Blattmetallschlägerei: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Blattmetallschlägerei''' war ein traditionelles Fürther Handwerk.
 
Die '''Blattmetallschlägerei''' war ein traditionelles Fürther Handwerk.
  
Bereits Anfang des 18. Jahrhunderts fertigte man in Fürth '''Blattgold''', '''Blattsilber''', andere '''Blattmetalle''' und '''Bronzefarben''' (Metallpulver).
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Bereits Anfang des 18. Jahrhunderts fertigte man in Fürth '''Blattgold''', '''Blattsilber''' und andere '''Blattmetalle'''. Mitte des 18. Jahrhunderts kam dann die Fabrikation von '''Bronzefarben''' (Metallpulver) dazu.
 
Ende des 19. Jahrhunderts war Fürth das weltweite Zentrum der Bronzefarbenherstellung. Es gab große Fabriken und kleine, handwerkliche Zulieferer sowie weiterverarbeitende Betriebe.
 
Ende des 19. Jahrhunderts war Fürth das weltweite Zentrum der Bronzefarbenherstellung. Es gab große Fabriken und kleine, handwerkliche Zulieferer sowie weiterverarbeitende Betriebe.
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==Entwicklung der Blattmetallschlägerei==
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Grundvoraussetzung für die Herstellung von Blattmetall ist die große Dehnbarkeit des verwendeten Materials wie Gold, Silber, Aluminium, Zinn, Zink oder der Legierungen, besonders Bronze. Im Metallhammerwerk wird das Material zunächst bei 1200°C geschmolzen und anschließend in Barren (Zaine) von 30 cm Länge und je 1,5 cm Breite und Höhe gegossen. Durch mächtige Walzen werden daraus dann meterlange, dünne Bänder gestreckt. Um die Geschmeidigkeit der Bänder zu erhalten, muss man sie dann immer wieder ausglühen. Nach dem Zerschneiden der 20-25 m langen und 3 cm breiten Bänder in Blätter von 60 cm Länge, lässt man 100-200 solcher zwischen Zinkblechen zusammengebundener Blätter durch die Zainhämmer breitschlagen. Durch viele weitere Arbeitsvorgänge und unter Einsatz der unterschiedlichsten Hämmmer entstehen immer dünnere Metallstreifen (=Zainmetall).<ref>{{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)|Seite=92}}</ref> Es folgen noch etliche weitere Arbeitsgänge wie Ausglühen, Einlegen in Pergamentformen und weiteres Ausschlagen unter schweren Quetschhämmern. In den Handschlägereien wird aus dem entstandenen Lothmetall durch mehrfaches Schlagen das Blattmetall erarbeitet.
  
==Geschichte==
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Etliche Erfindungen führten im 19. Jahrhundert zum Fortschritt in der Metallschlägerei und nebenbei auch zur Bronzefarbenherstellung. Eine entscheidende Veränderung brachte insbesondere der Einsatz von Dampfkraft für die Walzwerke, die Zainhämmer, die Quetschhämmer und später auch die Maschinen- oder Federhämmer, die auch die Handschläger immer mehr ersetzten. Die besten Zeiten der Blattmetallhersteller waren vor allem in den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als das Blattmetall besonders in den USA für die Tapeten-, Bordüren-, Papier- und Goldleistenfabrikation benötigt wurde. Als allgemein vorherrschende Betriebsform galt lange der im Verlagssystem produzierende Klein- bzw. Mittelbetrieb, teils entstanden auch Manufakturen.<ref>{{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)|Seite=94}}</ref>
Bereits im 16. Jahrhundert hat "auf dem Gelände der heutigen [[Wolfsgrubermühle]]" ein erstes Messingwerk (Messinghammer) gestanden, welches "laut Gottlieb Wunschels Häuserchronik über die Zerstörungen des 30jährigen Krieges hinaus bis Mitte des 17. Jahrhunderts existiert haben" soll.<ref>Gilbert Krapf: ''"Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth"'' in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 11f [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_view&gid=59 online]</ref>
 
