Fürther Volksverein

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Der Fürther Volksverein war ein Sammelbecken der Fürther Demokraten, die sich im Revolutionsjahr 1848 zusammengetan hatten, um die freiheitlichen Ideen hochzuhalten und mit Gleichgesinnten darüber zu diskutieren. Der Verein übernahm 1866 das Programm der Deutschen Volkspartei, dem in Preußen gegründeten linken Flügel der Fortschrittspartei.


Geschichte

Der politische Leseverein

Die Märzgesetze des Bayerischen Königs Max II. und die Neuerungen in der Fürther Stadtverwaltung - Magistrat und Gemeindebevollmächtigte hatten beschlossen, ihre Sitzungen öffentlich abzuhalten - führten zu einem verstärkten politischen Engegement der Fürther Bürger. So entstanden in Fürth auch politische Vereine. Beispielsweise wurde eine neue Lesegesellschaft gegründet, der politische Leseverein, der sich nun offen als politisch bezeichnen konnte. Die Männer an der Spitze des politischen Lesevereins waren die beiden Ärzte Dr. Wolfgang Mack und Dr. Samson Landmann, der Bankier Louis Wertheimber, der Fabrikant Dr. David Morgenstern, außerdem wichtige Unternehmer wie die Spiegelfabrikanten Büchenbacher und Bendit, der Lithograph Gerson Löwensohn, die Bronzefarbenfabrikanten Brandeis und Bernhard Ullmann, der Kaufmann Peter Rießner, der Chirurg Georg Michael Scheidig, der hebräische Buchdrucker David Isaac Zirndorfer und viele andere mehr. Der Leseverein war schon 1855 nicht mehr politisch tätig und löste sich 1857 auf. Viele der Mitglieder gingen zum Fürther Volksverein.

Der erste Fürther Volksverein

Auch der Fürther Volksverein wurde bereits 1848 gegründet.[1] Auch hier trafen sich die Fürther Demokraten. In Paragraf I der Satzung war festgelegt: Der Zweck des Vereins geht dahin, den Sinn für öffentliche Angelegenheiten zu erwecken, zu erhalten und auszubilden. Der Vorsitzende des Volksvereins, der Arzt Dr. Samson Landmann, meldete im Mai 1850 den Verein an, legte die Satzung vor und gab die Vorstände bekannt: Zweiter Vorstand nach Dr. Landmann war der Webermeister Konrad Ott, Schriftführer der praktische Arzt Dr. Karl Kiderlin – nach ihm ist die Kiderlinstraße in Fürth benannt – und Kassier der Spiegelfabrikant Christian Riegel. Interessant ist, dass die Mitglieder vor allem Akademiker und Unternehmer waren. Mit Unterstützung der Demokraten aus dem Volksverein war im Jahr 1848 Dr. David Morgenstern in den Bayerischen Landtag gewählt worden.

Der Grüne Baum

Die erste offizielle Versammlung des Volksvereins fand am 8. August 1850 im Gasthof Grüner Baum statt. Sie wurde von 300 Personen besucht und dauerte dreieinhalb Stunden. Bürgermeister Bäumen, der das Vereinsgesetz ausführen musste, ordnete den Volksverein ohne Zweifel als einen politischen ein und teilte ihm die entsprechenden Vorschriften des neuen Vereinsgesetzes mit. So durfte der Verein zum Beispiel keine geheimen Versammlungen abhalten, sondern musste drei Tage vorher die Sitzungen mit Angabe von Ort und Uhrzeit anmelden. Die Versammlungsfreiheit war gravierend eingeschränkt. Zu den Versammlungen schickte der Magistrat einen Polizeibeamten, der ein Protokoll anfertigen musste.[2] Im Mai 1851 nahm die bayerische Regierung den Volksvereins besonders unter die Lupe und verlangte von Bürgermeister Bäumen, über die politische Haltung der Vorstände zu informieren. Politische Vereine waren absolut unerwünscht, deshalb wurden 1851 in Bayern alle politischen Vereine verboten, auch der Volksverein.

Zwei Kollegen von Konrad Ott, die Kaufleute Julius Wilhelm Reißig und Daniel Ley, attackierten Ott auffällig bezüglich der Wahl von Dr. David Morgenstern als "hergelaufenen Juden" in den Landtag. Beide waren als Kaufleute sehr erfolgreich und hatten sich für den Bau der Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth stark gemacht. Beide arbeiteten im Handelsausschuss mit. Beide versprachen sich Erfolg durch eine untertänige Haltung dem König gegenüber. Wie unsinnig es war, Morgenstern als "hergelaufenen Juden" zu bezeichnen, hat Ley später begriffen. Er setzte sich intensiv für die rechtliche Gleichstellung der Juden in Bayern ein.[3]


Der zweite Volksverein

Im Jahr 1865 kam es zu einer Neugründung des Volksvereins. Das Ziel des zweiten Volksvereins war derselbe wie das des ersten: Alle Bürger der Stadt sollten für Politik interessiert und informiert werden und Versammlungen für ein geeintes, demokratisches Deutschland abgehalten werden. Der Verein musste wieder beim Magistrat angemeldet und die Satzung vorgelegt werden. Der Vorsitzende des zweiten Volksvereins, Dr. Morgenstern, forderte in der ersten Versammlung, dass die Selbstverwaltung durch das Volk überall angestrebt werden müsse und meinte, ein Verein hätte die Aufgabe, dass diejenigen die im politischen Leben noch zu uneingeweiht sind, solches zu verstehen lernen und damit auch jüngere Bürger Erfahrungen sammeln können. Der Verein erhielt am 13. Februar 1865 die Genehmigung des Magistrats.

Die Fürther Bevölkerung interessierte sich sehr für den Volksverein. So fand am 20. Juli 1866 eine Versammlung im Grünen Baum statt, an der 300 Personen teilnahmen. Am 11. Juli waren es sogar 500 Personen. Der Saal des Grünen Baum war völlig überfüllt. Auch eine der herausragenden Persönlichkeiten der Stadt, Oberrabbiner Dr. Isaak Loewi, stand der Volkspartei nah.

Bei der Landtagswahl 1887 gingen verwandte Parteien Bündnisse auf Zeit ein, um ihren Kandidaten zur Wahl zu verhelfen. So tat sich auch die Volkspartei mit der SPD zusammen und unterstützte Wilhelm Evora vom Bürgerbund. Während sich in vielen anderen Städten Bayerns die Liberalen, die Freisinnigen oder die Zentrumspartei durchsetzten, siegten in Fürth in acht der neun Wahlbezirke die vereinigten Sozialdemokraten und Volksparteiler.[4] Auch in den weiteren Jahren bis 1919 hielten die Mitglieder des Volksvereins die demokratischen Ideen in Fürth hoch.


Literatur

Einzelnachweise

  1. Werner K. Blessing: 1848 / 1849, Revolution in Franken, Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur, hrsg. vom Haus der Bayerischen Geschichte, Band 22, Augsburg 1999, S. 42
  2. Stadtarchiv Fürth, Fach 158 alt / 36, 21.3.1850
  3. Friedrich Marx: Fürth in Vergangenheit und Gegenwart. Chronik der Stadt Fürth. Franz Willmy Verlag Fürth, 1887, S. 467f.
  4. SPD-Kreisverband Fürth-Stadt (Hg.): 120 Jahre SPD Fürth, Fürth 1992, S. 55f.

Siehe auch

Bilder