Opfer des Nationalsozialismus: Unterschied zwischen den Versionen

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== Opfer des NS-Terrors ==
 
== Opfer des NS-Terrors ==
[[Datei:KZ Dachau Fürth 1933.jpg|thumb|left|Fürther im KZ Dachau 1933]][[Datei:Straßenszene in Fürth 1941 komp.jpg|miniatur|Straßenszene (Schwabacher Straße) 1941, zwei Juden mit Judenstern. Nach einem Foto von Ferdinand Vitzethum (vgl. Bildausschnitt oben).]]
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[[Datei:Konrad Dohrer.jpg|miniatur|Der systematischen Ermordung der Juden ging jene von Menschen mit Beinträchtigungen ("Behinderte") voraus, bei der auch die Methoden der darauf folgenden Shoah getestet wurden. Im Bild der Fürther [[Konrad Dohrer]], ermordet 1941 in der [[Wikipedia:Tötungsanstalt Hartheim|Tötungsanstalt Hartheim]] ]]
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Vor allem die Verfolgung von Personen jüdischen Glaubens und linker Überzeugungen hat die Kulturszene, aber auch die intellektuelle Oberschicht der Stadt in ihrer Gesamtheit tiefgreifend zerstört. Viele fielen der Gewalt der Nationalsozialisten unmittelbar zum Opfer: Der Kunstmaler [[Julius Graumann]] starb ebenso im KZ wie Volkswirt [[Rudolf Benario]] und Antifaschist [[Ernst Goldmann]]. Vor dem "Dritten Reich" landesweit bekannte Persönlichkeiten wie [[Jakob Wassermann]], der in den 1920er Jahren in einem Atemzug mit Thomas Mann genannt wurde, blieben auch nach [[1945]] bis heute weitestgehend unbekannt und fristen ein Schattendasein als "Insidertipp". Vom einstigen Starverteidiger [[Max Bernstein]] sind heute nicht einmal mehr Fotografien überliefert, weil sein Nachlass den Nationalsozialisten zu brisant war, obwohl er lange vor [[1933]] starb.
 
Vor allem die Verfolgung von Personen jüdischen Glaubens und linker Überzeugungen hat die Kulturszene, aber auch die intellektuelle Oberschicht der Stadt in ihrer Gesamtheit tiefgreifend zerstört. Viele fielen der Gewalt der Nationalsozialisten unmittelbar zum Opfer: Der Kunstmaler [[Julius Graumann]] starb ebenso im KZ wie Volkswirt [[Rudolf Benario]] und Antifaschist [[Ernst Goldmann]]. Vor dem "Dritten Reich" landesweit bekannte Persönlichkeiten wie [[Jakob Wassermann]], der in den 1920er Jahren in einem Atemzug mit Thomas Mann genannt wurde, blieben auch nach [[1945]] bis heute weitestgehend unbekannt und fristen ein Schattendasein als "Insidertipp". Vom einstigen Starverteidiger [[Max Bernstein]] sind heute nicht einmal mehr Fotografien überliefert, weil sein Nachlass den Nationalsozialisten zu brisant war, obwohl er lange vor [[1933]] starb.
  
 
Wissenschaftler wie der Metallurg und spätere Cambridge-Professor [[Robert W. Cahn]], der Politikprofessor [[Joseph Dunner]], der erste Direktor des neuen Fürther [[Klinikum]]s [[Jakob Frank]] oder [[Albert Uffenheimer]], ebenfalls Arzt, und die Schriftstellerin [[Ruth Weiss]] setzten ihre Karriere nach der Emigration im Ausland fort. Allein aus der Familie des späteren US-Außenministers [[Henry Kissinger]] wurden 13 Mitglieder von den Nationalsozialisten ermordet.
 
Wissenschaftler wie der Metallurg und spätere Cambridge-Professor [[Robert W. Cahn]], der Politikprofessor [[Joseph Dunner]], der erste Direktor des neuen Fürther [[Klinikum]]s [[Jakob Frank]] oder [[Albert Uffenheimer]], ebenfalls Arzt, und die Schriftstellerin [[Ruth Weiss]] setzten ihre Karriere nach der Emigration im Ausland fort. Allein aus der Familie des späteren US-Außenministers [[Henry Kissinger]] wurden 13 Mitglieder von den Nationalsozialisten ermordet.
  