  
Ab [[1705]] haben sich Nürnberger, Nördlinger und Augsburger Metallschläger in Fürth niedergelassen.<ref>''Blattmetallschläger''. In: [[Adolf Schwammberger]]: ''[[Fürth von A bis Z]]. Ein Geschichtslexikon''. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 62.</ref>
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==Entwicklung der Bronzefarbenfabrikation==
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Bis Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Abfälle der Metallschlägerei (Schabin/Schawin/Schabig) nicht weiter verwendet, sondern weggeworfen. Um [[1750]] kam der Maurer A. Huber aus Fürth auf den Einfall, diese Abfälle kleingerieben als Metallpulver zu verkaufen. Bei diesem Maurer handelte es sich - je nach Quelle - entweder um "Andreas Huber"<ref>Rudolph Wagner: ''Die Darstellung der Bronzefarben'' in: Polytechnisches Journal, 1867, Band 186, S. 463–473. - [http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj186/ar186107 online-Digitalisat]</ref> oder um "Albert Huber".<ref>Georg Wüstendörfer: ''Wanderungen durch Fürth'', 1898, S. 1</ref> Eine weitere Quelle führt außerdem die Fürther domprobsteiliche Goldschlagerordnung, in der der Chavin-Verkauf geregelt wird, auf, um eine viel frühere Bronzefarbenfabrikation zu beweisen.<ref>Friedrich Morgenstern: ''Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter'', Tübingen, 1890, S. 47 [https://archive.org/stream/bub_gb_XAVBAAAAIAAJ#page/n0/mode/2up online]</ref>
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[[1781]] stellten der Metallschläger [[Conrad Pickel]] und der Franzose Courrier in Fürth ein goldähnliches Bronzepulver her.
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Nachdem es den Bemühungen der Fürther und Nürnberger Fabrikanten gelungen war, die Bronzefarben in fast allen Farbtönen herzustellen, stieg die Nachfrage nach diesen Metallfarben enorm an. Bald reichten die "Abfälle" der Metallschlagerei nicht mehr aus und es musste extra zum Zwecke der Bronzefarbenfabrikation Blattmetall geschlagen werden. Lange Zeit war dies reine Handarbeit. Der erste Versuch einer Anwendung von Maschinenarbeit zum Metallschlagen stammte von [[Johann Christian Reich d. J.]] Das Drehen und Wenden blieb bei Reichs Maschine allerdings nach wie vor dem Arbeiter überlassen. Eine von Johann G. Lauter im Jahr 1838 (s. Diskussion) entwickelte Maschine war die erste, die das Schlagen und Wenden zugleich erledigte.<ref>"Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs Bayern", 1838, S. 667</ref>
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Die für die Bronzefarbenfabrikation wichtigsten Erfindungen waren die durch Dampfkraft in Bewegung gesetzten Hämmer- und Reibmaschinen von [[Isaak Brandeis|J. Brandeis]]. Das Hammerwerk konnte das Blech so dünn ausschlagen, dass 1 Kilogramm Legierung 120 Quadratmeter Blattmetall ergab.
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Waren die Metallblätter dann gerieben, wurden sie unter Zusatz von Öl weiter behandelt und durch vorsichtiges Erhitzen gefärbt, d.h. mit Anlauffarben versehen.<ref>Johannes Rudolph Wagner: ''Die Darstellung der Bronzefarben'' in: Polytechnisches Journal, 1867, Band 186, Nr. CVII. (S. 463–473) [http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj186/ar186107 online-Digitalisat]</ref>
  
Im 19. Jahrhundert betrieben die Fürther Fabrikanten "gut 100 mit Wasserkraft betriebene Hammer- und Stampfwerke an den Bächen und Flüssen im Umland".<ref>Gilbert Krapf: ''"Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth"'' in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 3 [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_view&gid=59 online]</ref>
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Der Broncefarben wurden ein wichtiger Exportgegenstand, besonders nach Amerika, und die Nürnberg-Fürther Broncefarbenindustrie deckte fast den gesamten Weltbedarf. Um 1890 war der Höhepunkt der Broncefarbenausfuhr überschritten, denn die Vereinigten Staaten legten einen hohen Zoll darauf, um die eigene Industrie zu unterstützen. In der Folge gründeten einige Fürther Firmen Niederlassungen in New York.<ref>August Jegel: "[[Die wirtschaftliche Entwicklung von Nürnberg-Fürth, Stein und des Nürnberger Raumes seit 1806 (Buch)|Die wirtschaftliche Entwicklung von Nürnberg-Fürth, Stein und des Nürnberger Raumes seit 1806]]", S. 233</ref>
  
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hin hat dann ein "Wandel vom Handwerk zum Handel" stattgefunden. "Die Unternehmer bezeichneten sich jetzt als „Blattgoldfabrikanten“, schlugen meist nicht mehr selbst sondern betätigten sich nur noch als Kaufleute und ließen andernorts produzieren."<ref>Gilbert Krapf: ''"Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth"'' in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 23 [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_view&gid=59 online]</ref>
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==Chronik==
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[[Datei:Fürth2018 eigenständig.jpg|mini|right|400px|Dieser Artikel wurde im Rahmen des Fürther Stadtjubiläums [[Stadtrecht|"200 Jahre eigenständig"]] im Jahr 2018 überarbeitet]]
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* Bereits im 16. Jahrhundert hat "auf dem Gelände der heutigen [[Wolfsgrubermühle]]" ein erstes Messingwerk (Messinghammer) gestanden, welches "laut Gottlieb Wunschels Häuserchronik über die Zerstörungen des 30jährigen Krieges hinaus bis Mitte des 17. Jahrhunderts existiert haben" soll.<ref>Gilbert Krapf: ''"Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth"'' in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 11f [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_view&gid=59 online]</ref>
  
