Heinrich Brentano

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Dr. Heinrich Brentano (geb. Dezember 1810 [1] im pfälzischen Grünstadt; gest. 14. Februar 1887 in München) war von Beruf Lehrer und wurde 1863 als erster Lehrer in Bayern mit jüdischem Glauben seinen Kollegen gleichgestellt. 1865 wurde er sogar erster jüdischer Rektor einer staatlichen Schule (Gewerbeschule).
Brentano wohnte in der Fürther Friedrichstraße [2], später im neuen Schulgebäude, Mathildenstraße 7. Verheiratet war Brentano seit 27. März 1855 mit Julie, geb. Schwab. Mit ihr hatte er zwei Kinder.


Leben

Ausbildung

Heinrich Brentano wuchs in Grünstadt auf und besuchte dort das Progymnasium [3] und zuletzt die Prima des Gymnasiums in Speyer [4]. Das Matrikelbuch der Universität Ingolstadt - Landshut - München führt in als Doktor der Philosophie im Jahre 1832 [5].

Berufstätigkeit in Fürth

Das Brentano'sche Erziehungsinstitut für jüdische Knaben

Im Oktober 1835 gab Dr. Heinrich Brentano die Eingabe zu einem weiterführenden allgemeinbildenden Privaterziehungsinstitut für Knaben christlicher und israelitischer Konfession in Fürth ab. Allerdings lehnte die Schulkommission eine religiös gemischte Schule ab. Sonderlich der evangelische Stadtpfarrer Friedrich Ludwig Hofmann schrieb seitenlange Stellungnahmen gegen Brentano [6]. Im März 1836 legte Brentano daraufhin einen Lehrplan vor, der sich auf jüdische Kinder beschränkte und daher eine Genehmigung erfuhr.
Als Unterrichtsfächer wurden in dieser Privatschule Religion, Sprachen (Deutsch, Latein, Französisch, Italienisch), Arithmetik, Mathematik, Geographie, Geschichte und Physik angeboten [7]. Der Unterricht begann 1836 und wurde im November von 20 Schülern besucht. Der Ruf des Institutes mit einer freiheitlichen und fortschrittlichen Pädagogik verbreitete sich schnell, sodass Brentano 1839 auch eine Schule für jüdische Mädchen eröffnen wollte. Aufgrund einer ablehnenden Stellungnahme von Pfarrer Friedrich Ludwig Hofmann erhielt er aber dazu keine Genehmigung [8].

Im September 1849 wurde Brentano in den Fürther Gemeindeverband aufgenommen und erhielt zum gleichen Jahr 1849 die Berechtigung als "Lehramtsverweser mit der Erteilung des Buchhaltungsunterrichts an der Handelsabteilung der Gewerbeschule". Ab dem 30. Juli 1853 bekam er die Besoldungsgleichstellung mit seinen Lehrerkollegen, jedoch versagte man ihm weiterhin die Ernennung zum "Lehrer", aufgrund seines jüdischen Glaubens. Parallel zu dieser Tätigkeit stand er immer noch dem Brentano'schen Erziehungsinstitut vor.

Fusion der beiden Institute von Brentano und Oberndorfer

1862 fusionierten die beiden privaten jüdischen Erziehungsinstitute des Heinrich Brentano und Jonas Oberndorfer, die beide in Fürth einen hervorragenden Ruf genossen. Eröffnet wurde diese neue Erziehungsanstalt am 3. November 1862 [9]. Fortan firmierte diese neue Einrichtung unter dem Namen "Lehranstalt für für Knaben", und unter Leitung des israelischen Vereinsvorstandes wurde ein Komitee gebildet, dass zugunsten eines neuen Schulbaus verzinsliche Aktien ausgab [10] und in der Mathildenstraße 7 das Vorhaben verwirklichen.
Erst 1863 berief die Königliche Regierung Heinrich Brentano "in Anerkennung seiner verdienstvollen Leistungen zum Lehrer für Deutsch, Buchhaltung, kaufmännisches Rechnen und Handelskunde" [11]. Dies war erst durch die Gleichstellung der Juden in Bayern möglich.