Weitere Opfer bzw. verfolgte Fürther und Fürtherinnen der [[NSDAP]]:
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Weitere Opfer bzw. verfolgte Fürther und Fürtherinnen der [[NSDAP]], die nur exemplarisch für die Vielzahl von misshandelten, deportierten und getöteten Menschen stehen:
  
 
* [[Grete Ballin]] - Sekretärin der [[Fiorda| Israelitischen Kultusgemeinde Fürth]] bis [[1943]], verschollen in Auswitz [[1944]]
 
* [[Grete Ballin]] - Sekretärin der [[Fiorda| Israelitischen Kultusgemeinde Fürth]] bis [[1943]], verschollen in Auswitz [[1944]]
* [[Hermine Baßfreund]] - jüd. Lehrerin am [[Mädchenlyzeum]], [[1941]] verschleppt nach Riga, gilt seit dem als verschollen
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* [[Hermine Baßfreund]] - jüd. Lehrerin am [[Mädchenlyzeum]], [[1941]] verschleppt nach Riga, gilt seitdem als verschollen
 
* [[Rudolf Benario]] - Mitglied der [[KPD]], ermordert im KZ Dachau
 
* [[Rudolf Benario]] - Mitglied der [[KPD]], ermordert im KZ Dachau
 
* [[Josef Blöth]] - Mitglied der [[KPD]], mehrfach verhaftet
 
* [[Josef Blöth]] - Mitglied der [[KPD]], mehrfach verhaftet
 
* [[Hans Blöth]] - Mitglied der [[KPD]], mehrfach verhaftet, starb bei einem Bombenangriff auf Fürth
 
* [[Hans Blöth]] - Mitglied der [[KPD]], mehrfach verhaftet, starb bei einem Bombenangriff auf Fürth
 
* [[Michael Blöth]] - Mitglied der [[KPD]], [[1934]] ermordet durch die Gestapo
 
* [[Michael Blöth]] - Mitglied der [[KPD]], [[1934]] ermordet durch die Gestapo
* [[Johann Frenzel]] - Miglglied der KVJD (Komm. Jugendverband), ermordet Januar 1942 im Rahmen eines Euthanasieprogramms
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* [[Konrad Dohrer]] - Mensch mit Beeinträchigungen ("Behinderter"), ermordet im April oder Mai 1941 im Rahmen des NS-"Euthanasie"-Programms
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* [[Johann Frenzel]] - Mitglied der KVJD (Komm. Jugendverband), ermordet Januar 1942 im Rahmen des NS-"Euthanasie"-Programms
 
* [[Hilde Gerber]] - Mitglied der KVJD (Komm. Jugendverband), mehrfach verhaftet
 
* [[Hilde Gerber]] - Mitglied der KVJD (Komm. Jugendverband), mehrfach verhaftet
 
* [[Ernst Goldmann]] - Mitglied der [[KPD]], ermordet im KZ Dachau
 
* [[Ernst Goldmann]] - Mitglied der [[KPD]], ermordet im KZ Dachau
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* [[Christian Hofmann]] - Mitglied der [[KPD]], ermordet in Dachau
 
* [[Christian Hofmann]] - Mitglied der [[KPD]], ermordet in Dachau
 
* [[Fritz Hopf]] - Mitglied der [[KPD]], kam [[1945]] aus dem Exil wieder zurück, nachdem er mehrfach inhaftiert wurde
 
* [[Fritz Hopf]] - Mitglied der [[KPD]], kam [[1945]] aus dem Exil wieder zurück, nachdem er mehrfach inhaftiert wurde
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* [[Kurt Königsberger]] - Teilnehmer an der Räterepublik in München und provisorischer Kriegsminster der bay. Streitkräfte, Ermordung im KZ vermutlich am [[21. Juli]] [[1941]] in Pirna-Sonnenstein
 
* Dr. [[Hermann Kronheimer]] - Jüd. Arzt, ermordert im KZ Auschwitz mit Ehefrau Josefine und den Kindern Lina & Paul Peter
 
* Dr. [[Hermann Kronheimer]] - Jüd. Arzt, ermordert im KZ Auschwitz mit Ehefrau Josefine und den Kindern Lina & Paul Peter
 
* [[Frida Langer]], geb. Berneis - Jüdische Aktivistin, begann [[1942]] Selbstmord kurz vor der Deportation ins KZ Izbica/Lublin
 