Der letzte Goldschlägerbetrieb von Schienerer wurde [[1941]] geschlossen. Heute finden wir "nur noch zwei Betriebe, die uns an die lange Goldschlägertradition der Stadt erinnern. Das Handelsunternehmen [[Klein & Jacob]]" sowie die Firma [[Leonhard Kurz]].<ref>Gilbert Krapf: ''"Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth"'' in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 30 [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_view&gid=59 online]</ref>
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* Ab [[1705]] haben sich Nürnberger, Nördlinger und Augsburger Metallschläger in Fürth niedergelassen.<ref>''Blattmetallschläger''. In: [[Adolf Schwammberger]]: ''[[Fürth von A bis Z]]. Ein Geschichtslexikon''. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 62.</ref>
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* Der domprobstl. Amtmann führte [[1725]] für die Gold-, Silber- und Metallschläger eine Zunftordnung ein.<ref>Friedrich Morgenstern: ''"Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter"'', Tübingen, 1890, S.7 [https://archive.org/stream/bub_gb_XAVBAAAAIAAJ#page/n0/mode/2up online]</ref>
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* Spätestens ab [[1750]] Herstellung von Bronzefarben. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde zudem das weiße Metallblatt beliebt, das aus einer Legierung von Zinn mit Zink bestand und echtem Blattgold sehr ähnlich war. In Nürnberg durfte nur edles Metall geschlagen werden. Da die Nachfrage damit nicht befriedigt werden konnte, gerieten die Nürnberger Goldschläger den Fürther gegenüber in Hintertreffen.<ref>Barbara Ohm: ''Der wirtschaftliche Aufschwung im 18. Jahrhundert''. In: [[Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Fürth - Geschichte der Stadt]], Fürth, 2007. S.99 - 105</ref>
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* [[1777]] Auch der Ansbacher Markgraf erließ jetzt eine Ordnung für die Gold- und Silberschläger. Durch die Rivalität der bambergischen Handwerker, Meister und Gesellen mit den ansbachischen ergab sich in Fürth eine relative Gewerbefreiheit, die dazu führte, dass sich immer mehr Metallschläger auch aus Nürnberg in Fürth ansiedelten, weil sie hier weitgehend ohne einengende Handwerksfestlegungen produzieren konnten.
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* In der Zeit der napoleonischen Kriege zu Beginn des 19. Jahrhunderts litten die Goldschläger ganz besonders, weil sie viel nach Amerika exportierten und dieser Absatzmarkt lange Zeit durch Ausfuhrsperren blockiert war.
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* Im April [[1834]] erhielt "Johann Georg Lauter aus Fürth" ein 15jähriges Privilegium "auf Erzeugung einer eigenthümlichen Metallmischung für für Blätter und getriebene Broncefarben".<ref>"Regierungs-Blatt für das Königreich Bayern", 29. Januar 1835, S. 55; "Die Bayer'sche Landbötin" Nr. 14, 31. Januar 1835, S. 117 - [https://bavarikon.de/object/BSB-MDZ-00000BSB10502697 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>
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* [[1839]] erhielt der Bildhauer und Vergolder [[G. Leber]] ein königliches Patent, "ein Gewerbsprivilegium auf eine von ihm erfundene kombinirte Metall-, Zinn-Blattschlag- und Reib-Maschine für die Bereitung von ächten und unächten Metallbüchern und Broncefarben für den Zeitraum von fünfzehn Jahren".<ref>"Fürther Tagblatt" vom 1. Februar 1839, S. 112</ref>
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* 1844:  Der Umfang der Blattmetallschlägerei war bereits höchst bedeutend: Während in Nürnberg sich 3 Metallschlägermeister befanden, arbeiteten in Fürth 68 Meister, 100 Gesellen, 24 Zainer, 110 Einlegerinnen (deren Aufgabe es war, die Metallblätter zu zerschneiden, in die Formen und zuletzt in die Bücher einzulegen) und 20 Lehrlinge, also zusammen 322 Personen. Die Produktion betrug jährlich 2,5 Millionen Buch Metall. Außerdem beschäftigten sich in Fürth alleine 21 Unternehmen (mit 60 Arbeitern) nur mit der Bronzefarbenfabrikation.<ref>''Amtlicher Bericht über die Allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844'', Band 2/1, S. 357 f - [http://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV035662215/ft/bsb10476736?page=5 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>
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* Am 16. Oktober [[1850]] erhielt J. Brandeis für sein maschinelles Bronzefarben-Fabrikationsverfahren ein Privilegium für das Königreich Bayern auf 10 Jahre zuerkannt.<ref>Friedrich Morgenstern: ''"Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter"'', Tübingen, 1890, S. 127 [https://archive.org/stream/bub_gb_XAVBAAAAIAAJ#page/n0/mode/2up online]</ref>
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* [[1853]] produzierte die Fürther Blattmetallschlägerei bei 75 Meistern mit 330 Arbeitern und 330 Arbeiterinnen jährlich 3 Millionen Bücher Metall.<ref>Kunst- und Gewerbeblatt 1853, München 1853, S. 742</ref>