Die Tätigkeit an der Gewerbeschule

1865 wurde Brentano zum Rektor an der Gewerbeschule Fürth ernannt und damit zum ersten jüdischen Rektor einer staatlichen Schule in Bayern überhaupt [12]. Zum gleichen Zeitpunkt gab er die Leitung der "Lehranstalt für für Knaben" in die Hände seines Companions Jonas Oberndorfer [13].

Unter der Leitung Brentanos gewann die Königliche Gewerbeschule hohes Ansehen, wie es aus einem Bericht des Rektors hervorgeht: "Bei den Schülern der Handelsabteilung (wirkte der Umstand mit), dass wegen des Rufes, dessen sich die hiesige Anstalt bei dem Handel treibenden Publikum zu erfreuen hat, viele Kaufleute, nicht nur hiesiger Stadt, sondern sogar ferne liegende auswärtige Plätze alle Mittel aufbieten, dieselben Lehrlinge zu erhalten, weil solche Häuser dadurch nicht nur brauchbare Hilfsarbeiter bekommen, sondern dabei auch häufig einen kostspieligen Commis ersparen...".

Auch die Regierung bestätigte Brentano mehrmals in diversen Schreiben seine Verdienste: "Mit Befriedigung wird festgestellt der gute Stand der Schule und das erfolgreiche Wirken ihres Vorstandes und des gesamten Lehrpersonals." - "Sogar französische Handelshäuser haben sich wiederholt an die Anstalt um Empfehlung von Lehrlingen gewendet. Dermalen befanden sich selbst in Paris zwei auf diese Weise von der Anstalt empfohlene Lehrlinge, die sogleich bei ihrem dortigen Eintritt ein Gehalt von 1200 Franken erhielten".

Nur einmal setzte sich Brentano über eine Anweisung der Regierung hinweg und bekam dafür sogar eine Rüge. Hintergrund dieses Vorfalls war eine Verschiebung des Schuljahresbeginns vom 1. November auf den 1. Oktober. Jedoch hatte die Regierung einen "Fürther Umstand" übersehen - nämlich den der Kirchweih in Fürth. So bezeichnete Brentano den Zeitpunkt als "äußerst ungelegen", da hier die "Kirchweih alle Fürther voll in ihren Bann ziehen". Die Regierung ließ sich davon nicht beeindrucken und blieb bei ihrer Auffassung, dass das Schuljahr zum 1. Oktober beginnt, wenn auch unter Protest des Fürther Rektors.

 
Brentano im Hut-Emancipations-Verein

Mitgliedschaft im Hut-Emancipations-Verein

Eine heute seltsam anmutende Mitgliedschaft war Brentanos Einsatz im sog. Hut-Emancipations-Verein. Auch aus anderen Städten sind derlei Aktivitäten im Revolutionsjahr 1848 belegt. Im Wesentlichen geht es um eine zwanghafte Ehrerbietung beim Gruße den Hut zu lupfen [14], bzw. ihn abzuziehen beim Betreten von Gast- und Wirtshäusern.


 
Das Schulwesen in Fürth 1806 - 1856

Artikel: "Schulwesen in Fürth 1806 - 1856"

Heinrich Brentano schrieb für das Fürther Tagblatt am 13. Mai 1856 einen zusammenfassenden Artikel zum Fürther Schulwesen in den Jahren 1806 bis 1856.

Berufstätigkeit in München

1868 schied Dr. Heinrich Brentano aus dem Staatsdienst aus und übernahm die Leitung der städtischen Handelsschule in München. Gegen Ende des Schuljahres 1874/1875 trat Brentano aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand. Zwei Jahre später starb Brentano am 14. Februar 1887 in München.
Im Oktober 1870 erhielt Brentano einen Ruf ab das Handelsinstitut in Frankfurt am Main [15]. Drei Jahre später wurde er Ehrenmitglied und Meister im "Freien Deutschen Hochstift" in Frankfurt [16].

