Die Essigfabrik Ammon befand sich in der Erlanger Straße 81. Sie wurde von den aus Nürnberg stammenden Brüdern Christian und Paulus Ammon um 1845 gegründet.

Geschichte der Essigfabrik

Die Erben des ursprünglichen Besitzers der Gaststätte Pitterleinsgarten verkaufte das Anwesen samt Grundstück an die beiden Brüder. Christian Ammon übernahm als Gastronom die Gaststätte, Paulus Ammon hatte das concessionierte Privileg zur Essigfertigung, so dass er auf dem Gelände mit dem Bau einer Essigfabrik begann. Zumindest kurzfristig muss der Schwager Paulus Ammon - Martin Krauß mit seiner Ehefrau Fernandina Krauß - auf dem Grundstück die Gaststätte Pitterleinsgarten noch betrieben haben, ehe diese Konkurs anmelden mussten.

Am 7. April 1851 stellten die Brüder eine Bauantrag zur Errichtung eines Stadels an der Südwestecke des Hofes. Dieser sollte zur Hälfte aus Stein, zur anderen Hälfte aus Fachwerk errichtete werden. Dabei bedienten sich die Brüder eines bereits bestehenden Stadels im benachbarten Wetzendorf im Norden Nürnbergers, dass dort abgetragen werden - und in der Erlanger Straße wieder aufgebaut werden sollte. Es folgte zunächst ein Rechtsstreit zwischen der Stadt Fürth und den beauftragten Burgfarrnbacher Bau- und Werkmeistern Waitz und Oeser, da nach Rechtsauffassung der Stadt Fürth diese nicht formal berechtigt gewesen sein sollen, Bauten in einer Stadt I. Klasse errichten zu dürfen. Nach zweimaligem Vorsprechen vor der Regierung von Ansbach wurde schließlich die Baugenehmigung erteilt.

Die Gebrüder Ammon nutzen den Wandel im Brauprozess zur Erweiterung des Geschäftsfeldes. Die bisher beliebten, aber weniger lagerfähigen obergärigen Biere, ließen das Abschöpften der oben schwimmenden Hefe beim Gärprozeß leicht zu. Diese Hefe wurde meist an Bäckereien und von Haus zu Haus verkauft. Mit der Umstellung des Braubetriebs auf untergärige Biere brauchte man plötzlich ganz andere Sorten von Hefe, die Hefegewinnung zur Zweitverwertung wurde deutlich schwieriger. Dies nutzen die Gebrüder Ammon als Geschäftsidee aus und begannen, wie vielerorts auch andere Unternehmer in dieser Zeit, mit der Produktion von Kunsthefen als Backhefe.

Hierzu ließen sie sich 1860 auf dem Grundstück vom Maurermeister Caspar Gran ein dem Hof umschließender Seitentrakt mit Kegelbahn und Stall sowie Scheune errichten. Gleichzeitig entstand eine neue Essig- und Hefefabrik gegenüber am nördlichen Ende des Grundstückes, auf dem ehem. Wirtsgelände. Beim Stadtbauamt der Stadt Fürth liegt ein entsprechendes Protokoll vom 28. Juli 1860 vor, in dem folgendes festgehalten wurde: "Es erschienen, 1. Essigsieder Paulus Ammon, 2. Bierwirth Christian Ammon ...: In Gemeinschaft mit dem Mühlenbesitzer und Preßhefefabrikanten Heinrich Hänischen zu Lockwitz bei Dresden wollen sie hier eine Hefefabrik etablieren und ein zweistöckiges Fabrikgebäude mit Kesselhaus und einem 25 Meter hohen Dampfschlot erbauen lassen, und zwar auf der Westseite der Hofeinfahrt an der Stelle des ehem. Biergartens. Mit dem Bau solle der Baumeister Gran aus Fürth beauftragt werden. Im Kesselhaus wird eine moderne Dampfmaschine mit 3 Atmosphären installiert werden."

Mit Schreiben vom 31. August 1860 wurde der Bau genehmigt, allerdings sollte der Schornstein nicht 25 Meter sondern 30 Meter hoch sein. Das Fundament bzw. drei Meter des alten Kamins sind noch erhalten geblieben. Sie sind heute (Stand 2021) als Rondell im Hofbereich an dem Bau im Nordteil weiß gestrichen worden und damit gut erkennbar. Im September 1861 wurde die neue Fabrik an der Erlanger Straße eröffnet. Da das neue Gebäude auf dem Garten der ehem. Wirtschaft errichtet wurde, erhielt auch dieses Gebäude die Hausnummer 81, weshalb bis heute in der Erlanger Straße keine Hausnummer 83 und 85 existiert. Mit Eröffnung der Fabrik setzte sich auch ein gewisser Wohlstand ein, da immerhin 20 Beschäftige benannt werden konnten. Allerdings verkauften die Gebrüder Ammon das Anwesen samt Fabrik bereits nach nur neun Jahren wieder um 1870.

Neue Ära als Hefe- und Spiritusfabrik

Neuer Fabrikbesitzer wurde der Hefe- und Spiritusfabrikant Sigmund Böhm. Hefefabriken boten sich zur damaligen Zeit besonders für die Herstellung von Spiritus an, da dies als Abfallprodukt bei der Gärung der Hefe mit abfiel - und zusätzlich gewinnbringend verkauft werden konnte.

