Nagelsäule

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A2450 Einweihung Nagelsäule 1916.jpg
Die Nagelsäule auf der ehem. Englischen Anlage, 1916
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Die Fürther Nagelsäule war eine 1916 in der heutigen Dr.-Konrad-Adenauer-Anlage, Ecke Gustav-Schickedanz-Straße/Rudolf-Breitscheid-Straße errichtete Säule, mit der während des Ersten Weltkriegs durch Nagelungen Spenden für Kriegsopfer, Verwundete und Hinterbliebene gesammelt wurden.

Planung und Stiftung

Nachdem 1915 der Wehrmann in Eisen in Wien errichtet worden war, folgten viele andere österreichische und deutsche Städte dem Vorbild Wiens, gegen eine Spende einen Nagel in eine zuvor aufgestellte Holzfigur schlagen zu lassen. Mit dem dadurch eingenommenen Geld wurden Kriegsopfer, Hinterbliebene und Verwundete unterstützt. Außerdem sollten dadurch der Patriotismus und das Gemeinschaftsgefühl der Bevölkerung an der "Heimatfront" gestärkt werden. Einem Dekret des bayerischen Innenministeriums 1915 entsprechend, in Stadt und Land Wahrzeichen unserer Zeit herzustellen, in der jeder mit einer freiwilligen Spende einen Nagel einschlagen darf,[1] wurde auch in Fürth unter dem Vorsitz von Fürths 1. Bürgermeister Dr. Wild ein elfköpfiger "Ausschuss für die Errichtung eines Kriegswahrzeichens" gebildet, der sich aus wichtigen Persönlichkeiten der Stadt Fürth zusammensetzte: Kgl. Justizrat Dorsch, I. Vorsitzender des Gemeindekollegiums; Magistratsrat Egerer; Feldwebelleutnant Endres, Landtagsabgeordneter und II. Vorstand des Gemeindekollegiums; Kgl. Kommerzienrat Mailaender; Kgl. Hofrat Dr. Maner, Gemeindebevollmächtigter; Fabrikbesitzer Morgenstern, Gemeindebevollmächtigter; Magistratsrat Roßteuscher; Hauptmann Rosenfelder, Kgl. Kommerzienrat; Kgl. Studienrat Weiß; Stadtbaurat Zizler; Magistratsrat Zorn.[2] Man plante in der Englischen Anlage, der heutigen Dr.-Konrad-Adenauer-Anlage, Ecke Gustav-Schickedanz-Straße und Rudolf-Breitscheid-Straße, eine Nagelsäule mit der Reiterstatue eines germanischen Kriegers und den Wappen Fürths, Bayerns und des Deutschen Reiches, sowie Symbolen des Krieges - wie das Eiserne Kreuz - aufzustellen.[3] Entworfen wurde die Fürther Nagelsäule von Stadtbaurat Josef Zizler, ausgeführt vom Fürther Bildhauer Josef Mitterer. Gestiftet wurde das Kriegswahrzeichen von dem jüdischen Fabrikbesitzer Karl Ullmann, der 3.000 Mark für diesen Zweck spendete. Nach Abschluss der Planungen erfolgte am 16. März 1916 schließlich die Genehmigung zur Errichtung des Kriegswahrzeichens durch den bayerischen König Ludwig III.[4]

Eröffnung und Erste Nagelung

Einweihung der Fürther Nagelsäule am 9. Juli 1916
Einladung zur Eröffnung am 9. Juli 1916

Am 9. Juli 1916 wurde das Kriegswahrzeichen feierlich eröffnet, die Aktion ging vermutlich bis zum 16. Juli 1916. Oberbürgermeister Dr. Wild hielt bei der Eröffnung eine Rede, in der er u.a. sagte: Jedermann, der sich seines deutschen Namens mit Stolz bewußt ist, spende einen Nagel für das Fürther Kriegswahrzeichen und erfülle die allgemeine Opferpflicht jedes Deutschen in dieser schweren Zeit! So wollen wir, wenn auch nur in geringem Maße, unsere unauslöschliche Dankesschuld gegen die gefallenen Helden unseres Volkes und unserer Stadt zum Wohle ihrer Witwen und Waisen einlösen![5] Auch sprach er in der patriotischen Weiherede von dem "englischen Haß und Neid, russischer Eroberungssucht und Ländergier [sowie von dem] französischen Rachegelüst" dem deutschen Reich gegenüber.[6] Auch weitere ehrenwerte Bürger der Stadt Fürth meldeten sich zu Wort. So ist noch ein Schreiben von Alfred Nathan im Archiv erhalten geblieben, in dem Nathan sich ebenfalls positiv gegenüber der Stadt Fürth zur Eröffnung der Nagelsäule mit folgenden Worten meldete: In freudvollen und leidvollen Tagen der teuren Heimat aufs engste und innigste verbunden gedenke ich der lieben Vaterstadt und der morgigen so ersten und bedeutsamen Feier [...] Jeder Hammerschlag bedeute einen niedersausenden, vernichtenden Hieb für unsere Feinde, wie er den Wunden und blutenden Herzen der Heimat Balsam bringe.[7]

