht nur aus Fahrgeschäften und fliegenden Händlern, sondern auch aus gern besuchten Gaststätten. Die „Wirtshauskärwa“ war in Fürth nicht wegzudenken. Größtes Etablissement war natürlich der altehrwürdige Geismannsaal. Stets übervoll und rauchverhangen präsentierte er sich täglich den Fürthern und die Blaskapelle heizte die Stimmung mit Kufsteinlied und Schneewalzer an. Aber auch in den kleineren Wirtschaften – erkennbar an den mit Bändern geschmückten Birkenzweigen im Blecheimer beim Straßeneingang – wurde teilweise noch nach altem Brauch gefeiert. Waren es früher die „Harfenzupfer“, die von Gaststätte zu Gaststätte zogen, so gab es 1980 noch den einen oder anderen herumziehenden Akkordeonspieler, der in den Wirtshäusern spielte und sang. Zu erleben damals z.B. in den „Theatergaststätten“, im „Wienerwald“ oder im „Tannenbaum“. Stadttheater Fürth: „Modenschau“ (Modehaus Fiedler). Mittwoch, 15. Oktober 1980 Für die Zeit der Fürther Kirchweih waren große Teile der Feuerwehr mit ihren Löschzügen auf dem Gelände des Lohnertspielplatzes einquartiert. Im Notfall konnte man von hier aus schnell abfahren, was auf dem engen Kirchweihgelände nicht möglich war. Viele kleine Kirchweihbesucher wurden um eine begehrte Attraktion gebracht: Weil der Schausteller des KasperlTheaters an der Königstraße kein vorgeschriebenes TÜV-Prüfbuch vorweisen konnte, beendeten Vertreter des Fürther Bauordnungsamtes das Gastspiel des beliebten Geschäfts. Bis zur Kärwa-Halbzeit hatte man beide Augen zugedrückt. Die kleinen Besucher verließen mit langen Gesichtern den Innenraum und erhielten an der Kasse ihr Geld zurück. Die Sicherheit hatte Vorrang. Stadttheater Fürth: „Die Beredsamkeit der Hunde“, Stück von Cervantes/Thiem (Fritz-Remond-Theater Frankfurt). Donnerstag, 16. Oktober 1980 Der Maler Karl Dörrfuß schenkte den Fürthern ein neues Kunstwerk: An der Fassade des Kindergartens von St. Heinrich in der Südstadt schuf er ein Bild unter dem Motto „Schwestern und ihre Helferinnen betreuen Kinder“. Das Gemälde enthielt auch St. Heinrich, den Schutzpatron der Franken und der Fürther Pfarrei. Theaterleiter Kraft-Alexander konnte eine Fürtherin als 1800. Abonnentin im Stadttheater begrüßen. Sie erhielt von ihm einen Blumenstrauß und Applaus vom Publikum. Mit dem „Kirchweihmittwoch“ war die Fürther „Käwa“ zu Ende gegangen. Sie litt diesmal unter Sonnenmangel. Statt Schnaps gab es eben mehr Glühwein. Trotz Regens und Kälte blühten jedoch die Geschäfte. Die Schausteller waren mehr als zufrieden. Es jährte sich zum 25. Mal der Tag, an dem Diakon Fritz Hoyer seinen Dienst als Dekanatsjugendleiter antrat. Auf der „Kärwa“ verkaufte er Artikel an dem seit acht Jahren fest etablierten „Agape-Stand“, mit dessen Erlös die Welthungerhilfe unterstützt wurde. Auch diese Initiative ging auf Fritz Hoyer zurück. Freitag, 17. Oktober 1980 BIG-Firmenchef Ernst Bettag gelang es nach zweijährigen Verhandlungen, mit der sowjetischen Außenhandelsgesellschaft Licensintorg einen Kooperationsvertrag abzuschließen. Damit konnten Fürther Spielwaren von BIG in Russland produziert werden. Man brauchte für dieses Abkommen zwar „viel Geduld“, ein einmal abgeschlossener Vertrag wurde aber von der damaligen Sowjetunion mit geradezu kleinlicher „Akkuratesse“ erfüllt, insbesondere was Zahlungen betraf. In der „Galerie am Theater“ stellte die Malerin Renate Höllerer ihre Werke aus. Unappetitlich-fette Frauen waren ihre bevorzugten Objekte. Die nackten Dicken – sicher eine Anklage gegen die Wohlstandsgesellschaft. Ein griechischer Wirt, der zwei dieser Bilder in seinem Lokal aufgehängt hatte, wurde von couragierten „Emmas“ gezwungen, die „frauenfeindlichen Bilder“ wieder abzuhängen. Das Fürther Filmprogramm zur Monatsmitte: „Verbotene Spiele auf der Schulbank“ mit Vera Lessing und Mario Pollak (Kronprinz-Kinocenter I), „Strafbataillon 999“ mit Sonja Ziemann und Heinz Weiss (Kronprinz-Kinocenter II), „Shaolin – Bruderschaft der schwarzen Spinne“ mit Tien-chi Cheng und Kang Chin (Kronprinz-Kinocenter III), „Die schönen Wilden von Ibiza“ mit Tanja Spiess und Michael Gspandl (Clou), „Freibeuter des Todes“ mit Michael Caine und David Warner (Country), „Xanadu“ mit Olivia Newton-John und Gene Kelly (City) sowie „Blues Brothers“ mit James Brown und Ray Charles (Condor). Samstag, 18. Oktober 1980 Insbesondere im Bereich des Europakanals wütete die Kaninchenseuche „Myxomatose“. Die Krankheit wurde durch Mücken und Flöhe übertragen. Die Seuche begann mit einer eitrigen Bindehautentzündung, das Kaninchen wurde apathisch und verendete nach etwa zwei Wochen. Für Menschen war „Myxomatose“ ungefährlich. Da sich die Wildkaninchen in Ufernähe seit Fertigstellung des Europakanals stark vermehrt hatten, wurden immer mehr Kaninchenkadaver gefunden. Zentrum der Seuche war das Hafengebiet Nürnberg. Nach einem langen Hindernislauf durch die Genehmigungsinstanzen konnte das denkmalgeschützte Haus 48
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