Erneut wurden Bauarbeiten auf dem Grundstück durchgeführt, dieses Mal entlang der heutigen Reuter Straße. Die nur 10 Jahre alte Kegelbahn, inzwischen verwittert, musste einem Zwischenbau vom alten Wohn- und Gasthaus zum 1851 errichteten Stadel weichen. Jetzt wurde ein zweigeschossiger Steinbau errichtet, dass das Vorderhaus mit dem Stadel verband. In dem neuen Gebäude kamen u.a. um Erdgeschoss die Kutschen und Fahrzeuge unter, während sich im 1. Obergeschoss die Wohnungen für die Kutscher befanden. Ein noch heute erhaltener Laubengang mit Tränke verband das alte Gasthaus mit den neuen Gebäuden.

Im Jahr 1890 wurde das Gebäude erneut verkauft, dieses Mal den Fabrikanten Conrad Höger aus der naheliegenden Ulmenstraße. Höger versuchte ein Problem zu lösen, an dem bisher seine Vorgänger gescheitert waren bzw. dies für den Standort als großes Manko empfanden: die Versorgung mit Frischwasser. Die Erlanger Straße war zu diesem Zeitpunkt, wie große Teil der restlichen Stadt Fürth, noch nicht an einer öffentlichen Wasserversorgung angeschlossen. Trotzdem benötigte das Unternehmen nicht unerhebliche Mengen an Wasser, so dass eine Lösung gefunden werden musste. Man kam schließlich auf folgende Lösung, die sicherlich einmalig für die Stadtgeschichte schon zur damaligen Zeit war. In 150 Meter Entfernung zum Grundstück wurde im Pegnitztal ein Brunnen gebohrt. Damit das Wasser aus dem tiefer gelegenen Tal bis zur Fabrik kam wurden eigens drei Meter hohe Stützen gebaut, die mittels einer Tranmission mit der vorhandenen Dampfmaschine über Antriebsriemen aus Leder über Rollen und einer Drahtseilanlage verbunden war. Somit konnte das Wasser über eine 37 mm starke Wasserleitung aus Eisen noch oben gepumpt werden. Entworfen und gebaut hatte kein geringerer als das Civilbaubureau Fritz Walter, ein Architekt der an vielen Stellen der Stadt maßgeblich für die Stadtentwicklung mit verantwortlich war. Nach den Überlieferungen soll die Wasserpumpanlage fehlerlos gearbeitet haben, "ohne Störung des Publikums". Diese Anlage wurde bis um die Jahrhundertwende betrieben, dann war sie nicht mehr erforderlich, da die Gebäude um 1900 an das öffentliche Wassernetz angeschlossen wurden.

Erneut neue Funktion: Glasschleiferei und Zelluloid

Bis nach der Hyperinflation im Jahr 1923 bestand noch die Hefe- und Spiritusfabrik, ehe die wirtschaftliche Situation dem Betrieb ein Ende bereitete. Erst im Mai 1924 kauft der Unternehmer Christian Lauter das Anwesen. Allerdings hatte Lauter andere Pläne für die Gebäude. Unter seiner Regie entstand eine Glasschleiferei und Zelluloidherstellungfirma. Insbesondere die Herstellung von Zelluloid erforderte besondere Sicherheitsmaßnahmen, da das Zelluloid schon bei geringen Temperaturen brennen kann. Deshalb erhielt das Unternehmen aus Sicherheitsgründen die Auflage, täglich nicht mehr als 2 kg Zelluloid zu verarbeiten bzw. nicht mehr als 100 kg des Rohstoffes vor Ort zu lagern. Zusätzlich mussten feuersichere Metalltüren eingebracht werden. Auch Lauter verkaufte alsbald das Unternehmen wieder. 1925 erwarben Seuber & Salomon die Glasschleiferei, während Willy Konrad die Produktion des Zelluloid übernahm.

Nutzung nach dem 2. Weltkrieg - Leerstand

Auch der Zweite Weltkrieg sah eine erneute Zäsur vor. Zwar waren die Gebäude vom Krieg verschont geblieben, doch der Betrieb einer Glasschleiferei und auch die Herstellung kann nicht mehr nachgewiesen werden. Vielmehr wechselten die Eigentümer häufig, darunter eine Landmaschinenreparaturwerkstatt sowie ein Vulkanisierungsbetrieb zur Überarbeitung von Autoreifen. In den 1970er Jahren befand sich der Einzelhändler Hegendörfer in den ehemaligen Fabrikräumen entlang der heutigen Erlanger Straße, ehe auch dieser in den 1990er Jahren vom Einzelhändler und Gartenbedarfsladen mit Lotterieannahmestelle Thomas Menz abgelöst wurde. Das Unternehmen von Thomas Manz schloss zum 1. April 2014.

Seit einigen Jahren steht das Anwesen leer (Stand 2021). Eine weitere Nutzung ist aktuell nicht absehbar.

Literatur

  • Heinrich Habel: Denkmäler in Bayern Stadt Fürth, Erlanger Straße 81, Karl M. Lipp Verlag, München, S. 80
  • Walter Fischer: Fürther Stadtbilder. Erlanger Straße 81. In: Fürther Heimatblätter, 1994/4, S.126 - 130

Siehe auch

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