Kirchweih Poppenreuth

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Kirchweih in Poppenreuth, Stich von Johann Alexander Boener 1708,
ganz rechts das bambergische Wirtshaus "Rotes Roß", daneben der Kirchweihbaum, auf der anderen Straßenseite die nürnbergische Wirtschaft "Schwarzer Adler".

Am ersten Septemberwochenende ist in Poppenreuth seit alters her Kirchweih. Dieser Termin ist gebräuchlich, obwohl weder Peter noch Paul in dieser Zeit Namenstag haben.

Kirchweih-Eröffnung im 18. Jahrhundert

Alte Beschreibungen der Festlichkeiten berichten sogar über Muskelspiele zwischen Bamberg und Nürnberg. Die Kirchweih war willkommener Austragungsort für Machtstreitigkeiten zwischen den beiden Grundherren in Poppenreuth und erinnern an die Dreiherrschaft. Der Rat der Stadt Nürnberg und der Bamberger Bischof waren jahrhundertelang die maßgeblichen Ordnungskräfte in Poppenreuth. Der Kirchweihschutz lag aber bei der Domprobstei Bamberg. Deswegen wurden die Festlichkeiten durch den bambergischen Amtmann eröffnet. Dieser kam eigens aus Fürth nach Poppenreuth heraus, begleitet von

Poppenreuther Kirchweihtanz (Betzentanz) am "Roten Roß", 1919
  • zwei Gerichtsschöffen
  • einem Gerichtsdiener, der einen sogenannten Partisan dabei hatte (ein Spieß mit einem Zacken und zwei Schneiden),
  • mehreren Pfeifern und Platzknechten
  • und vier Kirchweihbeschützern.

Mit dem Begleitpersonal begab sich der Amtmann in das bambergische Wirtshaus zum „Roten Roß” [1] Von hier ging er auf der nördlichen Straßenseite bis zum Brücklein am Landgraben, überquerte darauf die Straße und kam auf der südlichen Seite wieder herauf bis zur nürnbergischen Wirtschaft zum „Schwarzen Adler”. Von dort ging er wieder über die Straße hinüber zum „Roten Roß”, wo der Kirchweihbaum aufgestellt war. Der Amtmann tanzte mit einer bambergischen Untertanin drei Runden um den Kirchweihbaum und ließ das Friedgebot ausrufen. Danach wurden noch drei Salven abgefeuert.[2]

Poppenreuther Kirchweih mit jährlich wiederkehrende Provokationen

Ein Abgesandter des Nürnberger Rates protestierte jedes Jahr gegen den bambergischen Hoheitsakt. Er fand sich zur Eröffnung im „Schwarzen Adler” - also eigenem Hohheitsgebiet - ein und trank dort eine Flasche Wein. Die Provokation und der Protest lag im Trinken der Flasche Wein. Dies war nämlich eine Missachtung der Herrschaftsrechte Bambergs, das für sich in Anspruch nahm, allein den Ausschank von Bier, Wein und Branntwein zur Kirchweih genehmigen zu können.

In späterer Zeit hatte der Gastwirt des „Schwarzen Adlers” mehr mit Verleumdungen zu tun, wie er das in einer Anzeige im „Fürther Tagblatt” vom 21. September 1838 kundtut. Da hatte doch glatt jemand behauptet, er verkaufe seine Brathendel für einen Gulden an der Kirchweih ... [3]

Kirchweih in Poppenreuth


Einträchtige Feiern im 19. Jahrhundert

Im Übrigen wurde aber einträchtig zur Kirchweih geladen, wie das Inserate im „Fürther Tagblatt” aus dem Jahr 1839 recht anschaulich zeigen. Dort inserieren sowohl der „Schwarze Adler” als auch das „Rote Roß“ einträchtig untereinander für den gleichen Anlass, die Poppenreuther Kirchweih."Die besten Speisen und Getränke, die ich mir zu verschaffen wußte, werden mich auch dieses Mal der ehrenden Anerkennung meiner geschäzten Gäste erfreuen helfen. Und "Für den Montag habe ich zur besonderen Ergötzlichkeit ein Baumklettern und Sacklaufen der bekannten kühnen Poppenreuther Jugend veranstaltet." [4]

Kirchweih-Verdoppelung Ende des 19. Jahrhunderts

Edelweiß stellt Kirchweihbaum auf

Im 19. Jahrhundert wurden in Poppenreuth zwei Vergnügungsvereine gegründet, deren Augenmerk u.a. die Kirchweih war (und ist): die "Kreuzbauern" und das "Edelweiß". Bei den Kreuzbauern waren die Bauern organisiert (im Wesentlichen aus dem Unterdorf), beim Edelweiß die Knechte und Mägde und im Dorf ansässigen Arbeiter (im Wesentlichen aus dem Oberdorf). Beide achteten sehr auf ihre Standesgrenzen und förderten damit eine gewisse Konkurrenz untereinander. Dies führte in etlichen Jahren dazu, dass es zwei Kirchweihbäume gab - einen von den Kreuzbauern (meist beim Gasthaus Rotes Roß oder bei der Krone, dem Stammlokal der Kreuzbauern) - den anderen in der Nähe des Weißen Roß, dem Stammlokal des Edelweiß. Beide Vereine hatten den Ehrgeiz, den höchsten Kirchweihbaum zu stellen. Dieser wurde dann mit einer Fahne in den Vereinsfarben geschmückt, bei den Kreuzbauern weißblau, beim Edelweiß weißrot [5].

