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Altstadtverein Fürth ________
Ein Sachse am Gänsberg „Ich war ein zufriedener DDRBürger" gibt Torsten Berthold unumunwunden zu. Man war so erzogen, konnte den riesigen Unterschied zum Westen da mals bestenfalls ahnen. Als al lerdings in Leipzig die Montagsdemos begannen, da war der gebürtige Sachse dabei, die Mutter zitterte derweilen um ih ren Sohn. Von der Nikolaikirche ausgehend marschierten mon tags um t8 Uhr immer mehr Leute den Leipziger Ring ent lang. Die Polizei war zunächst eher zurückhaltend, dann stan den sich bald die Ketten gegen über, dort die Demonstranten, da Polizei und Stasi. Die Polizei ging zunächst mit der Taktik vor, sich immer einen einzelnen Demonstranten herauszuziehen und zu „bearbeiten". Später wurde es dann härter, einerseits aufgrund einer Unterwanderung der Demonstration zum Beispiel mit rechten Gruppierungen, an dererseits weil sich die Situati on immer mehr zuspitzte, der Kippe näherte. Geht es wie in China auf dem Himmlischen Platz aus oder setzte sich der von Gorbatschow eingeläutete Kurs durch? Den damals 19jährigen Sach sen zog es in der Folge nach Franken. Hier sei ein kleiner ge schichtlicher Rückblick erlaubt: Die Sachsen haben mit den Franken eigentlich die aller schlechtesten Erfahrungen ge macht. Bevor der Frankenkönig Kari der Große 793 der Sage nach in Fürth die Martinskapel le errichtete, hinterließ er in Sachsen eine Straße der Verwü stung. In Verden an der Aller ließ er den Reichsannalen zu Folge im Jahre 782 sogar 4.500 Sachsen auf einmal hinrichten. - Das konnte Torsten Berthold aber nicht schrecken, es ist ja auch schon etwas her. Er ging in den „Wilden Westen“, im konkreten Fall allerdings eher nach Süden: nach Fürth.
„Beruf mit
Abitur“
„Mich trieb die Neu gier, zudem hatte ich eine gute Ausbil dung". sagt er heute. Er durchlief in der DDR eine sogenann te „BmA" (Beruf mit AbiturJ-Ausbildung als Galvaniseur. Sein eigentliches Ziel war zwar Erzie her oder Sportlehrer, aber er machte das Abitur, um später eventuell studieren zu können und gleichzeitig als Si cherheit den damit verbundenen Beruf in der Hinterhand zu haben. Er wollte fünf Jahre in Fürth Geld verdienen und dann zurück nach Sach sen gehen und dort ein Fitneßstudio aufmachen. Als „Galvaniseur mit Abitur” hatte er im Westen keinerlei Berufssorgen, er wurde sofort in ei ner Fürther Firma genommen. Die er sten zwei Monate schlief Torsten Berthold im Auto, dann noch einen Monat in der Pensi on. Bei der Woh Torsten Berthold. Geschäftsführer und Trainer im Sportforum am Löwenplatz; hier auf dem nungssuche zog Rinning-Bike. dem Top- Trend im Gesundheits- Ausdauertraining. Mit Musik wird in der Grup ihn ein Makler über pe unter Anleitung eines Instruktors ein putsorientiertes Training gefahren (Pulsmesser inklu den Tisch: „Ich sive). In der Tabelle rechts oben sind die altersabhängigen Herzfrequenzen für sinnvolle Belas tungen aufgeführt: 65-75 % des höchsten Sollwertes in erster Linie für die Fettverbrennung und wußte nicht, was das ,Relaxen". 75-85% für Ausdauer- und Krafttraining. Foto: A Mayer. ein Makler ist, das gab es in der DDR nicht. Ich habe da in der Zeitung straße, in das ein Kenner der Trainerschein nach dem anderen gelesen .Helfe bei der Woh Szene wohl kaum freiwillig zie und wurde später Frankens er nungssuche' und habe angeru- hen würde. Er suchte und fand ster staatlich anerkannter „Fitlen”. - Die Folgen waren natür allerdings bald bessere Woh neßfachwirt“. Bald stand die Ent lich erstens kostspielig und nungen. scheidung an: „Soll ich den si zweitens befand sich die Woh Mit dem Geld, das er verdiente, cheren Job aufgeben und in die nung in einem nicht ganz unbe absolvierte er bei der renom unsichere Fitneßbranche ein kannten Neubau in der Pfister mierten BSA-Sporlschule einen steigen? In jedem Fall war es ein 31