* [[Frida Langer]], geb. Berneis - Jüdische Aktivistin, begann [[1942]] Selbstmord kurz vor der Deportation ins KZ Izbica/Lublin
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* [[Gustav Löwensohn]] - Jüd. Verleger, Deportation [[1943]] ins KZ Auschwitz, [[1945]] für tot erklärt
 
* [[Gustav Löwensohn]] - Jüd. Verleger, Deportation [[1943]] ins KZ Auschwitz, [[1945]] für tot erklärt
 
* [[Robert Löwensohn]] - Jüd. Verleger, Deportation [[1942]] ins KZ Auschwitz, [[1945]] an Erschöpfung auf einem der Todesmärsche gestorben
 
* [[Robert Löwensohn]] - Jüd. Verleger, Deportation [[1942]] ins KZ Auschwitz, [[1945]] an Erschöpfung auf einem der Todesmärsche gestorben
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* [[Leo Mandel]] - Jüd. Geschäftsführer, [[1943]] mit Ehefrau Bertha und Sohn Jakob Mandel im KZ Lemberg erschossen - Bruder von [[Jean Mandel]]
 
* [[Walburga Müller]] - Mitglied der [[SPD]] und wegen Hochverrat verurteilt
 
* [[Walburga Müller]] - Mitglied der [[SPD]] und wegen Hochverrat verurteilt
 
* [[Fritz Oerter|Fritz Örter]] - Mitglied der [[SPD]], Tod durch eine Lungenentzündung nach einem Verhör mit der SA
 
* [[Fritz Oerter|Fritz Örter]] - Mitglied der [[SPD]], Tod durch eine Lungenentzündung nach einem Verhör mit der SA
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* [[Robert Schopflocher]] - Schriftsteller, Flucht vor der NS-Regierung [[1937]] nach Argentinien
 
* [[Robert Schopflocher]] - Schriftsteller, Flucht vor der NS-Regierung [[1937]] nach Argentinien
 
* [[Johann-Adam Segitz|Hans Segitz]] - SPD-Stadtrat, mehrfach verhaftet und inhaftiert im KZ Dachau
 
* [[Johann-Adam Segitz|Hans Segitz]] - SPD-Stadtrat, mehrfach verhaftet und inhaftiert im KZ Dachau
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* [[Fritz Seuß]] - [[SPD]] und [[AWO]]-Mitglied - als minderjähriger bereits in politischer Haft im KZ Dachau
 
* [[Isaak Stamm]] - Jüd. Kaufmann und Bankier, [[1942]] Entziehung der Deportation durch Suizid
 
* [[Isaak Stamm]] - Jüd. Kaufmann und Bankier, [[1942]] Entziehung der Deportation durch Suizid
 
* [[Meta Stoll]] - Jüd. Gaststättenbetreiberin bis [[1938]], [[1942]] deportiert und ermordet in Izbica
 
* [[Meta Stoll]] - Jüd. Gaststättenbetreiberin bis [[1938]], [[1942]] deportiert und ermordet in Izbica
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* [[Babette Zuckermantel]] - Mitglied der [[KPD]], mehrfach verhaftet
 
* [[Babette Zuckermantel]] - Mitglied der [[KPD]], mehrfach verhaftet
  
Eine vollständige Liste aller jüdischen Opfer des Nationalsozialisums findet sich auf der Internetseite "'''Jüdische Fürther'''", erstellt von Gisela Naomi: Homepage Jüdische Fürther/Memorbuch - Opfer der Shoah ([http://www.juedische-fuerther.de/index.php/memorbuch-opfer-der-shoah/opfer Link]).
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Eine vollständige Liste aller jüdischen Opfer des Nationalsozialisums findet sich auf der Internetseite "'''Jüdische Fürther'''", erstellt von Gisela Naomi Blume: Homepage Jüdische Fürther/Memorbuch - Opfer der Shoah ([http://www.juedische-fuerther.de/index.php/memorbuch-opfer-der-shoah/opfer Link]).
  
Die Stadtgemeinschaft, z. B. durch ihre [[Stiftungen]], tragende und prägende Familien wurde wie die [[Sahlmann]]s ausgelöscht oder emigrierten wie die [[Berolzheimer]]s. Auf beiden Wegen verschwanden sie fast vollständig aus der Gegenwart und Zukunft der Stadt, viele schafften es nicht einmal in die Geschichtsbücher.
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Die Stadtgemeinschaft, z. B. durch ihre [[Stiftungen]], tragende und prägende Familien wurden wie die [[Sahlmann]]s ausgelöscht oder emigrierten wie die [[Berolzheimer]]s. Auf beiden Wegen verschwanden sie fast vollständig aus der Gegenwart und Zukunft der Stadt, viele schafften es nicht einmal in die Geschichtsbücher.
  