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* Im Jahr [[1866]] werden Fabriken aufgezählt, die bereits mit Dampfmaschinen ausgestattet waren, darunter vier Bronzefabriken: [[Georg Benda|Benda]] und [[Isaak Brandeis|Brandeis]], [[Gustav Lepper|Lepper]] sowie [[Eiermann und Tabor|Eiermann & Tabor]]. Dies ist kein Zufall, da diese Branche aus der Metallschägerei hervorgegangen war. Die beschwerlichen Arbeitsgänge wie das Ausschlagen, die Arbeit der Stämpfer oder das Walzen wurden von den Maschinen übernommen.<ref>Barbara Ohm: ''Die ersten Fürther Fabriken mit Dampfmaschinen''. In: [[Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Fürth - Geschichte der Stadt]], Fürth, 2007. S.198 - 201</ref> Trotz der lauten Schlagmaschinen und die Ruß- und Rauchbelästigungen durch die Kraftübertragung, gegen die die Nachbarn der Betriebe vorgingen, wuchs die Anzahl der Metallschläger weiter.
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* Um die schweren Arbeitsbedingungen zu erleichtern, einen Zehn-Stunden-Tag und höhere Löhne zu erreichen gründeten die Metallschläger im Zeitraum von 1872 bis 1875 die ''Internationale Gewerkschaftsunion''. Die herausragenden Persönlichkeiten der Gewerkschaftsbewegung in Fürth waren dabei [[Hans Böckler]] und [[Martin Segitz]], die selbst Metallarbeiter waren.
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* Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hin hat dann ein "Wandel vom Handwerk zum Handel" stattgefunden. "Die Unternehmer bezeichneten sich jetzt als „Blattgoldfabrikanten“, schlugen meist nicht mehr selbst sondern betätigten sich nur noch als Kaufleute und ließen andernorts produzieren."<ref>Gilbert Krapf: ''"Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth"'' in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 23 [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_view&gid=59 online]</ref>
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* Im 19. Jahrhundert betrieben die Fürther Fabrikanten "gut 100 mit Wasserkraft betriebene Hammer- und Stampfwerke an den Bächen und Flüssen im Umland".<ref>Gilbert Krapf: ''"Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth"'' in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 3 [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_view&gid=59 online]</ref>
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* [[1890]] lassen sich, einschließlich einer Handlung, 30 Bronzefarbenfabriken nachweisen.<ref>Johann Heinrich Brettinger - Handels- und Gewerbeadreßbruch Nürnberg-Fürth einschließlich der umliegenden Orte, Nürnberg 1890/91, S. 142/143</ref>
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* Das Adressbuch von [[1891]] nennt 180 Betriebe der Feingold- und Metallschlägerei, vorwiegend kleine Betriebe, in denen handwerklich wie im 18. Jahrhundert gearbeitet wurde. Zwar wurden in der Metallschlägerei mittlerweile maschinelle Hämmer eingesetzt, um das langwierige und kräftezehrende Ausschlagen des Metalls zu beschleunigen und zu vereinfachen, doch mussten die letzten Arbeitsgänge nach wie vor mit der Hand ausgeführt werden, um das hauchdünne Blattmetall von 0,0001 Millimeter Dicke zu erreichen.<ref>Barbara Ohm: ''Eine wichtige Zeit - Die Hochindustrialisierung''. In: [[Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Fürth - Geschichte der Stadt]], Fürth, 2007. S.198 - 201</ref> Etliche Firmen, wie z.B. [[Eiermann und Tabor|Eiermann & Tabor]] hatten ihre Produktion mit den Stämpfern auch ins Umland verlegt.
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* [[1891]] trat [[Martin Segitz]] als Fürther Vertrauensmann in Frankfurt beim Gründungskongress des ''Deutschen Metallarbeiterverbandes'' für einen Zusammenschluss auf nationaler Ebene ein.
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* Anlässlich eines Streiks der Metallschläger trat [[Hans Böckler]] [[1894]] in den Metallarbeiterverband ein. Auch er hatte Metallschläger gelernt und noch 13 Stunden am Tag hart gearbeitet. Auch aufgrund seiner erfolgreichen Bemühungen um die Verbesserung er Arbeitsbedingungen wurde er [[1901]] Vorsitzender des Fürther Gewerkschaftskartells.<ref>Barbara Ohm: ''Kehrseite der Industrialisierung - Die sozialen Probleme''. In: [[Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Fürth - Geschichte der Stadt]], Fürth, 2007. S.230 - 231</ref>
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* Nach der Jahrhundertwende kam es durch die vermehrte Umstellung von Blattmetall zu Bronzefarben, durch die günstige industrielle Produktionsweise und auch die Verwendung der billigen Papierformen bei der Maschinenschlägerei anstatt der bei den Handschlägern üblichen Formen aus Rinderdarm zum Aussterben der Handmetallschlägerei.<ref>Friedrich Marx, Fürth in Vergangenheit und Gegenwart, Fürth 1887, S. 218 - 223; Karl Lohmüller, Die Entwicklung des Metallschlägergewerbes unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in der Feingoldschlägerei in Mittelfranken, Diss. Erlangen 1936, S. 26 - 29</ref>
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* Der letzte Goldschlägerbetrieb von Schienerer wurde [[1941]] geschlossen. Heute finden wir "nur noch zwei Betriebe, die uns an die lange Goldschlägertradition der Stadt erinnern. Das Handelsunternehmen [[Klein & Jacob]]" sowie die Firma [[Leonhard Kurz]].<ref>Gilbert Krapf: ''"Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth"'' in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 30 [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_view&gid=59 online]</ref>
  