Die Fürther Nagelsäule war knapp 6 m hoch - bestehend aus einem 4,4 m hohen Pfeiler und einem ca. 1,5 m hohen Krieger zu Pferd in Ritterrüstung. Sie bot Platz für ca. 60.000 Nägel und kostete in der Herstellung 2.121,22 Mark.[8] Man unterschied dabei jedoch zwischen verschiedenen Nägeln: Ein goldener Nagel kostete 20 Mark, ein silberner 10 Mark und ein eiserner 1 Mark. Wer höhere Spenden "im Interesse des vaterländischen Zwecks" abgeben wollte, konnte dies auch direktem Weg machen, ohne Nägel zu erwerben.[9] Erwerben konnte man sie bei den Zahlstellen der städtischen Kriegsfürsorge, in der Stadthalle, den Bankgeschäften, den Geschäftsstellen der Zeitungen sowie im Vorzimmer des 1. Bürgermeisters Dr. Wild im Rathaus.

Neben den Nägeln gab es eine Vielzahl von Postkarten, Anstecker für Herren und Anhänger für Damen - um auch so das Unterfangen finanziell zu unterstützen. Nach dem Ende der Nagelung am 19. Juli hatte man eine Summe von 55.709 Mark und 80 Pfennigen eingenommen. Der größte Teil der Einnahmen (39.513,14 Mark) ging an die Nationalstiftung.[10] Diese kurze Zeit bzw. die relativ hohe Einnahme konnte u.a. auch deshalb erzielt werden, weil einige Fürther größere Summen spendeten. So gab der Kaufmann Wilhelm Erdmann eine Groß-Bestellung von 10000 farbigen und weiteren 10000 Schwarz-Weiß gedruckten Postkarten á 10 Pfennige in Auftrage, deren Verkaufserlös dem Unternehmen zugute kam. Neben den Postkarten konnten auch 4325 versilberte Plaketten á 50 Pfennig und 198 rein silberne Plaketten á 5 Mark an die Bevölkerung verkauft werden. Ein weiterer Großspender war der jüdische Fabrikbesitzer Bernhard Ullmann, der 3.000 Mark für die Nagelsäule spendete. Die Spenden wurden häufig für Schulkinder der Volkshauptschulen verwendet, die nach einem bestimmten Plan dann die Nägel in die Säule einschlagen durften. Neben den christlichen Kindern der Volkshauptschulen durften sich auch die jüdischen Kinder aus dem israelitischen Waisenhaus aktiv an der Säule einbringen.[11]

Verbleib

In einigen Veröffentlichungen wurde behauptet, dass die Nagelsäule bereits ein Jahr nach der Aufstellung im Jahr 1917 wieder entfernt wurde. Tatsächlich entfernt wurde die Säule aber erst im Juli 1938. Die damalige Tagespresse berichtete folgendes über den Abbau: "Die Nagelsäule (Opfersäule) mit dem kleinen Reiterstandbild am Rande der Hindenburg-Anlage "besät mit unzähligen Nageln opferfreudiger Fürther aus der Zeit des 1. Weltkriegs" wurde dort im Juli 1938 entfernt. Die Säule wurde ins Heimatmuseum an der Schwabacher Straße verbracht."[12]