 
Nicht zuletzt deshalb bleibt auch wirtschaftlich viel Kontinuität zwischen Drittem Reich und BRD: Viele NS-Günstlinge werden ab [[1945]] inhaftiert, in den als "Persilscheinfabriken" verspotteten Gerichtsverfahren als "Mitläufer" eingestuft, konnten sie jedoch weitestgehend unbestraft weiterarbeiten - meistens unverändert mit vormals jüdischem Besitz: Mal weil die Eigentumsübergabe in juristischem Graubereich stattfand, mal weil ganze Familien in KZs ausgelöscht wurden, viele die das Unheil kommen sahen wie der Hopfenhändler und Großkaufmann [[Karl Sahlmann]] Suizid begingen oder aus dem Exil nicht zurückkehrten und folglich keine Ansprüche mehr geltend machen konnten oder wollten.
 
Nicht zuletzt deshalb bleibt auch wirtschaftlich viel Kontinuität zwischen Drittem Reich und BRD: Viele NS-Günstlinge werden ab [[1945]] inhaftiert, in den als "Persilscheinfabriken" verspotteten Gerichtsverfahren als "Mitläufer" eingestuft, konnten sie jedoch weitestgehend unbestraft weiterarbeiten - meistens unverändert mit vormals jüdischem Besitz: Mal weil die Eigentumsübergabe in juristischem Graubereich stattfand, mal weil ganze Familien in KZs ausgelöscht wurden, viele die das Unheil kommen sahen wie der Hopfenhändler und Großkaufmann [[Karl Sahlmann]] Suizid begingen oder aus dem Exil nicht zurückkehrten und folglich keine Ansprüche mehr geltend machen konnten oder wollten.
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* Lothar Berthold, Peter Krauss, Andy Reum, Josh Reuter (Redaktion): ''„Kristallnacht“ in Fürth'' In: Sondernummer der Fürther Freiheit, Fürth: (Ehemals Wissenschaftlich-Publizistischer Verlag) heute: „Städtebilderverlag Fürth“, Postfach 1212, 90702 Fürth V.i.S.d.P.: Andy Reum, Erlanger Str. 71, 8510 Fürth - [http://www.fen-net.de/michael.stelter/hinweis.html im Internet]
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* Lothar Berthold, Peter Krauss, Andy Reum, Josh Reuter (Redaktion): ''„Kristallnacht“ in Fürth'' In: Sondernummer der Fürther Freiheit, Fürth: (ehemals Wissenschaftlich-Publizistischer Verlag) heute: „Städtebilderverlag Fürth“, Postfach 1212, 90702 Fürth V.i.S.d.P.: Andy Reum, Erlanger Str. 71, 8510 Fürth - [http://www.fen-net.de/michael.stelter/hinweis.html im Internet]
 
* Rainer Hambrecht: ''Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken'', Nürnberg, 1976
 
* Rainer Hambrecht: ''Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken'', Nürnberg, 1976
 
* Bernd Höffken: Schicksale jüdischer Ärzte aus Nürnberg nach 1933. Metropol Verlag Berlin, 2013  
 
* Bernd Höffken: Schicksale jüdischer Ärzte aus Nürnberg nach 1933. Metropol Verlag Berlin, 2013  
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* ''Presseausschnitte (Fürther Nachrichten, NN, Plärrer) und Archivalienkopien (Staatsarchiv München) zu Veranstaltungsverboten der NSDAP 1925/26, der Schoa in Fürth, dem von Alfred Nathan gestifteten König-Ludwig-Brunnen, den hebräischen Druckereien und Akten der Israelitischen Kultusgemeinde''. In: Nr. 2 ''Jüdisches Leben und Antisemitismus in Fürth''. Bestandsgruppe F - Findliste F 14 Dokumentationsgut zum jüdischen Leben in Nürnberg und Franken. Erstellt und geschrieben: Gerhard Jochem, Nürnberg, August 1999 - [http://online-service.nuernberg.de/stadtarchiv/rech.FAU?sid=E17498BA11&dm=1&auft=0 StAN]
 
