Siegfried Offenbacher

Aus FürthWiki
Person
Siegfried Offenbacher
Vorname
Siegfried
Nachname
Offenbacher
Geschlecht
männlich
Geburtsdatum
9. Februar 1899
Geburtsort
Fürth
Todesdatum
13. Februar 1970
Todesort
München
Beruf
Schneider, Kaufmann
Religion
Jüddisch
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Siegfried Offenbacher (geb. 9. Februar 1899 in Fürth; gest. 13. Februar 1970 in München) war Schneider, Handelskaufmann und Inhaber der Schreibmaterialienhandlung in der Schwabacher Straße 15.[1] Er war der Sohn von Chaim Heinrich Offenbacher und Madel Amelie Offenbacher, geb. Bacharach.

NS-Zeit und Rückkehr

Offenbacher war von seiner Jugend an schwerhörig und ein tief religiöser Mensch, seine Hobbys waren Wandern, Skilaufen und die Berge. Seit 1918 war er Mitglied in der jüdischen Jugendorganisation Esra-Verein und der Aguda-Bewegung. Während des 1. Weltkrieges diente er als Soldat. Nach dem Krieg übernahm das elterliche Geschäft die Schreibmaterialienhandlung in der Schwabacher Straße 15, dessen Gebäude und Geschäft er von seinem Vater geerbt hatte.

Bereits 1934 wurde Offenbacher inhaftiert und ins KZ Dachau verbraucht. Am 9. November 1938 wurde er während der sog. Pogromnacht erneut durch die Nationalsozialisten in Fürth in seiner Wohnung verhaftet und in das KZ Dachau verschleppt. Sein Vermögen bzw. Eigentum wurde arisiert. So musste er am 19. Oktober 1938 mit seinen beiden Schwestern das Anwesen samt Geschäft in der Schwabacher Straße für 78.500 RM verkaufen. Auch ein Grundstück mit Acker in Schweinau wurde arisiert und verkauft an den Hauptlehrer a.D. Leonhard Heinlein und Frau. Im Nachgang wurde der Verkauf am 30. November 1938 auf einen Gesamtpreis von 13.744,38 RM reduziert. Käufer des Geschäfts samt Immobilie war Emil Stahl, der bereits am 9. November 1938 den NS-Stadtrat Hans Sandreuter um die Übernahme des S. J. Offenbacher Papier- und Pappen-Großhandlung gebeten hatte. Sandreuter genehmigte die Übernahme zum 19. Januar 1939 und übergab das Warenlager für 4.800 RM, die Einrichtung wechselte den Besitzer für lediglich 400 RM. Die Überweisung des Kaufpreises auf das Sperrkonto für Arisierungen in der Industrie Nr. 7 111 bei der Bank der Deutschen Arbeit sollte am 4. Februar 1939 erfolgen - und entsprach nur einem Bruchteil des eigentlichen Unternehmenswertes, wovon der jüdische Eigentümer nichts bekam. Am 17. März 1939 konnte er nach der Entlassung aus dem KZ nach Palästina fliehen. Dort baute eine Parfümeriegroßhandlung auf, beschloss aber wegen Heimweh wieder nach Deutschland zurückzukehren.[2]

Im Alter von 54 Jahren kam er 1953 bzw. 1956 zurück nach Fürth. Allerdings zog er der Liebe zu den Bergen als Rentner nach München in ein jüdisches Altenheim. Er setzte sich stets für die Versöhnung der gemeinsamen Völker ein und setzte auf den Dialog. Noch als Gaststudent für Geschichte und Philosophie suchte er z.B. den Dialog mit den jungen Menschen.[3]

Ermordung

Am 13. Februar 1970 wurde er Opfer eines Brandanschlags in München. Aufgrund einer Grippeerkrankung war Offenbacher zum Zeitpunkt des Anschlags bettlägrig. Der bis heute (2025) nicht aufgeklärte Brandanschlag, bei dem fünf Männer und zwei Frauen jüdischen Glaubens getötet wurden, zählt zu den "grausamsten antisemitischen Verbrechen der Nachkriegszeit" und wird offiziell als "jüdischer Massenmord" eingestuft, so das Bay. Landeskriminalamt. Besonders tragisch wurde bewertet, dass neben Offenbacher auch David Jakubowicz (59) Georg Eljakim Pfau (63) Opfer des Brandanschlags wurden - letzte waren ebenfalls Überlebende aus KZ-Aufenthalte während des Nationalsozialismus.[4]

Eine bis heute unbekannte Person hatte einen Benzinkanister im oberen Treppenhaus eines jüdischen Altenheims, in dem auch Studenten lebten, aus gekippt und angezündet. Alle Ermittlungen - sowohl gegen rechts- als auch linksextreme Täter - liefen in der Vergangenheit ins Leere. Neuste Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft München aus dem April 2025 legen den Verdacht nahe, dass es sich bei dem Täter um einen inzwischen verstorbenen Rechtsextremisten handeln könnte.[5] Der ehemalige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in München, Maximilian Tauchner, bezeichnete die Tat wie folgt: "Was in den Gaskammern nicht vollbracht werden konnte, ist im Altersheim 25 Jahre später zu Ende geführt worden." Während des Brandes hatte eines der Opfer in Todesangst aus dem Fenster gerufen: „Wir werden vergast, wir werden verbrannt![6]

Beerdigung

Offenbacher wurde nach eigenem Wunsch in Fürth am 21. Februar 1970 auf dem neuen Jüdischen Friedhof beerdigt. Unter den Trauergästen war auch der damalige Oberbürgermeister Kurt Scherzer, sowie der Schulreferent Karl Hauptmannl.[7] Unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit sprach bei der Beerdigung neben Jean Mandel auch der Rabbiner Grünewald aus München, sowie der Senator David Schuster. Auf dem neuen jüdischen Friedhof wurde sein Grabstein am 10. März 1971 enthüllt - auf dem geschrieben steht: Siegfried Offenbacher - Ein frommer und gerechter Mann - eines der sieben Opfer der Münchner Synagogenbrandstiftung.

Zur offiziellen Trauerfeier in München kamen neben dem ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann auch der damalige Bundeskanzler Willy Brandt, sowie der Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher.

Literatur

Lokalberichterstattung

  • Hans Böller: Die Mörder und die Akten. In: Fürther Nachrichten vom 10. Oktober 2023, S. 8 (Druckausgabe)

Siehe auch

Webinks

  • Brandanschlag auf das Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde in München - Wikipedia

Einzelnachweise

  1. Naomi Blume: Jüdisch in Fürth, online abgerufen am 27. Mai 2025 | 8:34 Uhr
  2. Naomi Blume: Der neue jüdische Friedhof in Fürth, Gesellschaft für Familienforschung in Franken, Nürnberg 2019, S. 365 ff.
  3. Hans Böller: Die Mörder und die Akten. In: Fürther Nachrichten vom 10. Oktober 2023, S. 8
  4. Fire Kills Seven Elderly Jews; Pres. Heinemann Denounces Arsonists. Jewish Telegraph Agency, 16. Februar 1970
  5. AFP/dpa: Rechtsextremer könnte Münchner Brandanschlag 1970 verübt haben. In: ntv.de - online abgerufen am 27. Mai 2025 | 8:44 Uhr
  6. Ronen Steinke: Terror gegen Juden: Wie antisemitische Gewalt erstarkt und der Staat versagt. Eine Anklage. Berlin Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-8270-1425-2, S. 79
  7. Gert Kuntermann: Fürth 1970 - Fürther Geschichtswerkstatt, Eigenverlag, Fürth, S. 15

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