Die Fürther Nagelsäule um 1916

Wie in vielen deutschen Städten wurde die Säule im örtlichen Stadtmuseum oder Stadtarchiv aufbewahrt, so auch in Fürth. Die Säule kam in das 1937 neu eröffnete Stadtmuseum im ehem. Krankenhaus an der Schwabacher Straße. Laut mündlichen Berichten, u.a. vom ehem. Leiter des Altenheims vor Ort, wurde die Säule im Garten des Stadtkrankenhauses vergraben - eine Erklärung hierfür gibt es allerdings nicht.[13] In Anbetracht dessen, dass die Säule unter anderem aus vergoldeten und versilberten Nägeln bestand, ist zu vermuten, dass die Nägel zuvor entfernt wurden. Diese These wird dadurch gestützt, dass im Stadtarchiv in der Folge noch ein paar Nägel eingelagert wurden. Unter der Signaturnummer IX/226 der Objektsammlungen wurde folgendes vermerkt: Je sechs Stück eiserne, versilberte und vergoldete Nägel, die bei der Benagelung des Kriegswahrzeichens in der Hindenburganlage verwendet wurden. Allerdings sind diese Nägel leider "verschwunden". Im Archiv wurden die Objekte mit "Fehlt" vermerkt. Zumindest wurde anscheinend 1978 beim Abriss des Gebäudes auf dem Grundstück noch ein sehr vermodertes Stück Holz gefunden, bei dem es sich möglicherweise um die Reste der Nagelsäule handelte. Belegt ist diese Vermutung nicht.

Anfang November 1949 wurden bei der Neugestaltung der Anlage "die letzten Fundamente des alten Kriegswahrzeichens aus dem ersten Weltkrieg" freigelegt und beseitigt.[14]

In Deutschland ist als Nagelsäule im engeren Sinne nur noch die Nagelsäule in Mainz sowohl erhalten wie auch an ihrem ursprünglichen Standort zu sehen.

Literatur

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Stadtarchiv Fürth, AR I, Nr. 1039. In: Barbara Ohm: Geschichte der Juden in Fürth, S. 235
  2. Stadtarchiv Fürth, AR I, Nr. 1039, Fränkische Zeitung vom 30. Juni 1915
  3. Die Rieß-Chronik meldet für den 8. Oktober 1915: Bürgermeister Dr. Wild lädt zu einer Besprechung über die Errichtung eines eisernen Kriegswahrzeichens an der Ecke Wein-/Peterstraße ein, der zahlreich Folge geleistet wird. Bürgermeister Wild führt über den Zweck laut Zeitungsbericht aus: "Es solle die fernen Geschlechter an die große und schwere Zeit gemahnen, an eine Zeit, in welcher Fürth große Opfer an Gut und Blut gebracht habe." Die Mittel stehen bereits zur Verfügung, das Standbild solle Platz für Nagelspenden bieten, die der Kriegsinvaliden-Fürsorge zugute kommen. In der darauffolgenden Diskussion findet der Entwurf von Baurat Zizler (Karl der Große mit germanischer Kriegergruppe) jedoch nicht das Wohlwollen der Anwesenden. Zizler zieht seinen Entwurf zurück. Die Mehrheit plädiert für eine Kommission, die endgültig entscheiden soll. Im Fürther Tagblatt und der Fränkischen Tagespost werden Stimmen laut, die schon vorhandenen Beträge für den eigentlichen Zweck direkt zu verwenden.
  4. Stadtarchiv Fürth, AR I, Nr. 1039 - "Verfügung des bayerischen Innenministeriums vom 16. März 1916". In: Martin Schramm: Medien und Propaganda. In: Der Sprung ins Dunkle. Die Region Nürnberg im Ersten Weltkrieg 1914–1918, Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg Nr. 22, 2014, S. 337
  5. Stadtarchiv Fürth, AR 1/1039, 28. Juni 1916
  6. Stadtarchiv Fürth, AR 1/1040
  7. Stadtarchiv Fürth, AR 1/1040
  8. Stadtarchiv Fürth, AR 1/1039, Abrechnung der Stadtsparkasse, 15. September 1916
  9. Artikel der Fürther Nachrichten vom 17. Juli 1916
  10. Stadtarchiv Fürth, AR 1/1039, Abrechnung der Stadtsparkasse, 19. Juli 1916
  11. Barbara Ohm: Jüdische Fürther im Ersten Weltkrieg. In: Der Sprung ins Dunkle. Die Region Nürnberg im Ersten Weltkrieg 1914–1918, Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg Nr. 22, 2014, S. 988
  12. Fürther Anzeiger vom 13. Juli 1938
  13. Zeitzeugenbericht von Erich Munker an Peter Frank, Mail vom 12. Dezember 2020, 11.26 Uhr
  14. Stadtarchiv Fürth, Fürther Nachrichten, "Ausgegrabene Kriegserinnerungen", 4. November 1949, S. 9

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