Kettenkarussell vor der Bäckerei Bär 1949

Nach dem Zweiten Weltkrieg unterschieden sich die beiden Kirchweihfestivitäten auch in der dargebotenen Musik. Während die Kreuzbauern weiterhin auf traditionelle Blechmusik setzten, war beim Edelweiß modernere Klänge zu hören. Die herbeiströmende städtische Bevölkerung soll angeblich der "Edelweiß-Kirchweih" mehr zugetan gewesen sein [6].

Motivwagen bei der Poppenreuther Kirchweih

Die Kirchweih war in Poppenreuth eine Dorfkirchweih und fand mit Ständen und Buden auf der Dorfstraße statt. Gegessen und getrunken wurde in den Dorfwirtschaften. Tradition hatte immer die Glücksbude vor dem "Voll-Haus" (Poppenreuther Straße 142), der heutigen FFW. Der Erlös war stets für den kirchlichen Kindergarten bestimmt. Später gab es dann auch eine Schießbude, die von der Poppenreuther Familie Schwab gestellt wurde [7].
Noch Mitte des 20. Jahrhunderts war die Kirchweih im ganzen Ort zu Hause, ehe sie (vielleicht auch wegen des Wirtshaussterbens) auf den Kirchweihplatz am Ortsrand neben den Landgraben mit einem Festzelt auswanderte. Erst im 21. Jahrhundert wurde wieder versucht, die alte Tradition aufzunehmen und mit einem Regionalmarkt durch Stände und Buden in der Ortsstraße den Kirchweihplatz mit der Kirche (um die es ja eigentlich gehen sollte) zu verbinden.

Die "Poppenreuther Kärwa" ist heute eine beliebte Fürther Vorortkirchweih mit einem engagiert, liebevollen Kirchweihumzug, bei dem auch regelmäßig aktuelle Dinge der Orts- und Stadtpolitik zur Sprache kommen.

Poppenreuther Kirchweihlieder

Etz tanz mä um an Maien rum,
etz tanz mä um an Plooz;
dou stenna alti Weiber rum,
dou waß a jeda wos.

Storzemerli, Storzernerli,
drunterg'schnittner Labli,
soll i denn a Wittfrah heiran,
gibt su schöina Madli.

Und in meiner Westntaschn
hob 1 nu an Zweier,
Musikantn spielt ner fest,
der g'härt a nu eier.

O ihr arma Bauernbärschli
o ihr arma Schluckerli
rnöißtä die Potacken freßn
wöi die junga Suckerli

I bin der Polsters Kla,
I göi net ham vur Zwa,
i göih net ham vur Tog,
weil i net mog.

Heit ist unara, heit Is unara,
heit is unara Kärwa,
wenn mer a ka Geld net hom,
mach mir doch an Lärma.

I hob an Schatz in Höfn drobn,
I hob an Schatz in Leyh,
I hob an Schatz in Poppenreith,
I hobra Stücker drei

daß i a lustis Bärschla bin,
des sieht mer on mein Haus,
der Vordergiebl wackelt scho,
der hinter, der fällt naus.

Mei Schatz haßt Liesela
handelt mit Zwiefala,
handelt mit Krautsalot
nei in die Stodt,

Zwischen Wetzendorf und Poppenreith
dou is a groußer Grabn,
dou hockn lauter Madli drinn
und glotzn wäi die Rabn.

Wennst manst du bist schöi,
dös ist ja net woahr,
du toust a weng schöigln
und houst a routs Hoar.

Hinter der Stallerstür
hänga zwa Ocnseng'schirr,
kumma zwa Schandarm rei,
döi spanna ma ei.

Af der Welt ts mir nix löiber,
wöi a Pressack und a Kraut,
und dös konni goar net leiden,
wenn die Frau ihrn Moh rum haut.

Poppenreith is kla.
dou wenn der Bou ka Madla hout,
nou is es gröißte G'schra,
ja Poppenreith is kla.

Poppenreith is grouß,
dou wenn der Bou a Maadla hout
nou is der Teifl lous
Poppenreith is grouß


Einzelnachweise

  1. . Diese Wirtschaft gilt als älteste Schenkstätte Poppenreuths und war ein altes dompröbstisch-bambergisches Lehensstift. Deswegen ging der Kirchweihschutz von der Domprobstei Bamberg aus. Siehe auch Paulus Ewald, „Geschichte der Pfarrei Poppenreuth“, Seite 72 - online abrufbar
  2. vgl. auch Paulus Ewald, „Geschichte der Pfarrei Poppenreuth“, Seite 72 - online abrufbar
  3. siehe Anzeige "Warnung" im Fürther Tagblatt - online abrufbar
  4. siehe Fürther Tagblatt, 7. September 1839 - online abrufbar
  5. "2000 - 100 Jahre Poppenreuth bei Fürth - 110 Jahre Nordöstlicher Vorstadtverein e.V.“, Seite 10
  6. Auskunft von Magdalena Krauß, 21. August 2019
  7. Auskunft von Magdalena Krauß, 21. August 2019

Siehe auch

Literatur

Poppenreuther Kirchweihlieder. In: Fürther Heimatblätter, 1958/4, S. 62 - 63

Lokalberichterstattung

Weblinks

Bilder