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Bürgervereinigung St. Michael Altstadtbläddla —

im Gartenlokal „Tivoli" in Gotha verband sich die SDAP mit dem Lassallschen Sozialisten 1875 zur „Sozialistischen Arbeiterpar­ tei Deutschlands". Auch in Fürther lokalen, unter anderem im Grünen Baum, wurden in den Anfangsjahren der Arbeiterbe­ wegung viele Vorträge und Ver­ sammlungen abgehalten. Au­ gust Bebel, der spätere Partei vorsitzende, sprach hier im No­ vember 1869 zum Thema „Stre­ ben und Ziele der SDAP“ und Gabriel Löwenstein. Gründer der SDAP in Fürth, hielt 1871 eine Veranstaltung zu den ersten Reichstagswahlen in diesen Jahr ab. Der Grüne Baum wurde zum Vereinslokal. Sozialistengesetz

Andere Orte als Wirtshäuser wa­ ren den Arbeitern meist versperrt und besonders während der Zeit zwischen 1878 und 1890 ver­ stärkte sich diese .Kneipen lastigkeif noch mehr. Der Reichs­ tag unter der Führung Bismarks verabschiedete 1878 das „Ge­ setz gegen die gemeingefährli­ chen Bestrebungen der Sozial­ demokratie“, das sogenannte Sozialistengesetz. Es verbot jeg­ liche öffentliche Versammlung der Sozialisten und Gewerk­ schaftler. Ihre Organisationen bestanden jedoch im Unter­ grund weiter, und Gaststätten wurden als Treffpunkte benutzt. Viele örtliche Parteifunktionäre wurden in dieser Zeit quasi au­ tomatisch zu Wirten. In diesem Zusammenhang ist auch ein Zitat eines der wichtig­ sten Theoretiker der damaligen Arbeiterbewegung. Karl Kautsky, zu verstehen: „Das einzige Boll­ werk der politischen Freiheit des Proletariats, das ihm so leicht nicht konfisziert werden kann, ist das Wirtshaus. Der Temperenz­ ler mag darüber die Nase rümp­ fen, aber das ändert nichts an der Tatsache, daß unter den heutigen Verhältnissen Deutschlands das Wirtshaus das einzige Lokal ist, in dem die nie­ deren Volksmassen zusammen­ kommen und ihre gemeinsamen

Angelegenheiten besprechen können. Ohne Wirtshaus gibt es für den deutschen Proletarier nicht bloß kein geselliges, son­ dern auch kein politisches Le­ ben". Kaiser Wilhelm I. hielt dagegen und lehnte 1890 eine Arbeits­ zeitverkürzung mit dem Argu­ ment ab, daß dann „die Arbeiter mehr Zeit in den Kneipen zu­ bringen und damit um so siche­ rer in den Sumpf des politischen Radikalismus abgleiten" wür­ den.

denn es kamen über 2.000 Men­ schen. Dort wurde dann die rote Fahne der Fürther SPD, die wäh­ rend der Geltungsdauer des So­ zialistengesetzes in einem Brauereischornstein eingemau­ ert war, erstmals wieder gezeigt und gefeiert. Vor gut hundert Jahren war also unter Stamm­ tisch-Politik noch etwas anderes zu erstehen als heute, und so manche harmlose Bier-Pinte oder so manches „Restaurant“, wie der Grüne Baum, kann durchaus einmal Hort „revolu­ tionärer Umtriebe“ gewesen sein.

Der Inhalt dieses Artikels ist ent­ nommen dem Stadtrundgang „Fürth bei Nacht“ des Vereins Geschichte Für Alle. Dieser Rundgang zur Geschichte der Kneipenkultur, der auch prakti­ sche Einblicke vermittelt und nicht bei grauer Theorie verweilt, fand im Sommer 1998 mehr­ mals statt und wird auch im Sommerprogramm wieder ange­ boten. Geschichte Für Alle Michael Truckenbrodt/Markus Klinger

Eingemauerte Fahne

Trotz Sozialistengesetze und ausbleibender Arbeitszeitverkür­ zung blieb die Arbeiterbewe­ gung ein wichtiger politischer Faktor, ja wurde von Jahr zu Jahr bedeutender. Auch die Kneipe blieb weiterhin Ort der politischen Betätigung. Martin Segitz hielt 1890, im Jahr der Aufhebung des Sozialistenge­ setze im Grünen Baum eine Rede zum 1. Mai, dem Tag der Arbeit. Oie Versammlung be­ schloß daraufhin, sich gemein­ sam mit Familien und Anhän­ gern im Bergbräukeller zu tref­ fen. Dieser .Umzug’ war nötig,

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Aufruf zu einer Parteiversammlung im Grünen Baum anläßlich der ersten Reichstagswahl am 3. März 1871.

Das Tivoli in Gotha. In diesem Raum entstand 1875 die SPD, der heutige Name gilt allerdings erst seit 1891. Auch ein Delegierter aus Fürth war dabei: Gabriel Löwenstein. Foto: A. Mayer.

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