LIEBE MITBÜRGERINNEN UND MITBÜRGER, LIEBE FREUNDE DER FÜRTHER ALTSTADT! Seit ein paar Jahren stehen an dieser Stelle immer Gedan ken zu jeweils aktuellen Fragen der Fürther Altstadt, des Denkmalschutzes oder zu grundsätzlichen Problemen einer Bürgerinitiative und ihren Wirkungsmöglichkeiten, wie sie eben für ein einleitendes Vorwort charakteristisch sind. O ft, sehr o ft hat sich ein solcher „L e ita rtik e l" mehr als „LeidA rtik e l" über irgendetwas „Altstadt-Mäßiges" erwiesen, nicht immer war Angenehmes oder gar Erfreuliches hier zu lesen. Vielfach gab's auch für den einen oder anderen Grund zum Ärger, so daß wohl mancher Leser bereits hier das A ltstadt-Bläddla beiseite legte, gleich wegwarf oder zur spitzen Feder G riff - je nach Temperament oder dem Grad seiner Erregung. Freilich: das Altstadt-Bläddla macht's sich nicht bequem und ist eben o ft auch für andere unbequem. Gerade deshalb sollen zunächst einmal ein paar Überlegun gen in eigener Sache voranstehen.
Das Altstadt-Bläddla — Stein des Anstoßes oder: was soll's? ' Immer wieder mal ist das Mitteilungsblatt der Bürger Vereini gung wegen irgendwelcher, für manchen unangenehmen In halte oder auch wegen seiner m itunter recht deftigen Spra che zum „Stein des Anstoßes" geworden — nicht nur in so wieso schon „feindlichen Lagern" (welche auch immer sich für solche halten mögen). Dazu sei gesagt, daß immer da, wo Anstoß genommen wer den kann, erst einmal Anstöße vorangegangen sein müssen... Dann gibt's da zum einen ein physikalisches Gesetz, das so etwas wie „actio gleich reactio" besagt, zum anderen auch das berühmte Sprichwort vom „W ald" und dem „Schall", der da nur daraus „zu rück h a llt"! Vielleicht ist auch zur besseren Veranschaulichung der Vergleich mt dem sehr sensiblen Seismographen gestattet, der größere Erdbewe gungen bereits in ihren Anfangsstadien signalisiert. Und was die ab und zu derbe Sprache anbelangt: da hat’s vor langer Zeit schon einmal jemanden gegeben, der „dem Volk aufs Maul geschaut” (manchmal auch, zumindest m it Worten, „gehaut") und damit ganz schön 'was geändert hat! Die Zeiten einer Reformation sind freilich längst vorüber,
so manche Erscheinungsformen des damaligen Bauernkrie ges haben sich aber, wenn auch in moderner Verpackung, herübergerettet in unsere Gegenwart (ein „O ben" und „U n te n" und Versuche zur Überwindung dieser Distanz gibt's schließlich noch heute; trotz mancher demokratischer A li bis existieren neben vielen Gleichen eben immer noch eini ge „Gleichere"!). Und schon im Alten Testament hat Moses, der damalige Chef einer überregionalen Bürgerinitiative, erkannt: „D u sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbin den" (5. Mose, 25.4). Will sagen: da die Bürgervereinigung in nunmehr fünf Jahren doch die unterschiedlichsten, an sehnlichen Eigenleistungen unter keineswegs selbstver ständlichen privaten Zeitopfern der Aktiven erbracht hat, nimmt sie sich auch das Recht zur K ritik , auch zu massi ver, wenn's angebracht erscheint! Im übrigen hat es durchaus auch schon Anerkennung und Dank für z.B. Stadt und Stadträte gegeben; der Honig, der da in manchem Bläddia um diverse Mäuler geschmiert wurde, war recht vitaminreich und kalorienhaltig! Sich also über den einen oder anderen bösen A rtik e l im AltstadtBläddla aufzu regen, mag im Einzelfall verständlich sein; angebrachter wäre jedoch, den gesamten bisherigen Er scheinungszeitraum bei der jeweiligen K ritik zu berücksich tigen. Daß in manchen Fällen „diplomatisches Geschick" zweckmäßiger gewesen wäre, sei durchaus zugestanden (aber auch Diplomaten sind o ft nur „Gesandte" und keine „Geschickten"); man möge aber auch die Gefahr für eine Bürgerinitiative sehen, bei allzu praktizierter Verbindlich keit der Verharmlosung und Wirkungslosigkeit anheimzu fallen (schon Herbert Marcuse ärgerte sich über die „per manente Absorptionskraft unserer Gesellschaft'...). Und letztlich ist die Bürgervereinigung kein Hobbyclub oder Vergnügungsverein nach dem M otto „A lle n wohl und nie mand weh..."! Genug der Erklärung in eigener Sache? Eine Rechtferti gung sollte es nämlich nicht werden, bestenfalls ein „State m ent", wie es neudeutsch so treffend heißt. Und die Bür gervereinigung „s te h t" zu ihren kritischen Äußerungen; das können nicht alle von sich behaupten.
Noch immer: „A k tio n Kneipenstop" Die im vergangenen Jahr in A ngriff genommene „A k tio n Kneipenstop" läuft weiter; der Altstadtverein hat die H o ff nung (wie so o ft! wie o ft noch?) nicht aufgegeben, daß auch die Vertreter der Stadt Fürth irgendwann einmal ein sehen werden, daß es so nicht mehr weitergehen kann. Mittlerweile sind es rund 45 Lokale in der Altstadt, weitere drohen! M it dem Bürgervereinigungs-Begriff „Wiederbele bung" hat dieser Pinten-Boom nicht mehr das geringste zu tun. Er zeigt einen nur noch einseitig gewinnorientierten Absahnungstrend, an dem ein paar Clevere sich gesundsto ßen möchten — möglichst rasch und vor allem ohne Rück sicht auf derzeitige und künftige Folgen für das A ltstadt viertel (z.B. die Wohnwertminderung). Die Parole für die Bürgervereinigung kann deshalb auch in diesem Zusammen hang nur heißen: N icht aufgeben, weitermachen!
1980 kein Blumenschmuckwettbewerb
Königstraße (Zeichnung von Ernst Wilfert)
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Obwohl die Biumenschmuckwettbewerbe der beiden ver gangenen Jahre in der A ltstadt jeweils recht gut ankamen und für Bewohner und Bürger Vereinigung sehr erfolgreich vertiefen, soll es in diesem Jahr einmal keinen organisierten Pflanzendekor geben; vielmehr glauben w ir, daß - wie schon in Ansätzen 1979 — die Altstadtbevölkerung auch ohne einen, ja nur als zusätzlicher Anreiz gedachten W ett bewerb sich um ein freundliches Äußeres unserer gemein samen Wohnumgebung bemühen wird. Stattdessen denkt die Bürgervereinigung an einen Altstadt-