 
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
* [[Leonhard Kurz]]
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* [[Aktiengesellschaft für Glas-, Spiegel- und Zinnfolienfabrikation]]
* [[Segitz & Neidhardt]]
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* [[Georg Benda]]
* [[Wickels Papierveredelungs-Werke]]
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* [[Isaak Brandeis]]
* [[Metallpapier-Bronzefarben-Blattmetallwerke AG]]
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* [[M. Brünn & Co.]]
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* [[Konrad Cramer]]  
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* [[J. W. Cramer Sohn]]
 
* [[Eckart-Werke]]
 
* [[Eckart-Werke]]
 
* [[Carl Eckart (junior)]]
 
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* [[Eiermann und Tabor]]
 
* [[Eiermann und Tabor]]
 
* [[Max Eiermann]]
 
* [[Max Eiermann]]
* [[Georg Benda]]
 
* [[Isaak Brandeis]]
 
* [[Ludwig Spiegelberger]]
 
* [[J. W. Cramer Sohn]]
 
* [[Konrad Cramer]]
 
* [[David Morgenstern]]
 
* [[Aktiengesellschaft für Glas-, Spiegel- und Zinnfolienfabrikation]]
 
 
* [[G. L. Fuchs & Söhne]]
 
* [[G. L. Fuchs & Söhne]]
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* [[Johann Florian Geiger]]
 
* [[Hitzenbühler & Eberhardt]]
 
* [[Hitzenbühler & Eberhardt]]
* [[M. Brünn & Co.]]
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* [[Johann Höfler]]
* [[J. W. Schienerer]]
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* [[Leonhard Hofmann]]
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* [[Johann Friedrich Jacob]]
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* [[Köhler & Co.]]
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* [[Leonhard Kurz]]
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* [[Bronzefarbenfabrik Gustav Lepper]]
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* [[Metallpapier-Bronzefarben-Blattmetallwerke AG]]
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* [[David Morgenstern]]
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* [[Conrad Pickel]]
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* [[Gebr. Rosenbaum]]
 
* [[Heinrich Scharff]]
 
* [[Heinrich Scharff]]
 
* [[Paul Scharff]]
 
* [[Paul Scharff]]
* [[Köhler & Co.]]
+
* [[J. W. Schienerer]]
* [[Johann Friedrich Jacob]]
+
* [[Segitz & Neidhardt]]
* [[Johann Florian Geiger]]
+
* [[Ludwig Spiegelberger]]
* [[Johann Höfler]]
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* [[Bernhard Ullmann & Co]] (siehe auch [[Bernhard Ullmann]])
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* [[Wickels Papierveredelungs-Werke]]
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
Gilbert Krapf: ''"Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth"'' in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008 [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_view&gid=59 online]
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* Gilbert Krapf: ''"Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth"'' in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008 [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_view&gid=59 online]
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* Friedrich Morgenstern: ''"Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter"'', Tübingen, 1890 [https://archive.org/stream/bub_gb_XAVBAAAAIAAJ#page/n0/mode/2up online]
  
 
==Weblinks==
 
==Weblinks==
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* Rauschgold bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Rauschgold Wikipedia]
 
* Rauschgold bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Rauschgold Wikipedia]
 
* Stanniol bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Stanniol Wikipedia]
 
* Stanniol bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Stanniol Wikipedia]
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* Technische Beschreibungen verschiedener Bronzefarben im Polytechnischen Journal [http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj186/ar186107 online-Digitalisat]
  
 
==Einzelnachweise==
 
==Einzelnachweise==
 
<references />
 
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== Bilder ==
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[[Kategorie:Unternehmen (ehemals)]]
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Version vom 23. Oktober 2020, 08:44 Uhr

Metallschläger in Fürth um die Jahrhundertwende

Die Blattmetallschlägerei war ein traditionelles Fürther Handwerk.

Bereits Anfang des 18. Jahrhunderts fertigte man in Fürth Blattgold, Blattsilber und andere Blattmetalle. Mitte des 18. Jahrhunderts kam dann die Fabrikation von Bronzefarben (Metallpulver) dazu. Ende des 19. Jahrhunderts war Fürth das weltweite Zentrum der Bronzefarbenherstellung. Es gab große Fabriken und kleine, handwerkliche Zulieferer sowie weiterverarbeitende Betriebe.


Entwicklung der Blattmetallschlägerei

Grundvoraussetzung für die Herstellung von Blattmetall ist die große Dehnbarkeit des verwendeten Materials wie Gold, Silber, Aluminium, Zinn, Zink oder der Legierungen, besonders Bronze. Im Metallhammerwerk wird das Material zunächst bei 1200°C geschmolzen und anschließend in Barren (Zaine) von 30 cm Länge und je 1,5 cm Breite und Höhe gegossen. Durch mächtige Walzen werden daraus dann meterlange, dünne Bänder gestreckt. Um die Geschmeidigkeit der Bänder zu erhalten, muss man sie dann immer wieder ausglühen. Nach dem Zerschneiden der 20-25 m langen und 3 cm breiten Bänder in Blätter von 60 cm Länge, lässt man 100-200 solcher zwischen Zinkblechen zusammengebundener Blätter durch die Zainhämmer breitschlagen. Durch viele weitere Arbeitsvorgänge und unter Einsatz der unterschiedlichsten Hämmmer entstehen immer dünnere Metallstreifen (=Zainmetall).[1] Es folgen noch etliche weitere Arbeitsgänge wie Ausglühen, Einlegen in Pergamentformen und weiteres Ausschlagen unter schweren Quetschhämmern. In den Handschlägereien wird aus dem entstandenen Lothmetall durch mehrfaches Schlagen das Blattmetall erarbeitet.