* ''Presseausschnitte (Fürther Nachrichten, NN, Plärrer) und Archivalienkopien (Staatsarchiv München) zu Veranstaltungsverboten der NSDAP 1925/26, der Schoa in Fürth, dem von Alfred Nathan gestifteten König-Ludwig-Brunnen, den hebräischen Druckereien und Akten der Israelitischen Kultusgemeinde''. In: Nr. 2 ''Jüdisches Leben und Antisemitismus in Fürth''. Bestandsgruppe F - Findliste F 14 Dokumentationsgut zum jüdischen Leben in Nürnberg und Franken. Erstellt und geschrieben: Gerhard Jochem, Nürnberg, August 1999 - [http://online-service.nuernberg.de/stadtarchiv/rech.FAU?sid=E17498BA11&dm=1&auft=0 StAN]
 
* Ekkehard Hübschmann: ''Arbeitsgemeinschaft fränkisch-jüdische Geschichte'' - [http://www.agfjg.de/ im Internet]
 
* Ekkehard Hübschmann: ''Arbeitsgemeinschaft fränkisch-jüdische Geschichte'' - [http://www.agfjg.de/ im Internet]
 
* Wikipedia: ''Flucht und Vertreibung von Juden aus Fürth'' - [https://de.wikipedia.org/wiki/Deportation_und_Flucht_von_Juden_aus_F%C3%BCrth Wikipedia]
 
* Wikipedia: ''Flucht und Vertreibung von Juden aus Fürth'' - [https://de.wikipedia.org/wiki/Deportation_und_Flucht_von_Juden_aus_F%C3%BCrth Wikipedia]
  
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[[Kategorie:Drittes Reich]]
 
[[Kategorie:Drittes Reich]]

Version vom 29. Januar 2020, 22:19 Uhr

Judenverfolgung in Fürth, Ende 1941 (Bildausschnitt)

Zwölf Jahre "Tausendjähriges Reich" hinterließen in Fürth irreversible Schäden, die bis heute weit über die unbeschreibliche Auslöschung zahlloser Leben, die Vernichtung zahlloser Existenzen und Zerstörungen historischer Bausubstanz und anderer Kulturschätze hinausgehen.

Opfer des NS-Terrors

Fürther im KZ Dachau 1933
Der systematischen Ermordung der Juden ging jene von Menschen mit Beinträchtigungen ("Behinderte") voraus, bei der auch die Methoden der darauf folgenden Shoah getestet wurden. Im Bild der Fürther Konrad Dohrer, ermordet 1941 in der Tötungsanstalt Hartheim
Straßenszene (Schwabacher Straße) 1941: Zwei Juden mit Judenstern (nach einem Foto von Ferdinand Vitzethum, vgl. Bildausschnitt oben)

Vor allem die Verfolgung von Personen jüdischen Glaubens und linker Überzeugungen hat die Kulturszene, aber auch die intellektuelle Oberschicht der Stadt in ihrer Gesamtheit tiefgreifend zerstört. Viele fielen der Gewalt der Nationalsozialisten unmittelbar zum Opfer: Der Kunstmaler Julius Graumann starb ebenso im KZ wie Volkswirt Rudolf Benario und Antifaschist Ernst Goldmann. Vor dem "Dritten Reich" landesweit bekannte Persönlichkeiten wie Jakob Wassermann, der in den 1920er Jahren in einem Atemzug mit Thomas Mann genannt wurde, blieben auch nach 1945 bis heute weitestgehend unbekannt und fristen ein Schattendasein als "Insidertipp". Vom einstigen Starverteidiger Max Bernstein sind heute nicht einmal mehr Fotografien überliefert, weil sein Nachlass den Nationalsozialisten zu brisant war, obwohl er lange vor 1933 starb.

Wissenschaftler wie der Metallurg und spätere Cambridge-Professor Robert W. Cahn, der Politikprofessor Joseph Dunner, der erste Direktor des neuen Fürther Klinikums Jakob Frank oder Albert Uffenheimer, ebenfalls Arzt, und die Schriftstellerin Ruth Weiss setzten ihre Karriere nach der Emigration im Ausland fort. Allein aus der Familie des späteren US-Außenministers Henry Kissinger wurden 13 Mitglieder von den Nationalsozialisten ermordet.

Weitere Opfer bzw. verfolgte Fürther und Fürtherinnen der NSDAP, die nur exemplarisch für die Vielzahl von misshandelten, deportierten und getöteten Menschen stehen:

Eine vollständige Liste aller jüdischen Opfer des Nationalsozialisums findet sich auf der Internetseite "Jüdische Fürther", erstellt von Gisela Naomi Blume: Homepage Jüdische Fürther/Memorbuch - Opfer der Shoah (Link).

