hob jedoch das Reglement auf, das Edikt von 1813 trat damit auch in Fürth in Kraft.
Vorbehalte 1819 und teilweise auch 1820/ 21 kam es in Franken zu hefti gen Judenprogromen. Oie Ver treibung der Franzosen 1814, eine schwere Hungersnot 1816/ 17 und die neue Verfassung von 1818 waren vorausgegangen. In Fürth kam es zu keinen Aus schreitungen, lediglich an der Armenschule wurde anonym ein Aufruf angeschlagen: „Rettet Ihr die ihr Hilfe schaffen könnt, ret tet uns, der scheußliche wüten de Wucher, und die allgemeine Nahrungs-Beeinträchtigung der Juden hat Tausend von uns an den Rand - undabermal Tausen de in den Abgrund des Verder bens gebracht, kommt nicht schleunige Hilfe, 01, dann wehe! wehe! denn Euch ihr säugenden Igel'. Oer Aufruf wurde umge hend entfernt und liegt noch heute im Fürther Stadtarchiv, Oer damalige Bürgermeister Bäumen führte folgende Grün de an, warum es in Fürth zu kei nen Ausschreitungen gekommen war:... eine bescheidene Hal tung, welche die Juden im öf fentlichen Leben einzuhalten strebten, verbunden mit kräftiger Einschreitung der Polizeibehör de, sicherte ihre Existenz und bewahrte sie vor empfindlicher Kränkung. Oie Zeit glich die Spannung wieder aus." Dennoch gab es auch in Fürth zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine gewisse Zurückhaltung ge genüber Juden: In einer Regierungsentschließung vom 5. Oktober 1818 sprach die Staats regierung ihr Befremden darüber aus, daß nicht ein einziger der israelitischen Bewohner Fürths „die sich doch durch Vermö gensverhältnisse, Betriebsam keit und Bildung vortheilhaft aus zeichnen", in den Wahlvorschlag für die Gemeindebevollmäch tigten gekommen sei. Die Zahl der Gemeindebevollmächtigten und jene der Magistratsräte wur den mit der Maßgabe aufge
stockt, „daß die noch fehlenden Stellen, bei schon genügsamer Anzahl der christlichen Ge meindevertreter, aus den jüdi schen Gemeindegliedern ge wählt werden mögen“. Die Wahl des Oberrabbiners am 5.2.1821 wurde von der kgl. Staatsregierung nicht geneh migt, da die drei in Auswahl ge nommenen Kandidaten der Re gierung anscheinend zu orthodox waren. Erst am 24.12.1830 wählte man Dr. Isaak Löwi, der von der Regie
nerjüdischen Streitigkeiten zu ei ner Speerspitze der Emanzipati on, wenn auch unter dem Vor zeichen der Assimilation. Löwi selbst wurde später u.a. Mitbe gründer des Gewerbevereins. Ende 1821 kam es zu einer Sammlung zum Bau einer katho lischen Kirche in Fürth. Die erste Spende zur künftigen Unterhaltung eines katholischen Geistlichen in Fürth kam von der jüdischen Ge meinde (28.12.1821).
MiusOchs, 1826 in Fürth geboren. wanderte 1845 nach LouiseviHe aus. Im ame
rikanischen Bürgerkrieg diente er als Offizier in der Unionsarmee, in Chattanooga gründete er die jüdische Gemeinde. Sein Sohn Adolph Simon erwarb 1896 die .New York Firnes“, machte aus ihr ein Weltblatt und gilt deswegen als eigentlicher
Gründer. Das Leitwort im Zeitungskopf („Ali the News Jhat’s Fit to Print“) soll auf
ihn zurückgehen. Repro: A. Mayer.
rung am 31.12.1830 bestätigt wurde. Löwi hatte eine klas sisch-akademische Ausbildung und war als Vertreter einer re formerischen Linie des Juden tums bekannt. Seine gesamte Amtszeit (1831 bis 1873) war geprägt durch Konflikte mit or thodoxen Kreisen. Sofort nach Amtsantritt ließ er die Haupt synagoge umgestalten, so daß sie vom inneren Erscheinungs bild christlichen Kirchen ähnel te. Fürth entwickelte sich trotz oder gerade wegen der in
Steigende Akzeptanz Zur Jahrhundertmitte verringer ten sich offensichtlich die Vorbe halte gegen die Juden. Als er ster Advokat jüdischer Konfession wurde 1834 Dr. Sigmund Grünsfeld in Fürth an gestellt. Am 13.2.1849 erkann te der Landtag die Wahl des Fürther Juden Dr. Morgenstern zum Deputierten für den Wahl kreis Erlangen-Fürth für gültig an. Nach seiner Wahl vom 24.6.1849 war Morgenstern der
erste Jude im bayerischen Land tag. 1851 befand sich unter den neugewählten Gemeindebevollmächtigten zum ersten Mal ein Jude: Salomon Berolzheimer. Der Landtagsbeschluß vom 10.11.1861 hob den seit 1813 (Fürth: 1820) geltenden Matrikel zwang für Juden auf (Begrenzung der Anzahl jüdischer Familien an einem bestimmten Ort). Am 9. Oktober 1862 öffnete die jüdische Bürgerschule ihre Pfor ten. Kaufmann Salomon Berolz heimer wurde am 24.3.1863 zum zweiten Ersatzrichter am Fürther Handelsgericht ernannt und war damit der erste Jude in Bayern, dem ein Richteramt zu gebilligt wurde. Am 30.9.1865 wurde Dr. Brentano zum Rektor der Fürther Handels- und Gewer beschule ernannt, er war damit der erste Jude in Bayern, der Rektor einer königlichen Lehran stalt wurde. Am 4.12.1866 besuchte König Ludwig II. überraschend Fürth. Vom Rathaus begab sich der König unmittelbar und zu Fuß begleitet von den Vorständen des Magistrats und des Gemeinde kollegiums - in die neu restau rierte Synagoge, wo der Ober rabbiner Dr. Löwi in den festlich erleuchteten Räumen eine An sprache hielt, die den Monar chen sichtlich gerührt haben soll. Am 1.9.1869 wurde Dr. Löwi der - vom König am 23.8. verliehe ne - Verdienstorden vom heil. Mi chael ob seiner Verdienste um Stadt und Gemeinde überreicht. Zwar kamen auch in Fürth mut willige Beschädigungen des jü dischen Friedhofes vor, aber es handelte sich nach allem was man weiß, eher um Mutproben von Jugendlichen und um Kinderstreiche. Wie Jakob Wasser mann berichtet, waren Juden aber gewissen Anfeindungen ausge setzt (... höhnischer Zuruf von Gassenjungen, ein giftiger Blick, abschätzige Miene, gewisse wie derkehrende Verächtlichkeir'}. In einer öffentlichen Abstimmung Mitte September 1869 über die Einführung gemischt-konfessio neller Volksschulen stimmten von 3.000 stimmberechtigten Protestanten 1057 für und 66 11