Etliche Erfindungen führten im 19. Jahrhundert zum Fortschritt in der Metallschlägerei und nebenbei auch zur Bronzefarbenherstellung. Eine entscheidende Veränderung brachte insbesondere der Einsatz von Dampfkraft für die Walzwerke, die Zainhämmer, die Quetschhämmer und später auch die Maschinen- oder Federhämmer, die auch die Handschläger immer mehr ersetzten. Die besten Zeiten der Blattmetallhersteller waren vor allem in den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als das Blattmetall besonders in den USA für die Tapeten-, Bordüren-, Papier- und Goldleistenfabrikation benötigt wurde. Als allgemein vorherrschende Betriebsform galt lange der im Verlagssystem produzierende Klein- bzw. Mittelbetrieb, teils entstanden auch Manufakturen.[2]

Entwicklung der Bronzefarbenfabrikation

Bis Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Abfälle der Metallschlägerei (Schabin/Schawin/Schabig) nicht weiter verwendet, sondern weggeworfen. Um 1750 kam der Maurer A. Huber aus Fürth auf den Einfall, diese Abfälle kleingerieben als Metallpulver zu verkaufen. Bei diesem Maurer handelte es sich - je nach Quelle - entweder um "Andreas Huber"[3] oder um "Albert Huber".[4] Eine weitere Quelle führt außerdem die Fürther domprobsteiliche Goldschlagerordnung, in der der Chavin-Verkauf geregelt wird, auf, um eine viel frühere Bronzefarbenfabrikation zu beweisen.[5] 1781 stellten der Metallschläger Conrad Pickel und der Franzose Courrier in Fürth ein goldähnliches Bronzepulver her. Nachdem es den Bemühungen der Fürther und Nürnberger Fabrikanten gelungen war, die Bronzefarben in fast allen Farbtönen herzustellen, stieg die Nachfrage nach diesen Metallfarben enorm an. Bald reichten die "Abfälle" der Metallschlagerei nicht mehr aus und es musste extra zum Zwecke der Bronzefarbenfabrikation Blattmetall geschlagen werden. Lange Zeit war dies reine Handarbeit. Der erste Versuch einer Anwendung von Maschinenarbeit zum Metallschlagen stammte von Johann Christian Reich d. J. Das Drehen und Wenden blieb bei Reichs Maschine allerdings nach wie vor dem Arbeiter überlassen. Eine von Johann G. Lauter im Jahr 1838 (s. Diskussion) entwickelte Maschine war die erste, die das Schlagen und Wenden zugleich erledigte.[6] Die für die Bronzefarbenfabrikation wichtigsten Erfindungen waren die durch Dampfkraft in Bewegung gesetzten Hämmer- und Reibmaschinen von J. Brandeis. Das Hammerwerk konnte das Blech so dünn ausschlagen, dass 1 Kilogramm Legierung 120 Quadratmeter Blattmetall ergab. Waren die Metallblätter dann gerieben, wurden sie unter Zusatz von Öl weiter behandelt und durch vorsichtiges Erhitzen gefärbt, d.h. mit Anlauffarben versehen.[7]

Der Broncefarben wurden ein wichtiger Exportgegenstand, besonders nach Amerika, und die Nürnberg-Fürther Broncefarbenindustrie deckte fast den gesamten Weltbedarf. Um 1890 war der Höhepunkt der Broncefarbenausfuhr überschritten, denn die Vereinigten Staaten legten einen hohen Zoll darauf, um die eigene Industrie zu unterstützen. In der Folge gründeten einige Fürther Firmen Niederlassungen in New York.[8]

