Altstadtverein Fürth
Der karolingische Landesausbau
Die erbitterten Auseinandersetzungen der merowingischen Könige führen zu einem Dynastiewechsei im Frankenreich. Das neue Herrschergeschlecht, die fränki schen Hausmeier, ursprünglich hohe Ver waltungsbeamte der merowingischen Könige, werden nachfolgend als Karo linger (751 bis 919) in die Geschichte eingehen. Auf dem Höhepunkt der karo lingischen Macht, unter der Herrschaft Karls des Großen (768 ■ 814), erwächst das Frankenreich zu einem europäisch abendländischen Imperium und einem geistigen Zentrum der Wissenschaft und Kunst. Das Frankenreich umfasst grob das Gebiet des heutigen Frankreich, weite Teile östlich des Rheins, im heutigen Deutschland, sowie Teile in Italien, im Jahre 800 wird Kari der Große in Rom vom Papst zum Kaiser gekrönt, ein Akt, der die Erneuerung des westlichen römi schen Kaiserreiches unter fränkischer Führung symbolisiert. Weite Teile des Riesenreiches sind zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht erschlossen. Die Aufsiedelung und Urbar machung des heutigen Frankens, sowie der Oberpfalz erfolgt in mehreren großen Phasen. Die Besiedlung östlich der Regnitz geschieht erst ab der karolingi schen Zeit. Die Träger der Besiedlung sarbeit sind in der Regel fränkische Reichsaristokraten und der lokale Adel mit einer Reihe von Kirchen- und Klostergründungen, sowie Errichtung von Königshöfen entlang der Verkehrs und Handelspunkte. Weitere Siedlungs flächen werden danach in bis dahin noch relativ unberührten Waldgebieten oder siedlungsungünstigen Höhen erschlossen. Der mittelalterliche Rodungsbau und die Kultivierung des Landes wird seit der
Karolingerzeit planmäßig vorangetrieben und ist sehr eng mit der Ausdehnung von Adelsherrschaften verbunden. Durch neu gewonnenes Rodungsland vermehren vor allem die Adelsfamilien ihren Eigen besitz, zusätzlich zu dem vom König oder Herzog als Lehen übergebenen Amtsbesitz. Fürth im „fränkischen“ Nordgau
Die Einteilung von kleineren geographi schen Siedellandschaften in Gaue („locum furti dictum...“ ...„in pago Nordgouuue“) und später in Graf schaften, entsteht vermutlich bereits wäh rend der Merowingerzeit, um das fränki sche Reich entsprechend politisch und geografisch zu gliedern. Die ersten Benennungen der „Urgauc“ werden nach dem Schema Flussname + Gau gebildet (zum Beispiel der Rangau nach der Rannach). Auffällig liegen in den Ur gauen ,,-heim“-Orte beieinander, entspre chende Bodenfunde in der Windsheimer Bucht belegen diese Zuordnung. Weitere Gaubezeichnung, wie der Nordgau, tra dieren zeitlich später entsprechende geo graphische Angaben. Heute geht man davon aus. dass in der Merowingerzeit die vier „Urgaue“ Gollachgau, Rangau. Ehegau und der Iffgau das besiedelte und erschlossene Gebiet zwischen dem Steigerwald und der Frankenhöhe umschließt. Die Gaue besitzen einen fiskalischen Mit telpunkt. sogenannte Königshöfe, denen meist königliche Eigenkirchen ange schlossen sind, die die weitere Christianisierung des Umlandes vorneh men. Die gräflichen Amtsträger „Comites“ werden mit Königs- und Herzogtümern belehnt und übernehmen königliche Funktionen für das Heer- und
Polizeiwesen, für die Ablieferung von Abgaben, oder das Gerichtswesen. Rodungs- und Siedlungstätigkeiten er folgen nun im Rahmen dieser Gau- und Grafschaftsbereiche. Der anhaltende Landesausbau in verändernden Gebieten, sow'ie die dünne Besiedlung im frühen Mittelalter macht aber eine genaue Rekonstruktion der Grenzziehung der frühmittelalterlichen Gaugrenzen unmöglich. Die Gaue markieren unterschiedliche ethnische und politische Machtbereiche. Fürth liegt dabei in einer Grenzlage des herzöglich-baierischen Nordgaus, im Süden grenzt der ehemals alamanischschwäbische Sualafeldgau. das Gebiet westlich ab Roßtal gehört zum fränki schen Rangau und im Norden liegt der Radenzgau. Mbb. 13) Im Verlaufe der zunehmenden Span nungen zwischen dem fränkischen Reich und dem Herzogtum Bayern erfolgt die Gründung des fränkisch orientierten Bistums Eichstätt. Dem neuen fränki schen Bistum Eichstätt werden große Gebiete des bayerischen Bistums Regens burg übertragen. Der Rangau gehörte dabei zum Bistum Würzburg, der Sualafeldgau zum Bistum Eichstätt und der Nordgau zum Bistum Regensburg. Die weitreichende Selbständigkeit des Herzogtum Bayerns im fränkischen Reich wird dann endgültig mit der Absetzung Tassilos Hl im Jahre 788 durch Karl dem Großen beendet. Die Karolinger beginnen danach Bayern in ein fränkisch geführtes Königsland umzuwandeln, der herzoglich-bayeri schen Nordgau wird somit kein selbstständiger Teil des Herzogtums Bayern sondern karolingische Reichs provinz.
In ottonischer Zeit gelangt der Nordgau schließlich im fahre 939 durch Otto den Großen an den Markgrafen Berthold von Schweinfurt und nach dem Nordgauaufstand im fahre 1003 an die Grafen von Sulzbach. Sicher ist, dass der in den Schenkungs urkunde von 1007 überlieferte comes Berengar ( „et in comitatu Berengeri comitis situm“) in einer Ab stammungslinie mit den Grafen von Sulzbach steht. Die Grafen von Sulzbach besitzen weitreichende Grafschaftsrechte im westlichen Nordgau und sind für die Siedlung Fürth mitverantwortlich.
Abb. 13: Angenommene Grenzen des frühmittelalterli chen Nordgaus, Quelle: Burg Sulzbach in der Oberpfalz, Matthias Hensch, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Verlag Dr. Faustus 2005
46