Altstadtverein Fürth
Die Taufe des Merowingerkönigs Chlodwig zum katholischen Glauben ist nicht nur ein privater Schritt, sondern auch politisches Kalkül. Eine allgemeine Christianisierung erleichtert zudem das Zusammenwachsen der unterschiedlichen Volksgruppen im jungen fränkischen Reich. Beim Aufbau der Kirche im Frankenreich setzt Chlodwig fränkische Adlige als Kleriker ein, die aber zum Tei) selbst nur oberflächlich christianisiert sind. Eine Bindung nach Rom ist zwar vorhanden, vorrangig ist aber die Gefolgschaft zum Landesherrscher. Eine Besonderheit im Kirchenwesen die ser Zeit sind auch die so genannten „Ei genkirchen“, nämlich Kirchen oder Klostergründungen, die sich im Eigentum des Grundherrn (in vielen Fälle dem König selber) befinden. Sie können von ihm verkauft oder vererbt werden und gehörten nicht zum allgemeinen Kirchen vermögen der römisch-katholischen Kirche. Der Grundherr setzt den Priester oder Abt unter Wahrung seiner eigenen Interessen nach Gutdünken ein. Das Recht zur Gründung und Erhaltung einer Eigenkirche ist vom Papst anerkannt; erst im hohen Mittelalter wird das Eigen kirchenrecht von der römischen Kirche bekämpft und in ein Patronatsrecht (Schirmherrschaft) umgewandelt. Königs-Herrschaft und Königs-Heil ist nach germanischem Verständnis von den Göttern legitimiert und durch genealogi sche Abfolge gesichert. Wendet der Herr scher sich von der alten Religion ab, musste eine Herrschaftsbestätigung durch einen christlichen Akt erfolgen, symboli siert durch eine Salbung nach alttesta mentarischem Vorbild. Missionare bemühen sich, auf die Mentalität der polytheistischen Be völkerung einzugehen. Heilige Plätze werden oft umgedeutet und mit christli chen Kirchen überbaut, alte Feste überla gert durch die Weihe der neu erbauten Gotteshäuser, so dass am Gedenktag die ser Weihe ebenfalls Feiern stattfinden können (Kirchweih!). Heilige werden direkte Ansprechpartner für den einfa chen Mann, so wie es früher die alten Götter waren. Die Missionierung erfolgt also durchaus mit Methode: .. .. damit sie, wenn ihnen äußerlich einige Freuden erhalten bleiben, den inneren Freuden leichter zustimmen können. Denn zweifellos ist es unmöglich, schwerfälligem Verstand alles auf einmal wegzu nehmen, da ja auch derjenige, der den höchsten Gipfel besteigen möchte. Schritt
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für Schritt und nicht in Sprüngen nach oben kommt. "
(Brief von Papst Gregor an Bischof Mellitus von London im Jahr 601 zur Missionsmethode) Beda. 130 (B3. H0-H3)Aus; Von Padberg. Lutz; Die Christianisierung Europas im Mittelalter, Stuttgart 1998
Im frühen 8 Jahrhundert emp fiehlt ein angelsächsischer Bischof mit dem Argu-mcnt zu missionieren, dass die bereits christianisierten Völ ker im warmen Süden zu Hause seien, während im kal ten und unwirtlichen Norden nur Heiden lebten. Amulette und magische Gegenstände werden von den Missionaren als Teufelszeug abgetan, dieser Aspekt des Glaubens wird durch die Reli quien Verehrung ersetzt. Selbst Bonifatius tritt seine Mis sionsreisen mit einem Sam melsurium der unterschied lichsten Reliquien an. Alles Heidnische wird dämo nisiert und verteufelt. Nicht Abb. 7; Karl der Große und sein Sohn Pippin als Gesetzzuletzt aus diesem Grunde egeber; aus Handschrift Ende 10. Jh. gibt es wenige AufZeichnungen von christlicher Seite über nander; man will sich offensichtlich der die germanische Religion. Hinzu kommt, Gunst des neuen Gottes versichern, aber dass der Karolinger Ludwig der Fromme auch die alten Götter nicht (814-840) in religiösem Eifer alles zerstö erzürnen. (Abb. 7). ren lässt, was an Aufzeichnungen über Da viele germanische Völker (Thüringer) heidnische Sagen und Geschichten vor bei bestimmten Festen Pferde opfern und handen w'ar. essen, wird der Genuss von Pferdefleisch Christlicher Einfluss ersetzt alte Bräuche: verboten. Dieses Verbot wirkt noch tief in Die Ehe unter Verwandten wird verboten, der Haltung vieler Deutscher, die, anders dies gilt bis in den 7. Verwandtschafts als ihre romanischen Nachbarn, einen grad, was in der Realität schwer einzuhal Widerwillen gegen das Essen von ten ist, und oft zu Problemen mit der Pferdefleisch haben. Kirche führt. Die Kindstötung und die Sklavenhaltung wird vom frühen Abtreibung als Mittel der Geburten Christentum toleriert, allerdings w'erden kontrolle werden untersagt. Gesetze gegen die Misshandlung und Dem Verstorbenen werden in germani Tötung der Sklaven eingeführt. Der scher Zeit jene Besitztümer mit ins Grab Verkauf von Sklaven an Heiden wird gegeben, die er im Leben besaß, so bei untersagt. Männern die Waffen, bei Frauen Schmuck und häusliche Gerätschaften. Mission und Missionare in der Diese Gegenstände sollen den Ver Merowingerzeit und frühen Karolingerzeit storbenen auch im Jenseits zur Verfügung stehen. Da das Christentum nur die geisti Die erste Welle einer systematischen ge Jenseitsvorsorge zulässt, wird der ger Missionierung Nordwesteuropas erfolgt manische Totenbrauch von christlicher am Ende des 6. Jh. durch iro-schottische Seite bekämpft, verdrängt und schließlich Missionare. Sie haben sich dem Ideal der durch die Kapitularcn (Verordnungen) „Peregrinatio" verschrieben, das heißt, Karls des Großen im Jahre 786 und sie bleiben nicht an einem Ort, sondern 810/13 bei Todesstrafe verboten. Bis wandern, stets „in der Fremde“, missio dahin existieren beide Formen nebenei nierend weiter. Ihre Bemühungen sind