Literatur

  • Manfred Mümmler: Heinrich Brentano: "Erster jüdischer Rektor einer bayerischen Lehranstalt", in: Dichter, Denker, Demokraten, Emskirchen, 1991, S. 30 - 33
  • Mümmler/Pott: "Heinrich Brentano (1810 - 1887) - Ein Pionier des bayerischen Handelsschulwesens" in: Klaus Friedrich Pott (Hrsg.) Berufsbiographien von Handelsschullehrern des 19. Jahrhunderts, Detmold 2017, Seite 212 - 220

Werke

Abriss der Fürther Schulgeschichte von 1806 - 1856 [18]

Siehe auch

Weblinks

  • Preisbuch für Philipp Feust, Zögling der I. Abth. der 6. Klasse des Dr. Brentano'schen Privat-Erziehungs-Instituts in Fürth, erhalten bei der Prüfung am 22. April 1847 Direktion der Anstalt Dr. Brentano'

Einzelnachweise

  1. Rekonstruktion des Geburtsdatums aus "Einleitung und Fragment aus einem noch ungedruckten Werke über den Apollo von Belvedere und das Verhältnis der griechischen Plastik zur Tragödie", anläßlich der öffentlichen Preisverteilung an der k.b. Studien-Anstalt zu Speyer, September 1828, Seite 28 - online
  2. laut Fürther Adressbuch von 1859, Seite 24 als Mieter bei dem Hopfenhändler Moriz Tuchmann, Friedrichstraße Nr. 312k, wo er als Dr. Professor an der kgl. Gewerbs- und Handelsschule u. Inhaber eines Knabenerziehungs-Instituts geführt wurde
  3. "Kurzer Bericht über den Stand des königlichen Progymnasiums zu Grünstadt in Rheinbayern", Schuljahr 1826/27; Seite 10
  4. dort wurde der 17 Jahre und 10 Monate alte Schüler als "fleißig und brav" charakterisiert; siehe "Einleitung und Fragment aus einem noch ungedruckten Werke über den Apollo von Belvedere und das Verhältnis der griechischen Plastik zur Tragödie", anläßlich der öffentlichen Preisverteilung an der k.b. Studien-Anstalt zu Speyer, September 1828, Seite 28 - online
  5. Matrikelbuch der Universität Ingolstadt - Landshut - München, 1872; Seite 75 - online, auch [https://www.google.de/books/edition/Alphabetisches_Verzeichni%C3%9F_der_s%C3%A4mmtli/zGNCAAAAcAAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Heinrich+Brentano+Gr%C3%BCnstadt&pg=PA37&printsec=frontcover - Verzeichnis der Ludwig-Maximilians-Universität München
  6. Barbara Ohm: Geschichte der Juden in Fürth. Hrsg. Geschichtsverein Fürth e. V., Fürth, 2014, S. 172
  7. Barbara Ohm: Geschichte der Juden in Fürth. Hrsg. Geschichtsverein Fürth e. V., Fürth, 2014, S. 173
  8. ebenda
  9. Fürther Tagblatt vom 7.11.1862 - online
  10. Fürther Tagblatt vom 25. April 1862
  11. Fürther Tagblatt vom 7.7.1863 online
  12. siehe Meldung Fürther Tagblatt vom 18.19.1865 online
  13. Fürther Tagblatt 31.10 1865
  14. ... was angeblich auch der Haltbarkeit von Hüten prominenter Personen erheblichen Abbruch getan haben soll.
  15. Fürther Tagblatt vom 5. Oktober 1870 online]
  16. Fürther Tagblatt vom 4. Oktober 1873 online
  17. Fürther Tagblatt vom 31.3. 1867 online
  18. Fürther Tagblatt vom 13. Mai 1856

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