Nathanstift

Aus FürthWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die druckbare Version wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.
Nathanstift 1.JPG
Nathanstift
Die Karte wird geladen …

Das "Nathanstift" in Fürth ist die bedeutendste Stiftung von Alfred Louis Nathan in Fürth.


Geschichte

Das Nathanstift in der Tannenstraße, ca. 1950
50 Jahre Nathanstift

Das Nathanstift wurde mit Stiftungsurkunde vom 7. Februar 1907 als "ein Wöchnerinnen- und Säuglingsheim" gestiftet, nachdem Alfred Louis Nathan am 26. November 1906 angekündigt hatte, 300.000 M zur Gründung bereitzustellen. Die Stiftung sollte zum Gedenken an seine Eltern „Sigmund und Amalie Nathan Stiftung“ heißen.

Mit dem Bau wurde Mitte April 1908 begonnen, Ende November 1909 wurde es seiner Bestimmung übergeben. Die Baukosten mit Einrichtung betrugen 313.300 M.[1] Das Gebäude wurde als ein Geburtshilfehaus nach neuesten medizinischen Gesichtspunkten, aber ohne Krankenhausatmosphäre geschaffen. Im Haus "Nathanstift" wurden von 1909 bis 1967 etwa 20.000 Kinder geboren. Das Gebäude in der Tannenstraße steht noch heute, wird aber seit 1967 als Schule genutzt.

Konzeption des Nathanstifts[2]

Stadtbaurat Otto Holzer erläuterte in der Festschrift zur Eröffnung des Stiftes die Schwierigkeiten, wenn (zu) viele Experten an einem Projekt arbeiten: "... den ärztlichen Beratern wurde der Entschluss zu einer festen Programmbestimmung vielfach durch die auseinandergehenden Ansichten der ärztlichen Autoritäten erschwert. Ich erinnere hier nur an die Frage der Einrichtungen zur Erzielung einwandfreier Kindermilch, an die Frage, ob die Säuglinge in den Schlafräumen gewickelt und gereinigt werden, oder ob hier für eigene Räume vorgesehen werden sollen, ferner an die Frage, ob jeder Säugling sein eigenes Badewännchen haben soll oder nicht.“ [3] Als externe Ratgeber fungierten die jüdischen Pioniere der Neonatologie Heinrich Finkelstein, Berlin und Arthur Schlossmann, Dresden.
Das Nathanstift befand sich damit in einer Reihe mit den modernsten Einrichtungen seiner Zeit, wie den "...in der Zwischenzeit vollendeten Neubauten des Kaiserin–Augusta–Victoria–Hauses in Charlottenburg, des neuen Pavillons für Säuglingspflege im Frankfurter Krankenhaus und des neuen Hauses des Vereins Säuglingsheim zu München/Neuwittelsbach".[4] Beispielsweise war das Haus von Anfang an aus gesundheitlichen Gründen mit elektrischem Licht ausgestattet war, um Gasverbrennungsrückstände in der Luft zu vermeiden.[5]

links: der Milchpavillon, Bildmitte: das Haupthaus

Der Milchpavillon

Das Nathanstift bestand aus zwei unterschiedlichen, getrennten Gebäudeeinheiten. Im Hauptgebäude befanden sich das Wöchnerinnen- und Säuglingsheim, im kleineren Nebengebäude, dem sogenannten "Milchpavillon" war die Säuglingsfürsorgestelle, sowie die Milchabgabe beheimatet.
"Die Stadt Fürth hat seit 1907 ein Abkommen mit der Gutsverwaltung Rieden getroffen, welche die anerkannt vorzügliche Milch aus den Musterstellungen seiner königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig in der erforderlichen Menge hierher sendet. Diese Milch wird dann an Bemittelte um 50 Pfennige für den Liter, ein Unbemittelte zum Preise von 20 Pfennige für den Liter, ein ganz Unbemittelte auch umsonst abgegeben. Seit 1908 wird die Milch auch in’s Haus zugefahren. Die Milch wird nach ärztlichen Weisungen auch in trinkfertigen Portionen abgegeben, die in der Anstalt hergestellt werden.[6] Zudem etablierte maan dort einen Stamm von Ammen, die eine Frauenmilchsammelstelle (FMS) ermöglichten. "Wie fortschrittlich das Nathanstift nicht nur technisch, sondern besonders auch medizinisch konzipiert war, zeigt sich daran, dass bei seiner Eröffnung die Sammlung von Frauenmilch ein zentrales Therapiekonzept darstellte und zeitgleich in Wien eine Frauenmilchsammelstelle errichtet wurde, die laut Wikipedia als „Die vermutlich weltweit erste so genannte Frauenmilchsammelstelle (FMS)“ bezeichnet wurde.[7] In der gegenüber errichteten Krautheimer Krippe, die seit 1919 mit einem überdachten Übergang zum Nathanstift verbunden war, bestand ebenso eine Frauenmilchabgabestation.