Die Stadtgemeinschaft, z. B. durch ihre Stiftungen, tragende und prägende Familien wurden wie die Sahlmanns ausgelöscht oder emigrierten wie die Berolzheimers. Auf beiden Wegen verschwanden sie fast vollständig aus der Gegenwart und Zukunft der Stadt, viele schafften es nicht einmal in die Geschichtsbücher.

Nicht zuletzt deshalb bleibt auch wirtschaftlich viel Kontinuität zwischen Drittem Reich und BRD: Viele NS-Günstlinge werden ab 1945 inhaftiert, in den als "Persilscheinfabriken" verspotteten Gerichtsverfahren als "Mitläufer" eingestuft, konnten sie jedoch weitestgehend unbestraft weiterarbeiten - meistens unverändert mit vormals jüdischem Besitz: Mal weil die Eigentumsübergabe in juristischem Graubereich stattfand, mal weil ganze Familien in KZs ausgelöscht wurden, viele die das Unheil kommen sahen wie der Hopfenhändler und Großkaufmann Karl Sahlmann Suizid begingen oder aus dem Exil nicht zurückkehrten und folglich keine Ansprüche mehr geltend machen konnten oder wollten.

Literatur

  • Lothar Berthold, Peter Krauss, Andy Reum, Josh Reuter (Redaktion): „Kristallnacht“ in Fürth In: Sondernummer der Fürther Freiheit, Fürth: (ehemals Wissenschaftlich-Publizistischer Verlag) heute: „Städtebilderverlag Fürth“, Postfach 1212, 90702 Fürth V.i.S.d.P.: Andy Reum, Erlanger Str. 71, 8510 Fürth - im Internet
  • Rainer Hambrecht: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken, Nürnberg, 1976
  • Bernd Höffken: Schicksale jüdischer Ärzte aus Nürnberg nach 1933. Metropol Verlag Berlin, 2013
  • Manfred Mümmler: Fürth in nationalsozialistischer Zeit. Das Alltagsleben 1933 - 1945. Universität Bayreuth, Dissertation, 1994, IV, 355 S.
  • Manfred Mümmler: Fürth 1933 - 1945. Emskirchen: Verlag Maria Mümmler, 1995, 224 S., ISBN 3-926477-13-X
  • Heinrich Strauß: Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung - Studien zur politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung einer deutschen Industriestadt 1928 - 1933, Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte - Schriftenreihe des Stadtarchivs Nürnberg Band 29, Nürnberg
  • Renate Trautwein: Marie Venediger, in: FrauenLeben in Fürth, Spurensammlung und Wegweiser, Nürnberg 2003, Seite 64 - 66
  • Ausstellung des Infoladen Benario im Kulturforum Schlachthof am 12. April 2013, Daten und Texte Siegfried Imholz
  • Antifaschistische Linke und Siegfried Imholz: Widerstand gegen den Nationalismus in Fürth, Eigenverlag Fürth, 2014
  • Siegfried Imholz: Gebt ihnen einen Namen (Buch), Städtebilder Verlag Fürth, 2017

Siehe auch

Weblinks

  • Presseausschnitte (Fürther Nachrichten, NN, Plärrer) und Archivalienkopien (Staatsarchiv München) zu Veranstaltungsverboten der NSDAP 1925/26, der Schoa in Fürth, dem von Alfred Nathan gestifteten König-Ludwig-Brunnen, den hebräischen Druckereien und Akten der Israelitischen Kultusgemeinde. In: Nr. 2 Jüdisches Leben und Antisemitismus in Fürth. Bestandsgruppe F - Findliste F 14 Dokumentationsgut zum jüdischen Leben in Nürnberg und Franken. Erstellt und geschrieben: Gerhard Jochem, Nürnberg, August 1999 - StAN
  • Ekkehard Hübschmann: Arbeitsgemeinschaft fränkisch-jüdische Geschichte - im Internet
  • Wikipedia: Flucht und Vertreibung von Juden aus Fürth - Wikipedia
Höfefest 2018 Dieser Artikel war Thema beim Fürther Höfefest vom 21. - 22. Juli 2018. Unter dem Titel "200 Jahre an einem Wochenende" bot die Veranstaltung Einblick in mehr als 50 Fürther Höfe, davon 20 als Themenhöfe mit einem geschichtlichen Thema.