Chronik

Dieser Artikel wurde im Rahmen des Fürther Stadtjubiläums "200 Jahre eigenständig" im Jahr 2018 überarbeitet
  • Bereits im 16. Jahrhundert hat "auf dem Gelände der heutigen Wolfsgrubermühle" ein erstes Messingwerk (Messinghammer) gestanden, welches "laut Gottlieb Wunschels Häuserchronik über die Zerstörungen des 30jährigen Krieges hinaus bis Mitte des 17. Jahrhunderts existiert haben" soll.[9]
  • Ab 1705 haben sich Nürnberger, Nördlinger und Augsburger Metallschläger in Fürth niedergelassen.[10]
  • Der domprobstl. Amtmann führte 1725 für die Gold-, Silber- und Metallschläger eine Zunftordnung ein.[11]
  • Spätestens ab 1750 Herstellung von Bronzefarben. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde zudem das weiße Metallblatt beliebt, das aus einer Legierung von Zinn mit Zink bestand und echtem Blattgold sehr ähnlich war. In Nürnberg durfte nur edles Metall geschlagen werden. Da die Nachfrage damit nicht befriedigt werden konnte, gerieten die Nürnberger Goldschläger den Fürther gegenüber in Hintertreffen.[12]
  • 1777 Auch der Ansbacher Markgraf erließ jetzt eine Ordnung für die Gold- und Silberschläger. Durch die Rivalität der bambergischen Handwerker, Meister und Gesellen mit den ansbachischen ergab sich in Fürth eine relative Gewerbefreiheit, die dazu führte, dass sich immer mehr Metallschläger auch aus Nürnberg in Fürth ansiedelten, weil sie hier weitgehend ohne einengende Handwerksfestlegungen produzieren konnten.
  • In der Zeit der napoleonischen Kriege zu Beginn des 19. Jahrhunderts litten die Goldschläger ganz besonders, weil sie viel nach Amerika exportierten und dieser Absatzmarkt lange Zeit durch Ausfuhrsperren blockiert war.
  • Im April 1834 erhielt "Johann Georg Lauter aus Fürth" ein 15jähriges Privilegium "auf Erzeugung einer eigenthümlichen Metallmischung für für Blätter und getriebene Broncefarben".[13]
  • 1839 erhielt der Bildhauer und Vergolder G. Leber ein königliches Patent, "ein Gewerbsprivilegium auf eine von ihm erfundene kombinirte Metall-, Zinn-Blattschlag- und Reib-Maschine für die Bereitung von ächten und unächten Metallbüchern und Broncefarben für den Zeitraum von fünfzehn Jahren".[14]
  • 1844: Der Umfang der Blattmetallschlägerei war bereits höchst bedeutend: Während in Nürnberg sich 3 Metallschlägermeister befanden, arbeiteten in Fürth 68 Meister, 100 Gesellen, 24 Zainer, 110 Einlegerinnen (deren Aufgabe es war, die Metallblätter zu zerschneiden, in die Formen und zuletzt in die Bücher einzulegen) und 20 Lehrlinge, also zusammen 322 Personen. Die Produktion betrug jährlich 2,5 Millionen Buch Metall. Außerdem beschäftigten sich in Fürth alleine 21 Unternehmen (mit 60 Arbeitern) nur mit der Bronzefarbenfabrikation.[15]
  • Am 16. Oktober 1850 erhielt J. Brandeis für sein maschinelles Bronzefarben-Fabrikationsverfahren ein Privilegium für das Königreich Bayern auf 10 Jahre zuerkannt.[16]
  • 1853 produzierte die Fürther Blattmetallschlägerei bei 75 Meistern mit 330 Arbeitern und 330 Arbeiterinnen jährlich 3 Millionen Bücher Metall.[17]
  • Im Jahr 1866 werden Fabriken aufgezählt, die bereits mit Dampfmaschinen ausgestattet waren, darunter vier Bronzefabriken: Benda und Brandeis, Lepper sowie Eiermann & Tabor. Dies ist kein Zufall, da diese Branche aus der Metallschägerei hervorgegangen war. Die beschwerlichen Arbeitsgänge wie das Ausschlagen, die Arbeit der Stämpfer oder das Walzen wurden von den Maschinen übernommen.[18] Trotz der lauten Schlagmaschinen und die Ruß- und Rauchbelästigungen durch die Kraftübertragung, gegen die die Nachbarn der Betriebe vorgingen, wuchs die Anzahl der Metallschläger weiter.
  • Um die schweren Arbeitsbedingungen zu erleichtern, einen Zehn-Stunden-Tag und höhere Löhne zu erreichen gründeten die Metallschläger im Zeitraum von 1872 bis 1875 die Internationale Gewerkschaftsunion. Die herausragenden Persönlichkeiten der Gewerkschaftsbewegung in Fürth waren dabei Hans Böckler und Martin Segitz, die selbst Metallarbeiter waren.
  • Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hin hat dann ein "Wandel vom Handwerk zum Handel" stattgefunden. "Die Unternehmer bezeichneten sich jetzt als „Blattgoldfabrikanten“, schlugen meist nicht mehr selbst sondern betätigten sich nur noch als Kaufleute und ließen andernorts produzieren."[19]
  • Im 19. Jahrhundert betrieben die Fürther Fabrikanten "gut 100 mit Wasserkraft betriebene Hammer- und Stampfwerke an den Bächen und Flüssen im Umland".[20]
  • 1890 lassen sich, einschließlich einer Handlung, 30 Bronzefarbenfabriken nachweisen.[21]
  • Das Adressbuch von 1891 nennt 180 Betriebe der Feingold- und Metallschlägerei, vorwiegend kleine Betriebe, in denen handwerklich wie im 18. Jahrhundert gearbeitet wurde. Zwar wurden in der Metallschlägerei mittlerweile maschinelle Hämmer eingesetzt, um das langwierige und kräftezehrende Ausschlagen des Metalls zu beschleunigen und zu vereinfachen, doch mussten die letzten Arbeitsgänge nach wie vor mit der Hand ausgeführt werden, um das hauchdünne Blattmetall von 0,0001 Millimeter Dicke zu erreichen.[22] Etliche Firmen, wie z.B. Eiermann & Tabor hatten ihre Produktion mit den Stämpfern auch ins Umland verlegt.
  • 1891 trat Martin Segitz als Fürther Vertrauensmann in Frankfurt beim Gründungskongress des Deutschen Metallarbeiterverbandes für einen Zusammenschluss auf nationaler Ebene ein.
  • Anlässlich eines Streiks der Metallschläger trat Hans Böckler 1894 in den Metallarbeiterverband ein. Auch er hatte Metallschläger gelernt und noch 13 Stunden am Tag hart gearbeitet. Auch aufgrund seiner erfolgreichen Bemühungen um die Verbesserung er Arbeitsbedingungen wurde er 1901 Vorsitzender des Fürther Gewerkschaftskartells.[23]
  • Nach der Jahrhundertwende kam es durch die vermehrte Umstellung von Blattmetall zu Bronzefarben, durch die günstige industrielle Produktionsweise und auch die Verwendung der billigen Papierformen bei der Maschinenschlägerei anstatt der bei den Handschlägern üblichen Formen aus Rinderdarm zum Aussterben der Handmetallschlägerei.[24]
  • Der letzte Goldschlägerbetrieb von Schienerer wurde 1941 geschlossen. Heute finden wir "nur noch zwei Betriebe, die uns an die lange Goldschlägertradition der Stadt erinnern. Das Handelsunternehmen Klein & Jacob" sowie die Firma Leonhard Kurz.[25]