In der NS-Zeit sollte die Erinnerung an den Stifter getilgt werden und das Nathanstift wurde in "Fürther Wöchnerinnen und Säuglingsheim" umbenannt.[8]

Die Zeit nach 1945

Das "Nathanstift" ging 1967 in die "Abteilung Geburtshilfe" der Frauenklinik im Klinikum Fürth über. Die Abteilung wird heute noch von der Nathanstiftung getragen. Jeder Fürther, der in der Klinik Fürth geboren wird, wird im "Nathanstift" geboren. Er ist ein "Nathanianer" oder "Nathanstiftler". Seit 23. Oktober 2010 heißt nicht mehr nur die Geburtshilfeabteilung des Klinikum Fürth "Nathanstift", sondern die ganze Frauenklinik Fürth. Der Träger der Frauenklinik Fürth ist seither die Stadt Fürth und die Nathanstiftung Fürth.

Beschreibung des Baudenkmals

Zweigeschossiger zweiflügeliger Putzbau mit Sandsteinerdgeschoss und -gliederung, Mansardwalmdach, Loggien und Eingangsrisalit mit Giebel und Türmchen, in historisierenden Formen, von Otto Holzer, 1907-09; Sandsteinreliefs am Hauptportal von Leonhard Zeiher, gleichzeitig.

Im Nathanstift geborene Persönlichkeiten

Verbleib der Brunnenfigur im Hof

1940 wurde vom Fürther Hochbauamt erstmals ein Verzeichnis über im Stadtgebiet befindliche Kunstobjekte aus "Nichteisenmetallen" angefertigt mit einer Stellungnahme des Oberbürgermeisters über Verbleib oder Zuführung zur sog. "Metallspende des deutschen Volkes". Eine mit "Putte" bezeichnete Brunnenfigur (eines heute nicht mehr erhaltenen Zierbrunnens des namhaften Nürnberger Bildhauers Philipp Kittler im Hof) wird dort unter Pos. 8 geführt mit dem Vermerk "zu befürworten". An einem Verbleib vor Ort war man also nicht interessiert. Im Dezember 1940 sprach sich das Landesamt für Denkmalschutz für eine Erhaltung der Figur aus, jedoch ohne Erfolg. Im Mai 1942 wurde die Brunnenfigur zusammen mit einigen anderen Bronzeobjekten zur Demontage und Einlagerung im städtischen Bauhof freigegeben. Im März 1944 wurden die Bronzen mit einem Gesamtgewicht von ca. zwei Tonnen dann vom Nürnberger Metallgroßhandel Hetzel & Co. abgeholt. Von Nürnberg aus wurden die Objekte zur Verschrottung in ein Kupferwerk in den deutschen Ostgebieten verbracht und dort höchstwahrscheinlich eingeschmolzen[9] - letzte Gewissheit über die vollzogene Einschmelzung gibt es jedoch nicht.

Literatur, Medien

Aufsatz von Stadtbaurat Otto Holzer vom 3. September 1910
  • Das Nathanstift in Fürth. In: Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 13, 1910, S. 97 - 100
  • Otto Holzer: Neuere Bauten in Fürth in Bayern. I. Das Nathanstift (Wöchnerinnen- und Säuglingsheim). Deutsche Bauzeitung, 44. Jg., Nr. 71, Sept. 1910, S. 561 - 566
  • Michael Mödl: Verwaltung, Belegung, Finanzen und Personelles. In: Fürther Heimatblätter, 1959/6, S. 106 - 108
  • Friedrich Winter: Die Entstehung der geburtshilflich-gynäkologischen Abteilung am Stadtkrankenhaus Fürth. In: Fürther Heimatblätter, 2002/1, S. 16 - 17
  • Geboren in Fürth – 100 Jahre Nathanstift. Fernsehreportage der Redaktion point, Otto-Seeling-Promenade 2 - 4, 90762 Fürth, Oktober 2010

Lokalberichterstattung

  • Birgit Heidingsfelder: Das Nathanstift und seine Kinder. In der neuen Frauenklinik wurde ein Wandmosaik mit den Bildern von 300 Fürthern eingeweiht. In: Fürther Nachrichten vom 26. Oktober 2010 - online

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Otto Holzer: Neuere Bauten in Fürth in Bayern. Deutsche Bauzeitung, 44. Jg., Nr. 71, Sept. 1910
  2. alle Hinweise und Zitate nach dem Vortrag am 31. Januar 2023 von Prof. Dr. Volker Hanf, Chefarzt des Nathanstifts: "Die Entwicklung der deutschen Geburtshilfe aus der Sicht des Nathanstifts Fürth - 100 Jahre nach dem Tod des Stifters Alfred Louis Nathan"
  3. Festschrift vom 28. November 1909 zur Einweihung des Nathanstiftes, S. 18
  4. ebenda
  5. Barbara Ohm: Geschichte der Juden in Fürth, Seite 210
  6. Festschrift vom 28. November 1909 zur Einweihung des Nathanstiftes, S. 15
  7. so Volker-Hanf im Vortrag, 31. Januar 2023. "Die DDR institutionalisierte das System und ordnete per Gesetz die Einrichtung von Muttermilch Sammelstellen in allen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern an. In der DDR gab es diese Milchbanken bis 1989, einige existieren auch heute noch, die letzten westdeutschen Sammelstellen wurden in den 1970er Jahren geschlossen.
  8. Barbara Ohm: Geschichte der Juden in Fürth, Seite 256
  9. Stadtarchiv Fürth, Akte AGr. 3/37, Recherche Werner Gietl, Juli 2017

Bilder