Siehe auch

Literatur

  • Gilbert Krapf: "Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008 online
  • Friedrich Morgenstern: "Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter", Tübingen, 1890 online

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Erhard Schraudolph: Vom Handwerkerort zur Industriemetropole. Selbstverlag, Historischer Verein für Mittelfranken, Ansbach (Mittelfränkische Studien, Band 9), 1993, S. 92.
  2. Erhard Schraudolph: Vom Handwerkerort zur Industriemetropole. Selbstverlag, Historischer Verein für Mittelfranken, Ansbach (Mittelfränkische Studien, Band 9), 1993, S. 94.
  3. Rudolph Wagner: Die Darstellung der Bronzefarben in: Polytechnisches Journal, 1867, Band 186, S. 463–473. - online-Digitalisat
  4. Georg Wüstendörfer: Wanderungen durch Fürth, 1898, S. 1
  5. Friedrich Morgenstern: Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter, Tübingen, 1890, S. 47 online
  6. "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs Bayern", 1838, S. 667
  7. Johannes Rudolph Wagner: Die Darstellung der Bronzefarben in: Polytechnisches Journal, 1867, Band 186, Nr. CVII. (S. 463–473) online-Digitalisat
  8. August Jegel: "Die wirtschaftliche Entwicklung von Nürnberg-Fürth, Stein und des Nürnberger Raumes seit 1806", S. 233
  9. Gilbert Krapf: "Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 11f online
  10. Blattmetallschläger. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 62.
  11. Friedrich Morgenstern: "Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter", Tübingen, 1890, S.7 online
  12. Barbara Ohm: Der wirtschaftliche Aufschwung im 18. Jahrhundert. In: Fürth - Geschichte der Stadt, Fürth, 2007. S.99 - 105
  13. "Regierungs-Blatt für das Königreich Bayern", 29. Januar 1835, S. 55; "Die Bayer'sche Landbötin" Nr. 14, 31. Januar 1835, S. 117 - online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
  14. "Fürther Tagblatt" vom 1. Februar 1839, S. 112
  15. Amtlicher Bericht über die Allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844, Band 2/1, S. 357 f - online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
  16. Friedrich Morgenstern: "Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter", Tübingen, 1890, S. 127 online
  17. Kunst- und Gewerbeblatt 1853, München 1853, S. 742
  18. Barbara Ohm: Die ersten Fürther Fabriken mit Dampfmaschinen. In: Fürth - Geschichte der Stadt, Fürth, 2007. S.198 - 201
  19. Gilbert Krapf: "Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 23 online
  20. Gilbert Krapf: "Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 3 online
  21. Johann Heinrich Brettinger - Handels- und Gewerbeadreßbruch Nürnberg-Fürth einschließlich der umliegenden Orte, Nürnberg 1890/91, S. 142/143
  22. Barbara Ohm: Eine wichtige Zeit - Die Hochindustrialisierung. In: Fürth - Geschichte der Stadt, Fürth, 2007. S.198 - 201
  23. Barbara Ohm: Kehrseite der Industrialisierung - Die sozialen Probleme. In: Fürth - Geschichte der Stadt, Fürth, 2007. S.230 - 231
  24. Friedrich Marx, Fürth in Vergangenheit und Gegenwart, Fürth 1887, S. 218 - 223; Karl Lohmüller, Die Entwicklung des Metallschlägergewerbes unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in der Feingoldschlägerei in Mittelfranken, Diss. Erlangen 1936, S. 26 - 29
  25. Gilbert Krapf: "Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 30 online

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Höfefest 2018 Dieser Artikel war Thema beim Fürther Höfefest vom 21. - 22. Juli 2018. Unter dem Titel "200 Jahre an einem Wochenende" bot die Veranstaltung Einblick in mehr als 50 Fürther Höfe, davon 20 als Themenhöfe mit einem geschichtlichen Thema.